Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 148

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Vergleiche auf: Wo liegen wir – die Republik Österreich – als eines der Mitgliedsländer der EU besser, in welchen Bereichen liegen wir schlechter als die anderen Mitgliedstaaten?

Ein Thema, das wir jetzt unter anderem behandeln, ist das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz. Wir können ohne Übertreibung feststellen, daß wir da nicht nur besser, sondern deutlich besser als der EU-Durchschnitt liegen. Konkret wird über die Medien transportiert, daß im Durchschnitt der EU-Länder 27 Prozent der Jugendlichen keine Arbeit finden. In Österreich ist es ein Prozentsatz von nur – oder doch auch – 7 Prozent. Das ist ein Bruchteil des EU-Durchschnittes. Dennoch möchte ich festhalten, daß es für den einzelnen Jugendlichen, dem man sagen würde, in Österreich sind es nur 7 Prozent, überhaupt kein Trost ist, wenn man ihm diese Zahl nennt, sondern daß es für ihn wesentlich ist, Beschäftigung zu finden.

Seit Jahren bemühen sich die Republik Österreich wie auch die einzelnen Bundesländer, dem Schreckgespenst Jugendarbeitslosigkeit Paroli zu bieten. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die im Vorjahr stattgefundenen Aktionen einzelner Bundesländer, zusätzlich Lehrstellen anzubieten.

Das Land Niederösterreich ist dem mit 60 Lehrstellen nachgekommen. Mir ist ein Redner des Landes Oberösterreich in Erinnerung, der auch in etwa von dieser Größenordnung gesprochen hat. Ich denke, das ist einer der möglichen Ansätze – wir müssen in dieser Hinsicht kreativ sein –, zusätzlich Möglichkeiten für junge Leute zu finden. In Niederösterreich, soviel darf ich sagen, war erwartungsgemäß innerhalb relativ kurzer Zeit das Gros der Lehrstellen, die das Land angeboten hat, ausgenutzt.

Das jetzt zur Debatte stehende Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz schlägt genau in diese Kerbe. Schulabgängern der Schuljahre 1998/99 beziehungsweise der Ausbildungsjahrgänge 1998/99 und 1999/2000 sollen insgesamt 2 500 Plätze in Lehrgängen und 1 500 Plätze in Lehrlingsstiftungen angeboten werden. Es handelt sich also um ein Auffangnetz für lehrstellensuchende Jugendliche. Es beginnt mit 15. November – nebenbei bemerkt: in Niederösterreich mit 16. November, weil am 15. Leopolditag ist, unser Landesfeiertag. Das wird aber dem Erfolg dieses Gesetzes keinen Abbruch tun.

Kritisch möchte ich erwähnen, daß die Aussage des Bundeskanzlers, die starken Widerhall in den Medien gefunden hat – für jeden Lehrstellensuchenden eine Lehrstelle –, natürlich Utopie ist und Utopie bleiben wird, weil Menschen nicht wie Maschinen einsetzbar sind. Es gibt und es wird auch weiterhin Lehrstellensuchende geben, die aus verschiedensten Gründen gar keine Lehre absolvieren können. Diese in die nächstbeste Schule abzuschieben, kann auch nicht die Lösung einer kompetenten und vernünftigen Politik sein.

In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, daß ich weiß, wovon ich rede, denn ich habe im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice des Bezirkes und mit der Wirtschaftskammer als Partner sowie – natürlich braucht man ein Medium, das darüber informiert – in Zusammenarbeit mit den "Niederösterreichischen Nachrichten" versucht, im Vorfeld der zu erwartenden Problematik eine Maßnahme anzubieten, das heißt, eine Plattform zu bilden: Auf der einen Seite können Betriebe sagen, daß sie Lehrstellen haben, auf der anderen Seite wissen die Eltern – das erfahren sie auch über die Zeitung –, wohin man sich wenden kann. Ich möchte Ihnen ganz kurz die persönlichen Erfahrungen, die ich dabei machte, schildern.

Die erste Erfahrung ist eigentlich eine Binsenweisheit: Lehrstellensuche spielt sich zum überwiegenden Teil auf privater Ebene ab. Das heißt, daß die Eltern in ihrem Bekanntenkreis, in den Kreisen, in denen sie sich gesellschaftlich bewegen, versuchen – mit den Verbindungen, die sie haben –, für ihr Kind möglichst rasch eine Lehrstelle zu bekommen. Das hat mir auch der Vertreter des Arbeitsmarktservice direkt gesagt; das ist also eine Binsenweisheit.

Für gar nicht so wenige Eltern ist die Lehrstellensuche – und das war für mich neu, möchte ich sagen – nur eine Möglichkeit von mehreren. Das heißt, wenn sich der Ausbildungswunsch an einem möglichst nahen Ort – auch aus verständlichen Gründen – nicht hat erfüllen lassen, dann war immer wieder die Aussage zu hören: Dann schicken wir unseren Sohn oder unsere Tochter eben zwischendurch in eine weiterführende Schule.


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