Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 117

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Die Berichterstatterin hat die mehrheitliche Beschlußfassung schon erwähnt. Es treffen auch bei dieser Vorlage die formalen Gründe zu, die ich bei den vorhergehenden Beschlüssen genannt habe. Der entsprechende Bericht war – ich sage das auch hier – bei den Unterlagen, die wir von den Bundesratsausschüssen bekommen haben. Das konnte ich auch nachträglich feststellen. Betreffend den Bericht des Gesundheitsausschusses des Nationalrates kann ich das nicht sagen. Es gelang mir erst heute während der Sitzung, diesen aufzutreiben.

Zum Materiellen: Der Kernpunkt ist § 29 Abs. 4, der dahin gehend geändert wurde: Die Bewilligung zur Erhaltung einer ärztlichen Hausapotheke ist bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke mit dem Zeitpunkt zurückzunehmen, mit dem der Arzt die Bewilligung zurücklegt – das ist klar – oder seine ärztliche Berufsausübung am Berufssitz, für den die Bewilligung erteilt wurde, einstellt, wenn die Wegstrecke zwischen Berufssitz des Arztes und Betriebsstätte der neuerrichteten öffentlichen Apotheke vier Straßenkilometer nicht überschreitet.

Dann gibt es noch einen weiteren gravierenden Punkt, der im § 30 Abs. 1 enthalten ist: Diese Einschränkungen gelten nicht für innerhalb dieses Umkreises rechtmäßig bestehende Hausapotheken. – So weit, so gut.

In der Begründung heißt es: Primäres Ziel der Gesundheitspolitik ist es, eine hochwertige und flächendeckende medizinische – ich würde noch einfügen: medikamentöse – Versorgung der Bevölkerung zu erzielen, unabhängig vom Wohnort des Patienten et cetera. Dann wird angeführt, daß sich die Zahl der öffentlichen Apotheken auf 1 050 und die Zahl der Hausapotheken auf 950 verdoppelt haben.

Anlaß für dieses Apothekengesetz ist ein Erkenntnis eines Obersten Gerichtes. Das Erkenntnis bedeutet inhaltlich eine Beibehaltung des Existenzschutzes für bereits bestehende Apotheken. Dabei habe ich innerlich ein bißchen eine Mentalreservation. Die andere beschränkende Voraussetzung für niederlassungswillige Apotheker wurde jedoch aus dem Gesichtspunkt des Grundrechtes der Erwerbsfreiheit aufgehoben. Das halte ich an und für sich für richtig.

Dann kommt die Begründung: Daher sollten diese Bestimmungen – die ich vorhin hier zitiert habe – an die neue Rechtslage im Apothekerrecht angepaßt werden und das mühsam – das ist es, was mich stört – ausgehandelte Gleichgewicht zwischen öffentlichen Apotheken einerseits und ärztlichen Hausapotheken andererseits innerhalb einer Übergangsfrist – ich glaube, bis zum Jahr 2008 –, die im Sinne des Vertrauensschutzes an die Berufsausübung der Hausapotheken führenden Ärzte gebunden wäre, enthalten sein.

Meine Damen und Herren! Ich habe gesagt "ausgehandeltes Gleichgewicht". Wenn jede Berufssparte – ein Tischler, ein Schlosser oder ein anderer Handwerkstreibender – heute für sich den Gebietsschutz in Anspruch nehmen würde, dann hätten wir bald wieder das mittelalterliche Zunftsystem, bei dem der Zunftmeister mit seinen Zunftgenossen festlegt, wie viele Betriebe in einem gewissen Bereich vorhanden sein können. So kann es nicht gehen! Ich halte diesen Gebietsschutz, dieses Stellen von gewissen Bereichen unter einen gläsernen Sturz, nicht für richtig! Mir ist kein Fall bekannt – ich sage das auch –, daß eine Apotheke mangels Geschäft in den Ausgleich oder gar in den Konkurs gegangen wäre. – Jawohl, eine war es, ich glaube, die Wiener Stadtapotheke. Aber sonst ist mir ... (Bundesministerin Hostasch: Konkurs nicht!) Konkurs nicht, das ist richtig, ja. Man hat den Betrieb anderswohin verlagert; das darf ich auch sagen. Aber sonst ist mir kein Fall bekannt, daß dem so wäre.

Es gibt eine ganz einfache Lösung, und ich spreche sie auch sehr einfach aus: Wenn ein Apotheker der Meinung ist, er mache sowieso für sich eine Bedarfserhebung, dann sollte er seine Apotheke aufmachen können. Der Hausarzt kann seine Hausapotheke behalten, weil beide Bereiche ein ganz bestimmtes Betätigungsfeld haben: Der Arzt soll die Patienten behandeln, und die Apotheken sollen die Medikamente zur Verfügung stellen. – Da sehe ich also kein Konkurrenzverbot. Wir sollten endlich mit diesen mittelalterlichen Bestimmungen aufhören, daß wir gewissen Ständen, Bereichen und Berufen Sonderrechte gewähren.

Aus diesem zweiten Grund wird meine Fraktion diesem Gesetz nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.27


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