Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 121

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Dies ist schon deshalb nicht verständlich, weil wir erst im Dezember des Vorjahres ein Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften beschlossen haben. Dieses Gesetz – dessen Beschluß ich übrigens nicht unterstützt habe – wurde von mir als "Verhinderungsgesetz für künftige Religionsgemeinschaften" bezeichnet.

Inzwischen dürfen sich nach einem Entscheid des zum Unterrichtsministeriums ressortierenden Kultusamtes – auf der Grundlage dieses Gesetzes – bereits acht Gruppierungen "Religiöse Bekenntnisgemeinschaft" nennen. Davon erhoffen sich die geistigen Väter dieses Gesetzes – wie beispielsweise ÖVP-Klubobmann Khol –, daß der bisherige Druck auf die Anerkennung als Religionsgemeinschaft oder Kirche zumindest für den im Gesetz vorgesehenen Beobachtungszeitraum von zehn Jahren genommen wird.

Die Liste der nunmehrigen religiösen Bekenntnisgemeinschaften ist dennoch äußerst interessant, handelt es sich doch um Namen, denen manchmal auch eine Nähe zu Sekten unterstellt wird oder wurde. Es sind dies die Zeugen Jehovas, die Bahá’í-Religion, der Bund der Baptistengemeinden in Österreich, der Bund evangelikaler Gemeinden Österreichs, die Christengemeinschaft – Bewegung für religiöse Erneuerung in Österreich, die Freie Christengemeinde, auch Pfingstgemeinde genannt, die Kirche der Sieben-Tags-Adventisten und die Koptisch-orthodoxe Kirche in Österreich.

Scientology und die Hindu Mandir Gesellschaft haben ihre Anträge zurückgezogen, jener von Sahaya Yoga wurde nach Prüfung durch das Kultusamt abgelehnt.

Neben den von mir angeführten "religiösen Bekenntnisgemeinschaften" gibt es in Österreich zudem die bereits "gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften". Es sind dies die Israelitische Religionsgemeinschaft, die Islamische Glaubensgemeinschaft und die Buddhistische Religionsgesellschaft.

Nicht zu vergessen sind auch die in Österreich "gesetzlich anerkannten Kirchen", als da wären: katholische Kirche, griechisch-orientalische Kirche, evangelische Kirche, altkatholische Kirche, Herrenhuter Brüderkirche, Methodistenkirche, Mormonen – Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, armenisch-apostolische Kirche, neuapostolische Kirche und syrisch-orthodoxe Kirche.

Wer kann in ehrlicher Überzeugung davon ausgehen, daß in diesen Gemeinschaften, in der Fülle von Glaubens- und Religionsbekenntnissen mit ähnlich klingenden Namen und inhaltlichen Gleichklängen die von mir eingangs dargestellten Gefahren nicht bestünden? – Werte Kolleginnen und Kollegen! Dies vermag mit trügerischer Sicherheit nur der Gesetzgeber selbst.

Lassen Sie mich deshalb zum Abschluß kommen.

Zum ersten: Ich unterstütze – auch im Namen meiner Fraktion – voll die im Gesetz vorgegebene Einrichtung einer Stelle, deren Aufgabe es ist, Gefährdungen, die von Sekten oder sektenähnlichen Aktivitäten ausgehen können, zu dokumentieren und darüber zu informieren. Damit ist zur Beratung von Sektenfragen ein gesetzlicher Rahmen festgelegt.

Damit die dabei erhobenen Daten – entsprechend dem Gesetz – auch geschützt sind, wurde die Forderung aufgenommen, dem Datenschutzrat halbjährlich einen zusammenfassenden Bericht über die wahrgenommenen Dokumentations- und Informationsfälle unter Darlegung aller datenschutzrelevanten Sachverhalte vorzulegen. Der Datenschutzrat hat das Parlament überdies dazu berechtigt, einen Arbeitsausschuß einzurichten, der in alle Unterlagen Einsicht nehmen kann, die bei der Bundesstelle für Sektenfragen vorhanden sind.

Darüber hinaus hat der zuständige Bundesminister dem Nationalrat jährlich einen Bericht über die Tätigkeit dieser Bundesstelle zu erstatten.

Zum zweiten: Die Ausnahmeregelung des § 2, die auch von meiner Fraktion mitgetragen wird, lehne ich persönlich aus den genannten Gründen ab.


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