Bundesrat Stenographisches Protokoll 644. Sitzung / Seite 45

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

worden ist. Das gilt nicht zuletzt für die unverändert fehlende Briefwahl, wie sie sich schon bisher bei den Arbeiterkammer- und Betriebsratswahlen längst bewährt hat, oder für die Möglichkeit des Wählens auf Depot nach dem Vorbild von Deutschland.

Baut man in Zeiten hoher Mobilität der Wahlbevölkerung überflüssige bürokratische Hemmnisse nicht ab, darf man sich über die vielfach geringe Wahlbeteiligung und Wahlmüdigkeit nicht beklagen. Und wären die vier Vorlagen ein Demokratiepaket, das seinen Namen verdient, hätten insbesondere die Rahmenbedingungen von Volksbegehren verbessert und die politischen Konsequenzen erfolgreicher Volksbegehren verstärkt werden müssen. Daher kündige ich abschließend nicht nur an, daß wir der im Tagesordnungspunkt 1 genannten Vorlage zustimmen und die weiteren, in den Tagesordnungspunkten 2 bis 4 genannten Vorlagen ablehnen werden, sondern bringe namens meiner Fraktion folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Dr. Peter Böhm, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Dr. Paul Tremmel, Mag. John Gudenus und Kollegen betreffend Umsetzung erfolgreicher Volksbegehren

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, binnen drei Monaten einen Gesetzentwurf vorzulegen, der vorsieht, daß jedes Volksbegehren, das von mindestens 500 000 Stimmberechtigten unterstützt wurde, zwingend einer Volksabstimmung zu unterziehen ist.

*****

Ich lade auch die beiden anderen Fraktionen ein, diesem Antrag zuzustimmen, und danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.58

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Der von den Bundesräten Dr. Böhm und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Umsetzung erfolgreicher Volksbegehren ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Rauchenberger. – Bitte.

11.59

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Demokratiepaket, welches uns heute vorliegt, werden wesentliche Änderungen des Bundespräsidentenwahlgesetzes, des Volksbegehrengesetzes und der Nationalrats-Wahlordnung sowie der Europawahlordnung vorgesehen. Wie bei vielen Änderungen in letzter Zeit handelt es sich auch bei den gegenständlichen Vorlagen im wesentlichen um Inhalte, die erst aufgrund aktueller Anwendung zu Diskussionen in der Öffentlichkeit führten und dadurch für die Zukunft geänderte gesetzliche Bestimmungen als notwendig, zumindest aber als gerechtfertigt erscheinen lassen.

Besonderer Stein des Anstoßes war jene Bestimmung im Bundespräsidentenwahlgesetz, wonach die Möglichkeit gegeben war, einen Wahlvorschlag mit fünf Abgeordnetenunterschriften oder 6 000 Bürgerunterschriften einzubringen. Zudem bestanden bisher zumindest bürokratische Schranken gegenüber dem Bürger bei der Abgabe von Unterstützungserklärungen für Wahlwerber oder Wahlwerberinnen.

Die gegenständliche Vorlage berücksichtigt diese Mängel und sieht insgesamt folgende Inhalte beziehungsweise Schwerpunkte vor:

Verkürzung des Zeitraums zwischen dem ersten und einem allfälligen zweiten Wahlgang auf drei Wochen, damit verbunden Schaffung einer Wahlkartenlogistik – das heißt: zwei gleichzeitig ins Ausland zu versendende Wahlkarten, sogenannter "leerer" amtlicher Stimmzettel –, die eine


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite