Bundesrat Stenographisches Protokoll 644. Sitzung / Seite 64

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lüftungssystem eingezeichnet. Erst bei einer Baubesprechung im September 1998 wurde dort kleinlaut zugegeben, daß das vorgesehen sei. Es ist aber nicht in den Planungsunterlagen enthalten. Was ist das für eine Planung, wenn man in den Plänen nicht einmal ein Be- und Entlüftungssystem eingezeichnet hat, sondern bei einer Baubesprechung zugeben muß, daß es vorgesehen ist, und zwar bei den Notausstiegen?!

Wenn man dieses Detail hernimmt, muß man das ganze System (Bundesrat Mag. Wilfing: Reden wir jetzt über Planungsunterlagen? Reden Sie zu Ihrer Dringlichen!)  – hören Sie zu, Herr Kollege, Sie können sich ja noch zu Wort melden; hören Sie einfach einmal zu – in Frage stellen. Wir hatten das schon 1977, und zwar nicht in einem Tunnel, sondern auf freier Strecke. Da ging es um einen ungarischen Waggon, bei dem Benzol ausgeronnen ist. Brände hat es gegeben, man hat von Samstag in der Früh – da ist der Unfall passiert – bis Sonntag nachmittag gebraucht, ehe man alle Brände gelöscht hatte und die Feuerwehr "Brand aus"! verkünden konnte.

Angesichts dessen will man einen Tunnel bauen, bei dem es nicht einmal ein Be- und Entlüftungssystem gibt, wo keiner weiß, wie Rettungsmannschaften in so einem dramatischen Fall hinkommen sollen! Und da sagt der Kollege von der ÖVP: Reden wir jetzt über Planungsunterlagen, oder was wollen Sie eigentlich? – Ist Ihnen das kein Anliegen? Ich werde das gerne weiterleiten an die betroffene Bevölkerung, daß es der ÖVP ziemlich Wurscht ist. (Bundesrat Mag. Wilfing: Uns ist nichts Wurscht, Frau Kollegin!) Dann müssen Sie sich einmal mit Ihrem Kollegen auseinandersetzen, denn dem scheint es egal zu sein.

Der damalige Umweltstadtrat Schieder hat nach dieser Brandkatastrophe gesagt, in Wien dürfe es keine Tunnels, keine überbauten Bahnbereiche geben, denn wenn so etwas in einem Tunnel passiert, dann können ganz Stadtteile explodieren. Sozialistische Ankündigungspolitiker! – Was haben wir jetzt? – Selbstverständlich haben wir jetzt einen Tunnel! (Bundesrat Dr. Kaufmann: Dann reden Sie aber nicht vom Wildschweintunnel!)

Ich denke, die Sicherheit ist wohl eines der wesentlichsten Dinge, auf die wir Rücksicht nehmen müssen. Wir werden nicht alle Risken ausschalten können, das ist uns schon klar, aber man muß das Sicherheitsrisiko so weit wie möglich minimieren. In dem Stadium, in dem die Planungen derzeit sind, ist keine Rede davon.

Es liegen auch noch nicht alle Baugenehmigungen vor, und auch dazu wird Herr Minister Einem noch Rede und Antwort stehen müssen – in seiner Vertretung muß es heute leider der Herr Justizminister machen (Bundesminister Dr. Michalek: Gott sei Dank! Ich bin schon ganz ausgehungert nach dem Bundesrat!)  –, wie er sich das eigentlich vorstellt.

Wenn schon die Rettungsmannschaften sagen, daß sie nicht wissen, wie sie hinkommen – da gab es übrigens in Hamburg einen Versuch, bei dem man für 200 Meter 15 Minuten gebraucht hat, wir reden aber von einer Tunnellänge von insgesamt 16 Kilometern –, dann kann man sich ausrechnen, wie gut das gehen wird. Aber wie der Katastrophenschutz in Österreich ausschaut, das haben wir schon in Lassing gesehen. Erst kürzlich ist ein Versuch bei einem Tunnel gemacht worden, bei dem ebenfalls nichts funktioniert hat. (Bundesrat Konecny: Das ist ein unerreichbares Ziel, Frau Kollegin!) Wenn man sich all das anschaut, kann einem nur das Fürchten kommen. Aber man läßt ruhig weiterplanen und wischt alle Bedenken beiseite.

Ich denke, daß Herr Minister Einem da noch viel Arbeit vor sich hat: nämlich mit der Bevölkerung zu sprechen, sich auch andere Varianten zu überlegen und nicht nur seinem Tunnel-Lobbyismus zu frönen, die Anliegen der Bevölkerung ernst zu nehmen, sie einzubinden, damit die Verbindung zwischen Westbahn und Südbahn zum Schutz der Bevölkerung mit einem möglichst geringen Sicherheitsrisiko behaftet ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.49

Präsident Alfred Gerstl: Zur Beantwortung der dringlichen Anfrage hat sich Herr Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.


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