Bundesrat Stenographisches Protokoll 644. Sitzung / Seite 70

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auch für jene, welche die Fahrgäste vom Bahnhof abholen wollen, seien es Taxifahrer oder Freunde und Verwandte, so gut wie nicht mehr zu bewältigen sein.

Wir nehmen zur Kenntnis, daß ein Zentralbahnhof Wien gebaut werden soll. Das wurde in dieser Deutlichkeit nie gesagt. Wir wissen aber, daß auch bei Realisierung des Gegenvorschlags der Freiheitlichen und der ihnen nahestehenden Gruppierungen, den Wildschweintunnel nicht zu bauen, sondern von Hütteldorf aus auf der bestehenden Trasse der Verbindungsbahn den Verkehr zu erledigen, dieser Zentralbahnhof natürlich nicht auszuschließen wäre.

Aber diese von uns vorgeschlagene billigere, umweltschonendere, bevölkerungschonendere und auch die Finanzen von Stadt und Land schonendere Bauweise wird nicht wahrgenommen. Man könnte frivolerweise sagen, daß man sich wohl auf eine Finanzierung im Verhältnis 80 : 20 geeinigt hat, ohne jedoch zu sagen, wieviel es ungefähr kostet. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Bundesminister, dann haben Sie gesagt, daß es noch keine Kostenschätzung gibt.

In Anbetracht dessen frage ich Sie: Wie könnten wir, wenn noch keine Kostenschätzung vorliegt, einem solchen Milliardenprojekt überhaupt mit gutem Gewissen die Zustimmung geben, auch wenn wir für diese Trassenlegung wären? – Es ist ja ein Monstrum einer Gesetzwerdung, wenn uns zugemutet wird, darüber zu entscheiden, obwohl die Kostenschätzung fehlt, allerdings festgestellt wird, daß das Land sich im Verhältnis von 20 : 80 an dieser unbekannten Größe beteiligt. Ich erinnere mich an mathematische Beispiele in der Schule: Wir mußten Gleichungen mit zwei Unbekannten oder mit einer Unbekannten lösen. Das war für mich immer ein Horror. Ich habe es schwer begriffen. (Bundesrat Meier: Das ist typisch!) Jetzt weiß ich aber, warum! Wenn man mir sagt: Das Verhältnis 80 : 20 steht, offen sind nur noch die Kosten, dann bleibt für mich immer die große Unbekannte X übrig. Und über diese große Unbekannte X, meine Damen und Herren, sollten wir auch hier ganz gehörig diskutieren! Es geht nicht an, daß wir uns über eine Aufklärung betreffend Höhe der Kosten, die auf die Bevölkerung im Verhältnis 80 : 20 zukommen, hinwegsetzen. Bei mir ergibt das in Summe auf jeden Fall 100 Prozent, und auch jeder andere wird zu diesem Ergebnis kommen!

Ich halte daher diese Beantwortung, Herr Bundesminister, die Ihnen vorgelegt worden ist und die Sie vorgetragen haben, schlichtweg für eine Zumutung! Ich entschuldige mich bei Ihnen, daß ich Ihnen sagen muß, daß Sie uns hier eine Zumutung zugemutet haben. Denn es ist nicht Ihr Stil, den Parlamentariern etwas zuzumuten. Sie wurden genötigt. Man hat Ihnen zugemutet, uns etwas zuzumuten, was unzumutbar ist, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben bei der Erwähnung, daß eine Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen der Errichtung von Eisenbahntrassen nicht notwendig ist, besonders nachdenklich ausgesehen. Vor zwei Tagen im Rahmen des liberalen Klubs, bei welchem Professor Adamovich, den ich heute schon zitiert habe, gesagt hat: Das ist eine Schlacht, die man in bezug auf den Rechtsstaat und die Rechtsbereinigung nur verlieren kann!, hat sich auch Professor Walter zu Wort gemeldet. Er hat sich im Rahmen seiner Wortmeldung, die nichts mit dem Lainzer Tunnel zu tun hatte, interessanterweise besonders kritisch damit auseinandergesetzt, daß die Eisenbahntrassen aus der Umweltverordnung herausgenommen worden sind, und gesagt, daß die Bevölkerung natürlich großes Mißtrauen gegenüber jenen Gesetzgebern hat, die sich immer für ihre Vorhaben besondere Gesetze basteln. – Es ist dies tatsächlich eine Lex specialis, die an den Bedürfnissen der Bevölkerung total vorbeigeht. Wir können auch aus diesem Grund diese neue Trasse nicht gutheißen, weil an den Wünschen der Bevölkerung, die beileibe in vielen Zentimeter dicken, um nicht zu sagen in meterdicken Akten festgehalten sind, vorübergegangen wird, da keine Umweltverträglichkeitsprüfung stattfindet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dazu möchte ich erwähnen: Als vor rund 150 Jahren die Westbahn gebaut wurde, gab es keine Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Bahn wurde damals sehr schnell gebaut. – Ich fahre gerne Bahn, aber es ist viel zu teuer, das sage ich gleich dazu. – Der Bau der Westbahn von Wien nach Linz hat – da staunen Sie! – 18 Monate gedauert. Man kann sich kaum vorstellen, daß man mit den technischen Mitteln, die damals zur Verfügung standen, diese Bahn, die bis jetzt den Bedürfnissen durchaus genügt hat, in 18 Monaten gebaut hat! Ich will nicht behaupten, daß sie nicht ausgebaut werden soll, aber sie hat bisher genügt. Und jetzt klopfe ich mir ein bißchen


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