Bundesrat Stenographisches Protokoll 644. Sitzung / Seite 84

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Nun, meine Damen und Herren, in medias res: Ich möchte auf die Beantwortung von zwei Fragen eingehen, zunächst auf die Frage 21. Da geht es um das Wirrwarr im Bahninfrastrukturbereich, und darüber hat der Herr Minister in der ihm vorgegebenen Antwort uns von den Beamten des Ministeriums ausrichten lassen, daß es dort kein Wirrwarr gebe und daß die einzelnen Gesellschaften – Bundesbahn, HL-AG, BEG, SchIG und so weiter – sehr wohl ganz konkrete Aufgaben kompetent zu erfüllen hätten. Meiner Erinnerung nach ist Herr Bundesminister Dr. Einem selbst nicht ganz dieser Meinung, da er in einer der letzten Sitzungen in diesem Hause gesagt hat, daß er an eine Zusammenführung dieser Gesellschaften denkt, weil sie weitgehend ähnliche oder gleiche Aufgaben erfüllen, nämlich den Bau von Eisenbahninfrastruktur.

Ich ziehe daraus den Schluß, daß sich der Herr Minister mit seinen Beamten im Ministerium noch nicht ganz "grün" ist und daß man sich wahrscheinlich erst darüber zusammenraufen muß, was man letztendlich macht. Die Vorgangsweise des Herrn Ministers war recht deutlich, daß er den Herrn Ing. Brenner in jede dieser Gesellschaften hineingesetzt und somit in Form einer Personalunion einfach eine Vereinheitlichung herbeigeführt hat. Ich denke, da wird sich noch einiges bewegen, und der Minister ist so wie wir der Meinung, daß es sinnvoll wäre, die ganze Sache zusammenzufassen, sodaß eine Gesellschaft für die Infrastruktur und deren Ausbau zuständig ist.

Die Antwort auf Frage 24 hat mir ebenfalls zu denken gegeben. Da wurde gefragt: Welche Konsequenzen werden Sie aus den Aussagen des Zeugen Maculan, daß es beim U-Bahn-Bau Preisabsprachen gegeben habe, ziehen? – Man hätte sich als Antwort erwartet: Wenn schon solch ein Verdacht im Raum steht, wird man da die Ausschreibungsbedingungen besonders genau einhalten, auf die Erfüllung der Bedingungen achten und so weiter. Die Antwort war lapidar, sie lautete: Dabei handelt es sich um ein laufendes Verfahren, da wollen wir nicht eingreifen. (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist keine Antwort!) Ich meine, das ist uns zuwenig, und es wird vielleicht auch Ihnen, Herr Minister, als dem zuständigen Minister für Justiz zuwenig sein.

Nun zu einem anderen Punkt. Durch die Verhinderung des Herrn Ministers Dr. Einem haben wir das Vergnügen, Sie heute hier im Hohen Haus begrüßen zu dürfen. Ich nehme das wie Kollege Gudenus mit Genugtuung zur Kenntnis, weil sich das Thema, das ich ansprechen möchte, nicht so sehr mit bau- und bahntechnischen Belangen beschäftigt, sondern eher mit juridischen und strafrechtlichen Dingen. Ich möchte nämlich die Causa der Preisabsprache bei öffentlichen Bauten ansprechen. Es gibt in dem Bereich neue Erkenntnisse, es gibt neue Sachverhalte, und da können wir als Opposition die Regierung und insbesondere Sie als Justizminister, der Sie hier sind, nicht ganz aus der Ziehung lassen.

Eine neue Erkenntnis liefert auf alle Fälle das aktuelle Interview von Alexander Maculan im "profil" vom 28. September dieses Jahres. Ich erlaube mir – mit Zustimmung der Frau Präsidentin –, daraus zu zitieren. Es heißt darin wörtlich – Zitat Maculan –: "Die Bauindustrie hat sich die ganzen Jahre über im U-Bahn-Bau abgestimmt. Das wissen auch alle Zuständigen, und das hat auch die gesamte europäische Baubranche gewußt" – siehe da! –, "die daher nie bei den Projekten ernstlich mitgeboten hat." "profil" weiter: "Damit widersprechen Sie dem Vibö-Präsidenten, der gleichzeitig auch Generaldirektor des Baukonzerns Porr ist, eindeutig. – Maculan: Die Vibö ist in den letzten Jahren unter Pöchhacker immer so geführt worden, daß Auftragsvergaben in eine bestimmte Richtung laufen. Porr war überhaupt im U-Bahn-Bau die meistbeschäftigte Firma." Weiter "profil": "Können Sie für Ihre schwerwiegenden Anschuldigungen Beispiele nennen?" Dazu Maculan weiter unten: "Sie werden da immer nur auf drei Baufirmen stoßen: Porr, Universale und Eberhardt." – Ende des Zitats.

Das habe ich deshalb so lange zitiert, weil diese Aussagen einen Staatsanwalt unmittelbar interessieren müßten. Was meint Maculan damit, daß "alle Zuständigen" das gewußt haben? Meint Maculan damit offensichtlich auch die Beamten, die für die Vergabe öffentlicher Aufträge zuständig sind?

Meine Damen und Herren! Wenn das so ist, dann steht hier ein riesiger Korruptionsverdacht im Raum. Herr Bundesminister! Es besteht daher für diese Regierung ein dringender Handlungsbedarf. Man müßte die Staatsanwaltschaft einschalten, man müßte eine Rechnungshofkontrolle


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