Bundesrat Stenographisches Protokoll 645. Sitzung / Seite 56

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Wie schwierig jedoch der Ausstieg aus der Atomenergie ist, zeigen die verschiedenen Standpunkte der neuen Bonner Koalition deutlich. Während die Grünen den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie gefordert haben – in der Koalitionsvereinbarung ist allerdings jetzt keine Rede mehr davon –, scheint der SPD eine 30jährige Übergangszeit notwendig zu sein. – Verständlich, wenn man weiß, daß Deutschland 30 Prozent seines Energiebedarfes aus Atomkraftwerken deckt.

Saubere Alternativenergie im erforderlichen Ausmaß wäre die Wasserkraft, aber auch dagegen verwehren sich etwa die Umweltschützer, wie es bei uns in Oberösterreich am Kraftwerk Lambach verdeutlicht wurde.

Daß es aber auch ohne Atomenergie geht, zeigen uns die Bayern, die schon vor der Bundestagswahl auf die Fertigstellung des AKW Greifswald verzichtet und ein weiteres Kernkraftwerk unmittelbar nach seiner Fertigstellung abgeschaltet haben.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Am 1. Oktober dieses Jahres wurde im EU-Ministerrat eine Resolution der EU-Kommission beschlossen, in der darauf hingewiesen wird, daß die Slowakei zwei Reaktoren im AKW Bohunice schließen muß. – Eine richtige Entscheidung!

Ich halte aber nichts von der Junktimierung, den EU-Beitritt der beitrittswerbenden Länder vom Ausstieg aus der Atomkraft abhängig zu machen. Ich halte diese Forderung für kontraproduktiv und gebe zu bedenken, daß ein Beitritt eines AKW-betreibenden Landes zur EU die Chancen auf einen Ausstieg aus der Atomenergie eher erhöht als verringert.

Viel mehr halte ich davon, die EU-Kommission aufzufordern, jene 4,4 Milliarden Schilling, die sie, wie erst kürzlich zu lesen war, in den Bau neuer Atomkraftwerke in der Ukraine investieren will, den beitrittswerbenden Staaten zum Aufbau der Alternativenergien zur Verfügung zu stellen.

Prinzipiell, meine sehr geehrten Damen und Herren, bin ich davon überzeugt, daß die Haltung Österreichs in der Atompolitik richtig ist und daß der Weg, den wir betreffend Kernenergie auf internationaler Ebene eingeschlagen haben, auch im Hinblick auf Tschechien und die Slowakei richtig ist – etwa wenn ich an die Forderung denke, EU-Kontrollore unter Mitwirkung von österreichischen Experten nach Temelin zu entsenden.

Wir sind aber auch aufgerufen, unsere Bemühungen in dieser Richtung weiter zu verstärken, weil speziell in unserem Land der Begriff "Nachhaltigkeit" immer mehr in unser Bewußtsein dringt. Atomkraft zur Energiegewinnung ist aber mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit leider überhaupt nicht vereinbar. Dem Grundsatz folgend, daß man eigentlich nicht mehr konsumieren kann, als nachwächst, sollte man die Kriterien der Umweltverträglichkeit berücksichtigen. Ein Schwerpunkt in der Zukunft sollte daher die Erforschung und Forcierung alternativer Energiequellen sein, um echte Alternativen zu den bestehenden Atomkraftwerken anbieten zu können.

Soweit mir bekannt ist, bemüht sich die Bundesregierung, die Forschungsförderung für erneuerbare Energien in der EU zu erhöhen und generell auf europäischer Ebene in diese Richtung zu wirken. Durch neue Ansätze in der Energiepolitik könnten noch zusätzliche beschäftigungspolitische Effekte ausgelöst werden. Biomasse würde viele Probleme zum Beispiel der Überproduktion beseitigen und mittels eines neuen Beschäftigungspotential gleichzeitig den ländlichen Raum absichern.

Ich fordere die Bundesregierung daher auf, die positiven Entwicklungen, die bereits existieren, weiter in Richtung Förderung erneuerbarer Energieträger – in der Erwartung, daß damit ein atomfreies Mitteleuropa so rasch als möglich verwirklicht werden kann – voranzutreiben.

Abschließend halte ich nochmals fest, daß das Atomhaftungsgesetz 1999 Vorbildcharakter hat, und hoffe, daß dieses beispielhafte Gesetz in der internationalen Staatengemeinschaft Nachahmung finden wird. Meine Fraktion wird daher gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

12.22


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite