Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 59

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Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Wolfram Vindl das Wort. – Bitte.

12.16

Bundesrat Wolfram Vindl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Nach dem Nationalrat befaßt sich heute auch der Bundesrat mit drei Gesetzesvorlagen, die sich mit einem äußerst unrühmlichen Kapitel unserer Vergangenheit beschäftigen. Mit diesen drei Gesetzen, die wir heute beschließen, soll der Einmaligkeit und der Größe des Verbrechens, das gegen das jüdische Volk begangen worden ist, Rechnung getragen werden. Was unseren jüdischen Mitbürgern von den Nazis angetan wurde, können wir nicht wiedergutmachen, aber wir haben alles, was wir können, zu tun, um Unrecht als Unrecht zu brandmarken und die Folgen dieses Unrechts zu lindern. Vor allem und für alle gilt: Unrecht kann nicht durch Zeitablauf zum Recht werden!

Jeder Generation, auch der unsrigen, ist die Auseinandersetzung mit dem Holocaust und seinen Folgen ständig aufgetragen. Ich kann mich diesbezüglich meinem Vorredner nur anschließen: Auch mein Geschichtsunterricht hörte mit der Zeit nach Ende des Ersten Weltkrieges auf, und es wurde über ein unrühmliches Kapitel unserer Republik Österreich und der Menschheit in der Schule nichts geredet. – Schweigen ist Silber, Reden ist Gold! Aber auch in der jungen Zweiten Republik wurden Fehler im Umgang mit dem vom NS-Terrorregime begangenen Unrecht gemacht. Auch das müssen wir heute deutlich anerkennen, und daher kommen wir auch erneut unserer Verantwortung nach.

Im Jahre 1938 wurde das Gold aus den Beständen der Oesterreichischen Nationalbank von den Nationalsozialisten geraubt. Nach dem Ende des Nazi-Terrorregimes im Jahre 1946 wurden zehn Länder bestimmt, die dieses Gold zurückerstattet erhielten. Österreich erhält nun den Rest dieser Rückerstattung im Gegenwert von 102 Millionen Schilling, und dieses Geld soll nun, einer Initiative von Großbritannien und den USA folgend, dem Internationalen Fonds und in weiterer Folge dem Nationalfonds zur Verfügung gestellt werden. Verteilt werden diese Mittel über die bewährte Struktur des beim Parlament eingerichteten NS-Opferfonds an besonders bedürftige Opfer und in Härtefällen.

Bevor man aber die Zwangsarbeiter in diesen NS-Opferfonds miteinbezieht, sollte man doch zunächst den Bericht der hiefür eingesetzten Historikerkommission abwarten. Es ist doch problematisch, dem Fonds eine neue Aufgabe aufzubürden, bevor klar ist, welcher Personenkreis damit erfaßt werden soll und wie hoch diese Leistungen in Zukunft sein könnten.

Werte Damen und Herren des Bundesrates! Hohes Haus! In weiterer Folge befassen wir uns heute auch mit dem Gesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen. Hier geht es um Kunstgegenstände, die jüdischen Mitbürgern während der NS-Zeit geraubt wurden. Diese Objekte wurden den Opfern nach dem Krieg zwar nach Möglichkeit zurückgegeben, ein aus heutiger Sicht doch eindeutig sittenwidriges Gesetz verhinderte aber, daß alle diese Kunstobjekte aus Österreich ans Ausland ausgeliefert werden konnten.

Um diese Ausfuhr dennoch zu ermöglichen, mußten die Eigentümer der Republik Österreich einige Exponate schenken. Diese Zwangsverpflichtung empfinden wir als großes Unrecht, das mit dem heutigen Gesetz wiedergutgemacht werden soll. Es sollen diese Kunstgegenstände daher so schnell und so unbürokratisch wie möglich an die jeweiligen Eigentümer oder deren Erben zurückgegeben werden.

Daß sich auch die Landesmuseen mit dem Aufarbeiten dieses Unrechts befassen, zeigt ein Leitartikel in der "Tiroler Tageszeitung" vom 17. dieses Monats mit der Überschrift: "Tiroler Landesmuseum macht reinen Tisch mit Vergangenheit." Das "Ferdinandeum" durchforstet seit einem Jahr seine Bestände und hat dabei festgestellt, daß alle diese Kunstgegenstände aus dieser unrühmlichen Zeit wieder an die rechtmäßigen Besitzer oder deren Rechtsnachfolger zurückgegeben wurden.


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