Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 74

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betriebes, im Rahmen einer sogenannten Tabakverkaufsstelle verkauft. In 5 950 Fällen wird dies so gehandhabt. Davon sind 4 000 Handelsbetriebe, die oftmals die letzten Nahversorger im Ort sind und für die der Tabakhandel ein zum Überleben notwendiges, wirtschaftliches Zubrot darstellt. Durch dieses System ist eine wie in anderen Sektoren leider abhanden gekommene Nahversorgungsstruktur noch gegeben.

Diese Struktur bietet auch den vom gesundheitspolitischen Aspekt relevanten Vorteil, daß nicht an allen Ecken und Enden, wie das zum Beispiel in Deutschland der Fall ist, Tabakwaren von allen Geschäften und darüber hinaus von Automaten in grenzenloser Anzahl angeboten werden können. Dazu kommt noch die Möglichkeit des raschen und lückenlosen Aus-dem-Verkehr-Bringen von Tabakwaren durch die zuständige Behörde, wenn Produkte angeboten werden, die die gesetzlich erlaubten Höchstwerte für Rauchinhaltsstoffe überschreiten.

Zur sozialpolitischen Zielsetzung: Von den 3 200 Tabakfachgeschäften werden rund ein Drittel, also über 1 000, von behinderten Menschen geführt. Dieser Prozentsatz ist ständig im Steigen begriffen. Noch vor zehn Jahren lag dieser Prozentsatz bei 25 Prozent. Es gibt heute prozentuell gleich viele Behinderte unter den Tabaktrafikanten wie nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Behinderungen sind aber nicht mehr so augenfällig, dafür aber nicht geringer. Pro Jahr erhalten 80 bis 90 behinderte Menschen durch eine Tabaktrafik eine Existenzgrundlage, oder anders gesagt: An jedem vierten Tag bekommt in unserem Land ein behinderter Mensch mit seinen Angehörigen eine Existenz durch eine Tabaktrafik.

Meistens sind dies Menschen, die sonst auf die Unterstützung durch die öffentliche Hand angewiesen wären. Wenn man die Kosten der öffentlichen Hand für die Unterstützung eines arbeitslosen, behinderten Menschen und seiner Familie mit rund 250 000 S pro Jahr annimmt, dann ist die Ersparnis des Staates durch das Tabakwareneinzelhandelsmonopol mit 250 Millionen Schilling pro Jahr nicht hoch angesetzt. Es darf dabei noch erwähnt werden, daß nahe Familienangehörige, die unter bestimmten Voraussetzungen ein Eintrittsrecht in die Tabaktrafik haben, auch oft Menschen sind, die durch die Pflege von schwerkranken Fachgeschäftsinhabern oder durch deren Arbeitsleistung im Rahmen des Familienverbandes auf den freien Arbeitsmarkt sonst chancenlos wären. Für die Verwaltung des Monopols erwachsen dem Staat keine Kosten. Die Monopolverwaltungsgesellschaft finanziert sich durch Beiträge der Tabaktrafikanten.

Neben dem wirtschaftlichen Aspekt für das Gemeinwohl darf aber auch nicht übersehen werden, daß durch Innehabung einer Tabaktrafik, durch das unternehmerische Tätig-Werden viele Menschen, insbesondere nach schweren Unfällen, auch wieder Sinn in ihrem Leben finden. Das Tabakmonopolgesetz ist demnach zumindest ebensoviel – wenn nicht mehr – Sozialgesetz wie auch Wirtschaftsgesetz. Ein Festhalten an dem Monopol ist daher keine antiquierte Sicht, sondern aus all den aufgezeigten Gründen mehr denn je Ausdruck einer modernen, sozialen Gesetzgebung.

Die vorliegende Novelle dient der Anpassung von Bestimmungen, die ausschließlich den Großhandelsbereich betreffen und EU-bedingt erforderlich wurden. Nebenbei wird auch die Kundmachungspflicht für vom Großhandel festgelegte Preise vom Bundesministerium für Finanzen auf die Monopolverwaltungsgesellschaft übertragen. Vom System her ist diese Änderung insofern angezeigt, als dieser Gesellschaft damit für die Verwaltung des Einzelhandelsmonopols eine Serviceleistung für den Einzelhandel übertragen wird.

Meine Fraktion bekennt sich aus den eingangs erwähnten Gründen, nämlich der umfassenden Nahversorgung und der sozialen Zielsetzung, zum Tabakeinzelhandelsmonopol und wird der vorliegenden Novelle zum Tabakmonopolgesetz 1996 ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

13.26

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Horst Freiberger. Ich erteile ihm das Wort.


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