Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 120

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Wenn ich mir die Politik der freiheitlichen Fraktion anschaue, so kann ich erkennen, daß sie auch einfache Rezepte für ihre Art von Politik vorlegt. (Bundesrat Eisl: Die einfachen sind meist besser als die komplizierten!) Das lautet etwa so: Man nehme etwas Polemik, vermische es mit Halbwahrheiten oder Unwahrheiten, spiele noch ein bißchen Ausländerfeindlichkeit hinein (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Dann haben Sie nicht zugehört, was der Herr Bundesminister gesagt hat! Er hat gesagt, daß das der Wahrheit entspricht!) – Frau Kollegin Riess-Passer! Sie werden sich noch ein bißchen gedulden müssen; ich habe noch Anmerkungen zum Herrn Bundesminister zu machen; also keine Sorge –, vermische es mit etwas Ausländerfeindlichkeit. Ab und zu greift man darauf zurück, daß das Thema der Sozialschmarotzer durchaus dazu angetan ist, daß man politisches Kleingeld einheimsen kann. Und über das Ganze gibt man etwas wie Angst, und dann glaubt man, daß man mit dieser Parole des Angst-Machens tatsächlich Politik machen kann.

Liebe Frau Kollegin Riess-Passer! Zum Punkt 1, Profilierung und Polemik: Ich habe bei der Begründung Ihrer Anfrage den Eindruck gehabt, Sie verwechseln diese heutige Plenarsitzung des Bundesrates mit einem Wahlkampfauftritt in Tirol, wo Sie als zweitgereihte Kandidatin für die Tiroler Landtagswahlen tätig sind, weshalb Sie hier ganz bewußt Tiroler Probleme ansprechen. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Wir sind hier im Bundesrat, in der Länderkammer! Genau hier im Bundesrat sollen wir über Probleme der Länder reden!) Aber Sie unterscheiden sich in Ihren Ausführungen durch nichts von Kollegin Crepaz, die beim Außenpolitischen Bericht den heuti-gen Tag ebenfalls ein bißchen mit dem Tiroler Wahlkampf verwechselt hat. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Es ist Ihnen noch nicht aufgefallen, daß wir hier im Bundesrat sitzen! Aber das ist Ihr Problem!)

Frau Kollegin Riess-Passer! Entweder Sie wissen es nicht, oder Sie wollen es bewußt nicht wissen, nämlich daß die Europäische Union nicht mit dem Schengen-Land gleichzusetzen ist. Daher ist auch grundsätzlich die EU-Osterweiterung nicht automatisch eine Schengen-Erweiterung. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Sie haben keine Ahnung! Ich bin erschüttert!) Es ist daher eigenartig, wenn Sie – das sind die Halbwahrheiten und die Unwahrheiten – in Ihrer dringlichen Anfrage vom Schengen-Abkommen sprechen und gleichzeitig Angst vor der EU-Osterwei-terung machen.

Aber vielleicht haben Sie einmal Zeit. Es gibt eine alte Lernmethode, die man früher angewendet hat. Man hat etwas langsam vorgesprochen, und damit man es sich gemerkt hat, wurde es dann nachgesprochen. Vielleicht machen Sie einmal in Ihrem Klub eine Sprechübung, und der Herr Stadler sagt langsam: EU und Schengen ist nicht das gleiche! – Und wenn Sie es oft genug nachgesprochen haben, merken Sie sich das vielleicht. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Der nächste Punkt, liebe Frau Kollegin Riess-Passer, ist die Drittstaatsklausel, die Sie in einer dringlichen Anfrage zum Schengen-Abkommen ansprechen. Es müßte Ihnen bewußt sein, daß auch die Drittstaatsklausel nichts mit dem Schengen-Abkommen zu tun hat, sondern ausschließlich mit dem Asylgesetz. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Sie haben keine Ahnung von der Problematik! Sie haben das nicht verstanden!) Ich will Ihre Politik auch gar nicht verstehen! Darum sitze ich in einer Fraktion, die vernünftige und verständliche Politik macht, und nicht in Ihrer Fraktion, Frau Kollegin! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Der nächste Punkt: Sie machen politisches Kleingeld mit der Verhaftung des PKK-Führers und wissen genau – der Herr Bundesminister hat in seiner Anfragebeantwortung auch darauf hingewiesen –, daß sich die italienische Regierung nicht an die Vereinbarungen von Schengen hält, wonach allen ein dreimonatiger Aufenthalt in einem Schengen-Nachbarland gestattet ist. – Das zu Ihrer Anfrage.

Aber weil sich der Herr Bundesminister bei Ihnen bedankt hat, daß Sie ihm die Möglichkeit zur Klarstellung gegeben haben, darf ich mich ebenfalls bei Ihnen bedanken und auch einige Punkte als niederösterreichischer Bundesrat klarstellen. Ich möchte dies deshalb tun, da manchmal ein bißchen die Dolchstoßlegende kommt (Bundesrätin Mühlwerth: Da haben Sie ja Erfahrung!), weil der Landeshauptmann von Niederösterreich vor langer Zeit gefordert hat, daß das öster


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