Bundesrat Stenographisches Protokoll 648. Sitzung / Seite 10

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teien beziehungsweise für einige Interessenvertretungen. Wobei noch anzumerken ist, daß man jetzt noch gar nicht genau weiß, welche Interessenvertretungen darunterfallen. Die Senioren haben sich schon beschwert, weil sie nicht zum Zuge kommen werden. Ob zum Beispiel die Österreichische Hochschülerschaft darunterfällt, ist auch noch nicht abgeklärt.

Meine Damen und Herren! Es ist noch eine ganz lustige Passage in § 29a enthalten, wonach der Österreichische Rundfunk, wenn er gegen die vorgenannten Passagen verstößt – etwa jugendgefährdende Sendungen oder zum Beispiel Spirituosen- oder Tabakwerbung aussendet –, zu einer Geldstrafe bis zu 500 000 S verurteilt werden könnte. Wer wird die Strafe tatsächlich aussprechen? Wer wird sie letztendlich exekutieren? Ich glaube, es wird nie dazu kommen, und wenn, dann sind eine halbe Million Schilling für den Österreichischen Rundfunk eigentlich nur ein Klacks!

Was wir kritisieren, ist der Umstand, daß das nur ein Reförmchen ist, daß die große Reform, die ja notwendig wäre und uns aufgetragen wurde, ausgeblieben ist. Wo besteht die Möglichkeit der Sendung von Programmen privater Rundfunkanstalten? Es gibt in Österreich nur den ORF? Es gibt ein ORF-Monopol. Nach wie vor darf in Österreich keine andere Rundfunkanstalt als der ORF Fernsehsendungen ausstrahlen, und damit stellt sich der Rundfunk-Bereich in Österreich so dar wie in Nordkorea oder in Kuba: Es gibt einen staatlichen Fernsehsender, es gibt nur staatliche Programme, und keinem Privaten ist es erlaubt, eine Fernsehsendung, ein Fernsehprogramm auszustrahlen.

Meine Damen und Herren! Zu kritisieren ist auch das Regionalradiogesetz, weil es auch nach wie vor den freien Wettbewerb nicht zuläßt. In diesem Zusammenhang möchte ich nur eine Passage zitieren, und zwar die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z 4, die sich auf die Frequenzordnung bezieht. Da heißt es wortwörtlich, daß sicherzustellen sei, daß Doppelt- und Mehrfachversorgungen nach Möglichkeit vermieden werden.

Das muß man sich einmal vorstellen! Das ist eine klassische Knebelung: Es darf keine Mehrfachversorgung geben! Es gibt sie bereits in vielen Staaten Europas, wie zum Beispiel in Deutschland, in Italien, in Holland. Natürlich bedingt die Rundfunkfreiheit geradezu die Mehrfachversorgung, aber diese wird expressis verbis in diesem Gesetz untersagt.

Meine Damen und Herren! Sie alle wissen, daß Österreich im Jahre 1993 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte deshalb verurteilt wurde, weil das ORF-Monopol, wie es der Gerichtshof ausgedrückt hat, das Menschenrecht auf freie Information eingeschränkt hat. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Österreich aufgetragen, diese Situation zu ändern und Rundfunkfreiheit herzustellen. Er hat uns aber nicht aufgetragen, Doppelt- und Mehrfachversorgungen nach Möglichkeit zu verhindern.

Meine Damen und Herren! Ein Gesetz, in welchem solche Passagen drinnen stehen, können wir sicherlich nicht mittragen!

Weiters ist dieses Regionalradiogesetz insoferne nur eine Abschwächung des bestehenden Monopols, als damit ein Stufenmonopol geschaffen wird. Wir haben in Österreich auf oberster Ebene bundesweit den ORF, darunter gibt es regionale Hörfunksender, in jedem Bundesland einen, Wien darf laut Gesetz zwei haben, und auf unterster Ebene gibt es noch regionale Hörfunklizenzen, wobei gerade die Passage, daß Mehrfachversorgungen nicht tolerabel sind, diese Freiheit wieder zunichte macht.

Wenn ich mir als Tiroler die Situation, die nördlich und südlich des Brenners besteht, anschaue, dann kann ich eigentlich nur den Kopf schütteln. In Tirol gibt es inklusive des englischsprachigen Programmes vier ORF-Programme. Weiters gibt es in Tirol ein Regionalprogramm, und zwar das Programm "Antenne Tirol", fünf oder sechs kleinere Regionalprogramme, die so geregelt sind, daß es eben keine Mehrfachversorgungen auf regionalem und lokalem Gebiet geben kann.

Aber wir nehmen teil – und die Tiroler Kollegen können das bestätigen – an der Situation in Südtirol beziehungsweise hören Südtiroler Radioprogramme mit. Dort gibt es seit jeher eine


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