Bundesrat Stenographisches Protokoll 649. Sitzung / Seite 23

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Schlimmer noch: Während er von Termin zu Termin gejettet ist, bröselte ihm seine labile ÖVP in Österreich förmlich unter den Fingern weg." – Was hier sonst noch geschrieben steht, Herr Vizekanzler, ist eine zu große Unverschämtheit. Ich erspare Ihnen die weiteren Zitate.

Volkes Mund aber, Herr Vizekanzler, ist nie ganz falsch. Sie sollten sich mit Ihrem Regierungspartner, mit Ihrem Regierungschef doch einmal zusammensetzen, ein ernstes Wort reden, damit auch Sie etwas mehr im Rahmen dieser europäischen Politik so zum Zuge kommen, wie Sie es eigentlich verdienen würden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Applaus bei der ÖVP!

Zum Inhalt, meine Damen und Herren. Beim Wiener Gipfel, dem Höhepunkt Ihrer Präsidentschaft, einigte man sich nicht auf konkrete Inhalte, so wie Sie das hier darzustellen versucht haben, sondern nur auf eine Reihe von Punkten, mit denen sich die nachfolgenden Präsidentschaften der Bundesdeutschen und der Finnen werden beschäftigen müssen. Das wichtigste EU-Projekt, die Agenda 2000, soll beim Gipfel in Brüssel im März behandelt werden. Der Rat in Köln im Juni soll den Beschäftigungspakt überprüfen und ausbauen. In Helsinki im Dezember will man die Wirtschaftspolitik koordinieren. Die Finnen sollen sich noch um die innere Sicherheit und die Umwelt kümmern, die Deutschen um die Menschenrechte. Die Reform der Institutionen soll zwischen Köln und Helsinki aufgeteilt werden. Dort soll sogar die Funktionsweise des Rates verbessert und – man höre und staune – dem Betrug verstärkt der Kampf angesagt werden. Die Entwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik soll in Helsinki überprüft werden, während in Köln Strategien gegenüber Ost- und Südosteuropäern festgelegt werden sollen. Sie, Herr Vizekanzler und Herr Staatssekretär, sind darauf eingegangen. Man wird sich dort außerdem auch mit der Weiterentwicklung der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik befassen, wobei die Osterweiterung im Zentrum stehen soll.

An dieser Liste der Themen für 1999, meine Damen und Herren, die ich Ihnen jetzt in aller Kürze aufgezählt habe, sehen Sie, was 1998 nicht erledigt worden ist. Es geht dabei um die wesentlichen Bereiche und nicht um eine Weiterentwicklung. In diesen wesentlichen Bereichen, meine Herren von der Regierung, lebten Sie in diesem letzten halben Jahr eine Flucht aus der Verantwortung durch Vertagen und Verschieben. Und das, Herr Staatssekretär, haben Sie die Stirn, dann "Wiener Strategie" zu nennen. Ich muß mich wirklich sehr wundern.

Aber ich gebe zu: Neben den Bemühungen zur Erhaltung der Duty-free-Läden haben Sie auch noch den Euro einführen dürfen, weil Sie halt gerade die Präsidentschaft innehatten. Die Einführung des Euro ist in der Tat ein Meilenstein, das sei zugegeben. Dies wird Auswirkungen auf den Markt von in weiterer Folge mehr als 400 Millionen Menschen haben.

Sie sollten sich aber, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, bei diesem Thema nicht zu früh freuen, denn schon die Grundlage für den Start des Euro, nämlich die Konvergenzkriterien, konnten nur durch die Ausnützung von unseriösen Tricks erreicht werden. Wir konnten das hier in der Debatte schon des öfteren erläutern. Und schon werden europaweit in bezug auf Budgetdisziplin die Zügel wieder lockerer gelassen. Die Stabilitätspakte bieten keine ausreichende Garantie dafür, daß der Euro nicht eine weiche Währung wird. Die vorschnell eingeführte Einheitswährung bleibt allem Jubel zum Trotz ein gewagter Poker mit ungewissem Ausgang und enormem Risiko. Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, mußten sich auch in den letzten Tagen schon eine Rüge der Europäischen Kommission gefallen lassen, in der diese sagte, daß die Wiener Budgetstrategie sehr risikoanfällig sei. Und wir können uns hier dieser Beurteilung nur anschließen. Der Herr Staatssekretär ist des langen und breiten darauf eingegangen.

Dieselbe ungelöste Problematik haben Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, auch in der Frage der Arbeitslosigkeit. Die Beschäftigungspolitik war eines der Hauptthemen.

Von der Lösung dieser Frage allerdings sind Sie heute weiter entfernt als je zuvor, und zwar nicht nur europaweit, sondern auch auf nationaler Ebene. 11 Prozent durchschnittliche EU-weite Arbeitslosigkeit würden mehr strukturändernde Maßnahmen verdienen als altlinke Rezepte der Geldverschwendung, wie wir sie derzeit aus der Bundesrepublik Deutschland da und dort hören.


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