Bundesrat Stenographisches Protokoll 649. Sitzung / Seite 25

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Also Sie sind für ein Minus an Demokratie, heißt das? – Ich habe Sie nicht ganz verstanden, aber das macht nicht wirklich etwas aus.

Ich glaube, wir haben in der Diskussion ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel. ) Sie werden später das Wort noch ergreifen, Kollege Tremmel, und zwar, wie ich weiß, mit großer Ausführlichkeit.

Wir haben hier den Bericht über die österreichische EU-Ratspräsidentschaft entgegengenommen, die tatsächlich kein "Erleuchtungserlebnis" war. Alle Vertreter einer seriösen europäischen Politik haben folgendes bemerkt: Ein sechsmonatiges "Erleuchtungserlebnis" für die Europäische Union war weder vorstellbar noch geplant. Was diese Bundesregierung abgeliefert hat, ist der Beweis dafür – der erneute Beweis, muß man im Hinblick auf jene Staaten sagen, die bereits länger EU-Mitglieder sind –, daß eine EU-Präsidentschaft eines kleinen Landes sehr wohl den Prozeß der Weiterentwicklung der Europäischen Union in Gang halten kann, neue Impulse setzen kann, Spezifika einbringen kann und damit neben vierzehn anderen Beiträgen einen Beitrag für diese Gemeinschaft, für diese Union, erbringen kann.

Die österreichische EU-Ratspräsidentschaft war während einer langen Periode – und das ist noblerweise von den Regierungsmitgliedern nicht erwähnt worden – in ihrer Entscheidungsfähigkeit dadurch beeinträchtigt, daß bei einem wichtigen, nämlich dem deutschen Partner eine politische Richtlinienentscheidung anstand und daß zuerst die dort noch im Amt befindliche Regierung zu weitreichenden Entscheidungen – verständlicherweise, muß man sagen – keine Zustimmung geben konnte und wollte und daß dann die neue Regierung dort – auch das ist verständlich – ein Weilchen gebraucht hat, bis sie ihre eigenständigen Standpunkte entwickelt hat. Diese wichtige Rahmenbedingung muß man als Kulisse, vor der sich unsere EU-Ratspräsidentschaft abgespielt hat, mit ins Bild nehmen, um zu erkennen, daß das, was erreicht wurde, außerordentlich viel ist.

Eine Vielzahl von Stimmen gerade im Europäischen Parlament hat der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft bestätigt – und ich betrachte das als Lob –, daß es eine außerordentlich politische Präsidentschaft war, also keine, die ausschließlich die Verwaltungselemente weitergeführt hat, die nicht sozusagen nur anhand eines längst vorbestimmten Terminplanes Entscheidungen dann, wenn sie angestanden sind, getroffen hat, sondern die sehr wohl inhaltlich akzentuierte Gesichtspunkte in die Union eingebracht hat.

Es sind als Ergebnisse, vor welchen lange verhandelt wurde, die Einführung des Euro, die Ingangsetzung des langwierigen und natürlich auch nicht an einem Punkt festzumachenden EU-Erweiterungsprozesses, die Fortschritte, die im Bereich der Kunst erreicht werden konnten, aber auch natürlich der Schweiz-Vertrag, die Fortschritte, die im Bereich des Verkehrs erreicht werden konnten, die Fortschritte, die im Bereich der europäischen Forschung erzielt werden konnten, und die verstärkte Dimension – es ist eigentlich eine neue Dimension – einer besser koordinierten Sozial- und auch Beschäftigungspolitik zu nennen.

Ich glaube, daß da doch ein Mißverständnis vorliegt, dem auch der Herr Präsident unterliegt. Es ist schon richtig, daß man Pferde nur zur Tränke führen kann, saufen müssen sie dann selbst. Aber die Tränke muß da sein, und Wasser muß in ihr sein. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Niemand gibt sich der Illusion hin, daß staatliche oder Unionspolitik per se Beschäftigung, konkrete einzelne Arbeitsplätze schaffen kann. Aber "Wasserstellen" einzurichten, Strukturen zu schaffen und dafür zu sorgen, daß die wirtschaftlichen Pferderln dorthin gehen oder hingehen können, das ist politische Aufgabe im nationalen und im europäischen Raum. Ich betrachte es als einen der ganz entscheidenden Erfolge österreichischer Intervention in der Europäischen Union, und zwar nicht nur innerhalb der letzten sechs Monate, daß Beschäftigungspolitik zu einem Thema gemeinschaftlicher Anstrengung geworden ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Es ist ja nicht wahr, daß diese Initiativen nicht greifen. Es ist darauf hingewiesen worden, daß es aus der Konvergenz nationaler und gemeinschaftlicher Bemühungen sehr wohl möglich war, im


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