Bundesrat Stenographisches Protokoll 649. Sitzung / Seite 45

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die die Förderungspolitik der Regierung kritisieren und sich auf der anderen Seite bei jeder Gelegenheit gegen die künstlerische Freiheit stellen und mit Haßtiraden auf Kunstschaffende losgehen. Namen von Künstlern zu nennen, die sich bereits mit Schmutz überschütten lassen mußten, erübrigt sich, denn so ziemlich jeder Künstler von Format – egal, in welcher Sparte tätig – mußte sich schon besudeln lassen. Diejenigen, die sich so über "Fäkalkunst" alterieren, greifen tief hinein in die braune Brühe, um ehrbare Menschen anzupatzen. Da ist ihnen nichts zu dreckig.

Der Staat hat nicht zu werten, sondern Rahmenbedingungen zu schaffen. Wir wollen nicht, daß Künstler – wie in grauen Vorzeiten – von Fürsten und Bischöfen abhängig sind und an deren Höfen jene Kunst produzieren, die von den Herrschenden als Kunst definiert wird. Kunst ist, was der Fürst bestimmt, und alles andere gehört nicht dazu – hält sich der Künstler nicht daran, dann soll der Künstler eben verhungern! Das Kunstverständnis der Sozialdemokraten ist das nicht. Wir wollen nicht nur den Zugang breiter Bevölkerungsschichten zu kulturellen Errungenschaften ermöglichen, sondern auch innovativen, experimentellen, nicht etablierten künstlerischen Ausdrucksformen Freiräume der Entfaltung bieten. Das ist auch ein wesentlicher Gradmesser demokratischer Bewußtseinsbildung.

Zeitgenössische Kunst – das gestehe ich offen – liegt oft quer zum Alltagsverständnis ihrer Zeit und wird nicht nur gegen den Markt, sondern oft auch in bewußter Verletzung gesellschaftlicher Tabus produziert. Die Aufgabe der Kulturpolitik ist es daher, nicht nur die finanziellen Rahmenbedingungen für das künstlerische Schaffen zu garantieren, sondern auch ein Klima zu schaffen, in dem die Förderungen vielmehr als Einlösung einer Verpflichtung des Staates verstanden werden.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Kunstbericht drückt nur in Zahlen die erfolgreiche Kulturpolitik des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Staatssekretärs aus. Daß sie mit ihrer Politik aber völlig richtig liegen, beweisen so richtig deutlich erst die Polemiken gegen sie. Meine Fraktion wird dem Kunstbericht die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.08

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Alfred Schöls. Ich erteile ihm das Wort.

12.08

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum vorliegenden Kunstbericht für das Jahr 1997: Das möchte ich bewußt hervorstreichen – nicht deswegen, weil ich mich als Niederösterreicher, der jetzt in der Landeshauptstadt tätig ist, freue, daß der für Kultur und Kunst zuständige Staatssekretär jetzt gelegentlich auch schon in unserer Landeshauptstadt gesehen wird, sondern weil ich damit sagen möchte, daß der Versuch, die Kultur zur Chefsache zu machen und einen durchaus kompetenten Staatssekretär einzusetzen, nicht jene Wege gegangen ist, die manche Kritiker vorgezeichnet haben. Daher möchte ich Ihnen, Herr Staatssekretär, recht herzlich für die Akzente danken, die Sie in der Kulturpolitik setzen.

Ich möchte es nicht verabsäumen, darauf hinzuweisen, daß Kunst- und Kulturpolitik nicht nur Sache des Bundes ist, sondern daß vor allem in den Ländern sehr viel an solcher Politik gemacht wird. Es muß uns bewußt sein, daß die Förderung von Kunst und Kultur nicht nur ein gesellschaftspolitisches Anliegen, sondern auch ein wichtiger sozial- und wirtschaftspolitischer Faktor ist. Das zentrale Thema einer Kulturpolitik muß die Schaffung von förderungspolitischen und kulturadministrativen Rahmenbedingungen sein, die ein breites, innovatives und vielfältiges kulturelles und künstlerisches Angebot ermöglichen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang besonders jene Initiativen erwähnen, die in den Ländern gesetzt werden, vor allem von jenen Künstlerinnen und Künstlern, die man gemeinhin als Laien darstellt und die wir uns aus der Kulturlandschaft – zumindest aus der niederösterreichischen – nicht mehr wegdenken können. Wir haben heute den Bürgermeister von Reichenau an der Rax als neuen Bundesrat angelobt, und ich muß sagen, daß die Sommerspiele in Niederösterreich –


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