Bundesrat Stenographisches Protokoll 651. Sitzung / Seite 99

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Es ging dabei erstens darum, die Professionalisierung der in der Jugendwohlfahrt Tätigen zu verbessern. Es wird klar festgestellt, daß für die betroffenen 1,5 Prozent der Kinder – das sind immerhin 26 000 in ganz Österreich – die Hilfe von bestgeschulten Fachkräften zur Verfügung gestellt werden soll. Das heißt für uns, daß einerseits dort, wo eine besondere Ausbildung notwendig ist, in der Regel geeignetes Fachpersonal anzubieten ist, daß wir andererseits aber nicht das Kind mit dem Bade ausschütten dürfen. Denn Pflegeeltern zum Beispiel, die schon drei, vier Kinder aufgezogen haben und bereit sind, weitere Kinder aufzunehmen, brauchen meiner Ansicht nach keine weitere großartige Ausbildung, da sie schon bisher bewiesen haben, daß sie auf diesem Gebiet hervorragende Arbeit leisten und imstande sind, für zwei, drei Pflegekinder zu sorgen.

Zweitens geht es darum, daß wir in einem nächsten wichtigen Schritt das Angebot an sozialen Diensten ausweiten. Auch hier steht wieder klar die Familie im Vordergrund, zu Beginn des § 12 ist klar festgelegt, daß Elternbildung ein besonderer Schwerpunkt dieses Jugendwohlfahrtsgesetzes sein muß. Wir versuchen, mit den verschiedensten Trägern diese Elternbildung in allen Gemeinden anzubieten, um den Familien direkte Hilfe anbieten zu können. Weiters geht es auch darum, niederschwellige Angebote zur Verfügung zu stellen. Denn es ist klar, daß Jugendliche, die eine Betreuung in einem Heim ablehnen, kaum dort festgehalten werden können, daher ist es wichtig, diese über Streetwork oder ähnliche Einrichtungen mit Fachkräften der Jugendwohlfahrt in Kontakt zu bringen.

Die erwähnte Beamtin hat im Ausschuß ganz klar den Rechtsextremismus als Beispiel genannt, und wir wissen auch, daß sich Jugendliche in vielen Bereichen – etwa bei den Hooligans und so weiter – derzeit eher zum Rechtsextremismus bekennen, diesbezüglich gibt es klare Umfrageergebnisse. Es ist daher bezeichnend und entlarvend, daß Sie hier versuchen, dagegen zu argumentieren, als ob Sie damit angesprochen wären. (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist absurd! – Bundesrätin Haunschmid: Warum heißt das denn "rechtsextrem" und nicht nur "extrem"?) Von uns hat sich niemand angesprochen gefühlt. Mich wundert es, daß sich die Freiheitliche Partei angesprochen fühlt, denn das war eigentlich überhaupt nicht der Fall! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Drittens ist es darum gegangen, den Pflegegeldanspruch auch auf verwandte Personen zu erweitern, weil wir wissen, daß – wie es auch im ABGB vorgesehen ist – über Verwandtenpflege ein Heimaufenthalt eventuell hintangehalten werden kann. Es ist daher wichtig, daß diese durch eine finanzielle Unterstützung auch in die Lage versetzt werden, Minderjährige, die mit ihnen verwandt sind, zu betreuen.

Es geht viertens um die Regelung der Tagesbetreuung von Kindern. Diesbezüglich muß man klar feststellen, daß die Vereinbarkeit von Beruf und Familie große Herausforderungen an die Politik stellt. Wir wissen, daß gerade in den Bundesländern Tageseltern großartige Arbeit leisten und viele Möglichkeiten bieten, daß Kinder tagsüber mit anderen Kindern in familienähnlicher Atmosphäre beisammen sind und damit Eltern ihre Kinder beruhigt bei Tagesmüttern abgeben können.

Auch bei dieser Betreuungsform sind natürlich entsprechende Qualifikationen wichtig, da man sein Kind einer Tagesmutter mit ruhigerem Gewissen anvertraut, wenn diese dazu darüber hinaus noch verschiedene fachliche Qualifikationen hat, die wiederum von den Ländern defi-niert werden sollen. Nicht der Bund schreibt fest, wie diese Qualifikationen in den einzelnen Bundesländern auszusehen haben, sondern das jeweilige Bundesland vollzieht für sich, welche Ausbildungsschritte es haben möchte.

Es geht überdies – auch das möchte ich hier noch in den Vordergrund stellen – um die Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht von Angehörigen der Gesundheitsberufe im Falle der Gefährdung des Kindeswohls. Ich stehe dem nicht so skeptisch gegenüber wie meine Vorrednerin. Es war bekannt, daß wir in Ergänzung einer Novelle zum Ärztegesetz im Jugendwohlfahrtsgesetz eine Bestimmung schaffen mußten, die es Angehörigen medizinischer und sonstiger Gesundheitsberufe sowie deren Hilfspersonen erlaubt, ihre Verschwiegenheit aufzugeben und immer dann, wenn Verdachtsmomente vorliegen, daß Kinder mißbraucht worden sind, die


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