Bundesrat Stenographisches Protokoll 652. Sitzung / Seite 18

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

führen. Der Handelsausschuß des Nationalrates sah sich bei der Verabschiedung des Preisgesetzes 1992 sogar veranlaßt, in einer Ausschußfeststellung an dieses Erkenntnis ausdrücklich zu erinnern.

Ebendiesem Spannungsverhältnis und auch noch anderen verfassungsrechtlichen Fragen ist der Gesetzesbeschluß ausgesetzt. Wenn man die Begründung des Antrages genau liest, fällt die Formulierung auf, daß die Verfassungsbestimmung "schon aus kompetenzrechtlichen Gründen", aber offenbar eben nicht nur deswegen zweckmäßig sei. Ich hätte mir gewünscht, daß man das tatsächliche Anliegen wenigstens offen dargelegt hätte.

Abgesehen von dieser verfassungsrechtlichen Problematik steht der Gesetzesbeschluß auch in einem europarechtlichen Spannungsverhältnis. Ich zitiere aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage für die Neufassung des Preisgesetzes 1992: "Trotz der grundsätzlichen Zulässigkeit wird eine nationale Preisfestsetzung nur in einem sehr eingeschränkten Umfang mit dem EWG-Vertrag vereinbar sein. Eine weitgehende Unzulässigkeit einer nationalen Preisfestsetzung ergibt sich aus dem in Artikel 30 des EWG-Vertrages normierten Verbot der Diskriminierung von Einfuhren aus den Mitgliedstaaten. Aber auch" – so heißt es dort weiter – "soweit nach den vorstehenden Ausführungen im Rahmen des bestehenden Gemeinschaftsrechtes eine einzelstaatliche Preisfestsetzung zulässig ist, ist jedes Mitglied der Gemeinschaft gemäß Artikel 103 Abs. 1 des EWG-Vertrages zur vorherigen Konsultation und gemäß Artikel 105 zur Koordinierung mit den übrigen Mitgliedstaaten verpflichtet." – Soweit die Regierungsvorlage aus dem Jahr 1992.

An diesen Rahmenbedingungen hat sich nichts geändert. Ich kann mir angesichts der an den Tag gelegten Eile allerdings nicht vorstellen, daß die erwähnte europarechtlich notwendige Konsultation und Koordinierung – so die Einschätzung der damaligen Regierungsvorlage – stattgefunden hätte.

Selbst wenn aus der Sicht der Autofahrer die in Österreich geübte Preispolitik der Ölkonzerne, einschließlich der OMV, als Notstand angesehen wird, vermag das eine auf Dauer angelegte verfassungspolitische Notwehrüberschreitung durch Ausschaltung richterlicher Kontrolle nicht ausreichend zu begründen. Ich hätte mir unter den gegebenen Umständen wenigstens erwartet, daß die in Aussicht genommene Regelung, wenn sie tatsächlich nur ein Überbrückungsschritt sein soll – wie es der Herr Wirtschaftsminister im Nationalrat richtigerweise dargestellt hat –, nicht dauerhaft dem Verfassungsrecht einverleibt, sondern für einen angemessenen Zeitraum befristet wird.

So bleibt abschließend nur das – bei mir persönlich durchaus gegebene – Vertrauen in das Augenmaß des gegenwärtigen Wirtschaftsministers sowie seines Ministeriums, und es bleibt die Erwartung, daß an die Stelle der aus einem schon etwas verstaubten ordnungspolitischen Fundus stammenden Verfassungsbestimmung bald zeitgemäße wettbewerbsrechtliche Maßnahmen sowie hoffentlich auch die Vernunft der Mineralölwirtschaft treten mögen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

12.01

Präsident Gottfried Jaud: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Erhard Meier. – Bitte.

12.01

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Wir alle wissen, warum wir uns heute zu dieser an und für sich außerordentlichen Sitzung des Bundesrates hier eingefunden haben. Es ist nicht so, daß die Problematik, daß die Bevölkerung Österreichs spürt, daß die Benzinpreise bei uns zu hoch sind, erst seit heute sichtbar ist, sondern dies zeichnet sich schon seit längerer Zeit ab. Aber irgendwann kommt immer der Zeitpunkt, an dem das Faß wirklich überläuft.

Ich möchte auch sagen, es dreht sich nicht nur um die Autofahrer und darum, daß sich diese jetzt so und so viel Geld ersparen würden, wenn der Benzinpreis gesenkt werden würde, sondern die Autofahrer sind Teil von Familien und sind Arbeitnehmer. Sie verwenden dieses Geld,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite