Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 87

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halte die von Kollegen Scheuch vorgebrachten vorgesehenen Regelungen betreffend die Enteignung schlichtweg für verfassungswidrig. (Bundesrat Dr. Tremmel: So ist es!)

Herr Bundesminister! Sehr verehrte Kollegen und Kolleginnen! Eine Enteignung kann nur aufgrund von Gesetzen – nun, das hätten wir damit – vorgenommen werden plus  – das ist die österreichische Form der Enteignung – Entschädigung, sonst wäre es, wie Kollege Scheuch gesagt hat, eine kommunistische Vorgangsweise, und eine solche wollen wir doch in unserem Staat nicht haben.

Herr Bundesminister! Es wäre erfreulich, wenn Sie heute hier zu diesem Thema einige Erläuterungen abgeben könnten. Vielleicht haben wir alle uns geirrt, vielleicht hat Kollege Scheuch aus einem falschen Papier zitiert, und Sie wissen es besser – das tun Minister immer, sie sind die ersten Diener des Staates. Ich hoffe, Sie dienen hiemit auch dem österreichischen Volk und der Bevölkerung insgesamt.

Betroffen sind nur selektive Gruppen der Bevölkerung, nämlich jene Personen, über deren Grund oder unter deren Grund eine solche Eisenbahn geplant ist. Wenn es die gesamte Bevölkerung träfe, könnte man sagen: Es trifft jeden zu einem gewissen Teil!, aber aus persönlichen Erfahrungen weiß ich, auch im Straßenbau, daß es immer nur einzelne trifft und nicht alle. Und diejenigen, die es trifft, sind dann jene, die für die Volksgemeinschaft alles geben müssen, damit dem Fortschritt gedient wird. Dieser Fortschritt, Herr Bundesminister, ist aber nicht jener, den ich mir vorstelle, obwohl ich Ihnen in manchen Bereichen recht gebe.

Wie Sie beim "Straßen-Tag" vor einer Woche verlauten ließen, hat die Schiene einen akuten Nachholbedarf von mehr als 35 Jahren, denn es wurde viermal mehr in die Straße investiert als in die Schiene. Das mag zutreffen. Sie erwähnten auch die Prognosen darüber, welche große Verkehrszuwächse voraussagen. Sie erklärten auch, daß es bedauerlich sei, daß das starke Wachstum zuungunsten der Schiene verläuft. Das ist ein Punkt, den ich später noch kurz anreißen möchte, weil ich mich frage, warum es bedauerlich ist, daß es zuungunsten der Schiene verläuft.

Sie meinen, Mensch und Umwelt müssen geschützt werden, ohne den Wirtschaftskreislauf zu stören. Darin gebe ich Ihnen recht, nur: Wird durch diese Art, die Sie meinten, nämlich Enteignung ohne Entschädigung, nicht der Wirtschaftskreislauf gestört? Wird nicht der Mensch, der davon betroffen ist, in seiner privatwirtschaftlichen Entfaltung beeinträchtigt zum Vorteil all jener, die diese Beeinträchtigungen nicht hinnehmen müssen?

Sie erwähnten in Ihren Ausführungen zum "Straßen-Tag" auch, daß Österreich seit 1995 aus dem EU-Haushalt 1 Milliarde Schilling an Zuschüssen bekommen hat. Nun ja: 1 Milliarde Schilling österreichisches Steuergeld, Herr Bundesminister, kam zurück nach Österreich. Das hätten wir auch ohne den Umweg machen können. Man sollte sich daher nicht immer über EU-Zuschüsse so sehr freuen, da das Geld schon einmal von hier nach Brüssel geschickt wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie meinen auch, daß der Master-Plan notwendig und die Verlagerung des Verkehrs auf umweltfreundliche Verkehrsträger ein Ziel sei. Dem widersprach am "Straßen-Tag" unter anderem Ministerialrat Estermann vom Handelsministerium, der meinte, daß die verkehrspolitisch erhofften Vermeidungs- und Verlagerungseffekte auf die Schiene nicht eintreten würden. Es ist daher zu hinterfragen, ob der Master-Plan des Verkehrsministers, das geplante drastische Übergewicht von Schienenausbauten noch gerechtfertigt ist. Diese Frage stelle ich bei diesem Thema, welches das heute gar nicht so akkurat festlegt, auch: Ist es noch gerechtfertigt, den Schienenausbau in diesem Maße zu fördern? – Es ist dabei nicht in Frage gestellt, daß von den 12 Milliarden Schilling, die in den nächsten Jahren verwendet werden, 2,5 Milliarden für die Straße aufgebracht werden sollen und 0,5 Milliarden für den Ausbau der Donau vorzusehen sind.

Der Master-Plan weist insgesamt eine Größenordnung von ungefähr 300 Milliarden Schilling auf. Der österreichische Steuerzahler muß sich in diesem Zusammenhang, wenn er das erfährt, fragen: Wie soll das jemals finanziert werden?


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