Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 89

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Im übrigen sprechen ganz eindeutige Erfahrungen dafür, diesen Weg zu wählen, nämlich jene, die wir, und zwar europaweit, im Zuge der Regulierung des Telekommunikationsbereiches gemacht haben. Überall dort, wo es um die Frage des Netzzugangs, der fairen Behandlung auch neuer, vielfach kleinerer Wettbewerber durch den sogenannten "incumbent operator", den großen, ehemaligen Monopolisten geht, haben sich diese Formen von Regulierungsbehörden als außerordentlich zweckmäßig erwiesen, selbst dann, wenn sie ein, wie ich zugebe, das Verfahren nicht gerade beschleunigendes Verfahrensrecht anzuwenden haben. Es sichert andererseits allerdings die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens, und daher soll es auch angewendet werden.

Ich denke, daß wir auch in Österreich genügend und mittlerweile überwiegend positive Erfahrung mit einer derartigen Einrichtung, nämlich der Telekom-Kontrollkommission, gemacht haben, daher wäre es meiner Meinung nach durchaus sinnvoll, dieses Modell auf den Bereich des Eisenbahnverkehrs zu übertragen, zumal vernetzte internationale Systeme wie das Schienensystem oder die Telekommunikationssysteme von ihrer Problemstellung und daher auch von ihrer Regelungsnotwendigkeit her relativ vergleichbar sind.

Es ist von mehreren Rednern der Freiheitlichen Partei behauptet worden, daß viele dieser Maßnahmen, seien sie nun gesetzlich oder tatsächlicher Art, ausschließlich dem "roten Postenschacher" dienen und Entscheidungen nicht nach Sachkompetenz gefällt werden. Ich darf Sie herzlich dazu einladen, mir Beispiele, in denen nicht die Sachkompetenz an vorderster Stelle gestanden ist, zu nennen und mich andernfalls mit derartigen Vorwürfen nicht zu behelligen.

Es ist für Sie zwar "nett", immer zu sagen, das geschehe andauernd, aber es wäre ganz gut, gelegentlich auch einen Beweis auf den Tisch zu legen. Wenn Sie mir nachweisen können, daß ich sachinkompetente Personen ausschließlich deshalb, weil sie meiner oder der anderen Regierungspartei angehören, bestellt habe, dann bitte ich um einen entsprechenden Nachweis, ansonsten würde ich darum bitten, auf derartige Äußerungen zu verzichten. (Beifall bei der SPÖ.)

Was die Frage des Wettbewerbs betrifft, haben Sie richtigerweise angesprochen, daß darauf zu achten ist, daß zumindest Gegenseitigkeit gegeben ist. Man sollte nicht den Wettbewerb einerseits im eigenen Land vermeiden, andererseits aber selbst aktiv betreiben! Sie haben Frankreich als Beispiel angeführt. Das sehe ich auch so! Eben weil wir das so sehen, haben wir bereits im Dezember 1997 mit dem Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz – kurz EIRAG genannt – die Voraussetzungen für den Wettbewerb auf der Schienenstraße geschaffen, und zwar unter der Bedingung der Gegenseitigkeit. Wir haben damit also den österreichischen Schienenverkehrsmarkt für ausländische Unternehmen unter der Bedingung, daß die österreichischen Eisenbahnverkehrsunternehmen unter gleichen Bedingungen in deren Ländern fahren können, geöffnet.

Tatsache ist jedoch, daß dieser Wettbewerb bis jetzt nicht zustande gekommen ist, weil sich kleine wie größere Tiere in der Regel scheuen, in der Höhle des gegnerischen Löwen zu spielen. Das ist im Grunde genommen nicht besonders überraschend, daher geht es uns darum, nicht nur klare, rechtliche Voraussetzungen durch einen entsprechenden Gesetzesrahmen zu schaffen, sondern gleichzeitig auch eine Wettbewerbsbehörde einzurichten, die sicherstellt, daß Fairneß herrscht. Ohne diese ist ein Wettbewerb nicht denkbar und meines Erachtens weder den Konsumenten noch den Bediensteten der Eisenbahnverkehrsunternehmen zuzumuten. Es geht um faire Bedingungen, sodaß nicht Dumping an vorderster Stelle steht, sondern eine größere Flexibilität und letztlich eine bessere Leistung im Interesse der Kunden das Ziel sind. – In diesem Punkt scheinen wir sogar vergleichbare Interessen zu haben.

Lassen Sie mich ein Wort zur Frage der behaupteten Vielzahl von Eisenbahnverkehrsunternehmen beziehungsweise Unternehmen, die in diesem Sektor tätig sind, sagen. In meiner Kindheit war es viel, wenn die Zahl der Finger einer Hand überschritten war. Bei den Eisenbahnunternehmen haben wir noch nicht einmal die Zahl der Finger einer Hand erreicht: Die SCHIG, die Brenner-Eisenbahn-Gesellschaft, die HL-AG und die ÖBB sind zusammen nur vier. (Bundesrat


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