Bundesrat Stenographisches Protokoll 660. Sitzung / Seite 51

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Ich glaube also, dass es viele Werte in diesem Land gibt, die wir nicht ansatzlos aufs Spiel setzen sollten. Einer dieser Werte ist, dass die Majestät in der Demokratie der Wähler ist. Niemand anderer ist diese Majestät. (Bundesrat Marizzi: Wer hat diese Majestät beleidigt? Wer hat gesagt, als Dritter geht er in Opposition?)

Für den Nationalrat hat sich nach den Wahlen folgender Mandatsstand ergeben: Die Koalitionspartner ÖVP und FPÖ würden gemeinsam auf 104 Mandate kommen, die Sozialdemokratie hat 65 und die Grünen, so glaube ich, 14 Mandate. Das heißt, dass der Sozialdemokratie die Ausgangslage nach der Wahl klar sein musste: Es gibt drei mittelgroße Parteien, von denen sich wohl zwei finden müssen, damit es eine Mehrheit gibt, und wenn es diese Mehrheit gibt, dann ist sie legitim.

Es war die Sozialdemokratische Partei, die gesagt hat: Es gibt die Freiheitlichen, mit denen wir aber eigentlich gar nicht wollen! – Man hört zwar auch anderes, aber bitte. – Das ist auch legitim, wenn man sagt, dass man mit einer Partei keine Koalition eingehen will. Das ist okay. Wenn man dann mit einer anderen, eigentlich der einzig möglichen Partei verhandelt, dann kann man doch davon ausgehen, dass auch diese Partei ihre Verhandlungspositionen vehement vertreten wird. Und wenn das dann zu dem Ergebnis führt, dass man mit den einen gar nicht spricht und die Verhandlungen mit den anderen abbricht und sagt: Nein, wir machen es lieber allein!, dann muss ich sagen, das darf es in einer Demokratie nicht geben. Das kann sich nicht ausgehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Bundesrätin Fuchs: Die Sichtweise ist schon ein bisschen beeinträchtigt, glaube ich!)  – Aber ich glaube, klarer als Ihr Blick.

Ich darf die Rechnung noch weiterführen: Wenn man dann bedenkt, dass von den 65 Mandataren der SPÖ im Nationalrat die Anzahl der Gewerkschafter abgezogen, noch ungefähr 45 Mandatare übrig bleiben, die den eigenen Koalitionspakt mitgetragen hätten, dann muss ich sagen: 45 von 183 – das ist schon gewaltig, wie wollen Sie da zu Ihren Mehrheiten kommen?

Der Rechtsstaat ist darauf aufgebaut, dass der Wähler in der Demokratie die Majestät ist, und das spiegelt sich in den Mandaten wider. Andere Momente wie Hausbesetzungen, Drohungen et cetera können kein Äquivalent dazu sein, was der Wähler entschieden hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, wer dieses Land in den letzten Jahrzehnten geführt hat, und ich glaube durchaus, dass diese zwei Kräfte, Sozialdemokratie und Volkspartei, sehr viel für dieses Land geleistet haben. Ich verbeuge mich auch vor den Leistungen der Sozialdemokratie, vor Renner, Schärf, Vranitzky (Bundesrat Marizzi: Kreisky!)  – Kreisky, Herr Marizzi, wie hätte ich den nur vergessen können (Bundesrat Marizzi: Aber Sie haben ihn vergessen!)  –; viele Funktionäre der Sozialdemokratie haben vieles für dieses Land geleistet.

Dass ich den selben Respekt vor den Christdemokraten habe, werden Sie verstehen und wird Sie auch nicht irritieren. Ich stehe auch nicht an, zu sagen, dass auch ich – ich sitze seit einigen Jahren im Bundesrat, in denen die Freiheitliche Partei Oppositionspartei war – mich bei mancher Kritik öfters gefragt habe: Von welchem Land spricht diese Freiheitliche Partei eigentlich? – Aber wenn man nüchtern bleibt und die Spielregeln in der Demokratie betrachtet, dann weiß man, man wird wohl auf der ganzen Welt keine Opposition finden – es zeichnet sich auch bei Ihnen dieser Trend nicht ab –, die die Regierung bedingungslos unterstützt. Wenn ich bedenke, wie oft wir uns gemeinsam όber Emotionen und vermeintliche Untergriffe geδrgert haben, und das dann mit dem Auftritt des Kollegen Konecny vergleiche – roter Kopf, laute Stimme –, dann muss ich sagen, das unterscheidet sich eigentlich nicht von dem, was wir bereits erlebt haben. Das ist bei nüchterner Betrachtung vergleichbar.

Meine Damen und Herren! Ich bin nicht der Verteidiger der Freiheitlichen Partei, die Freiheitliche Partei ist nicht der Verteidiger der Volkspartei. Das sind zwei eigenständige Regierungspartner, aber eines möchte ich schon sagen: Ich habe mich auch schon über die Freiheitliche Partei sehr geärgert, aber ich kann mich nicht erinnern, dass sie versucht hat, außerhalb der parlamentarischen Demokratie Wahlergebnisse zu beeinflussen. Ich erinnere auch an die Aussagen in den letzten Tagen, als die Freiheitlichen gemeint haben: Wenn Rot und Schwarz noch einmal


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