Bundesrat Stenographisches Protokoll 666. Sitzung / Seite 70

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

dass sie unter einem gewissen Zeitdruck gestanden ist. Aber ich glaube, dass das noch lange kein Grund ist, so zu reagieren, wie sie reagiert hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Abschaffung der Pension wegen Erwerbsunfähigkeit – rascheste Abschaffung trotz verfassungsrechtlicher Bedenken! – erfolgt auf dem Rücken kranker Menschen. Das gilt auch für die ganze, noch immer nicht entschiedene Pensionsreform dieser FPÖ-ÖVP-Regierung. Dazu kommen noch leichte Anzeichen, dass sie sich an der Begutachtung vorbeischwindeln will. (Bundesrat Bieringer: Die FPÖ-ÖVP-Regierung ist aber schon die österreichische Regierung!?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Auswirkungen dieser Regierungsmaßnahmen: Die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit war vor allem für gesundheitlich beeinträchtigte Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter, auch für kleine Angestellte, sehr wichtig, da für diese Berufsgruppen der Zugang zur normalen Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension extrem schwierig ist.

Vor der Abschaffung dieser Pension sind rund 14 000 Personen österreichweit davon betroffen gewesen. Mehr als 55 Prozent davon entfielen auf die Gruppe der Arbeiter, 20 Prozent auf die Gruppe der Angestellten und 17 Prozent auf die Beschäftigtengruppe der Bauern. Ich muss wohl nicht dazusagen, dass zu 80 Prozent männliche Beschäftigte die Pension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit in Anspruch genommen haben. Die Regierung selbst gibt an, dass etwa die Hälfte dieser 14 000 betroffenen Kolleginnen und Kollegen in die normale Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension beziehungsweise in die neue Form des Tätigkeitsschutzes für jene, die über 57 Jahre alt sind, ausweichen könnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbst wenn man diese optimistische Einschätzung teilt, heißt das für uns, dass zumindest 7 000 gesundheitlich beeinträchtigte Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer – Frauen über 55 Jahre und Männer über 57 Jahre – in Zukunft der Zugang zur Pension verwehrt wird. Für den Großteil der vor allem davon betroffenen männlichen Hilfsarbeiter bedeutet das, dass sie von 57 bis 61,5 Jahren auf ihre Pension warten müssen, im Regelfall ohne Arbeitsmöglichkeit – das bedeutet Arbeitslosigkeit, das bedeutet Notstand!

Ich darf Ihnen ein konkretes Beispiel bringen: Ein Bauhilfsarbeiter, 56 Jahre alt, zuckerkrank, erhöhter Blutdruck, erreicht mit 57 Jahren 42 Versicherungsjahre. Die Bemessungsgrundlage seiner Pension läge bei 20 000 S. Bisher ist es diesem Bauhilfsarbeiter auf Grund des Einsatzes der Belegschaftsvertretung gelungen, seinen Arbeitgeber davon zu überzeugen, dass es bis zum 57. Lebensjahr mit Sicherheit eine Beschäftigung in diesem Unternehmen für ihn gibt. Nach geltendem Recht könnte dann dieser Arbeitnehmer mit 57 Jahren eine vorzeitige Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit beziehen.

Die Regierung hat diesem 56-jährigen Bauhilfsarbeiter diese Möglichkeit nun verwehrt. Er verliert dann seinen Arbeitsplatz, hat aber auf Grund seines Alters und seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung keine Chance mehr, auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu finden. Wie ich schon vorhin gesagt habe, ist er dann im Alter zwischen 57 und 61,5 Jahren auf Arbeitslosengeld und in der Folge auf Notstandshilfe angewiesen.

Ich darf mit diesem Beispielfall fortsetzen: Wie die von der Regierung selbst genannten Zahlen zeigen, ist die neu geschaffene Sonderregelung für jene, die über 57 Jahre alt sind, keine geeignete Ersatzlösung für die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit – dies deshalb, weil die Anspruchskriterien wesentlich strenger als bisher gefasst sind: etwa jenes betreffend zehn Jahre gleiche Tätigkeit innerhalb der letzten 15 Jahre, kein Anspruch bei Vereinbarkeit in andere zumutbare Tätigkeiten, unabhängig davon, ob eine konkrete Arbeitsmöglichkeit besteht oder nicht; für Frauen liegt das Zugangsalter nun um zwei Jahre höher als bei der weggefallenen Form der vorzeitigen Pension.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist damit zu rechnen, dass allein durch die erhebliche Erschwerung des Pensionszuganges für gesundheitlich beeinträchtigte ältere Kollegin


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite