Bundesrat Stenographisches Protokoll 666. Sitzung / Seite 85

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Warum? – Weil unselbständig Erwerbstätige im Regelfall Anspruch auf Arbeitslosengeld und Notstandsbeihilfe haben, während für Gewerbetreibende in den meisten Fällen die Anspruchsvoraussetzungen auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld nicht gegeben sind. Wenn wir von nachhaltiger Sicherung des sozialen Systems sprechen – diesem Postulat fühlen wir alle uns verpflichtet –, müssen wir dabei auch soziale Gerechtigkeit für Gewerbetreibende herstellen.

Vorrangig betroffen sind Klein- und Kleinstunternehmer – das sind rund 75 Prozent aller Gesamtbetroffenen –, die bei Führung eines Einzelunternehmens nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz pensions- und krankenversichert sind. Im Normalfall haben größere Betriebe bessere Gestaltungsmöglichkeiten, da etwa bei GmbHs häufig ein Dienstverhältnis nach dem ASVG begründet wird und somit ein Arbeitslosenversicherungsschutz vorliegt. Inhaber von Einzelunternehmen, aber auch Komplementäre von KGs, KEGs, Gesellschaftern von OHGs haben diese Möglichkeit nicht. Besonders gravierend sind jene Fälle, in denen auf Grund von gesundheitlichen Beschwerden – es wird jeder einmal krank; jeder kann in solch eine Situation kommen – eine Betriebsschließung erfolgen muss, gleichzeitig eine Pensionszuerkennung aber nicht möglich ist. Dazu kommt noch, dass Gewerbetreibenden aus der gesetzlichen Krankenversicherung auch kein Krankengeld zusteht.

Gerade für Inhaber kleinerer Unternehmen wäre es sinnvoll, die derzeit nur wenig hilfreiche Regelung der Arbeitslosenversicherung für Selbständige durch das frühere Arbeitslosenversicherungsmodell, wie es vor dem 1. 5. 1996 gegolten hat, zu ersetzen. Danach kann jeder Unternehmer, der früher einmal unselbständig beschäftigt war – das waren die meisten –, bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen Arbeitslose beziehen und damit zumindest eine gewisse Zeit überbrücken.

Wohlgemerkt: Das ist kein Geschenk an Unternehmer, sondern ein legitimer Anspruch, weil sie als unselbständig Beschäftigte auch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung bezahlt haben. Wir wissen: Kein Meister fällt vom Himmel. Jeder muss zuerst einmal Gesellenjahre absolvieren, während denen er meistens angestellt ist. Bis derjenige die Meisterprüfung machen kann, ist er oft bereits 35, 40 Jahre alt. Er hat also seine Beiträge geleistet, um zumindest kurzfristig dafür auch diese Leistungen beziehen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf diese Art würden Unselbständige und Selbständige gleichgestellt. Frau Sozialministerin! Ich glaube, es wäre ein Gebot der Fairness, bei der nächsten Reform an diese Gruppe zu denken, damit in diesen speziellen Situationen soziale Gerechtigkeit für alle Bevölkerungsgruppen hergestellt wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.51

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters hat sich Herr Bundesrat Drochter zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.51

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf meinem Vorredner Recht geben, und ich habe auch Verständnis, wenn er aufzeigt, dass es auch Selbständige gibt, die wirtschaftlich in eine schwierige Lage geraten, wenn sie krank werden oder ihren Betrieb schließen müssen. Es ist aber für einen Anspruch Voraussetzung, dass man permanent und regelmäßig Beiträge zahlt, genauso wie die Unselbständigen.

Der eigentliche Grund, warum ich mich nochmals zu Wort gemeldet habe, war, dass es doch eine Reihe von Rednern der Österreichischen Volkspartei und der FPÖ gegeben hat, die der SPÖ Realitätsverweigerung vorgeworfen haben. Ich darf dem mit aller Vehemenz widersprechen und darauf hinweisen, dass wir eben andere Ansätze zur Lösung der anstehenden Problematik haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den Beiträgen der Sprecher der Freiheitlichen und der Österreichischen Volkspartei war nicht ein einziger sozial verträglicher Vorschlag zu entdecken, der umgesetzt hätte werden können.


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