Bundesrat Stenographisches Protokoll 667. Sitzung / Seite 72

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Die Bedenken der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst gründen sich insbesondere auf folgende Punkte: Verfassungswidrigkeit im Zusammenhang mit der Zwangspensionierung, die Hinterbliebenenversorgung, die Plötzlichkeit und Intensität des Eingriffs in die Lebensplanung der öffentlich Bediensteten, der Vorwurf der sozialen Unausgewogenheit – das vorliegende Reformvorhaben trifft insbesondere kranke und gefährdete Menschen –, der Eingriff in die Versorgungsleistung durch Bezugskürzungen bei längerer Krankheit ohne begleitende Abfederung im ASVG; und als Letztes möchte ich auch noch widersprüchliche Regelungen aufzeigen, etwa die Anhebung des Pensionsalters und die gleichzeitige Einführung der Zwangspensionierung, die Nivellierung des Leistungsrechtes ... (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)  – Ja, Sie lachen! Sie lachen, Herr Kollege! Fragen Sie die Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes! (Zwischenruf bei der ÖVP. – Bundesrätin Fuchs: Er weiß es nicht! Er hat es nicht gelesen!)

Nein, ich bin kein öffentlich Bediensteter. Aber ich mache keinen Unterschied zwischen ASVG-Bediensteten und öffentlich Bediensteten, weil sie beide unselbständig Erwerbstätige sind. (Bundesrat Schaufler: Wir wollen auch keinen Unterschied machen!)  – Sie machen aber gravierende Unterschiede, Herr Kollege! Sie werden diese Unterschiede heute in Ihrem Abstimmungsverhalten zeigen.

Die Gewerkschaft äußert ferner Bedenken hinsichtlich der Nivellierung des Leistungsrechtes nach unten und einer Auseinanderentwicklung des Beitragsrechtes im ASVG- und Beamten-Pensionsrecht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist noch lange keine vollständige Aufzählung, aber diese wenigen Punkte zeigen schon, dass unsere ablehnende Haltung gegen dieses Reformvorhaben verständlich ist. (Bundesrätin Haunschmid: Keine Ahnung! – Bundesrat Dr. Nittmann: Erbärmlich!)

Die sozialdemokratischen Bundesrätinnen und Bundesräte werden diesem Gesetz auch nicht die Zustimmung geben, und wir werden in diesem Zusammenhang der FPÖ/ÖVP-Regierung das zweite Mal heute die "rote Karte" zeigen. (Die Bundesrätinnen und Bundesräte der SPÖ halten neuerlich die roten Karten in die Höhe. – Lebhafte Zwischenrufe bei allen Fraktionen. – Unruhe im Saal.)

Abschließend, werte Kolleginnen und Kollegen, darf ich Ihnen einen Brief zitieren, und zwar das Schreiben des Generalsekretärs des ÖAAB, Mag. Walter Tancsits, an die Fachgruppe Flugsicherung und an die Fachgruppe Luftfahrt-Bodenpersonal. Die Kollegen dieser Fachgruppen haben dem ÖAAB-Generalsekretär Tancsits im Zusammenhang mit ihrer Situation einen Brief geschrieben, in dem sie darauf aufmerksam gemacht haben, dass es nach EU-Recht bei ihnen eine Altersgrenze von 60 Jahren gibt.

Im Antwortschreiben von Mag. Tancsits heißt es – ich zitiere –: Sehr geehrte Kollegen! Danke für Ihr Schreiben vom 17. Mai 2000 und für den Hinweis auf Ihre Probleme. Es werden im Durchschnitt alle sieben Jahre die Berufe gewechselt, und es ist daher nicht einzusehen, dass bei einigen Berufsgruppen, wie etwa bei Piloten, automatisch ab dem 60. Lebensjahr in Pension gegangen werden kann. In vielen Berufsgruppen besteht die Möglichkeit nicht, bis zu einem bestimmten Lebensalter den Beruf ausüben zu können – Klammer auf: wie etwa bei einem Schauspieler im Fach des jugendlichen Liebhabers, der im Laufe seines beruflichen Lebens zu anderen Rollen wechseln muss – Klammer geschlossen. (Ironische Heiterkeit bei Bundesräten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

So kann ich mir vorstellen, dass ein Pilot auch mit über 60 Jahren als Lehrer in Technik- und Business-Englisch gefragt sein kann, ebenso als Reiseleiter oder in einer Segelschule als Fachkundiger, der über Wind und Wetter Auskunft geben kann. (Bundesrat Konecny: Zynismus! – Bundesrätin Fuchs: Zynismus pur!)

Ich selbst zum Beispiel habe im Laufe meines Berufslebens dreimal in völlig verschiedenen Branchen Karriere gemacht. Ich denke auch, dass wir zu einer grundlegend anderen Einstellung zum so genannten älteren Arbeitnehmer kommen müssen. Das wird auch durch die demographische Veränderung erforderlich sein.


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