Erklärung des Landeshauptmannes von Oberösterreich
Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach:
Wir gelangen nunmehr zur Erklärung des Herrn Landeshauptmannes von Oberösterreich, Herrn Dr. Josef Pühringer.Es liegt ein schriftliches Verlangen von fünf Bundesräten im Sinne des § 38 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates vor, im Anschluss an die Erklärung des Herrn Landeshauptmannes eine Debatte durchzuführen. Da dieses Verlangen genügend unterstützt ist, werden wir ihm ohne weiteres stattgeben.
Ich erteile nunmehr dem Herrn Landeshauptmann zur Abgabe seiner Erklärung das Wort. – Bitte, Herr Landeshauptmann.
12.50
Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Josef Pühringer:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In großer Sorge wende ich mich heute in einer sehr wichtigen Angelegenheit des Bundeslandes Oberösterreich an die österreichische Länderkammer. Die Aufnahme des Probebetriebs im AKW Temelin vor wenigen Tagen ist für Oberösterreich nicht nur eine ganz große Enttäuschung, sie ist auch eine sehr große Provokation und nicht zuletzt ein Negieren jeglicher guten Nachbarschaft mit unserem nördlichen Nachbarn, der Republik Tschechien.Einleitend sage ich gleich: Dieser verantwortungslose Schritt, den die Betreiberfirma CEZ und die Republik Tschechien am vergangenen Montag gesetzt haben, wird von uns nicht zur Kenntnis genommen. Unsere Proteste werden weitergehen. Auf diese Weise wird man Oberösterreich nicht mundtot machen.
Ich bin heute hier, um den Schulterschluss der österreichischen Bundesländer in dieser Frage zu erreichen und Sie um diesen Schulterschluss zu bitten. Denn Temelin ist nicht nur eine Frage, die Oberösterreich oder ein paar Spinner im Grenzraum Oberösterreich – Tschechien befassen muss und betrifft, sondern sie betrifft uns alle. Wir werden diesen Kampf sogar noch intensivieren. Denn Temelin wird im Mai des nächsten Jahres in Vollbetrieb gehen, und zumindest bis dahin dürfen wir keine Chance ungenützt lassen, dieses Risikokraftwerk wieder abzuschalten.
Das ist übrigens ein Kampf, den Oberösterreich seit zehn Jahren konsequent betreibt. Anfang 1993 fiel in Tschechien die Entscheidung für den Weiterbau von Temelin. Der damalige Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck und ich als Umweltlandesrat haben bereits 1993 gefordert, dass ein Mitspracherecht für das Nachbar-Bundesland eingeräumt wird, und wir haben heftigst gegen den Weiterbau an sich protestiert. Denn schon damals war klar: Tschechien wird den Strom aus Temelin nicht brauchen und nur Energie für den Export produzieren.
Im Oktober 1993 forderte Dr. Ratzenböck in einem Brief an die Errichterfirma Westinghouse bezüglich des Exports der Brennelemente Parteistellung für Oberösterreich. Proteste gab es auch bei der amerikanischen Bank für Export und Import "Exim" sowie beim amerikanischen Kongress gegen die Gewährung eines Kredites für die Firma Westinghouse. Bereits seit dieser Zeit wird von Oberösterreich – und zwar von allen Fraktionen des Landtages einmütig und gemeinsam – die Durchführung einer umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung und die Dokumentation der Sicherheitsmängel verlangt. Ich muss das in aller Deutlichkeit sagen, weil in der Öffentlichkeit in den letzten Wochen öfters gesagt worden ist: Ein wenig spät sind sie mit ihrem Protest dran.
Meine Damen und Herren! Dieser Protest, der gemeinsame Protest aller oberösterreichischen Parteien, währt seit fast einem Jahrzehnt. Mehr noch, die erste Resolution geht auf das Jahr 1985 zurück! Wenn man jetzt von verschiedener Seite immer wieder Ausstiegshilfen für Tschechien fordert, meine Damen und Herren, dann muss man das doch ein wenig relativieren. Denn wir sagen der Tschechischen Republik und auch dem Betreiber seit über einem Jahrzehnt: Steigt nicht ein! – Es ist nicht so, dass man jetzt sagt: Es sind eben Kosten entstanden, die jemand tragen muss. – Wir sagen seit über einem Jahrzehnt: Steigt in diese Technologie nicht ein!
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