Bundesrat Stenographisches Protokoll 677. Sitzung / Seite 39

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich verzichte auf die Verlesung und berichte, dass der Ausschuss für innere Angelegenheiten nach Beratung der Vorlage am 21. Mai 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag stellt, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich bedanke mich.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Bundesrat Herbert Thumpser. Ich erteile es ihm.

11.33

Bundesrat Herbert Thumpser (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Eingangs drei Bemerkungen zu Kollegen Gudenus:

Bemerkung eins: Ich kann mich noch dunkel an einen Verteidigungsminister Frischenschlager erinnern. Ich weiß nicht, ob er zumindest aus Ihrer Sicht einmal der FPÖ angehört hat, aber vielleicht heute schon aus dem Gedächtnis gestrichen ist.

Bemerkung zwei: Gott sei Dank haben unsere Jugendlichen – ich habe einen 12-jährigen Sohn – eine pazifistische, gesellschaftsbejahende Grundeinstellung. (Bundesrat Mag. Gudenus: Was, Sie haben nur einen Sohn? Da können Sie nicht damit angeben! Ich habe vier! So ein Schwachsinn!) Denn mir ist diese Grundeinstellung immer noch lieber als eine aggressive und gewaltbereite. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Dritten, Kollege Gudenus: Wenn ein Jugendfunktionär der Sozialdemokratischen Partei – ich kenne diesen Ausdruck nicht, auch nicht das Flugblatt – so etwas geschrieben hat, was Sie hier zitiert haben, dann ist es, sage ich jetzt einmal, zu verurteilen. Man kann dem allerdings nur dadurch begegnen, indem man auch mit diesen jungen Leuten spricht und Argumente bringt, und nicht durch Tätlichkeit, wie Sie es hier gesagt haben, indem man ihnen nämlich den Kopf schert, weil ein geschorener Kopf bei einem Jugendlichen in Verbindung mit Bomberjacken und Fliegerstiefeln hat zu einem Großteil für mich einen rechtsradikalen Einschlag. (Beifall bei der SPÖ.) Und dem, liebe Kolleginnen und Kollegen, gilt es auf das Entschiedenste entgegenzuwirken. (Bundesrat Mag. Gudenus: Der Ausspruch hat für mich einen Schlag des Linksradikalen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Durchsicht des uns heute vorliegenden Kriegsmaterial- und Truppenaufenthaltsgesetzes kommt man über eine Diskussion um die österreichische Neutralität nicht hinweg, und dies haben auch die Diskussionen zu diesem Gesetz in der letzten Zeit gezeigt. Wenn man diese Vorlage betrachtet und studiert, dann muss man zwangsläufig zu dem Schluss kommen, dass die Frage der österreichischen Neutralität und auch die Zukunft eines neutralen Österreichs in einer Europäischen Gemeinschaft scheibchenweise, aber doch dem Beitritt zur NATO geopfert wird (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer )  – nur wird es nicht offen ausgesprochen, sondern versteckt. Wie sonst ist es zu erklären, dass sämtliche – ich betone dies nochmals: sämtliche – Neutralitätszitate aus diesem Kriegsmaterialgesetz gestrichen sind. Und ich werde den Verdacht nicht los, dass mit einer einfachen Gesetzesmaterie versucht wird, die Neutralität auszuhöhlen.

Wenn das, meine sehr geehrten Damen und Herren der Regierungsparteien, Ihr Ziel ist, wenn das Ihr erklärtes Ziel ist, dann sagen Sie es doch. Dann diskutieren wir offen, welchen Stellenwert die Neutralität für uns und für die österreichische Bevölkerung hat. Dann tun wir dies in einer offenen Art und Weise und nicht versteckt unter dem Titel Kriegsmaterial- und Truppenaufenthaltsgesetz. (Beifall bei der SPÖ und dem Grünen.)

Wenn es Ihr Ziel ist, meine sehr verehrten Damen und Herren der Regierungsparteien, Mitglied der NATO zu werden, deren Wichtigkeit Sie bei jeder Gelegenheit auch entsprechend betonen, dann tun wir dies. Dann diskutieren wir offen, welchen Stellenwert ein NATO-Beitritt für uns und die österreichische Bevölkerung hat, aber offen und nicht versteckt.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite