Bundesrat Stenographisches Protokoll 678. Sitzung / Seite 81

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

sind notwendig. Ich denke, vielleicht haben Sie solche Regeln auch in Ihrer Familie. Man muss klären: Wer bringt in der Früh die Kinder in den Kindergarten? (Ruf: Ich!) Wer holt sie von der Schule ab? Wer geht einkaufen? Wer kocht?, und so weiter. – Auch das sind Vereinbarungen, damit die Abläufe in der Familie funktionieren. Und ich denke, je größer eine Gemeinschaft ist, umso notwendiger sind Regeln.

Natürlich gibt es in der Schule auch jetzt schon Regeln, auch was den Erziehungsauftrag der Schule betrifft. Aber wenn man das Gesetz liest und schaut, was den Lehrern derzeit an Erziehungsmitteln zur Verfügung steht, dann findet man nur: Lob, Ermunterung, Zurechtweisung und Tadel. Und damit hat es sich schon. – Das sind zwar sicherlich notwendige Dinge im erziehlichen Bereich, aber offensichtlich zunehmend nicht mehr ausreichend.

Wir haben in Oberösterreich unter den Pflichtschullehrern vor längerer Zeit zwei Befragungen in einem Abstand von etwa vier Jahren durchgeführt und haben dabei unter anderem jene Faktoren hinterfragt, die die Lehrer als Belastung empfinden. Wir haben bei der zweiten Befragung klar ersehen können, dass sich Lehrer an die meisten Belastungen gewöhnen und sie nach einiger Zeit als nicht mehr so schlimm empfinden. Aber bei einer Frage haben sie eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass es da schlimmer für sie geworden ist, nämlich in der Frage der erziehlichen Probleme.

Es war also wirklich hoch an der Zeit, dass man darüber nachgedacht hat, welche Hilfen man der Schule geben kann, damit das Zusammenleben in der Schule wieder besser funktioniert. Frau Ministerin Gehrer hat daher im Ministerium eine Arbeitsgruppe eingerichtet. In dieser Arbeitsgruppe waren auch Vertreter der Eltern, der Lehrer und der Schüler mit dabei. Und das Ergebnis der Tätigkeit dieser Arbeitsgruppe hat man versucht, als Regierungsvorlage im Nationalrat einzubringen.

Von Anfang an hat es bei dieser Diskussion große Schwierigkeiten gegeben, weil – das ist heute schon ein paar Mal zum Ausdruck gekommen – Vorwürfe erhoben wurden wie, da handele es sich um eine Rohrstaberlpädagogik, um einen Rückschritt in die Steinzeitpädagogik.

Die vorliegende Lösung – auch die, die wir jetzt beschließen, aber vor allem die, die wir gerne im Nationalrat zur Beschlussfassung gehabt hätten – stellt sicherlich keinen Rückschritt dar, sondern ganz im Gegenteil einen Fortschritt, eine Weiterentwicklung der schulischen Autonomie, indem eben Spielregeln nicht von oben verordnet, sondern an der Schule selbst vereinbart werden. Das heißt – die Frau Ministerin hat es, so glaube ich, auch schon gesagt –, jede Schule kann selbst entscheiden, ob sie so etwas überhaupt braucht oder nicht, und wenn ja, welche Vereinbarungen sie abschließt.

Es ist verständlich, dass vor allem die Schülervertreter mit der nunmehr vorliegenden Lösung nicht sehr glücklich sind. Denn die ursprüngliche Fassung hätte ja abgesichert, dass in jeder Kurie, also in jener der Schüler, in jener der Eltern und in jener der Lehrer, jeweils eine Zweidrittelmehrheit notwendig gewesen wäre, damit es zu einer Vereinbarung hätte kommen können.

Diese Lösung war im Nationalrat nicht machbar, daher ist es zu einer anderen Regelung gekommen, und bei dieser könnte es theoretisch passieren, dass Eltern und Lehrer die Schüler überstimmen. Aber ich denke, wenn der Grundgedanke dieser Verhaltensvereinbarungen eine neue Schulkultur ist, dann ist, für mich zumindest, schwer vorstellbar, dass das in der Praxis wirklich so laufen wird, selbst wenn es möglich wäre. Denn ich glaube, dass jedem, der von diesem Instrumentarium Gebrauch macht, auch bewusst ist, dass Regeln, die man gemeinsam erarbeitet und beschließt, eher Akzeptanz finden als jene, die vorgegeben oder vielleicht sogar aufgezwungen werden. Daher habe ich trotz allem die Hoffnung, dass das gut funktionieren kann.

Wenn man nach Beispielen an Schulen sucht, an denen derartige Vereinbarungen schon gang und gäbe sind, wenn man fragt, was denn da so zwischen den Schulpartnern vereinbart wird, dann hört man zum Beispiel: Wir wollen pünktlich sein. Wir wollen unsere Klasse in Ordnung


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite