Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 231

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Auf die Bundesländerstudios wurde schon eingegangen. Es wird jetzt zum ersten Mal im ORF-Gesetz erwähnt, dass sie vom ORF zu finanzieren sind. Wir haben allerdings davon Abstand genommen, eine Zahl hineinzuschreiben, weil wir meinen, dass der Generaldirektor selbst festlegen soll, wie er das sieht.

Sehr häufig ist angeklungen, wie furchtbar undemokratisch diese Bundesregierung sei, weil sie Transparenz bei den Geschäftsfeldern verordnet hat. Das heißt: Wie schauen die Leistungsverträge einerseits beim ORF, andererseits bei den Print-Anbietern aus? Warum haben wir das gemacht? – Ein jeder in diesem Saal weiß, dass es zwischen dem ORF und den Print-Anbietern-Verträge gegeben hat, nach denen auf der einen Seite 80 Prozent auf Grund von Rabattgeschäften nicht bezahlt und für 20 Prozent Gegengeschäfte gemacht wurden.

Wenn auf der anderen Seite ein Vorsitzender eines Werbeverbandes auf mich zugekommen ist und gesagt hat, dass er die Werberegelung nicht versteht, dann habe ich ihm gesagt: Die Zeit, die früher für Großkunden reserviert war, diese 30 Sekunden vor der "Zeit im Bild 1", die von diesen Großkunden immer auf Punkt und Beistrich bezahlt wurden, wird jetzt im ORF für 80 Prozent Rabatt und 20 Prozent Gegengeschäft verkauft. Wenn er dafür auf die Barrikaden steigt, dann kann ich ihm nicht helfen.

Was die Wahl im künftigen Stiftungsrat betrifft, ist dies offensichtlich für manche ein großes Problem. Ich glaube schön langsam, aber sicher, es hat etwas mit den Parteien zu tun. Man kann sich in der SPÖ nicht vorstellen, dass man eine andere Meinung als die Partei hat. (Bundesrätin Mag. Trunk: Wie bitte?) Ich möchte jetzt einmal Ferry Maier erwähnen; das ist ein Bundesrat, der hier herausgeht, eine andere Meinung hat als seine Bundesregierung und die Partei, die ihn nominiert hat, und seine Meinung sagt. Das gibt es! (Bundesrätin Mag. Trunk: Ja!)

Setzen Sie also auf die Unabhängigkeit der Menschen, auf ihren Verstand, auf ihren Eigensinn! (Bundesrätin Mag. Trunk: Aber es gibt nur einen in der ÖVP!) Das ist ein Teil dieses Konzeptes: Transparenz. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wenn wir davon reden, dass es ein öffentlich-rechtlicher Anbieter ist, der allen gehört, dann haben alle auch das Recht zu erfahren, wie sich ihre Vertreter in diesem Kuratorium oder in diesem Stiftungsrat schlagen. (Bundesrat Mag. Hoscher: Wir sind eh der Meinung des Herrn Kollegen Maier! – Bundesrat Manfred Gruber: Sie brauchen uns eh nicht zu überzeugen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Im bisherigen Rundfunkgesetz gab es überhaupt keine Bestimmungen bezüglich der Minderheiten, Frau Trunk! Nach bisheriger Rechtslage durften nicht einmal Kooperationen mit privaten Volksgruppensendern erfolgen. Jetzt gibt es eine flexible Lösung für den ORF, mit Volksgruppenradios zu kooperieren. Sie kennen das sicherlich aus Kärnten, von Koratan und dem ORF. Es ist durchaus im Sinne der Volksgruppenradios, dass sie dort auch mit der Volksgruppen-Redaktion des ORF zusammenarbeiten.

Minderheiten waren bisher nicht im ORF-Gesetz vertreten. Ich meine, dass das völkerrechtlich nicht ganz unproblematisch war. Ich denke, wir haben hier einen Zustand verändert, der uns veränderbar und veränderungswürdig erschienen ist. Außerdem ist es von nun an so, dass der ORF Minderheitensendungen nicht nur machen kann, sondern ab sofort Minderheitensendungen zu machen hat. (Bundesrat Konecny: Kann er auch Radio Österreich International machen?)

Er kann Radio Österreich International machen, genauso wie er zum Beispiel ein Symphonieorchester unterhalten und genauso wie er zum Beispiel sein Radiokulturhaus erhalten kann. Ich finde das an und für sich einem öffentlich-rechtlichen Sender angemessen, dass er die Möglichkeit besitzt, dies nicht nur aus den Gebühren, sondern auch aus seinen Werbeeinnahmen zu finanzieren. Er soll es machen, selbstverständlich, und er kann es machen. Der öffentlich-rechtliche Sender wäre gut beraten, wenn er im Rahmen einer mittelfristig und langfristigen Sicherung seiner Wichtigkeit für dieses Land das auch wahrnimmt.


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