Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 116

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Erste Botschaft: Autonomie. – Ich zitiere Rektorenchef Winckler: Wir sehen ein politisches Gängelband, das hat es seit 1365 an der Uni Wien nicht mehr gegeben. – Zitatende. (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe der Bundesräte Dr. Böhm und Giesinger. )

Zweite Botschaft: Verantwortung. – Damit verbinden Sie einen breitflächigen Abbau von Mitbestimmung und Demokratie.

Dritte Botschaft: Weltklasse. – Diese wollen Sie, geschätzte Frau Ministerin, dadurch erreichen, in dem Sie sich an das europäische Mittelmaß anpassen.

Vierte Botschaft: Meilensteine. – Bei näherer Betrachtung entpuppen sich diese eher als Hinkelsteine.

Fünfte Botschaft: offene Planung. – Die Planung war so "offen", dass all jene Ideen und Vorschläge, die Ihnen nicht in das Konzept passten, in den unendlichen Weiten von unendlich langen Sitzungen einfach verschwunden sind.

Sechste Botschaft: sichere Finanzierung. – Die Finanzierung ist ein von Ihnen so sicher gehütetes Staatsgeheimnis, dass bis heute niemand weiß, was diese Reform tatsächlich kostet.

Das ist der Hauptvorwurf, den nicht nur wir Sozialdemokraten, sondern auch viele Tausende an den österreichischen Universitäten gegen dieses Gesetz erheben. Dieses neue Universitätsgesetz bringt nämlich die Macht einiger weniger – das in einer Zeit, in der die Mitarbeit und das Mitdenken aller notwendiger denn je ist, um im internationalen Wettbewerb des Wissens und der Forschung bestehen zu können.

Bleiben wir bei Demokratie und Mitbestimmung! Alles, was es bisher unterhalb dieser obersten Leitungsorgane gegeben hat, nämlich Fakultätsversammlung und Institutskonferenz, wo die Professorinnen und Professoren, der Mittelbau, die Studierenden und die anderen Universitätsbediensteten vertreten sind, wird einfach abgeschafft.

Eine Ausnahme gibt es, nämlich die Studienkommissionen, in denen die Studentinnen und Studenten zu einem Viertel vertreten sind. Da kann es aber keine Kollegialorgane mit Entscheidungsbefugnis mehr geben. Sie verzichten damit auf das freiwillige Engagement Tausender hoch qualifizierter Wissenschafterinnen und Wissenschafter, und das halten wir für den falschen Weg.

Was Sie uns hier vorlegen, ist mit Sicherheit kein modernes Universitätsgesetz, sondern das Universitätsgesetz 2002 atmet den Geist der Vergangenheit. Das ist die Wiederkehr der alten Ordinarienuniversität, verstaubt und vergangen. Das lehnen wir aus Überzeugung ab. (Beifall bei der SPÖ.)

Kommen wir zum Universitätsrat und dem parteipolitischen Einfluss, den sich die ÖVP und die FPÖ damit bis weit über ihre Abwahl, nämlich bis in das Jahr 2007 schaffen! (Heiterkeit bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Schöls. ) Hier hat nicht die Wissenschaftsministerin – wie ursprünglich vorgesehen –, sondern die FPÖ darauf bestanden, dass die Bundesregierung VertreterInnen entsendet.

Wurde hier nicht dem alten Proporz Genüge getan? Oder können Sie das Zurückdrängen des Parteieneinflusses und das gleichzeitige Einsetzen von 21 oder mehr Vertrauensleuten der FPÖ an die Spitze unserer Universitäten anders definieren?

Es gibt weitere Fakten, die ich hier gerne vorgebracht hätte, das würde aber meine Redezeit sprengen. Deshalb möchte ich abschließend noch einmal sagen: Nein zu diesem Gesetz, weil es nicht zukunftsweisend ist, nein zu diesem Gesetz, weil es vor allem den jungen Wissenschafterinnen und Wissenschaftern keine gerechte Chancen für Selbständigkeit und Mitwirkung einräumt und weil es den Studierenden aus der Mittelschicht und aus ärmeren Familien den Zugang zur Universitätsbildung erschwert. Nein zu diesem Gesetz, weil die halbverweste Leiche der alten Ordinarienuniversität der sechziger Jahre mit ihren Kasten und Klassen wieder


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