Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 144

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länder weit über ihre Stärke hinaus vertreten sind, was nicht den Parteienproporz, wohl aber den Länderproporz verzerrt.

Ich halte es für richtig und gut, dass wir in diesem Land eine Diskussion über Wahlsysteme anstoßen. Unser Wahlsystem ist mit Sicherheit einer der schlechteren Kompromisse. Ich bekenne mich zu dieser Kritik – nicht zum Wahlsystem. Wir haben damals, als wir das gegenwärtige Wahlsystem geschaffen haben, nicht den Mut gehabt, zu Einer-Wahlkreisen zu gehen, und haben uns in schwierigen Verhandlungen zu diesen Mischeinheiten der kleinen Wahlkreise, die nicht Einer-Wahlkreise sind, aber auch keinen gewachsenen historischen Einheiten entsprechen, entschieden. Wir haben es alle genehmigt. Da hat keiner keinem etwas vorzuwerfen. Aber ich halte es für keine gute Lösung – Jenseits einer Mehrheitsbeschaffung, trefflich. Herr Kollege! Sie wissen so gut wie ich, dass ein Abgehen vom Verhältniswahlrecht in diesem Fall sogar eine Verfassungsmehrheit erfordern würde. Ich bin schon von unserem Wahlsieg überzeugt, aber an die Zwei-Drittel-Mehrheit im nächsten Jahr glaube ich doch nicht wirklich, und daher werden wir über Verbesserungen unseres Wahlrechts miteinander diskutieren müssen. Sie sollten Kollegen Gusenbauer nicht zu unterstellen versuchen, dass er hinter dem Rücken der Bundesverfassung eine SPÖ-Mehrheit herbeihantiert. (Bundesrat Dr. Nittmann: Wie ist das jetzt in Italien? – Das möchte ich noch gerne wissen!) – Nein. Diese Vorlesung bekommen Sie dann privat.

Frau Präsidentin! Ich möchte also ganz gerne, weil mir auch Herr Gaugg sehr am Herzen liegt, zum Thema unserer dringlichen Anfrage zurückkehren und auch aus Rücksicht auf Sie, Herr Minister, aber es war keiner von uns, der eine weitere Vorlesung eingefordert hat. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist wenigstens etwas Gescheites in Ihren Ausführungen!) – Gut. Danke, danke. So viel Lob habe ich mir von den Freiheitlichen nicht zu erträumen gewagt. Ich werde mir überlegen, was ich falsch gemacht habe. (Bundesrat Dr. Nittmann: Ich meine eh nur den Auszug! Ich meine eh nur den Auszug!)

Kehren wir zurück zu Herrn Gaugg beziehungsweise – in diesem Fall ist es kein Sprechfehler – zu Herrn Minister Haupt, der es ist, der unsere Anfragen bitte beantworten möge. Ich war an der Stelle, als ich gesagt habe, wir würden von Ihnen gerne wissen, welche legistischen Schritte Sie planen, und ob Sie welche planen, die die Strukturen und vor allem die Strukturen der Entscheidungsgremien verändern. Sie haben des Weiteren – das ist in der Öffentlichkeit deutlich betont worden – gesagt, dass der stellvertretende Generaldirektor unter anderem den Bereich Finanzen zugeordnet bekommt. Die Frage an Sie lautet: Wer hat das wo entschieden? Mit wem haben Sie das vereinbart? – Da gibt es noch ein Protokoll, in dem Sie dem Generaldirektor, den Sie noch nicht bestätigt haben, eine Dienstanweisung erteilen, wie er mit Herrn Gaugg umzugehen habe und was er ihm zu bieten habe. Ist das bei der Gelegenheit mitbesprochen worden?

Dann kommen wir zu dem Komplex Aufsichtsbehörde in der umgekehrten Richtung. Ich bin nicht der Richter über Ihr Amtsverständnis, aber wenn Sie für eine Institution wie die Pensionsversicherung verantwortlich sind, dann ist es sicher Ihr gutes Recht einzugreifen, wenn Sie glauben, dort Missstände zu erkennen. Dazu gibt es eine Aufsichtsbehörde.

Ich halte es allerdings für absolut unzulässig, dass sich dieselbe Aufsichtsbehörde – aber vielleicht haben Sie das vom Herrn Bundeskanzler gelernt – in nobles Schweigen hüllt, wenn über diese Ihrer behördlichen Aufsicht – ich meine damit auch einer gewissen Fürsorgepflicht – unterliegenden Pensionsversicherung mit Ausdrücken wie rot-schwarze Lemuren, vertschüssen, Funktionäre frech wie Oskar, geldgierig wie Elstern und unfähig wie Schildbürger, herrschendes stalinistisches System hergezogen wird.

Herr Minister! Da sind Sie gefordert, einfach klarzustellen, dass es hier eine Aufsichtsbehörde, nämlich Sie, gibt. Dann, wenn es Vorwürfe gibt, die sich substanzieren lassen – Lemuren ist auch in irgendeinem kleinen Bezirksgericht außerhalb dessen, was wahrheitsbeweisfähig ist, würde ich einmal unterstellen –, müssen Sie doch diese Institution gegen ungerechtfertigte Vorwürfe verteidigen. Ich erwarte das von Ihnen, und wir fragen Sie das, weil das kein Entschließungsantrag ist, aber zugleich sage ich dazu: Wir erwarten es von Ihnen!


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