Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 260

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich möchte mich hier gar nicht in einzelnen Argumenten ergehen. Herr Vizepräsident Weiss hat hier – was nicht verwunderlich ist – in äußerst profunder Art und Weise das Problem dargelegt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier jemand der Meinung ist, dass eine Finanzierung über den Ausgleichsfonds eine gesicherte Finanzierungsmethode ist! Ich kann das Wort "Strukturmaßnahmen" schon gar nicht mehr hören! Was Strukturmaßnahmen sind, unterliegt nämlich auch wieder der jeweiligen Definition. – Ich behaupte, dass die hier angesprochene und vorgelegte Finanzierungsmethode so aussieht, als würde man jemandem für die Miete einen Kredit gewähren. Es ist dies ein Überbrücken mit einer Krücke für eine gewisse Zeit, um dann vor der Situation zu stehen, dass diese Maßnahme doppelt und dreifach gravierend wieder zum Tragen kommt. Wir werden im Zusammenhang mit diesen – unter Anführungszeichen – "Solidaritätsmaßnahmen" letztlich zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich dann nicht einzelne Kassen in finanziellen Schwierigkeiten befinden werden, sondern alle. – Ich meine, dass das doch nicht das Ziel einer Novelle sein kann!

Wenn ich jetzt mit einigen Bemerkungen auf die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse Bezug nehme, dann möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass es ein ganz gravierender Umstand neben den schmerzlichen Maßnahmen, die im Bereich des Personals getroffen wurden, die durchaus auch wirtschaftliche Vorgangsweisen bedeutet haben, war, dass das Schwergewicht dennoch auf gesundheitlichen Vorbeugemaßnahmen lag, weil erfahrungsgemäß Prophylaxe billiger als das Finanzieren der Sanierung von bereits eingetretenen Schäden ist. Wenn Oberösterreich jetzt die geforderte "Solidarleistung" – unter Anführungszeichen – einhalten soll, dann bedeutet das, dass wir diese Linie nicht fortführen können. Damit sind etwa die gesamte Kariesprophylaxe für Schulkinder und die gesamte Diabetesvorsorge – um nur zwei Punkt zu nennen – gefährdet. Beide Maßnahmen konnten jetzt aus dem Zinsendienst der Rücklagen bedeckt werden, wobei Letztere übrigens auch nur mehr für den Moment vorhanden sind und sich die Situation bereits in den nächsten Jahren wieder gravierend ändern wird.

Meine Damen und Herren! Wenn hier heute Vorschläge eingefordert wurden, dann möchte ich nur auf die Aussagen von Fachleuten in Österreich, aber auch in anderen Ländern hinweisen, welche ganz klar besagen, dass die einzige wirklich sinnvolle Maßnahme, um neben notwendigen flankierenden Maßnahmen die finanzielle Situation der Sozialversicherung in den Griff zu bekommen, die Verbreiterung der Finanzierungsgrundlage ist. Notwendige Maßnahmen sind im Bereich der Arbeitsmarktpolitik zu treffen, bei der es jedoch Einschränkungen unter dieser Regierung gibt. Weiters wären Maßnahmen im Bereich der Ausbildung nötig, denn qualifizierte Ausbildung bedeutet qualifizierte Arbeitsplätze.

Eine Verbreiterung der Finanzierungsgrundlage ist, wie gesagt, notwendig, und es gäbe durchaus noch einige Dinge, die auch schon angesprochen wurden, wie etwa bis jetzt nicht der Sozialversicherung unterliegende Einkommen. Die notwendigen Solidarausgleiche können dann für jene Maßnahmen, die bis jetzt als finanzierbar und zumutbar gegolten haben, bleiben, und damit ist die Sicherheit der sozialen Krankenversicherung für ihre Mitglieder gegeben. Es geht darum, dass man sich bei der Einführung dieser Selbsthilfeorganisation beziehungsweise bei der Gründung dieser Institution auch Finanzierungsgrundsätze gegeben hat, nämlich die paritätische Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das ist übrigens das Argument, warum wir höhere Selbstbehalte und eine größere Zahl an Selbstbehalten ablehnen, denn der genannte Grundsatz wird damit ganz massiv verzerrt beziehungsweise wurde leider bereits schon verzerrt.

Meine Damen und Herren! Das ist für uns eine ausreichende Zahl an Gründen, dass wir dieser 60. ASVG-Novelle nicht die Zustimmung geben. Im Übrigen verweise ich noch einmal auf die zusammengefassten und mit aller wissenschaftlicher Untermauerung hier dargelegten Argumente des Vizepräsidenten Weiss. Ich denke, dass es nicht unmöglich ist, auch mit Hilfe überparteipolitischer und weltanschaulicher Grundsätze in der Sachfrage eine Gemeinsamkeit herbeizuführen. Ich meine, dass der eine oder andere derjenigen, die hier sitzen und ganz genau wissen, dass diese Aussagen fundiert und begründet sind, doch in Betracht ziehen sollte, den Vorschlägen, die in dem Zusammenhang gemacht wurden, und auch dem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

2.16


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite