Kaste empfunden
wird, sondern dass bewusst ist, dass die Organisation des Bundesstaates von
ganz entscheidender Bedeutung für den Bürger ist. Größere Überschaubarkeit,
mehr politische Mitgestaltungsmöglichkeit, mehr Demokratie für den Bürger,
besseres Service für den Bürger, bürgernahe Verwaltung, rascherer und
effizienter Verwaltungsablauf, damit zugleich auch geringere Steuerlast, also
alles, was sich ein Finanzminister nur wünschen kann: Das muss der Nutzen für
den Bürger sein. Dafür sind die institutionellen Voraussetzungen zu schaffen.
Eine Feststellung
erscheint mir besonders wichtig: Staatsreform darf nicht mit Zentralisierung
verwechselt werden! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der
Freiheitlichen.)
Föderalismus ist
kein teurer Luxus, sondern Föderalismus ist, wenn er richtig organisiert ist,
also wenn die Aufgaben richtig zugeordnet sind, moderner, bürgernäher,
demokratischer und kostengünstiger als Zentralismus.
Föderalismus ist
daher auch keine Frage der Einwohner- oder Flächenquantität!
Österreich ist ein
Bundesstaat. Bei aller Liebe und Wertschätzung für die Bundeshauptstadt, in der
wir uns immer wieder gerne versammeln, muss ich festhalten, dass die
gesamtösterreichische Perspektive dennoch eine größere und weitere ist, als es
die alleinige Sicht aus der Bundeshauptstadt wäre. Das ist ganz besonders
deswegen zu betonen, weil im Gegensatz zu den klassischen Bundesstaaten
Schweiz, Deutschland und USA – diese haben auch ganz unterschiedliche
Größenordnungen, sind aber dennoch alle föderal stark organisiert –, in
denen die wichtigsten staatlichen Institutionen, aber auch die
meinungsbildenden Medien auf verschiedene Orte aufgeteilt sind, in Österreich
das Meiste in Wien zentriert ist; und – und das ist menschlich – der
Standort bestimmt leider nicht selten den Standpunkt.
Ich hoffe und bin
zuversichtlich, dass wir bis zum Jahr 2005, dem 60. Jahr der
Wiedererrichtung der Zweiten Republik, also der Schaffung des neuen
demokratischen Österreichs durch den großen Grundkonsens aller Demokraten vom
27. April 1945, und dem 50. Jahr des Staatsvertrages, also der
Wiedererlangung der vollen Souveränität Österreichs, zu Ergebnissen kommen
werden. Das wäre ein sehr schönes Zeichen.
Wir werden in
diesem Frühjahr auch, wie Präsident Ludwig Bieringer hier im Dezember mitgeteilt
hat, den Workshop „Der Bundesrat und die Wahrnehmung der Länderrechte“, der
bereits für den vergangenen Herbst geplant war, abhalten und ihn insbesondere
als bereichernde, ideengebende Veranstaltung für den Österreich-Konvent fokussieren.
Ich hoffe sehr,
dass wir als Bundesrat für den Österreich-Konvent pionierhafte Initiativen
setzen können. In einer Hinsicht war der österreichische Bundesrat – in
vieler Hinsicht, aber in dieser ganz besonders – jedenfalls weltweit für
die parlamentarische Demokratie pionierhaft – ich sage das besonders gerne
im Angesicht der ersten Frau Landeshauptmann Österreichs, einer Institution,
die es in der Steiermark schon seit 767 Jahren gibt und deren Funktion
seit sieben Jahren eine Frau in imponierender und zukunftsträchtiger Weise
ausübt.
Vor genau
75 Jahren, im ersten Halbjahr 1928, hat es auch einen steirischen
Bundesratsvorsitz gegeben: Die steirische christlich-soziale Journalistin Olga
Rudel-Zeynek war die erste weibliche Vorsitzende des Bundesrates und damit, wie
die Interparlamentarische Union in ihrer Publikation „Men and women in
politics“ feststellt, weltweit die erste Parlamentspräsidentin.
Die erste Frau,
die in der Zweiten Republik den Vorsitz im Bundesrat führte, war übrigens vor
genau 50 Jahren wiederum – und ich glaube, es ist mehr als ein
Zufall – eine Steirerin, nämlich Dipl.-Ing. Johanna Bayer. Ich möchte es mir zur Aufgabe machen, im ersten
Halbjahr 2003 die pionierhafte Rolle steirischer Frauen besonders
hervorzustreichen – ein Halbjahr, in dem ich trotz des ernsten
weltpolitischen Hintergrunds, trotz der weltpolitisch bedrohlichen Lage hoffe,
dass es ein friedliches sein möge und alle für den Frieden arbeiten.
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