Bundesrat Stenographisches Protokoll 693. Sitzung / Seite 25

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Aushöhlung der Verfassung, durch die vielen begleitenden Verfassungsgesetze in der Form heute nicht mehr gegeben.

Meine Damen und Herren! Demokratie kostet etwas. Man darf die Republik – ich sage nur in Klammern: Prinzhorn – aber nicht als eine AG oder gar als eine GesmbH sehen, und die Bundesländer sind nicht die Filialen, die man unter Umständen schließt, wenn eine Filiale nicht die erwartete Produktivität aufweist.

Das heißt, Demokratie kostet etwas. Die Tatsache, dass die Demokratie auf Grund ihres Be­hördenaufbaues, auf Grund veralteter Strukturen teuer ist – das ist bei Doppelgleisigkeiten der Fall, die sich zum Teil auch in einer aufgeblähten Verwaltung wieder finden –, gehört auf die Tages­ordnung dieses Konvents.

Meine Damen und Herren! Zwei Institutionen wurden in den letzten Wochen und Monaten in ihrem Bestand hinterfragt: Das ist der Bundesrat, und das sind die Landtage. Ich denke, in einem Europa, in dem wir zunehmend Nationalgrenzen verkleinern, kleiner machen, gehören die Definition und das Bekenntnis zum Begriff, was Heimat ist, verstärkt – durchaus auch in dem Sinne, wie es Stefan Zweig schon in den zwanziger Jahren gesagt hat: Wie lächerlich und wie läppisch sind nationale Grenzen. Wie wichtig ist es, diesen Begriff der Heimat zu de­finieren. – Da sind die Bundesländer, da sind die Gemeinden und Städte Schlüsselpunkte, wie wir Heimat zu definieren haben. Da haben die Bundesländer ihren ganz wichtigen Stellenwert.

Meine Damen und Herren! Heute wird man in Europa gefragt, wie denn diese Politik in Österreich zu verstehen ist. Zuerst haben wir eine große Koalition, die man in Westeuropa an sich nicht wünscht – weder in Deutschland noch in Frankreich, noch in den Niederlanden, dort wird jetzt darüber debattiert. Dann nehmen die Österreicher die erste rechtspopulistische Partei in die Regierung, als erstes Land wird Österreich geächtet. Dann folgen andere rechts­popu­listische Regierungen: Italien, Niederlande. Dann implodiert die rechtspopulistische Partei als erste in Europa. Dieser folgen andere – ich nenne nur die Pim Fortuyn-Liste. Dann schrammt die zweitgrößte Stadt Österreichs gerade knapp an einer Volksfront-Regierung vorbei – und das in dem Jahr, in dem sie Kulturhauptstadt Europas ist. Sie hat jetzt in Westeuropa wahrscheinlich den höchsten Anteil an Kommunisten. Bologna wird sich an so etwas wahrscheinlich nur noch dunkel erinnern. Dann wird in Österreich diskutiert, ob es vielleicht als Signal für Europa eine schwarz-grüne Regierungsform gibt.

All diese Dinge muss man einmal in Europa Leuten, die sich für die österreichische Politik interessieren, erklären. Wir tun uns schwer, so wie wir uns oft schwer tun, den österreichischen Föderalismus zu erklären. Aber die Dinge sind im Fluss und sind spannend.

Eines freut mich besonders, Herr Präsident Hösele, nämlich dass doch einige Reform­vor­schläge, die ich anlässlich des Eintritts der vierten Fraktion hier in den Bundesrat gemacht ha­be, sowohl bei Ihnen als auch – das überrascht mich nämlich noch mehr – beim Saulus, der zum Paulus wurde, nämlich Präsident Khol, auf fruchtbaren Boden gefallen sind. Präsident Khol hat noch bei der Präsentation des Jahrbuchs 2000 gesagt hat – ich bin damals gerade Bundes­rat geworden –: Den Bundesrat werden wir auch abschaffen. – Die heutigen Töne sind interes­sant. Kollege Lopatka ist ein Zeuge dieses Gesprächs. Was er leise sagt, sagt die Frau Landes­hauptfrau laut. Jetzt sage ich das eben auch laut.

Frau Landeshauptfrau! Wenn wir zu diesen Reformen, die auch Herr Hösele angedeutet hat, kommen, dann – das habe ich schon damals gesagt – wünsche ich mir, dass die Landes­hauptleute hier unter uns Platz nehmen. Das ist, so glaube ich, eine der ganz wichtigen Aufwertungen, dass die Landeshauptleute in den Bundesrat kommen, so wie zum Beispiel in Deutschland, wo sie auch der zweiten Kammer ein anderes Gewicht geben.

Lieber Herr Präsident Weiss! Seit wir uns hier im Bundesrat kennen, kennen Sie mein ewiges Thema, ich werde nie müde, es zu nennen: Dann schaffen wir es auch, wenn die Landes­hauptleute hier sind. Plötzlich sagt es Khol. Ich bin wie von den Socken gewesen, als ich bei Khol gelesen habe, dass dann die Landeshauptleutekonferenz, dieses informelle Gremium, das


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