Bundesrat Stenographisches Protokoll 693. Sitzung / Seite 32

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nicht meint – was ich eigentlich annehme –, dann heißt das, bezogen auf das Beispiel meines Bun­deslandes und ausgehend von einem traditionell niedrigen Personalstand, dass im Ver­wal­tungsdienst der Länder und Gemeinden jeder vierte Mitarbeiter abgebaut werden müsste. – Wie eine Verwaltung unter solchen Rahmenbedingungen dann noch funktionieren soll, würde mich sehr interessieren. Es würde mich auch interessieren, ob sich ein Bundesminister meldet, der sich zutraut, in seinem Ressort – etwa im Außenministerium oder in einem anderen Res­sort – ein Viertel der Bediensteten abzubauen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang – weil man immer von den „großen Landes­verwaltungen“ spricht –, dass die drei großen Kammern in Österreich insgesamt fünfmal soviel Bedienstete haben wie die gesamte Vorarlberger Landesverwaltung.

Herr Kollege Binna hat die Notwendigkeit einer gleichen Bezahlung im öffentlichen Dienst angesprochen. – Die öffentlich Bediensteten werden ihm teilweise antworten, dass das ganz okay ist, wenn sie auch die gleichen Preise und Lebenshaltungskosten zu tragen haben.

Wir dürfen aber auch nicht übersehen, dass sich das Angebot des öffentlichen Dienstes an die Dienstnehmer in finanzieller Hinsicht auch am Markt orientieren muss. Ich sage Ihnen ein Beispiel aus meinem Bundesland: Wir leiden sehr darunter, dass viele Lehrer, viele Kranken­schwestern, viele Finanzbeamte und andere Angestellte in die Schweiz abwandern, weil dort erheblich mehr gezahlt wird. Erst kürzlich hatten wir große Mühe, das Firmenbuch wieder „flottzukriegen“, weil der Bedienstete dort seinen – im Vergleich zu dem Posten, den er nachher antreten konnte – wenig lukrativen Dienst verlassen hat. Der Bund hatte allergrößte Mühe, einen Ersatz für ihn zu finden. – Das sind Gesichtspunkte, die man auch berücksichtigen sollte.

Beim Konvent muss man sich, so glaube ich, auch dazu bekennen, dass auch der längste Weg in kleinen Schritten zurückgelegt wird. Das lehrt uns auch das Beispiel der Schweiz, wo das Vorhaben eines allumfassenden Reformwerkes nicht umgesetzt werden konnte. Sie haben es aber geschafft, in vernünftigen Schritten wesentliche Fortschritte zu erzielen, und das ist etwas, was auch in Österreich möglich sein sollte.

Es ist schon vielfach die Problematik der Zuständigkeitsverteilung angesprochen worden. Dabei geht es ohne Frage als wesentliches Element des Konvents darum, ein besseres Gleichgewicht von Vielfalt und Einheit zu finden und die Sicherung einer wettbewerbsfähigen Staatsorga­nisation unter den Bedingungen der Globalisierung und der Europäischen Union zu Stande zu bringen.

Ich glaube allerdings, dass an die These einer scharfen Trennbarkeit von Zuständigkeiten – an­ge­sichts der Verflechtung aller Lebensverhältnisse und Pro­blem­lösungen – zu hohe Erwartun­gen gesetzt werden  und dass man vielmehr darüber nachdenken sollte, wie man ein flexibles Instru­mentarium reichhaltiger machen kann.

Ich denke, dass das Kompetenzzuteilungsregime, das wir in Österreich haben, durchaus ver­besserungsfähig ist und auch Innovationen zugänglich sein sollte, etwa einer besseren Aus­formung von Ausführungs- und Grundsatzgesetzgebung, Bedarfsgesetzgebung, delegierte Gesetz­gebung und vieles andere mehr, was dabei eingebracht werden kann.

Damit kommt man auch ein bisschen um die Falle der Einheitlichkeit herum, die natürlich ein wichtiges Anliegen ist – nicht zuletzt durch unsere Mitwirkung in der Europäischen Union –, aber viele Fragen aufwirft; etwa: Gibt es eine Vereinheitlichung auf dem niedrigsten gemein­samen Nenner? Wie geht man mit Regelungen in Ländern um, die etwa im Tierschutz ein höheres Schutzniveau haben oder erst kürzlich ein modernes Dienstrecht geschaffen haben, in dem es keine Pragmatisierungen mehr gibt?, und dergleichen mehr. Man muss sich auch die Frage stellen: Wird eine bundesweite Baugesetzgebung so unverständlich sein wie das bundeseinheitliche Mietrechtsgesetz?

Diese Hinweise mögen genügen, um zu zeigen, dass man mit der scharfen Trennung hie Bund, da Land nicht mehr das Auslangen finden wird, sondern dass man verstärkt neue Instru-


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