Bundesrat Stenographisches Protokoll 697. Sitzung / Seite 162

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Da werden von Ihnen – und das sehr oft zu Unrecht, meine Damen und Herren! – ein­zelne Berufsgruppen als Privilegienritter bezeichnet, Bürgerinnen und Bürger, Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer, die oft unter schwersten Bedingungen – Schicht­dienst, Dienstbeginn und Dienstende zu den verschiedensten Tages- und Nachtzeiten, ob Sonn- oder Feiertag – ihren Dienst vorschriftsgemäß und pflichtbewusst versehen.

Als Beispiel möchte ich das bestehende Pensionsrecht der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner nehmen: Es verging in den letzten Wochen kaum ein Tag, an welchem Sie nicht die Gruppe der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner erwähnten und diese Gruppe gegenüber der Bevölkerung von Österreich so darstellten, als seien die Eisen­bahner die großen Privilegienritter.

Meine Damen und Herren! Das ist nicht die feine Art, mit Leuten umzugehen, die – wie ich schon vorher erwähnte – unter schwersten Bedingungen ihren Dienst versehen. (Bundesrat Mag. Himmer: Und was, glauben Sie, ist mit den anderen Menschen im Land?) – Die machen das auch so, aber die stehen nicht so im Rampenlicht. Die machen ihre Arbeit genauso.

Da Sie über das Pensionssystem der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner oft so nega­tiv sprechen, muss ich annehmen, dass Ihnen so manche wichtigen Fakten und Tat­sachen bezüglich des Pensionsrechts der Eisenbahner nicht bekannt sind, die aber für eine faire Diskussion sehr wichtig wären. Daher will ich Ihnen heute einige aufzählen:

Die Eisenbahner vollzogen mit dem neuen Dienstrecht, das ab 1. Jänner 1995 für alle neu Eintretenden gilt, das Angestelltengesetz und das ASVG. Um ihr System zu erhal­ten, haben sich die Regierung und die Sozialpartner 1997 darauf geeinigt, dass die Eisenbahner einen höheren Pensionsbeitrag als die ASVG-Versicherten zahlen. Wäh­rend der Pensionsbeitrag bei den ASVG-Versicherten 10,25 Prozent beträgt, macht er bei den Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern 15,05 Prozent aus.

Das bedeutet, dass ein Eisenbahner mit einem Monatseinkommen von zirka 1 917 € um 101 € monatlich mehr als ein ASVG-Versicherter zahlt. (Bundesrätin Giesinger: Bei der ASVG zahlt der Arbeitgeber ...!) Die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner – und das ist wohl einzigartig in Österreich, liebe Kollegin! – zahlen eine Arbeitslosenver­sicherung, obwohl sie davon im Regelfall gar nichts haben – und das alles, geschätzte Damen und Herren, bei einer 40-Stunden-Woche, die ja bei den Eisenbahnern noch immer der Regelfall ist.

In Summe sorgen die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner mit 23,65 Prozent ihres Bruttogehaltes für ihre soziale Absicherung, für Krankenversicherung, Pensionsvor­sorge und Arbeitslosenversicherung. Als „kleines Dankeschön“ dürfen sie jetzt bis 61,5 Jahre arbeiten.

Geschätzte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP-Fraktion: Bleiben Sie gegenüber den einzelnen Berufsgruppen in der Argumentation und in der Diskussion fair – und legen Sie bitte immer alle Fakten auf den Tisch! Picken Sie sich nicht einzelne Elemente eines Pensionssystems heraus, und sagen Sie nicht immer nur, die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner hätten das Privileg, mit 48, 49 oder 53 Jahren in den Ruhestand treten zu können! Halten Sie sich doch bei Ihren Aus­sagen immer das Gesamtsystem vor Augen!

Ich habe Ihnen heute am Beispiel der Eisenbahner aufgezeigt, wie sich ein Pensions­system als Ganzes zusammensetzt, welche persönlichen Leistungen eines jeden Ver­sicherten notwendig sind, um all das erreichen zu können.

Sie von der ÖVP reden immer nur von den Versicherungs- oder Beitragsjahren, die notwendig sind, um in den Ruhestand treten zu können, leider jedoch nie von den per­sönlichen Leistungen des Versicherten! So schaffen Sie eine Neidgesellschaft unter


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite