Ich halte das
auch nicht für eine sehr glückliche Vorgangsweise – und daher müssen wir
diesen Entwurf ablehnen. Es ist schade, dass es nicht möglich gewesen ist,
einen gemeinsamen Weg zu gehen: gerade bei einer Materie, die so wichtig ist,
wenn es nämlich um das Schicksal von Jugendlichen geht. (Beifall bei der SPÖ
und bei Bundesräten der Grünen.)
12.36
Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister
Dr. Böhmdorfer das Wort. – Bitte, Herr Minister.
12.37
Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr
geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Ich melde mich zu diesen Tagesordnungspunkten
ungewöhnlich früh zu Wort, und zwar deshalb, weil ich nicht möchte, dass eine
unsachliche Bemerkung in dieser Debatte hängen bleibt. Diese Materie hat sich
viel Sachlichkeit verdient.
Ich muss nun etwas wiederholen, weil Sie, Frau Bundesrätin
Dr. Hlavac, das unrichtigerweise gesagt haben: Die Verlegung des
Jugendgerichtshofes war deshalb notwendig, weil dort nur 56 Betten zur
Verfügung standen, es aber einen Haftraumbedarf für 170 Personen gab:
damals! Mittlerweile ist dieser Bedarf sogar noch gestiegen!
Herr Präsident Dr. Jesionek hatte uns diese Dramatik nicht zur
Kenntnis gebracht, sondern hat die Zellen randvoll belegt, sodass die Belegung
menschenrechtskonventionswidrig war. Es widersprach der
Anti-Folter-Konvention! Sie haben richtig gehört: der Anti-Folter-Konvention!
Es mussten deshalb, vor allem wegen des bedrängten Platzangebotes im
Jugendgerichtshof, die Häftlinge und damit auch das gesamte Gericht an einen
modernen, funktionsgerechten Platz übersiedelt werden: eben in die
Justizanstalt Josefstadt. Dort steht für die jugendlichen Häftlinge ein ganzer
Trakt, sogar mit Werkstätten zur Verfügung, ebenso Freizeiteinrichtungen und
anderes mehr. Auch der Herr Bundespräsident hat das begutachtet; jeder
Reporter, jeder Journalist kann das gleichfalls tun. Es werden jedoch dort
ständige Besuche und Versuche gemacht, diese gesamte Situation zu desavouieren.
Wir mussten damals Häftlinge, mussten diese Jugendlichen – an der
Schließe natürlich – durch ganz Wien fahren, weil sie beispielsweise in
Simmering sowie in anderen Haftanstalten untergebracht waren. Insgesamt
handelte es sich dabei also um eine menschenrechtswidrige und menschenunwürdige
Situation, die durch Überbelag zustande gekommen ist. Es bestand auch nicht
die Möglichkeit, sich durch Baumaßnahmen zu helfen, steht doch dieses Gebäude
unter Denkmalschutz. Man hätte höchstens durch Niederreißen von Mauern die
Bettenzahl verringern können, was jedoch sinnlos gewesen wäre.
Diese Situation in Bezug auf eine ordentliche Jugendgerichtsbarkeit
stellen wir jetzt auch in Linz her, und zwar im Einvernehmen mit allen
Personalvertretern, mit allen Betroffenen und Beteiligten und unter großem
Jubel der Bevölkerung.
Der Sprengel Linz-Land hatte ein Gericht außerhalb seines
geographischen Gebietes, und zwar in Linz-Urfahr. – Dieses Gericht gehört
in den Gerichtssprengel und kommt jetzt dorthin. Wir stellen dadurch dieselbe
Jugendgerichtsbarkeit her, wie sie im „restlichen“ Österreich besteht, die
funktioniert und anerkannt ist.
Nicht Herr Präsident Jesionek persönlich – dessen Verdienste ich nicht bestreiten möchte – genießt internationalen Ruf, zumindest nicht wegen der Jugendgerichtsbarkeit oder nicht nur wegen dieser, sondern die gesamte österreichische Jugendgerichtsbarkeit verdient und genießt diesen Ruf: von Bregenz bis Wien! Und sie funktio-
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