Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 77

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lung oder nach Sympathie entscheiden. Ich wäre Ihnen daher schon sehr dankbar dafür, wenn wir nicht zu viele Wahlreden gerade zum Außenpolitischen Bericht hörten.

Nun zu den gegenständlichen Tagesordnungspunkten. (Zwischenbemerkung von Bun­desministerin Dr. Ferrero-Waldner.) – Ich habe nicht Sie gemeint, Frau Ministerin, ich habe den Kollegen gemeint, denn das war für mich mehr ein Event für Wahlreden; aber lassen wir das.

Ich bin sehr froh, dass sich der Barcelona-Prozess in der Weise entwickelt, dass nun bis auf ein Land alle Länder bei dieser Assoziation, bei dieser Freihandelszone dabei sind. Ich möchte da nur unterstreichen, was die Frau Vizepräsidentin vor mir gesagt hat. Es geht auch um eine andere Sichtweise. Bisher ist Nordafrika, insbesondere zwei oder drei Länder, in unserem Bewusstsein eher als Tourismusregion, in die man fährt und in der Sonne liegt, verankert gewesen. Hiermit haben wir ein anderes Verhältnis. Ein Freihandelsabkommen ist ein Geben und Nehmen, und das ist, glaube ich, etwas ganz Wichtiges.

Ein Kollege hat im Ausschuss gemeint, ob dann, wenn wir das jetzt beschließen, am österreichischen System eine ganze Region genesen wird. Nein, das glaube ich nicht, sondern es geht darum, dass es internationale Standards gibt und dass es kein Zurück von der Aufklärung gibt und dass es kein Zurück bei den Menschenrechten gibt, dass es kein Zurück in der Frauenfrage geben kann, dass es kein Zurück in der Frage von Demokratie und Entwicklung geben kann und – erlauben Sie mir als Grünem, das noch zu sagen – dass es natürlich auch kein Zurück bei ökologischen Fragen geben wird, gerade im sensiblen Mittelmeerraum.

Diese Abkommen – davon bin ich überzeugt; aber das wird auch sehr von der EU ab­hängen – müssen natürlich erst beseelt werden mit Aktionsprogrammen, so wie es Frau Haselbach gesagt hat und – ich nehme an – auch die Frau Bundesministerin noch ausführen wird. Das ist sehr wichtig, denn Abkommen sind so lange tot, stille Ab­kommen oder Papiertiger, solange sie nicht wirklich beseelt werden mit einem wirk­lichen Aktionsprogramm. Und hier – noch einmal – sind die Stabilität, die Sicherheit und die Frauenfrage für mich ganz zentrale Fragen.

Das, was wir heute hier beschließen, ist ein Assoziationsabkommen mit der Volks­republik Algerien – einem jener Länder, deren innenpolitische Lage in den letzten zehn Jahren von Morden und Terror gekennzeichnet war. Eine der Nährwurzeln des Terro­rismus ist die Jugendarbeitslosigkeit. In Algerien gibt es derzeit eine Jugendarbeits­losigkeit von mehr als 80 Prozent! Solche Jugendliche, die keine Vision und keine Zukunft haben, werden oft Opfer falscher Hoffnungen und falscher Prediger.

Deshalb ist es wichtig – ich habe auch den Herrn Generalsekretär im Ausschuss schon gefragt –, dass man gerade in Algerien – und ich kenne das Land aus meiner früheren Tätigkeit sehr gut – der Jugend eine Perspektive gibt. Dann entziehen wir dem Terro­rismus in einem ganz wichtigen Bereich zumindest lebendes „Mitläufer-Material“.

Stellen Sie sich einmal eine Jugendarbeitslosigkeit in einem Land vor, in dem, wie Frau Kollegin Haselbach schon gesagt hat, ohnedies die Mehrheit jung ist, wo die Mehrheit um die 15 Jahre ist! Und dort habe ich eine Arbeitslosigkeit von 80 Prozent! Schreck­lich! – Ich hoffe sehr, dass es mit diesem Übereinkommen – ich kann die EU nur dazu beglückwünschen, dass das geschafft wurde; ich hoffe, dass das letzte Land bald dazukommt – mehr Stabilität und mehr Perspektive im Sinne von Frieden, Sicherheit, aber auch der Umsetzung und Durchsetzung der Frauenrechte in diesen Ländern gibt. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


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