Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 111

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Sehen wir uns zum Beispiel die Bestimmungen über den Lockspitzel an. Ich halte Lockspitzel an sich für problematisch und habe meine diesbezüglichen Bedenken schon vor ziemlich langer Zeit geäußert. Dass aber jetzt die Möglichkeit geschaffen werden soll, dass auch unverdächtige Personen verwickelt werden, dass sie zu Straf­taten angestiftet werden können sollen, das halte ich wirklich für ein großes Problem, und das ist sicher durch keine Bedrohung gerechtfertigt.

Es sind aber auch eine ganze Reihe anderer Bestimmungen – so etwa über die Akten­einsicht; über die mögliche Beschränkung der Aufnahme von Beweisen, die der Vertei­diger beziehungsweise der Verdächtige stellt, auf die Hauptverhandlung; die Tatsache, dass die Polizei, selbst in unbedeutenden Fällen, den Kontakt mit dem Anwalt auf eine allgemeine Rechtsauskunft beschränken kann; oder auch die Überwachung von Ge­sprächen mit dem Verteidiger, die uns zu weit geht –, wo ich an sich zum Teil den Hintergrund schon verstehe, wo ich aber glaube, dass sie mit der Europäischen Men­schenrechtskonvention nicht konform gehen und vor allem für minderschwere Fälle nicht gerechtfertigt sind.

Ein sehr sensibles Thema ist der Opferschutz. Die Opferschutzverbände verlangen eine gesonderte, schonende Einvernahme nicht nur für die Opfer von Sexualstraftaten und Unmündige, sondern für traumatisierte Opfer von Gewalttaten überhaupt. Ich sehe die Problematik eines fairen Verfahrens, und ich kann nur sagen, ich hoffe, dass durch die Prozessbegleitung die Opfer in eine verbesserte Situation kommen werden.

Es ist für Außenstehende oft nicht vorstellbar, wie sehr Menschen unter Gewaltdelikten leiden, selbst dann, wenn sie zum Glück relativ glimpflich davongekommen sind. Ich habe erst vor kurzem den Fall erlebt, dass eine Frau Opfer eines Raubüberfalles wurde und über eine Stiege hinuntergestoßen wurde. Zum Glück, muss man sagen, ist sie nicht schwer verletzt worden. Rein äußerlich war der Schaden nicht so schlimm, aber die Frau ist psychisch total fertig. Das kann man sich nicht vorstellen! Wenn man sie kennt, dann weiß man, dass sie eine Person ist, die wirklich mit beiden Beinen in der Welt steht, die in keiner Weise psychisch labil ist – und jetzt ist sie suizidgefährdet, traut sich nicht aus dem Haus, hat enorme familiäre Probleme. Das ist also ein Be­reich, der wirklich sehr, sehr sensibel ist. Ich kann nur hoffen, dass zumindest durch diese Prozessbegleitung geholfen werden kann, und möchte sagen, dass es sehr wich­tig ist, die Rechte der Opfer zu wahren und ihre Situation zu begreifen.

Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang bitte auch einige Worte zu einem anderen Bereich, und zwar zum Bereich des materiellen Strafrechts. Ich weiß nicht, ob Sie das gelesen haben, Herr Minister: Es ist gestern eine APA-Meldung gekommen, in der von einer englischen Schriftstellerin berichtet wurde, die nach Wien gezogen ist und von einem Portugiesen – an sich tut das nichts zur Sache, also von einem auch nicht in Österreich Lebenden – hierher verfolgt wurde. Dieser stand plötzlich vor ihrer Tür, sie machte auf, er drang ein und verletzte sie.

Das Problem, das ich damit ansprechen möchte, ist das Problem, das auch in der En­quete der Frau Stadträtin Brauner behandelt worden ist, nämlich das Thema Stalking. Ich sage jetzt nicht, dass man diesen Fall hätte verhindern können, der ist zu kompli­ziert. Ich glaube aber, dass das ein Thema ist, um das wir uns annehmen müssen, dass davon sehr viele Frauen – nicht nur Frauen, unter Umständen auch prominente Männer – betroffen sind und dass wir eine Regelung brauchen. Ich weiß, dass man sich das sehr genau ansehen muss, aber ich würde sehr darum ersuchen, das zu beschleunigen und diesen Fall auch zum Anlass zu nehmen, darüber ernsthaft nachzu­denken und diese Problematik einer Lösung zuzuführen.

Abschließend noch kurz etwas zur Frage des Rechtschutzbeauftragten: Wir haben dazu Vorschläge unterbreitet, die dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zum


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