Bundesrat Stenographisches Protokoll 718. Sitzung / Seite 76

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ziertes Mitspracherecht des Bundesrates im Rahmen der so genannten dritten Säule vorschlägt, also dort, wo es um die geteilte Zuständigkeit des Bundes und der Länder für die Gesetzgebung geht. – Die Richtung stimmt also.

Was aber geschieht, wenn es unterschiedliche Positionen beim Bund und bei den Ländern gibt? Statt den Ländern über den Bundesrat ein entscheidendes Instrument im wahrsten Sinn des Wortes in die Hand zu geben, wird nach einem Vermittlungsaus­schuss letztlich ein Gericht zur Lösung bemüht. Aus einem politischen Verfahren wird ein rechtliches.

Mutig ist das nicht! Mutig wäre, dem Bundesrat ein breiteres Zustimmungsrecht zu geben, als dies heute der Fall ist, wenn es um den Beschluss von Steuern geht, wenn es um den Beschluss des Finanzausgleiches geht oder wenn andere, für die Länder bedeutsame rechtliche Grundlagen verändert oder neu geschaffen werden sollen.

Ich weiß, dass gerade dieser Punkt, der von den Bundesländern auch im so genannten „Niessl‑Papier“ noch in der Schlussphase des Österreich-Konvents eingebracht wurde, durchaus umstritten ist, aber ich meine – im Gegensatz zu einigen zugespitzten Äuße­rungen in den vergangenen Tagen –, dass Österreich mit zusätzlichen Rechten für die Regionen weder „unregierbar“ wird, noch „dass sich alles aufhört“. Der Bund wird weder ein „zentralistisches Imperium“ errichten, noch wird die Forderung nach mehr Föderalismus zu einer „Entmündigung des Bundes“ führen. Nichts von dem wird wirk­lich eintreten! – Deswegen ersuche ich auch: Zeigen wir Mut, schaffen wir ein breite­res, faires Zustimmungsrecht für den österreichischen Bundesrat und damit auch für die österreichischen Bundesländer, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Allge­meiner Beifall.)

Mit Engagement und Zielstrebigkeit wollen wir in den nächsten Monaten auch daran arbeiten, den Bundesrat nicht nur durch verfassungsrechtliche Möglichkeiten, sondern auch in der öffentlichen Wahrnehmung besser zu positionieren. Dazu wurde von der Präsidiale unter dem Vorsitz von Präsidentin Haselbach bereits im Herbst eine Arbeits­gruppe eingerichtet, der neben Bundesrat Professor Herwig Hösele und Bundesrat Stefan Schennach auch ich angehöre. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen im Haus und gemeinsam mit Studierenden in Graz und in Wien versuchen wir, die Öffent­lichkeitsarbeit zu verbessern.

Umso mehr freut es mich, dass ich heute gleich mehrere Kolleginnen und Kollegen von Medien, vom Fernsehen, vom Radio, von der APA, von Printmedien, hier im Hohen Haus begrüßen darf. Glauben Sie mir, geschätzte Kolleginnen und Kollegen: Sie sind nicht nur heute, sondern Sie sind immer bei uns im Bundesrat willkommen! (Allgemei­ner Beifall.)

Ein weiteres, wichtiges Thema in den nächsten Monaten stellen die Überlegungen dar, wie das österreichische Parlament und insbesondere auch der Bundesrat verstärkt in Angelegenheiten der Europäischen Union mitwirken können. Es ist dies gerade in einem Jahr, in dem wir unsere mittlerweile zehnjährige Mitgliedschaft in der Euro­päischen Union als richtig und wichtig betonen, ein gutes Signal, welches besagt: Holen wir Brüssel näher zu uns heran, bauen wir Distanzen ab und Möglichkeiten zur Mitwirkung in einem neuen Europa aus. Diskutieren wir noch breiter über europäische Themen und tragen wir damit zu einem bürgernahen Europa bei! Gelingt uns das, dann werden letztlich alle in diesem Land profitieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich mir die Antrittsreden meiner acht Vorgängerinnen und Vorgänger durchgelesen habe, hat mich sehr vieles beeindruckt. Da ist viel Gescheites gesagt und viel an Lebenserfahrung weitergegeben worden. Gefallen hat mir auch sehr, dass Präsident Hans Ager seinen Vorsitz speziell den Be-


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