Bundesrat Stenographisches Protokoll 718. Sitzung / Seite 145

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Das hat einerseits Gründe während des Studiums: Vor allem die Tatsache, dass so viele Studierende arbeiten müssen, um sich ihr Studium zu finanzieren, führt sehr oft dazu, dass sie im Arbeitsbereich hängen bleiben, das Studium vernachlässigen und dann letztendlich ganz aus dem Studium ausscheiden und sich auf die Arbeit konzent­rieren. (Bundesrat Dr. Kühnel: ... schnell studieren!)

Andererseits gibt es auch schon Gründe vor dem Studium, die dazu führen, dass ein Studium gar nicht erst begonnen wird – und auch das sind sehr oft soziale Gründe. Tatsache ist auch, dass die Einführung von Studiengebühren, die auch meiner Mei­nung nach ersatzlos gestrichen gehören, diese Situation verschlimmert hat.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn es um die Stellung von Studierenden in unse­rer Gesellschaft geht, gibt es ein ganz eigenartiges Paradoxon: Einerseits werden Stu­dierende in der öffentlichen Meinung sehr oft – und das hören wir auch vom Kollegen Kühnel immer wieder in Zwischenrufen (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel) – eher als Schmarotzer oder als leistungsscheu, als Menschen, die nicht arbeiten wollen und die sowieso viel zu lange studieren und dem Staat viel zu viel Geld kosten, darge­stellt. (Bundesrat Dr. Kühnel: ... billiges Argument ...!)

Wenn dann andererseits der Begriff der Akademikerquote zur Sprache kommt, sind sie plötzlich ganz wichtig, dann brauchen wir Studierende.

Es darf also bei dieser doch etwas seltsamen Sicht – bei der auch die Bundesregie­rung sehr gerne mitgespielt hat, wenn es darum geht, Studierende in der öffentlichen Meinung abzuqualifizieren –, bei dieser Situation nicht wundern, wenn die Maßnah­men, um die AkademikerInnenquote zu erhöhen, sich doch meist im kosmetischen Bereich abspielen.

Ich nenne hier als Stichwort nur die Pädagogischen Hochschulen, bei denen die Ent­scheidung noch ansteht, ob sie tatsächlich eine inhaltliche Änderung der bisherigen Lehramtsausbildung erhalten werden, oder ob die Änderung einfach darin besteht, die bisherigen PÄDAKs „Pädagogische Hochschulen“ zu nennen. – Das ist eine kosme­tische Änderung, aber nichts anderes.

Und auch in diesem Antrag ist wieder zu sehen, dass die Erhöhung dieser Akademi­kerquote für die Regierung eine kosmetische Angelegenheit ist, denn das Bakkalaureat wird hier wieder einmal als Grund- oder Regelstudium bezeichnet.

Bei mir macht sich dann einfach die Befürchtung breit, dass sich in Zukunft die Univer­sitäten, für die es ja auch ein Qualitätsmerkmal ist, wie viele Studienabschlüsse sie pro Jahr produzieren, einfach darauf versteifen werden, Bakkalaureate anzubieten, die Studierenden mittels Schnellabfertigung raschest möglich durch die Universität zu schleusen und dann später ein qualitativ durchaus anspruchsvolleres Studium nicht mehr gefördert wird: Für das Magisterstudium können Studierende dann keine Förde­rung mehr beanspruchen.

Das führt dazu, dass natürlich das durchschnittliche Niveau der Universitätsabsolven­ten sinkt, wenn sie nur das Bakkalaureat gemacht haben. Sie können sich aber kein Magisterstudium leisten. – Das ist eine billige Art, um die AkademikerInnenquote zu erhöhen. Das mag vielleicht ein Zeichen von Kreativität sein, sicher aber nicht ein Zei­chen von Weltklasse-Bildungspolitik.

Jetzt steht uns eine weitere sehr große Herausforderung bevor, nämlich der Schluss­antrag von Generalanwalt Jacobs zum Thema freier Hochschulzugang in Österreich. Ich hoffe nur, dass in diesem Bereich nicht so sehr Kreativität, sondern eher zielfüh­rende Lösungen gefunden werden.

 


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