Stenographisches Protokoll

732. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

 

Donnerstag, 16. März 2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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732. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 16. März 2006

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 16. März 2006: 9.02 – 10.20 Uhr

                                                                                                  13.01 – 17.27 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, das MTD-Gesetz und das Hebammengesetz geändert werden

2. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines ausreichenden Lehrveranstaltungsangebotes in den Bereichen Pädagogik und Didaktik für die Studenten der Sozial- und Wirt­schaftswissenschaftlichen Fakultäten für eine Zusatzqualifikation als Erwachsenenbild­ner

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992 und das Gebührenge­setz 1957 geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz geändert wird

5. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit und die zweite Ergänzung des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen

6. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über den Grenzübertritt auf touristischen Wegen und über den Grenzübertritt in beson­deren Fällen

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Bundesfinanzge­setz 2006 geändert werden und das Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006 erlassen wird

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002) und das Apothekengesetz geändert werden

9. Punkt: Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurge­setz geändert wird

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse


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und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz), das Tabakmonopolgesetz und das Tabak­steuergesetz geändert werden

13. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und Rumänien über soziale Sicherheit

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Bankwesengesetz, das Investmentfondsgesetz, das Immobilien-Investmentfondsge­setz, das Sparkassengesetz, das Bausparkassengesetz, das Hypothekenbankgesetz, das Pfandbriefgesetz, das E-Geldgesetz, das Börsegesetz, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Betriebliche Mitar­beitervorsorgegesetz, das Pensionskassengesetz und das Versicherungsaufsichtsge­setz geändert werden (Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz 2005 – FMA-ÄG 2005)

15. Punkt: Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen zur Abänderung des am 28. November 1995 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Zusatzprotokoll

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird

*****

Inhalt

Bundesrat

Trauerkundgebung anlässlich des Ablebens des Präsidenten des Nationalrates i.R. Mag. Leopold Gratz    ................................................................................................................................. 9

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel betreffend Nominierung eines stellvertretenden Mitgliedes in den Ausschuss der Regionen gemäß Arti­kel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz         ............................................................................................................................... 10

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel betreffend Neubestellung des Mitgliedes des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz    ............................................................................................................................... 11

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsu­mentenschutz zur Berichterstattung über den Gesetzesbeschluss des National­rates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-So­zialversicherungsgesetz geändert wird (1280 d.B. und 1310 d.B.), gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 20. April 2006 zu setzen – Annahme ......................................................................  13, 99

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Gesetzesbe­schluss des Nationalrates vom 2. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Öster­reichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteili­gungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) geändert wird (754/A und 1320 d.B.), gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 20. April 2006 zu setzen – Annahme ...................................  13, 99

Antrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Bildung und Wissenschaft zur Berichterstat­tung über den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betref-


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fend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (752/A und 1308 d.B. sowie 7475/BR d.B.), gemäß § 45 Abs. 3 GO-BR eine Frist bis 20. April 2006 zu setzen – Annahme ..................................................................................................................................  14, 99

Unterbrechungen der Sitzung .........................................................................  31, 91, 97

Ersuchen des Bundesrates Stefan Schennach auf Unterbrechung der Sitzung und Einberufung einer Präsidiale ........................................................................................................................ 96

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 10

Nationalrat

Beharrungsbeschlüsse .................................................................................................. 12

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 13

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 10

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, das MTD-Gesetz und das Hebammengesetz geändert werden (756/A und 1309 d.B. sowie 7476/BR d.B. und 7481/BR d.B.) ........................................................ 14

Berichterstatterin: Michaela Gansterer ........................................................................ 14

Redner/Rednerinnen:

Eva Konrad ............................................................................................................  14, 19

Mag. Susanne Neuwirth .......................................................................................  15, 19

Mag. Harald Himmer .............................................................................................  16, 20

Dr. Andreas Schnider ...........................................................................................  17, 20

Bundesministerin Elisabeth Gehrer .......................................................................... 22

Stefan Schennach ........................................................................................................ 24

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 25

2. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Schaffung eines ausreichenden Lehrveranstaltungs­angebotes in den Bereichen Pädagogik und Didaktik für die Studenten der So­zial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten für eine Zusatzqualifikation als Erwachsenenbildner (149/A(E)-BR/2006 sowie 7482/BR d.B.) .................................... 25

Berichterstatterin: Ana Blatnik ...................................................................................... 25

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas Schnider ...........................................................................................  26, 30

Wolfgang Schimböck .................................................................................................. 27

Ludwig Bieringer .......................................................................................................... 29

Stefan Schennach ........................................................................................................ 29

Mag. Gerald Klug ......................................................................................................... 30

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 7482/BR d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Schaffung eines ausreichenden Lehrveranstaltungsan-


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gebotes in den Bereichen Pädagogik und Didaktik für die Studenten der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten für eine Zusatzqualifikation als Er­wachsenenbildner (E 204-BR/06) .................................................................................. 31

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Passgesetz 1992 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (1229 d.B. und 1340 d.B. sowie 7483/BR d.B.) ................................................................................................................. 31

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ........................................................................... 32

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Meldegesetz geändert wird (1341 d.B. sowie 7477/BR d.B. und 7484/BR d.B.) .......... 32

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ........................................................................... 32

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Kerschbaum .........................................................................................  32, 39

Adelheid Ebner ............................................................................................................. 34

Edgar Mayer .................................................................................................................. 35

Ing. Siegfried Kampl .................................................................................................... 36

Dr. Franz Eduard Kühnel ............................................................................................. 37

Harald Reisenberger .................................................................................................... 38

Eva Konrad ................................................................................................................... 40

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 3, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 40

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 4, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 40

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend einen Ver­trag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit und die zweite Ergänzung des Europäischen Über­einkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (1272 d.B. und 1339 d.B. sowie 7485/BR d.B.) ...................................................................................... 40

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ........................................................................... 41

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend einen Ver­trag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über den Grenzübertritt auf touristischen Wegen und über den Grenzübertritt in besonde­ren Fällen (1194 d.B. und 1338 d.B. sowie 7486/BR d.B.)                        41

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ........................................................................... 41

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 5, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ................. 41

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 6, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ................. 42


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7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden und das Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006 erlassen wird (1343 d.B. sowie 7478/BR d.B. und 7487/BR d.B.)               42

Berichterstatter: Edgar Mayer ....................................................................................... 42

Redner/Rednerinnen:

Helmut Wiesenegg ....................................................................................................... 42

Mag. Bernhard Baier .................................................................................................... 44

Eva Konrad ................................................................................................................... 45

Adelheid Ebner ............................................................................................................. 47

Bundesministerin Liese Prokop ................................................................................. 48

Helmut Wiesenegg (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 50

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 50

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren (Arznei­wareneinfuhrgesetz 2002) und das Apothekengesetz geändert werden (751/A und 1293 d.B. sowie 7479/BR d.B. und 7489/BR d.B.) ......... 50

Berichterstatter: Thomas Einwallner ........................................................................... 51

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend eine Verein­barung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (1268 d.B. und 1294 d.B. sowie 7490/BR d.B.) ...... 50

Berichterstatter: Thomas Einwallner ........................................................................... 51

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geän­dert wird (778/A und 1296 d.B. sowie 7491/BR d.B.)      ............................................................................................................................... 50

Berichterstatter: Thomas Einwallner ........................................................................... 51

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz geändert wird (780/A und 1297 d.B. sowie 7492/BR d.B.) ................ 50

Berichterstatter: Thomas Einwallner ........................................................................... 51

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Schimböck .................................................................................................. 51

Edgar Mayer .................................................................................................................. 53

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 55

Ing. Siegfried Kampl .................................................................................................... 56

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...................................................................... 58

Wolfgang Schimböck (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 61

Günther Kaltenbacher ................................................................................................. 61

Franz Perhab ................................................................................................................. 62

Sonja Zwazl ................................................................................................................... 63

Entschließungsantrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Rechtsbedingungen für Gewerbliche Mas­seure und Heilmasseure – Annahme (E 205-BR/06) .....................................................................................................................  53, 64


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Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 8, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 64

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 9, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 64

Antrag der Bundesräte Franz Perhab, Kolleginnen und Kollegen zu Punkt 10, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geän­dert wird (778/A und 1296 d.B. sowie 7491/BR d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR keinen Einspruch zu erheben – Annahme ..............................................................  63, 64

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 11, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 64

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inver­kehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz), das Tabakmonopolgesetz und das Tabaksteuergesetz geändert werden (777/A und 1295 d.B. sowie 7480/BR d.B. und 7493/BR d.B.)      ............................................................................................................................... 64

Berichterstatter: Thomas Einwallner ........................................................................... 65

Redner/Rednerinnen:

Mag. Wolfgang Erlitz .................................................................................................... 65

Edgar Mayer .................................................................................................................. 67

Ing. Reinhold Einwallner ............................................................................................. 68

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 70

Ing. Siegfried Kampl .................................................................................................... 71

Sonja Zwazl ................................................................................................................... 72

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...................................................................... 73

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 78

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Abkom­men zwischen der Republik Österreich und Rumänien über soziale Sicherheit (1273 d.B. und 1313 d.B. sowie 7488/BR d.B.)          ............................................................................................................................... 78

Berichterstatterin: Waltraut Hladny .............................................................................. 78

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 78

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 2. März 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Bankwesen­gesetz, das Investmentfondsgesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Sparkassengesetz, das Bausparkassengesetz, das Hypothekenbankgesetz, das Pfandbriefgesetz, das E-Geldgesetz, das Börsegesetz, das Kapitalmarktgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Pensionskassengesetz und das Versicherungs­aufsichtsgesetz geändert werden (Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz 2005 – FMA-ÄG 2005) (1279 d.B. und 1321 d.B. sowie 7494/BR d.B.) ......................................................................................................................................... 78

Berichterstatter: Mag. Gerald Klug .............................................................................. 79

Redner/Rednerinnen:


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Dr. Erich Gumplmaier ..........................................................................................  79, 90

Franz Perhab ................................................................................................................. 80

Dr. Erich Gumplmaier (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 81

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 82

Wolfgang Schimböck ...........................................................................................  82, 88

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................... 85

Sonja Zwazl ............................................................................................................  85, 89

Ferdinand Tiefnig ......................................................................................................... 87

Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg ............................................................................ 92

Entschließungsantrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wirtschaftsstandort Österreich, Stärkung der Klein- und Mit­telbetriebe (KMU) in den Regionen – Zurückziehung .........................................................................................................  84, 91

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 92

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 2. März 2006 betreffend das Pro­tokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen zur Ab­änderung des am 28. November 1995 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Zusatz­protokoll (1211 d.B. und 1322 d.B. sowie 7495/BR d.B.) ............................................................. 92

Berichterstatter: Mag. Gerald Klug .............................................................................. 93

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen ......................................... 93

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 2. März 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (1269 d.B. und 1323 d.B. sowie 7496/BR d.B.)                  93

Berichterstatter: Reinhard Todt .................................................................................... 93

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gerald Klug ......................................................................................................... 94

Jürgen Weiss ................................................................................................................ 94

Dr. Franz Eduard Kühnel ............................................................................................. 97

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 97

Peter Mitterer ................................................................................................................ 98

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 99

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Zulassungsschein – Ausstellung im Scheckkar­tenformat (2388/J-BR/06)


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Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend ausreichende Dotierung der Interventions­stelle gegen Gewalt in der Familie (2389/J-BR/06)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend ausreichende Dotierung der Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie (2390/J-BR/06)

Eva Konrad, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend HIV/AIDS-Prävention (2391/J-BR/06)

Eva Konrad, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend HIV/AIDS-Prävention an Schulen (2392/J-BR/06)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbau der Bahnstrecke Bregenz–St. Gallen (2393/J-BR/06)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Erhaltung der deutschen Postleitzahlen für die Gemeinde Mittelberg (2394/J-BR/06)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Alkoholgrenze bei Bootsführern auf dem Bodensee (2395/J-BR/06)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Überstellung von Hubschraubern (2396/J-BR/06)

Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Unterbesetzung der Zollfahndung in Vor­arlberg (2397/J-BR/06)

Werner Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend Bildungsdefizite im Bezirk Schärding (2398/J-BR/06)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung eines Dollfuß-Denkmals am Ballhausplatz (2181/AB-BR/06 zu 2375/J-BR/05)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überstellung von Hubschraubern (2182/AB-BR/06 zu 2376/J-BR/05)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Bundesräte Ana Blatnik, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Entscheidung des VfGH in der Frage der zweisprachigen Ortstafeln in Bleiburg und Bleiburg-Ebersdorf (2183/AB-BR/06 zu 2382/J-BR/06)


09.01.53


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Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Einen schönen guten Morgen! Ich eröffne die 732. Sitzung des Bundesrates und möchte zu Beginn mit einigen Worten Mag. Leopold Gratz gedenken. (Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

09.02.20Trauerkundgebung anlässlich des Ablebens des Präsidenten des Nationalrates i.R. Mag. Leopold Gratz

 


09.02.36

Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Wenn heute offiziell von Leopold Gratz Abschied genommen wird, dann geziemt es sich, dass dies eigens auch der Bundesrat tut.

Leopold Gratz gehörte von Oktober 1963 bis März 1966 dem Bundesrat an, nachdem er vorher – es sei nicht unerwähnt – Ersatzmann von Frau Dr. Hertha Firnberg war, mit der er am Beginn der siebziger Jahre nebeneinander Ministerverantwortung übernom­men hatte: Frau Dr. Firnberg für die Universitäten und Mag. Gratz für Unterricht.

Wie Leopold Gratz selbst betonte, ist er durch die Berufung in den Bundesrat in das öf­fentliche Leben Österreichs eingetreten. Der Mitgliedschaft des Bundesrates folgte von 1986 bis 1989 sowie von 1971 bis 1973 die im Nationalrat, dessen SPÖ-Klubobmann er von 1971 bis 1973 und dessen Präsident er von 1986 bis 1989 war. Als Unterrichts­minister wirkte er von 1970 bis 1971 und als Außenminister von 1984 bis 1986. In der Zeit von 1973 bis 1984 war er Landeshauptmann und Bürgermeister von Wien.

Wo und als was immer Leopold Gratz tätig war, stets bekannte er seine Verbundenheit zu Föderalismus und Parlamentarismus, besonders auch in seinem Beitrag als Natio­nalratspräsident in der Enquete des Bundesrates zu diesem Thema am 4. Mai 1988, als er unter anderem auf die „inhaltlich hochstehenden Debatten im Bundesrat“ ver­wies.

Es sei auch auf seinen bedeutenden Beitrag damals als Landeshauptmann und Bür­germeister von Wien zum 6. Österreichischen Juristentag 1976 in Innsbruck verwiesen, wo er genau wie später bei der zitierten Bundesrats-Enquete 1988 ein Programm zur Reform des Föderalismus entfaltete und unter anderem sagte, dass der Föderalismus in Österreich sich „in der Realität eigentlich seit seiner Entstehung in der Defensive be­findet“.

Nicht unerwähnt seien auch seine mit Christian Broda 1969 veröffentlichten Vorschläge für den Ausbau unserer parlamentarischen Einrichtungen.

Im Hinblick auf die derzeitigen Initiativen um eine Verfassungsreform sind die Gedan­ken von Leopold Gratz auch heute von unmittelbarer Aktualität, etwa über die Kompe­tenzverteilung, das Subsidiaritätsprinzip, den Finanzausgleich und die Gewaltenteilung.

Vor allem in diesem Halbjahr besonderer Verantwortung unseres Landes für die neue Ordnung des integrierten Europas sei besonders darauf verwiesen, was Leopold Gratz bei der erwähnten Bundesrats-Enquete im Mai 1988 zu Europa feststellte. Ich zitiere wörtlich:

„Gerade im Zeitalter einer immer engeren Verflechtung der Staaten Europas, im Zeit­alter der Schaffung von immer mehr supranationalen Behörden gilt es, einerseits zu zeigen, daß diese Einheit Europas eine Einheit in der Vielfalt ist und daß es nicht unser Ziel ist, den statistischen Durchschnittseuropäer oder Einheitseuropäer zu schaffen. Es ist vielleicht kein Zufall, daß gerade in diesem Jahrzehnt der immer stärkeren Verflech-


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tung in ganz Europa Tendenzen zunehmen, sich regional und landesweise und ge­bietsweise seiner kulturellen Traditionen zu entsinnen – nicht als Gegensatz zur euro­päischen Einigung, sondern als einzig wirkliche Basis für dieses größere Europa, das wir anstreben.“ – Zitatende.

Noch vieles Weitere ließe sich als Beispiel verantwortlichen Denkens von Leopold Gratz zitieren, was beachtenswert bleibt, weil es wegweisend ist.

Wer ihn nicht nur gelesen oder gehört, sondern auch selbst erlebt hat, wird die Erinne­rung an eine Persönlichkeit in sich tragen, welche auf der Basis einer Weltanschauung den Dialog mit den Mitmenschen über die Grenzen der Parteien und Länder suchte, an einen Menschen, der sich über sein Wissen ein Gewissen machte und für den die Poli­tik auch ein Bildungsauftrag war.

Als Katholikin will ich heute, so wie es auch im Dezember 1979 der damalige Erz­bischof Kardinal Franz König tat, besonders auf das Privatschulgesetz verweisen, zu dessen Zustandekommen Leopold Gratz Bleibendes beigetragen hat.

Als was und wo immer Leopold Gratz wirkte, stets fühlte er sich über die Grenzen der Unterschiedlichkeiten hinweg, die in jeder pluralen Demokratie auf Gemeinde-, Lan­des- und Bundesebene, aber auch in der Völkergemeinschaft gegeben sind, dem ein­zelnen Menschen gegenüber verantwortlich. Wer ihn in diesem seinem Bemühen er­lebt hat, wird ihm ein ehrendes Gedenken bewahren, wie auch wir im Bundesrat. – Ich danke schön. (Die Anwesenden nehmen wieder ihre Plätze ein.)

9.08

*****

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Das Amtliche Protokoll der 731. Sitzung des Bundes­rates vom 9. Februar 2006 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Gottfried Kneifel, Mag. Gertraud Knoll und Harald Vilimsky.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen 2181/AB bis 2183/AB und der beiden Nominierungs­schreiben des Bundeskanzlers gemäß Artikel 23c Abs. 5 B-VG sowie der Beharrungs­beschlüsse des Nationalrates vom 1. und 2. März 2006 gemäß Artikel 42 Abs. 4 B-VG verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 8.)

*****

Republik Österreich

Dr. Wolfgang Schüssel

Bundeskanzler


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
732. Sitzung / Seite 11

An die

Präsidentin des Bundesrats

Sissy Roth-Halvax

Parlament

Dr. Karl Renner-Ring 3

1017 Wien

Wien, am 22. Februar 2006

GZ BKA-405.828/1-IV/5/2006

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Gemäß Artikel 23c Absatz 5 B-VG darf ich Ihnen mitteilen, dass die Bundesregierung anlässlich des Ministerrats am 19. Jänner 2006 beschlossen hat, entsprechend des gemäß Artikel 23c Absatz 4 B-VG erfolgten Vorschlags des Landes Tirol die Nominie­rung von Frau Landeshauptmannstellvertreter Dr. Elisabeth ZANON anstelle von Herrn Ferdinand EBERLE als stellvertretendes Mitglied des Ausschusses der Regionen für die neue Mandatsperiode 2006-2010 vorzunehmen.

Ein Lebenslauf von Frau Landeshauptmannstellvertreter Dr. Elisabeth ZANON liegt bei. *)

Ich ersuche Sie um Kenntnisnahme und Information des Bundesrats.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Schüssel

Beilage

*) wird nicht veröffentlicht

*****

Republik Österreich

Dr. Wolfgang Schüssel

Bundeskanzler

An die

Präsidentin des Bundesrates

Frau Sissy Roth-Halvax

Parlament

1017 Wien

Wien, am 10. März 2006

GZ 405.828/0007 -IV/5/2006

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG darf ich Ihnen mitteilen, dass der Ministerrat, nach Durch­führung von Konsultationen mit den im Hauptausschuss des Nationalrates vertretenen Parteien, in seiner Sitzung am 16. Februar 2006 beschlossen hat, für die Neubestel­lung des Mitglieds des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank den vom Bundesministerium für Finanzen namhaft gemachten Gruppenleiter im Bundesministe­rium für Finanzen Herrn Dr. Kurt BAYER, zu nominieren.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
732. Sitzung / Seite 12

Das diesbezügliche Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates wurde gemäß Art. 23c Abs. 2 B-VG in dessen Sitzung vom 2. März 2006 hergestellt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wolfgang Schüssel

*****

BEHARRUNGSBESCHLÜSSE

DES NATIONALRATES

gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG

Die ursprünglichen Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates

vom 16. November 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenkraftwa­gen-Verbraucherinformationsgesetz, das Abfallwirtschaftsgesetz 2002, das Emissions­zertifikategesetz und das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert werden (Umwelt­rechtsanpassungsgesetz 2005) (1271/NR d.B.),

vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz geändert wird (1282/NR d.B.),

vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Durchführung von
Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Wohnungszählungen und Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997, das Meldegesetz 1991 und das Bildungsdokumentationsge­setz geändert werden (1283/NR d.B.),

vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird (1284/NR d.B.),

vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürger­schaftsgesetz 1985 (StbG), das Tilgungsgesetz 1972 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005) (1286/NR d.B.),

vom 6. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertrags­rechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Land­arbeitsgesetz 1984 geändert werden (1287/NR d.B.),

vom 7. Dezember 2005 betreffend ein Bundesgesetz über die Organisation der Päda­gogischen Hochschulen und ihre Studien (Hochschulgesetz 2005) (1285/NR d.B.) so­wie

vom 25. Jänner 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (9. FSG-Novelle) (1302/NR d.B.)

werden gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG wiederholt.

*****

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Die eingelangte Jahresvorschau des Bundesministe­riums für Verkehr, Innovation und Technologie 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates, die Jahresvorschau 2006 des Bundesministeriums für Finanzen auf der Grund­lage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jah­resprogramms des Rates und die Jahresvorschau des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates sowie den eingelang-


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
732. Sitzung / Seite 13

ten Bericht des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsu­mentenschutz betreffend EU-Arbeitsprogramm 2006 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates und den ebenfalls eingelangten Bericht der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten über das EU-Arbeitsprogramm 2006 habe ich dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zugewiesen.

Den eingelangten Entschließungsantrag 150/A(E)-BR/2005 der Bundesräte Erwin Prei­ner, Kolleginnen und Kollegen habe ich ebenfalls dem Ausschuss für Verfassung und Föderalismus zugewiesen.

Ebenso eingelangt ist der Entschließungsantrag 151/A(E)-BR/2005 der Bundesräte Karl Boden, Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen, den ich dem Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft zugewiesen habe.

Eingelangt und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen darüber sowie über den Entschließungsan­trag 149/A(E)-BR/2005 der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kolle­gen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Ich habe diese Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Auf Grund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 3 und 4, 5 und 6 sowie 8 bis 11 unter einem zu verhandeln.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vor­gehen.

09.12.19Fristsetzungsanträge

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Ich gebe bekannt, dass die Bundesräte Professor Konecny, Schennach, Kolleginnen und Kollegen einen Fristsetzungsantrag gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates eingebracht haben, wonach dem Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz zur Bericht­erstattung über den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1280 d.B. und 1310 d.B.), eine Frist bis 20. April 2006 zu setzen ist.


Bundesrat
Stenographisches Protokoll
732. Sitzung / Seite 14

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werde ich den Fristsetzungs­antrag nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung bringen.

Ich gebe bekannt, dass die Bundesräte Professor Konecny, Schennach, Kolleginnen und Kollegen einen Fristsetzungsantrag gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates eingebracht haben, wonach dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 2. März 2006 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekom­beteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) geändert wird (754/A und 1320 d.B.), eine Frist bis zum 20. April 2006 gesetzt wird.

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werde ich den Fristsetzungs­antrag nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung bringen.

Ich gebe bekannt, dass ein weiterer Antrag der Kollegen Professor Konecny, Schenn­ach, Kolleginnen und Kollegen eingelangt ist, ein Fristsetzungsantrag gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates, wonach dem Ausschuss für Bildung und Wissenschaft zur Berichterstattung über den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (752/A und 1308 d.B. sowie 7475/BR d.B.), eine Frist bis zum 20. April 2006 zu setzen ist.

Den Bestimmungen der Geschäftsordnung entsprechend werde ich den Fristsetzungs­antrag nach Erledigung der Tagesordnung zur Abstimmung bringen.

*****

Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, möchte ich darauf verweisen, dass ich die Sitzung von 10.40 Uhr bis 13 Uhr unterbrechen werde, um allen Mitgliedern des Bun­desrates eine Teilnahme an der Trauerkundgebung aus Anlass des Ablebens des ehe­maligen Präsidenten des Nationalrates Herrn Mag. Leopold Gratz zu ermöglichen.

09.15.141. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, das MTD-Gesetz und das Hebammenge­setz geändert werden (756/A und 1309 d.B. sowie 7476/BR d.B. und 7481/BR d.B.)

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Wir gehen nun in die Tagesordnung ein und gelan­gen zu deren 1. Punkt.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Gansterer. Ich bitte um den Bericht.

 


9.15.34

Berichterstatterin Michaela Gansterer: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, das MTD-Ge­setz und das Hebammengesetz geändert werden.

Dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2006 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Konrad. Ich erteile es ihr.

 


9.16.20

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass wir bei diesem Punkt nicht zustimmen – das muss ich gleich zu Beginn sagen –, ist keine prinzipielle inhalt­liche Ablehnung, sondern eher der Hinweis auf eine Inkonsistenz in dieser Novelle, was Ihre eigene Absicht betrifft.

Das Ziel dieser Novelle wäre nämlich eine Vereinheitlichung der Titel, eine internatio­nale Vergleichbarkeit von Abschlüssen zu schaffen. Das ist ein Punkt, dem wir natür­lich zustimmen. Dieser Zusatz „FH“, der neben dem im Zuge von Fachhochschulab­schlüssen erlangten Titel bislang zu führen ist, ist international nicht bekannt, und von


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732. Sitzung / Seite 15

Seiten der Fachhochschulen hört man, dass das die Chancen von Absolventinnen und Absolventen, wenn sie sich international bewerben, vermindern würde. Da vor allem Fachhochschulen sehr oft Wert darauf legen, internationale Ausbildung anzubieten, ist das für sie natürlich ein Nachteil.

Ich muss vorausschicken, es gibt immer wieder Diskussionen, ob ein Abschluss an einer Fachhochschule als gleichwertig zu betrachten sei mit einem Abschluss an einer Universität. Ich denke, das ist absolut der Fall, es handelt sich um eine andere Art des Lernens, um andere Zielsetzungen, um andere Schwerpunktsetzungen. Meiner Mei­nung nach ist es aber den Studierenden je nach Interesse selbst zu überlassen, wel­che Form des Lernens und der Ausbildung sie für sich als zielführender erachten. Beide Abschlüsse sind meiner Meinung nach als gleichwertig anzusehen.

Wir stimmen also diesem prinzipiellen Ziel, eine internationale Vergleichbarkeit von Ti­teln zu schaffen, durchaus zu – mit dieser Novelle wird dieses Ziel aber nicht erreicht. Das können Sie daran sehen, wenn Sie sich den § 5 Abs. 2 näher anschauen. Nach diesem Paragraphen wird es in Zukunft folgende Abschlüsse geben: einen „Bachelor“ für Fachhochschul-Bachelorstudiengänge, für Fachhochschul-Masterstudiengänge ent­weder „Master“ oder „Diplom-Ingenieurin“/„Diplom-Ingenieur“, wobei man sagen muss, dass auch dieser Abschluss des Diplom-Ingenieurs oder der Diplom-Ingenieurin inter­national keine Vergleichbarkeit hat, das ist also schon ein Problem. Bei diesen Titeln wird dann jeweils ein Zusatz die Fächergruppe bezeichnend angefügt.

Bei Fachhochschul-Diplomstudiengängen werden die Titel aber weiterhin lauten: „Ma­gister“/„Magistra“ oder „Diplom-Ingenieurin“/„Diplom-Ingenieur“ mit dem Zusatz „FH“.

Das heißt, bei den einen Titeln wird eine internationale Vergleichbarkeit gegeben sein, bei den anderen Titeln erhält man genau diesen Zusatz, der offenbar international ver­wirrend ist, weiterhin aufrecht. Die Novelle wird ihrem eigenen Anspruch also nur in Teilen gerecht, und auf diese Inkonsistenz wollen wir mit unserer Ablehnung hinwei­sen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

9.19


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Neu­wirth. Ich erteile es ihr.

 


9.19.23

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Gegensatz zur grünen Fraktion werden wir heute diesem Gesetz unsere Zustimmung erteilen, und zwar deshalb, weil es in diesem Fall ja eigentlich nur um eine terminologische Anpassung geht.

Es ist richtig, wie Kollegin Konrad ausgeführt hat, dass es in Zukunft vier verschiedene Titel geben wird. Ich bin dennoch sehr zuversichtlich, dass es mittelfristig schlussend­lich nur mehr diese beiden auch international anerkannten Titel, nämlich „Bachelor“ und „Master“, geben wird. Wie uns im Ausschuss auf Anfrage bekannt gegeben wurde, sind ja momentan ungefähr erst 50 Prozent der Fachhochschulen in diesen Bologna-Prozess quasi positiv eingestiegen, und die anderen 50 Prozent noch nicht. Ich gehe davon aus, dass auch diese Fachhochschulen natürlich ein evidentes Interesse daran haben, sich diesem Prozess anzuschließen, und schlussendlich wird es dann auch dort diese Titel geben.

Ich finde es ehrlich gesagt sehr erfreulich – und es ist nicht zuletzt ein Vorstoß der SPÖ gewesen, der im Nationalrat dann schlussendlich in diesem Antrag, einem Antrag von drei Parteien, gegipfelt hat –, dass nämlich gerade dieser Zusatz, der jetzt ange­sprochen wurde, dieser „FH“-Zusatz, in Zukunft nur mehr sozusagen freiwillig vom oder von der jeweiligen Studierenden angeführt werden kann, dass dies aber zukünftig in


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732. Sitzung / Seite 16

diesen Fällen keine Muss-Bestimmung mehr ist. Ich denke, damit ist auch der Inter­nationalität zumindest jetzt einmal Genüge getan, denn alle sind ja hier irgendwie im Umbruch, und es dauert einfach seine Zeit, bis dann schlussendlich auf europäischer Ebene alle diese Abschlüsse angeglichen werden können.

Womit ich völlig einverstanden bin, ist die Frage der Vergleichbarkeit eines bisher so­zusagen als Vollwertstudium bezeichneten Universitätsabschlusses und des Abschlus­ses der Fachhochschule. Die Frage ist pro futuro: Wie wird das in der Praxis verwirk­licht und welche Auswirkungen wird das in Zukunft haben? – Es geht da um Themen wie die Einstufung im öffentlichen Dienst: Werden Absolventinnen und Absolventen wirklich auch als „A“-AkademikerInnen eingestuft werden? Werden sie dieselben Ge­hälter bekommen wie jetzt sozusagen Vollzeit-AbsolventInnen einer Universität?

Wie wird es insgesamt mit den Fachhochschulen weitergehen? – Die Fachhochschu­len haben ja in den letzten fünf Jahren, kann man sagen, eine ganz rasante Entwick­lung genommen. Auch im Bundesland Salzburg haben wir ja gesehen, wie schnell sich die Fachhochschulen bei uns entwickelt haben und was da alles rundherum damit zusammenhängt, und wir sehen das auch sehr positiv. Dennoch, denke ich mir, bedarf es auch weiterer Ausblicke in die Zukunft, ja eines Konzeptes: Wohin sollen sie sich in den nächsten 5 bis 10 Jahren entwickeln? Wie viele Fachhochschul-Studienrichtungen verträgt Österreich? Wo sollen die Cluster wirklich stattfinden? Und schlussendlich auch die Frage, die mir sehr wichtig ist: Wie schaut es mit der Frauenvertretung in den Fachhochschulen aus? – Fachhochschulen sind in den meisten Domänen sehr män­nerlastig – immer noch. Auch hier wäre noch einmal verstärkt darauf zu sehen: Brau­chen wir genaue Förderungsprogramme, eigene Förderungsprogramme, oder ist es eine Entwicklung, die sich sozusagen von selbst ergibt?

Jedenfalls werden wir heute hier positiv stimmen und diesem Gesetz unsere Zustim­mung erteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, den Grünen und bei Bundesräten der ÖVP.)

9.23



Bundesrat
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Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Himmer. Ich erteile es ihm.

 


9.23.16

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Auf Grund des erfreulichen Umstandes, dass wir uns hier alle weitgehend einig sind – ich glaube, es hat ja auch im Vorfeld der Behandlung dieser Gesetzesmaterie eine sehr breite Zustimmung zu dieser Vorgangsweise gege­ben –, kann ich mich sehr kurz fassen.

Es freut mich, dass die Sozialdemokraten diese Zustimmung auch bei der Abstimmung zum Ausdruck bringen können; die Grünen sind zumindest im Geiste weitgehend bei dieser Regelung dabei. (Bundesrätin Konrad: Sie geht auch nicht sehr weit, muss man sagen!) Insofern möchte ich eigentlich zu den Ausführungen meiner Vorrednerin nichts Wesentliches mehr hinzufügen, außer dass unsere Fraktion hier selbstverständlich die Zustimmung erteilen wird.

Wir hätten uns noch mehr gefreut, wenn wir das Universitätsgesetz auch bereits heute hätten beschließen können, weil wir denken, dass darin einige sehr wichtige Regelun­gen für die Studierenden in diesem Land beinhaltet sind. Aber manchmal dauern die guten Dinge eben etwas länger – und diese Zeit werden wir in diesem Fall auch abwar­ten können.

Wir werden die Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

9.24


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Schni­der. Ich erteile es ihm.

 


9.24.49

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man dieser Debatte so zuhört – und ich möchte sie ja nicht unnötig verlängern (Bundesrat Konecny: Oja! Verlängere sie! Da haben wir kein Problem damit!) –, hat man den Eindruck, als ob hier zwischen allen die größte Harmonie bestehen würde. – Dem ist aber nicht so; mein Vorredner hat es ja bereits angesprochen. (Bundesrat Konecny: Wieso? Stimmen Sie dagegen?) Und ich möchte da schon ein bisschen etwas dazu sagen.

Bis jetzt haben wir ja nur über Titel gesprochen, aber selbst bei diesem Punkt sind wir uns ja sichtlich nicht ganz einig, denn das Universitätsgesetz haben Sie, liebe Kollegin­nen und Kollegen von der Opposition und von den Oppositionsparteien, ja abgelehnt beziehungsweise zurückgeschickt. Und da frage ich mich schon – wenn man sich hier quasi fast abfeiert mit Aussagen, wie großartig das alles ist, dass wir für die Titel sind und für das Gemeinsame und für die Gleichwertigkeit und, und, und – und bitte Sie: Schauen Sie doch darauf, was Sie in den letzten Tagen im Ausschuss verursacht haben! Sie haben nämlich genau dem, was in diesem Universitätsgesetz drinnen steht, nämlich dass man hier die Titel vereinheitlicht, nicht zugestimmt. – Zum Ersten.

Zum Zweiten – und da möchte ich auch etwas dazu sagen –: Ich hoffe ja doch wohl, dass wir uns nicht nur bei den Titeln aufhalten, sondern dass wir hier auch ein paar Dinge grundlegend besprechen. Ich muss schon sagen: Die Titel sind ja da wohl nur das letzte Punkterl auf dem i – das ist so wie die Visitenkarte, die man jemandem gibt, damit man weiß, mit wem man es zu tun hat.

Aber was ist das ganze Vorfeld? – Und da muss ich sagen: In den letzten Jahren wurde hier, gerade unter Frau Bundesministerin Gehrer, wirklich ein Hochschulstandort in Österreich entwickelt (ironische Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ sowie der Bun­desrätin Dr. Lichtenecker), der wirklich eine Europa- und internationale Reife hat! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerliche ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Ja, meine Damen und Herren, es ist völlig klar, dass Sie das am heutigen Tag nicht er­freut – das kann ich ja sogar verstehen (Bundesrat Wiesenegg: Das stimmt einfach nicht!) –, aber lassen Sie mich das doch bitte einmal kurz präzisieren. (Bundesrat Ko­necny: Herr Kollege, ich schlage Ihnen vor, Sie erzählen das einem studentischen Publikum!) Danke, Frau Kollegin Konrad, dass ich jetzt wenigstens die Möglichkeit habe, das zu präzisieren. Herr Professor Konecny, freut mich sehr!

Erstens: Schauen Sie sich genau die Diskussion, die gerade heute auch wieder in der Zeitung läuft, an! Jetzt ist es der Frau Ministerin gelungen, hier eine Exzellenz-Univer­sität einzurichten (lebhafte ironische Heiterkeit bei der SPÖ) – und genau Sie haben zuerst gesagt: Brauchen wir nicht!

Was lese ich heute im „Kurier“, wie auch schon beim Universitätsgesetz, um das es heute geht? – Ihr Kollege Broukal sagt: Na, das könnten wir uns wunderbar vorstellen, doch zuzustimmen! (Rufe bei der SPÖ: „Wenn“! „Wenn“! – „Aber“!) – Das heißt, plötz­lich beginnt der Zickzackkurs wirklich Konturen anzunehmen. (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.) Es freut mich selbstverständlich, und ich muss Ihnen sagen: Gratuliere dem Herrn Kollegen Broukal! Ich habe immer gewusst, dass er wirklich von dem einen oder anderen einiges versteht. (Bundesrat Gruber: Was man nicht von allen anderen be­haupten kann!) Also: Herzliche Gratulation! (Ruf: ... Zickzackkurs ...!) – Aber zumindest jetzt ist er wieder auf dem „Zick“, und ich glaube, damit können wir etwas anfangen; beim „Zack“ wird es wieder schwieriger. – Gut.


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Zweite Geschichte: Wenn wir uns die Entwicklung der Fachhochschulen anschauen, wenn wir uns die Entwicklung der Pädagogischen Hochschulen – über die wir hier im Haus zurzeit auch diskutieren – anschauen, dann sehen wir ganz klar, dass hier eine gute Differenzierung stattfindet, dass es aber wichtig ist, dass man europaweit auch eine Vergleichbarkeit hat, dass es eine gegenseitige Anerkennung gibt, was Studien betrifft, und dass sie angerechnet werden.

Es wurde zuvor schon von einem meiner Vorredner oder einer meiner Vorrednerin­nen – ich glaube, von Frau Kollegin Konrad – die Frage angesprochen, wie denn das ist mit „Bachelor“, mit „Magister“ und, und, und. – Ich denke, es geht nicht darum, zu schauen, welcher Titel vor der Hochschule steht, sondern wie die Maßstäbe sind, die man an eine bestimmte Graduierung anlegt! – Schauen Sie, es wird sicher bald die Diskussion darüber ausbrechen, dass Fachhochschulen sagen, sie wollen auch ein Doktorat verleihen. Aber ich glaube, dann sollte man nicht gleich darüber diskutieren und sagen: Ja, jetzt hängt es davon ab, was der vor der Tür hat!, sondern: Welche Maßstäbe setze ich? – Und wenn jemand heute sagt, er macht ein Doktorat, dann geht es darum, dass er wirklich eigenständig auch Thesen entwickelt, die dieser Forschung und der Wissenschaft etwas Neues einbringen! – Das heißt, da gibt es einen klaren Maßstab, und diesen kann ich natürlich in unterschiedlichen Hochschulen sehr wohl entwickeln.

Da würde ich Sie schon bitten, liebe Kolleginnen und Kollegen – und darüber haben auch wir in unserer Fraktion in mancher Hinsicht eine Diskussion –, dass man darüber nachdenkt: Wie weit entspricht nicht schon ein gewisser Hochschulbetrieb, ein be­stimmtes methodisches Vorgehen auch einer bestimmten wissenschaftlichen Reife und Entwicklung? – Und da bitte ich Sie sehr wohl, dass man nicht nur unter dem Motto „Wir machen es allen gleich!“ sofort sagt: Okay, es ist sowieso alles gleich!, sondern da wirklich in die Tiefe einsteigt.

Ich möchte aber noch etwas sagen zur Entwicklung des Hochschulstandortes Öster­reich: Wenn man sich anschaut, wie die Budgets der nächsten Jahre aussehen, und wenn wir uns überlegen, dass bitte in den nächsten Jahren 525 Millionen € mehr an Globalbudget zur Verfügung stehen werden, dass man für die Infrastrukturen und Ge­bäudeinvestitionen mehr Geld hat und dass man bei diesem Globalbudget sogar selbst in den Universitäten entscheiden kann, wie man es einsetzt, dann frage ich mich, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Oppositionsparteien, warum Sie nicht auch zugeben können, dass sich da einiges wunderbar entwickelt hat!

Und noch etwas – das möchte ich schon ansprechen, weil mir das wirklich am Herzen liegt –: Ich verstehe es trotzdem nicht, warum man diesem ersten Gesetz nicht zustim­men kann! Da ist nun etwas am Tisch, ein Modell – und, bitte, ich habe das im „Stan­dard“ gelesen: Sogar die ÖH ist sehr verwundert darüber, weil jetzt die Fristen nicht eingehalten werden können! – Ich frage mich daher ganz ehrlich: Warum kann man einem Modell, hinsichtlich dessen ganz bewusst vom Ministerium gesagt wird, es wird jetzt auf Probe für die nächsten Jahre in Entwicklung gesetzt, nicht zustimmen? Und gerade das, was ja Wissenschaftlichkeit und Erkenntnisfindung ausmacht, nämlich der Weg zwischen der Verifikation und der Falsifikation – also zu schauen: bewahrheitet sich das so, wie man es angenommen hat, oder eben nicht? –, warum kann man das nicht zulassen? Warum will man immer bei allem, dass man es bis in Ewigkeit an­schauen kann, und dann stimmt man ihm erst zu?

Ich halte das für ein großartiges Modell – und sichtlich auch die ÖH, sonst würde sie sich darüber nicht aufregen –, und ich bin sehr verwundert darüber, dass man einem Gesetz, das man europaweit entwickelt hat und besprochen hat, nicht zustimmt und folgendes Argument einbringt: Man muss noch weitere Experten und Fachleute dazu befragen.


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732. Sitzung / Seite 19

Dazu kann ich wirklich nur sagen: Glück auf, da werden wir wahrscheinlich nie fertig! – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

9.31


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Frau Bundesrätin Mag. Neuwirth hat sich noch ein­mal zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 


9.31.58

Bundesrätin Mag. Susanne Neuwirth (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich mich ja kein zweites Mal zu Wort melden. Wie Sie meiner Rede zuvor durchaus entnehmen konnten, war ich sehr friedfertig und wollte ohne weiteren Kommentar zum Universitätsgesetz, das ja heute nicht auf der Tagesordnung steht, dem vorliegenden Gesetz meine Zustimmung erteilen. Aber Herr Kollege Schnider macht es mir schwer. Er macht es mir deshalb schwer, weil ich ja schon im Ausschuss zu erklären versucht habe, warum wir dieses Gesetz nicht sozusagen nicht zugelassen haben, sondern warum wir es jetzt in die Be­gutachtung geschickt haben; in eine Begutachtung, die die Länder betrifft, damit die Länder endlich einmal Zeit und die Möglichkeit haben, zu einem Universitätsgesetz Stellung zu nehmen, das ja auch unmittelbare Auswirkungen auf Länderinteressen hat.

Darum ist es gegangen und darum geht es, und diese zwei Monate werden wir uns diese Zeit nehmen! Es ist ja der Frau Ministerin freigestanden, das schon vorher zu tun – es hat sie ja niemand daran gehindert, das zu tun. Dass sie es nicht getan hat, ist ja nicht unsere Schuld. Wir haben dieses Gesetz also bereits in die Begutachtung geschickt, und wir werden es in zwei Monaten hier vorliegen haben, und dann, Herr Kollege, werde ich es mit Ihnen diskutieren – nicht heute! Heute sage ich Ihnen nur drei Dinge aus derselben Seite einer Ausgabe des „Standard“, nämlich jener vom 11./12. März, zu dem „tollen“ Konzept, das Sie hier in den Raum stellen. Drei Kommen­tare:

„Nach Gugging mit Mercedes von Skoda“: „,Es ist, als würde man die Chefs von Skoda und Mitsubishi bitten, einen neuen Mercedes zu kreieren.’“ (Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) – Das zum Exzellenz-Zentrum.

Dieselbe Zeitung: „50 Millionen Euro Nachholbedarf“ für die Universitäten. – Ich sage: Kein Kommentar dazu! (Bundesrat Mag. Himmer: Wer sagt das? Wer?) – Herr Badelt sagt das. Falls Sie es nicht gelesen haben, sollten sie das nachlesen – ohne Kon­zepte –, wenn Sie sich dafür interessieren. (Bundesrat Konecny: Nicht lesen können ist kein Verdienst!)

Letzter Punkt: So ein „tolles“ Konzept, sage ich Ihnen, läuft da, dass es in Graz einen Notfallkoffer für Pädagogik-Studentinnen und -studenten geben musste, damit man nämlich ermöglicht hat, dass nicht nur 50, sondern 200 Studierende noch in diesem Semester fertigstudieren können. – „Tolles“ Konzept! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.34


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Frau Bundesrätin Konrad hat sich ein zweites Mal zu Wort gemeldet, und im Sinne eines lebendigen Parlamentarismus erteile ich es ihr. (Ruf bei der SPÖ: Das steht ihr zu!)

 


9.34.54

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Gäste!

Herr Dr. Schnider ist ja ein ganz begnadeter Redner, muss man sagen. Und auch wenn es heißt, dass Worte Realität schaffen, muss man sagen: Die Macht der Worte


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ist begrenzt. (Beifall der Bundesrätinnen Dr. Lichtenecker und Bachner.) Wenn ich ihm so zuhöre, dann könnte ich mir, wenn ich ein sehr gutgläubiger Mensch wäre, hier herinnen im Saal denken: Na, an den Unis, das muss quasi das Paradies sein, das muss ein himmlischer Zustand sein! Milch und Honig fließen dort in Massen! – Viel­leicht sollte ich einfach hier sitzen und hier fertigstudieren, denn wenn ich nächste Wo­che wieder in Innsbruck auf die Uni gehe und in meine Vorlesungen gehe, dann schaut das schon wieder anders aus:

Dann treffe ich dort Lehrende, die, gelinde gesagt, demotiviert sind (Zwischenrufe bei der ÖVP – Bundesrat Wiesenegg: Genau so ist es!), dann sehe ich dort eine Universi­tät, deren baulicher Zustand momentan so ausschaut, dass man die Kopierer in Hinter­kammerl sperren muss, weil sie ansonsten offenbar eine Feuergefahr darstellen.

Dann schlage ich die Zeitung auf und lese, wie sich darin jede Woche wieder Spott und Hohn zum Thema Gugging finden; aber das werden wir zu einem anderen Zeitpunkt noch ausführlich diskutieren.

Dann schaue ich mir die AkademikerInnenquote in Österreich an und überlege kurz: Wie schaut denn die Frauenquote unter den Professoren aus? – Man muss sagen: „Professoren“, denn der Anteil der Professorinnen liegt, glaube ich, in Österreich im Bereich von 7 Prozent, wenn überhaupt.

Das sind jetzt nur ein paar Stichworte. Wenn ich mir all diese Dinge anschaue, dann frage ich mich schon, an welcher Universität Sie, Herr Kollege Schnider, momentan vielleicht Ihre Zeit verbringen, dass Sie diese himmlischen Zustände erleben! (Heiter­keit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Wenn Sie sich schon auf dieser Exzel­lenz-Universität befinden, die es ja meines Wissens noch nicht gibt und vielleicht in dieser Form auch nicht wirklich geben wird, dann sollten wir, würde ich sagen, diese Exzellenz-Universität zur größten Massenuniversität Österreichs aufbauen, denn diese himmlischen Zustände, wie Sie sie geschildert haben, die würde ich eigentlich allen wünschen! – Danke. (Beifall der Bundesrätin Dr. Lichtenecker.)

9.36


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Herr Bundesrat Dr. Schnider hat sich ein zweites Mal zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


9.37.23

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Kurze Antwort, Frau Kollegin Konrad: Ich bin in Graz und in Wien tätig. – Das ist das Erste.

Das Zweite ist: Ich möchte Sie darauf hinweisen – und schauen Sie sich das doch an! –, dass diejenigen, die jetzt die wirklichen Proponenten dieser Exzellenz-Universität sind, nicht irgendwelche Leute sind! – Das zum einen.

Und zum anderen: Ich haben den Eindruck, dass selbst diejenigen, die vorzeitig die Tür zugeschlagen haben, jetzt versuchen, doch noch den Fuß hineinzubringen. Und ich würde sagen: Lassen wir sie den Fuß hineinbringen! – Danke. (Beifall bei Bundes­räten der ÖVP.)

9.37

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Herr Bundesrat Mag. Himmer hat sich ein zweites Mal zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


9.38.00

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich habe mir auch gedacht, wir gehen es heute einmal ein bisschen kommoder an (Heiterkeit – Bundesrat Gruber: Habt ihr keinen Klub gehabt?), und ich


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glaube, es gibt ja auch keine Grundlage dafür, dass wir jetzt in eine allzu wilde Debatte hineinkommen.

Ich denke mir, wenn man den Worten der Kollegin Konrad zuhört, dann merkt man ja bereits, dass die Kritik, die vorgebracht wird, eigentlich eine sehr nebulose und allge­meine ist. (Bundesrätin Konrad: Kritik an was?) Wenn man der Bundesministerin nichts anderes vorwerfen kann als den Zustand eines Kopierers in Innsbruck (Bundes­rätin Dr. Lichtenecker: Auch AkademikerInnenquoten!), und wenn man darüber reflek­tiert, ob ein einzelner Professor motiviert ist, dann muss ich sagen: Es ist wirklich zu viel verlangt von einem Minister (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Ministerin!), jeden ein­zelnen Professor zu motivieren und sich um jeden einzelnen Kopierer zu kümmern.

Ich glaube, wir sollten hier schon bei der großen Linie bleiben, und die Realität in der großen Linie ist: Es wurde zu keiner Zeit mehr für Wissenschaft und Bildung gemacht als jetzt unter dieser Bundesministerin. (Bundesrat Konecny: Oh! Oh!) Es wurde zu keiner Zeit mehr für Forschung und Entwicklung gemacht als jetzt unter dieser Bundes­regierung. – Das sind die nüchternen Fakten! (Bundesrätin Konrad: Das ist jetzt nicht nebulos, oder?)

Alle Menschen können auf unterschiedlichen Niveaus unzufrieden sein, und im univer­sitären Bereich werden wir immer Leute finden, die auf niedrigem und auf hohem Ni­veau ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen. Daran wird sich nie etwas ändern.

Was aber wichtig ist, ist, dass man die große Linie zeichnet. Das ist die Aufgabe eines Bildungsministers, und da gibt es eine einwandfreie Vorgangsweise.

Ich gebe ganz offen zu, ich habe mich mit dem Thema Exzellenz-Universität nicht in einer großen Tiefe auseinander gesetzt. Und ich als Wiener wäre durchaus aufge­schlossen für die Idee, dass diese Exzellenz-Universität in Wien eingerichtet werden würde. Ich muss aber schon eines auch festhalten: Wenn es einen Landeshauptmann gibt, der sich mehr engagiert als ein anderer Landeshauptmann, hat das nun einmal einen gewissen Einfluss im Standortwettbewerb.

Im Übrigen möchte ich festhalten, dass diese Diskussion zum Teil auf einem Level stattfindet, der – und da braucht man sich mit der Materie, mit der Standortqualität gar nicht besonders intensiv auseinander zu setzen – klar die Polemik erkennen lässt, mit der hier agiert wird. So habe ich im Fernsehen etwa einen Beitrag gesehen, der zeigen sollte, wie öde es eigentlich in Gugging ist. Da erfolgte ein Schwenk vom Gebäude weg auf einen Acker in Gugging, auf dem Schnee liegt. Da sollte man sehen, was in Gug­ging los ist. Was kann bitte – das ist ähnlich wie mit dem Kopierer, der vorhin erwähnt wurde – der Acker dafür, dass er dazu benutzt wird, die Standortqualität von Gugging in Frage zu stellen?

Ich weiß nicht, ob schon alle von Ihnen in dieser Gegend waren. Ich meine, die Ge­gend um Gugging/Klosterneuburg ist eine der hervorragendsten Gegenden, dort lässt es sich durchaus leben. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass uns die Entwick­lung der Atömchen, über die man in Gugging nachdenkt, einen Wettbewerbsnachteil bringt, weil man ein paar Minuten später auf dem Flughafen ist, um dieses Wissen zu befördern.

Sie, liebe Sozialdemokraten, haben die Debatte parteipolitisiert, und es haben sich ein­zelne Wissenschaftler – das ist zumindest mein Eindruck – vor den Karren spannen lassen und haben geglaubt, wenn der Broukal jetzt zu ihnen sagt: Weißt eh, jetzt musst einmal nein sage, und dann wird nein sein!, dass es dann wirklich nicht sein wird. (Bundesrat Konecny: Sie haben eine Meinung von Wissenschaftern!) Dann wird man aber draufgekommen sein, dass der Herr Broukal doch nicht so zuständig ist, ja dass seine tollen Tipps dazu führen, dass alles zusammenbricht. Deswegen hört ja die Poli-


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tik nicht auf, zu bestehen, und deswegen ist ja auch die Bildungspolitik nicht zu Ende, sondern es wird natürlich der Weg fortgesetzt.

Gerade angesichts der drei exzellenten Persönlichkeiten, die für die Elite-Universität präsentiert worden sind, kann ja wohl niemand sagen, dass die wissenschaftliche Qualität der genannten Personen in Frage gestellt werden kann. Und bei allem Re­spekt muss man auch gegenüber dem Kollegen Zeilinger feststellen, dass man eben auch sieht, wie sozusagen die Reifen quietschen, was seine Positionierung betrifft. Aber das soll auch so sein. Das ändert ja nichts daran, dass Herr Prof. Zeilinger, wenngleich wahrscheinlich unerfahren in der Politik, natürlich ein exzellenter Wissen­schaftler ist. Es soll uns daher freuen, wenn jemand von einem Irrweg, auf dem er auf Grund einer kurzen Einladung bei einem Zickzackkurs mitfährt, wieder auf den richti­gen Zickkurs zurückfindet. (Beifall bei der ÖVP sowie bei den Bundesräten Mitterer und Ing. Kampl.)

9.44


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Ich erteile Frau Bundesministerin Gehrer das Wort. – Bitte.

 


9.44.26

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Vorsitzende! Hohes Haus! Ich möchte zu drei Bereichen Stellung nehmen.

Zuerst zum gesamten Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsbereich. – Heute fin­det die Bildungsministerkonferenz der Europäischen Union statt. Es sind dazu auch die Bildungsminister des Westbalkans eingeladen, und es wird dort klar festgestellt, wie wichtig Bildung, Wissenschaft und Forschung als Grundlage für die Entwicklung einer Gesellschaft, als Grundlage für die Entwicklung eines Landes sind. Die österreichische Bundesregierung hat deshalb in den letzten Jahren in Breite und in Spitze investiert, und ich glaube, das ist das Wichtige, was wir an politischer Tätigkeit immer wieder im Auge behalten müssen: die Breite, indem wir mehr schulische Angebote haben, indem wir mehr Angebote in den Bereichen der Hochschulen, der Universitäten haben, und die Spitze, indem wir in Forschung investieren.

Wir haben in den letzten Jahren 30 000 Schülerinnen und Schüler mehr in unseren weiterführenden Schulen. Das ist vom Steuerzahler finanziert worden, und das ist gut so. Wir haben eine Verdoppelung bei den Studierenden an den Fachhochschulen. Wir haben mehr als eine Verdoppelung des Budgets der Fachhochschulen. Wir haben eine Zunahme bei den Studierenden an den Universitäten. Und was mich besonders freut: Wir haben eine Zunahme bei den Absolventinnen und Absolventen an den Universitä­ten. Die jungen Leute studieren zielorientiert und machen das Studium fertig.

Zweitens: Die Fachhochschulen haben einen ganz besonderen Stellenwert, da sie eine berufsorientierte, grundlegende Ausbildung anbieten, und ich danke allen Ländern und allen Fachhochschulträgern, die sich da ganz besonders engagieren, denn – und dar­auf möchte ich hinaus – die Fachhochschulen sind nicht zentral gesteuert. Das heißt, der Bund kann nicht von sich aus sagen: Dort machen wir eine Fachhochschule und dort, und das ist das richtige Fach!, sondern die Fachhochschulträger bieten an, der Fachhochschulrat prüft diese Angebote, macht seine Auflagen und genehmigt dann. Und wir haben vorgesehen, dass der Stand der Fachhochschulstudienplätze bis 2010 noch auf 33 000 ausgebaut wird.

Drittens: die Universitäten. – Wer sich europaweit umsieht, der kann erkennen, dass es unsere Universitäten im Verhältnis zu den Universitäten in anderen Ländern gut haben. In Österreich ist sehr wohl diese Erkenntnis eingekehrt.


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Unsere Universitäten haben ein gesichertes Budget auf drei Jahre. – In Deutschland wurde das Budget der Universitäten um 10 Prozent gekürzt. Der Personalstand musste gekürzt werden. Sie wissen das alles ganz genau: Wir haben für die nächsten drei Jahre ein Milliardenpaket für die Universitäten geschnürt. Für das Globalbudget sind es 525 Millionen €, für die gesamten Renovierungsarbeiten 500 Millionen €. Dazu kom­men noch die Neubauten, die wir errichten, ob dass die Chemie in Innsbruck ist, ob das der Medizinische Campus in Graz ist – das Geld hiefür kommt zu diesen Beträgen noch dazu.

Das heißt, es gibt große Anstrengungen, diesen Nachholbedarf im Baubereich auch wirklich zu befriedigen. Und es gibt ja auch wirklich einige Universitätsbauten, die sich durchaus sehen lassen können. Gehen Sie auf die Hauptuni in Wien, die wird gerade renoviert, schauen Sie sich das neue Hörsaalzentrum im alten AKH an – es bietet wirk­lich die besten Möglichkeiten für die Studierenden!

Ich bedauere sehr – und ich sage das wirklich mit großem Ernst –, dass wir heute die­se Regelung für die Medizin-Studierenden nicht beschließen konnten. Was Politik ma­chen muss, ist, den jungen Menschen Sicherheit geben, dass es genügend Ausbil­dungsplätze für junge Österreicherinnen und Österreicher in Medizin gibt. Und wir haben uns in einer internationalen Arbeitsgruppe sehr bemüht und haben lange darum gerungen, eine Regelung zu finden, die EU-konform ist. Was hat denn der EuGH in seinem Urteil gesagt? – Er hat gesagt, die Regelung muss die Mobilität unterstützen, die Regelung darf nicht auf Grund der Staatsbürgerschaft diskriminieren, die Regelung muss auf der Basis von tatsächlich erhobenen Zahlen beruhen, und die Regelung muss verhältnismäßig sein.

Wir schlagen vor, dass erstens die Zahl der Anfängerstudienplätze in Medizin von 1 250 auf 1 500 erhöht wird. Das haben die Rektoren der Medizin-Universitäten bereits mit mir paktiert. Wir erhöhen die Zahl der Anfängerstudienplätze um 20 Prozent:

Wir schlagen weiters eine Safeguard-Regelung vor, in der enthalten ist, dass 95 Pro­zent dieser Anfängerplätze für Studierende aus den europäischen Mitgliedsländern zu Verfügung stehen und 75 Prozent von den gesamten Studienplätzen für solche mit einem österreichischen Maturazeugnis. Durch diese Regelung schaffen wir die Grund­lage für Mobilität.

25 Prozent der gesamten Anfängerstudienplätze sind für Studierende aus anderen Länder reserviert – das gibt es in keinem anderen Land, einen derartig hohen Anteil für die Mobilität!

Wir diskriminieren nicht auf Grund der Nationalität, denn wir stellen auf das Matura­zeugnis ab. Es können auch Staatsbürger aus anderen Ländern ein österreichisches Maturazeugnis haben.

Wir agieren auf der Grundlage von tatsächlich erhobenen Zahlen. Wir wissen jetzt, dass bei den Studienanfängern in Medizin die Zahlen der Österreicherinnen und Öster­reicher von über 80 Prozent auf fast 40 Prozent zurückgegangen sind. Und da möchte ich auch gleich einer Vorrednerin entgegnen – sie hat nämlich gesagt: Sie hätten das ja früher machen können! –: Wir konnten es eben nicht früher machen, weil wir die tat­sächlichen Zahlen brauchten. Es war im EuGH-Urteil so festgehalten, dass man nur auf einer tatsächlich erhobenen Zahlenbasis Maßnahmen ergreifen kann, und wir ha­ben gemeinsam mit den Partnern in Deutschland, in Belgien, in Frankreich und mit der Kommission eine Regelung ausgearbeitet. Wir agieren also auf der Basis tatsächlich erhobener Zahlen.

Das Vierte: Wir haben eine verhältnismäßige Regelung. Meine Damen und Herren, es ist Aufgabe der Politik, den jungen Menschen Sicherheit zu geben. Und wenn heute


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der Beschluss gefasst worden wäre, die Zustimmung gegeben worden wäre, hätten die jungen Menschen die Sicherheit, dass 75 Prozent der Anfängerstudienplätze für Stu­denten mit österreichischem Maturazeugnis, also vornehmlich für Österreicherinnen und Österreicher, reserviert sind. Ich bedauere es zutiefst, dass wir diese Sicherheit den jungen Menschen in Österreich heute nicht geben können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei den Bundesräten Mitterer und Ing. Kampl.)

9.51


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Es liegt eine weitere Wortmeldung des Kollegen Schennach vor. Ich erteile ihm das Wort.

 


9.51.54

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin, Ihr Schlusssatz hat mich doch gezwungen, noch ein­mal ans Rednerpult zu treten. Sie sagten, dass Sie bedauern, dass wir heute den jun­gen Menschen nicht diese Sicherheit geben können. Seit 1999 liegt diese Materie auf dem Tisch. 1999 wurde Österreich zum ersten Mal gemahnt. 2003 wurde das EuGH-Verfahren eingeleitet. Am 1. Jänner 2005 kam der Schlussantrag des Generalanwaltes zur Anklage Österreichs.

Seit 2005 liegt das Urteil vor, und was Sie jetzt machen, ist ein Schnellschuss. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) – Ich finde es immer wieder sehr lustig, dass die ÖVP dann so munter wird! – Bei diesem Schnellschuss wird der Föderalismus komplett ausgespart, indem die Länder nicht dazu befragt werden. Und das hier im Bundesrat! Sie finden das gut und applaudieren. Super! Sie handeln nach dem Motto: Wir befragen die Län­der nicht, wir ziehen das einfach durch!, weil plötzlich Gefahr im Verzug ist. Bitte, seit 1999, seit sechs Jahren, steht das hier zur Klärung an – und nun geschieht das auf diese Art und Weise! Deswegen, meine Damen und Herren, fordert die Mehrheit hier im Haus die Bundesländer zu einer Stellungnahme auf (Beifall bei den Grünen), und Sie, Frau Bundesministerin, dürfen gespannt sein, was hier von Seiten der Länder kommt.

Nun zu Ihnen, Kollege Himmer. Es geht, bitte, bei der Elite-Universität nicht um den Bau eines Einfamilienhauses. (Bundesrat Mag. Himmer: Das habe ich „nicht“ gewusst! Aber auf diesem Niveau argumentiert man!) Ich verstehe schon, dass Gugging, die grüne Landschaft und der Schnee wunderbar sind. Sie sprachen von der Lebensquali­tät von Gugging, aber es geht, bitte, nicht um ein Einfamilienhaus. Nein. (Bundesrat Mag. Himmer: Auf diesem Niveau wird aber argumentiert!) Genau um dieses Niveau geht es. Es geht um den idealen Standort für eine Vorzeigeuniversität, für eine Elite-Universität, und ich war immer der Meinung, dass man diesen Anspruch haben kann, und wir brauchen auch Motoren. Im Bildungssystem, im universitären Bereich, im For­schungsbereich brauchen wir Motoren, und der Anspruch an eine solche Universität ist sinnvoll, aber diese ganze Debatte eignet sich nicht als Grundlage, als Stoff für eine Provinzposse, in die wir das Ganze nämlich dann hineingesteckt haben. (Bundesrat Mag. Himmer: Ihr habt es als Provinzposse ...! – Bundesrat Bieringer: Ihr wart das! Das ist ja das Höchste! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Provinzposse hat einen Autor, und der heißt Erwin Pröll. Und es gibt einen Co-Autor, der heißt Elisabeth Gehrer. Diese beiden sind für den Stoff verantwortlich. Es tut mir Leid, wir alle sind nur Gäste. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Wir alle sind nur unfreiwillige Gäste.

Es hätte ideale Standorte gegeben. Natürlich ist Wien ein hervorragender Standort da­für, aber auch das IT- und Medienzentrum und generelle Forschungszentrum, das sich ja auch beworben hat, nämlich Oberösterreich mit Hagenberg wäre ein interessanter Standort (Beifall der Bundesrätin Dr. Lichtenecker), nur wenige Kilometer von Linz


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entfernt. Was macht man aber? – Man hat in Niederösterreich, in der Pampa ein Haus frei, und unter ... (Bundesrat Mag. Himmer: Pampa, ja freilich! Und „Einfamilienhaus“!) Na selbstverständlich! Natürlich ist Gugging eine Gegend für Einfamilienhäuser. (Bun­desrat Mag. Himmer: Ein ländlicher Bereich ...!) Natürlich ist es ein ländlicher Bereich, ein Bereich für kleine Familienhäuser, wo ein Bus fährt, der Sie alle 20, 30 Minuten zum nächsten hochrangigen Verkehrsnetz bringt. Das ist doch eine Tatsache! (Bun­desrätin Zwazl: Aber Sie sind in 35 Minuten auf dem Flughafen!)

Was wollen Sie mir erzählen? – Dass Gugging eine Großstadt ist, wo die gesamte Welt zusammenkommt und sagt: Hier wollen wir forschen!? (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsidentin Roth-Halvax gibt das Glockenzeichen.) Das ist doch absurd – tut mir Leid! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Dann noch die Drei-drei-Variante: drei vom Ministerium, drei vom Land Niederöster­reich. Eine Elite-Universität muss man großzügiger, mit mehr Weltsicht und mit mehr Offenheit angehen (Bundesrat Mag. Himmer: Ja, ja, Weltsicht!) – ja, das ist es! –, und nicht mit der Brille von Gugging, lieber Kollege Himmer. Die Brille von Gugging ist eine sehr eingeschränkte. Im Übrigen: Für „quietschende Reifen“ in Ihrer Rede, Herr Kol­lege Himmer, wäre wieder der Forschungsstandort Graz zuständig. Das ist sicherlich nicht in Gugging zu finden.

Soweit eine Klarstellung zu den letzten Worten der Frau Ministerin. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

9.56


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrat Bieringer: Auf diesem Niveau nicht!) – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch dies ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung. (Unruhe im Saal.) – Darf ich bei der Abstimmung um Ruhe bitten!

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

09.57.432. Punkt

Entschließungsantrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines ausreichenden Lehrveranstaltungsangebo­tes in den Bereichen Pädagogik und Didaktik für die Studenten der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten für eine Zusatzqualifikation als Er­wachsenenbildner (149/A(E)-BR/2006 sowie 7482/BR d.B.)

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Blatnik. Ich bitte um den Bericht.

 


9.57.44

Berichterstatterin Ana Blatnik: Frau Präsidentin! Gospa president! Der Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft über den Entschließungsantrag der Bun­desräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines ausreichendes Lehrveranstaltungsangebotes in den Bereichen Pädagogik und Didaktik für die Studenten der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten für eine Zu-


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satzqualifikation als Erwachsenenbildner liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft stellt den Antrag, der Bundesrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen. Diese Entschließung lautet:

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, die So­zial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten an den Universitäten über die not­wendige Schaffung eines ausreichenden Lehrveranstaltungsangebotes in den Berei­chen Pädagogik und Didaktik für die Studenten der Sozial- und Wirtschaftswissen­schaftlichen Fakultäten für eine Zusatzqualifikation als Erwachsenenbildner zu infor­mieren und sich für die Umsetzung dieser berechtigten Forderung der Studierenden einzusetzen. Die Situation berufstätiger Studierender soll dabei besonders berücksich­tigt werden.


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Schnider. Ich erteile es ihm.

 


10.00.00

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Es kann schon vorkommen, dass man Briefe und Mails ver­schickt und sich, was den Adressaten betrifft, einfach irrt. (Bundesrätin Dr. Lichten­ecker: Aber! Aber!) Es kann auch passieren, dass man Entschließungsanträge formu­liert, in denen man den Adressaten ebenfalls nicht richtig einsetzt. Denn wenn heute Universitäten und Hochschulen autonom sind – und ich glaube, wir können mit gutem Recht sagen, dass es eine sehr gute Entwicklung ist, dass dort selbständig entschie­den werden kann, was wo gemacht wird, dass man selbständig Informationen einholt, dass man selbstständig mit den zuständigen Gremien, Zielgruppen und Interessenten darüber redet, was man wo wie tun könnte –, dann muss ich sagen, es ist das sehr, sehr gut.

Daher glaube ich, dass es nicht sinnvoll ist, dass man sagt, es gelte, eine Hochschule über irgendeinen Bedarf zu informieren – wie es hier steht –, sich für die Umsetzung dieser berechtigten Forderung einzusetzen und als Adressatin dafür die Bundesminis­terin zu benennen. Dazu muss ich sagen, irgendwie hat da etwas von der Vorstellung, wer welche Aufgabe zu übernehmen hat, nicht ganz funktioniert. Deshalb können wir – dies als erster Punkt – diesem Antrag nicht näher treten.

Zweite Geschichte: Ich bin ja heute schon gefragt worden, wo überall ich tätig bin oder nicht tätig bin. Wenn ich mir all die Angebote anschaue, die es diesbezüglich auf der Universität Wien gibt – um jetzt nur diese zu nennen –, dann muss man zuerst einmal sagen, dass es heute die freie Wahl der Fächer gibt; dafür kann man sich heute frei entscheiden oder nicht entscheiden. Das heißt, man denkt eigentlich daran – und ich halte das für sehr sinnvoll –, dass man fächerübergreifend schaut, in welcher Fakultät, in welchem Institut das angeboten wird, was ich mit hereinnehme.

Wenn ich in das Verzeichnis der Uni Wien blicke und dort unter der Nummer 190576 „Lernen mit Erwachsenen – Methoden der Erwachsenenbildung“ lese, unter 190692 „Aktuelle Brennpunkte und Kontroversen der Erwachsenenbildung“, unter 190743 „Ein­führung in die Erwachsenenbildung“ und so weiter, dann frage ich mich, liebe Kollegin­nen und Kollegen, warum es vonnöten ist, dass wir auch dort noch, wo Sie es wün­schen, pädagogische und didaktische Angebote für die Erwachsenenbildung machen. Ich halte es zwar für ein wichtiges Anliegen – und wir haben es vor einigen Tagen gele­sen –, dass die Mediziner auch ein bisschen didaktisches und pädagogisches Gespür brauchen könnten, aber es kann ja nicht so ausarten, dass die Medizinische Fakultät ebenfalls ein pädagogisches Erwachsenenbildungsprogramm anbietet und dann im


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Rückschluss daherkommt und sagt: Achtung, wir haben zu wenig Geld, weil wir auch noch dies und das anbieten müssen! – Ich glaube, es ist die Idee der ganzen Hoch­schule und überhaupt einer Universität – das heißt ja mit „universitas“ letztlich Gesamt­heit, Vernetzung –, dass man von da oder dort ein Angebot wahrnimmt und das auch dort besucht.

Daher kann ich von dieser Stelle aus nur sagen, dass es wichtig ist, dass man die Kompetenzen dort lässt, wo sie sind, nämlich an der Universität, und dass ich Sie ein­lade, auch dort – wenn es Ihnen so vorkommt, dass wirklich etwas fehlt und ein Bedarf danach vorhanden ist – ein direktes Gespräch zu suchen, aber nicht der Ministerin, nur damit man hier einen Entschließungsantrag machen kann, praktisch zu sagen, dass sie dafür zuständig ist. Das kommt mir, wie schon bei unserem vorhergehenden The­ma, auch ein bisschen wie ein parteipolitisches Spielchen vor.

Eines ist für mich schon interessant. Ich weiß zwar, dass man sich bei einer Debatte nur zwei Mal melden kann, das ist ja klar, aber etwas ist mir ganz aktuell unter die Fin­ger gekommen vom Punkt 1, das typisch untermalt, was ich hier sage. Der Herr Ärzte­kammerpräsident in Wien, nämlich Brettenthaler, sagt zu unserer vorhergehenden Dis­kussion: „Ein so wichtiges Thema wie das Medizinstudium, bei dem letztlich auch die Weichen für die Gesundheitsversorgung von morgen gestellt werden, ist sicher kein geeignetes Feld für einen parteipolitischen Schlagabtausch“ – so Brettenthaler. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer. – Bundesrat Ko­necny: Nehmen Sie sich das zu Herzen!)

10.04


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schimböck. Ich erteile es ihm. (Bundesrat Konecny – in Richtung ÖVP –: Das war eine Watschen für euch, die Aussage von Brettenthaler! Der hat ja euch gemeint!)

 


10.04.40

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Die Frau Bundesministerin ist an einem so wichtigen bildungspolitischen Thema offensichtlich nicht in dem Maß interessiert, dass sie hier geblieben wäre. (Bundesrat Bieringer: So nicht, Herr Kollege Schimböck! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Kollege Dr. Schnider! Die Landtagswahl in Ihrem Bundesland war nicht am letzten Sonntag; wenn man sich heute anschaut, wie Sie sich hier echauffieren, dann könnte man das fast glauben. (Bundesrat Dr. Schnider: Sie machen Wahlkampf!) Wenn ich mir vorstelle, was jetzt bildungspolitisch dort passiert, dann kann ich nur eines sagen – erlauben Sie mir dieses Wortspiel –: Wenn Sie wissen wollen, welche positiven bil­dungspolitischen Akzente in einem Bundesland gesetzt werden, in dem ein neuer, ein sozialdemokratischer Wind weht wie bei Ihnen in der Steiermark, dann würde ich Ihnen empfehlen, mit dem Bundesratskollegen Mag. Klug zu sprechen; da werden Sie wirk­lich klüger, wenn Sie sich bei ihm erkundigen. Er wird Ihnen bestätigen, dass dort jetzt zum Beispiel die Fachhochschulstudiengebühr gestrichen wird, so wie das auch im sozialdemokratisch regierten Bundesland Burgenland bereits der Fall ist. Ich glaube, in Ihrem Heimat-Bundesland wird es einen besseren Bildungszugang geben, als das bis­her unter der ÖVP-dominierten Landesregierung der Fall war.

Aber zurück zu diesem Thema: Ich glaube, wenn Sie aufgepasst hätten, Herr Dr. Schnider, dann hätten Sie gesehen, was in diesem Entschließungsantrag drinsteht. Er ist genau so formuliert, dass er die Autonomie der Universitäten in keiner Weise an­greift, sondern hier geht es darum, dass wir uns einen Impuls vom Ministerium erwar­ten, dass dort entsprechende Bildungsangebote geschaffen werden. Da geht es über­haupt nicht darum, jemanden in der Autonomie zu beschneiden.


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Ich würde Sie wirklich bitten, Herr Dr. Schnider, dass Sie ein bisschen von der Polemik abrücken und sich sachlich informieren (Ruf bei der ÖVP: So wie Sie!), wenn ich mir anschaue, dass im Vorjahr fast 8 000 Menschen mit einem akademischen Abschluss in Österreich arbeitslos waren. Fast 8 000 – und Sie haben von „so etwas“ gesprochen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Schnider.) Das ist nicht „so etwas“, Herr Dr. Schni­der! Ich erinnere Sie hier wirklich an Ihre katholische Soziallehre, mit der Sie sich si­cherlich auseinander gesetzt haben. Das ist nicht „so etwas“, Herr Dr. Schnider, 8 000 arbeitslose Menschen mit einem akademischen Abschluss in unserem Land!

Ich habe das ein bisschen analysiert, und so ist es auch zu diesem Antrag gekommen. Immerhin kommen 44,1 Prozent dieser arbeitslosen Akademiker aus den Bereichen der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, der Rechtswissenschaften und der Han­delswissenschaften. Das sind eigentlich sehr ambitionierte, und viele noch sehr junge Menschen, die sich dann oft etwas anderes suchen, und bisher war es eben so, dass sich viele in der Erwachsenenbildung betätigt haben. Ich halte das auch für eine gute Sache. Manche – und so bin ich zu diesem Thema gekommen – erwerben auch einen Gewerbeschein und sind dann in der Kommunikationsbranche, in der Beratungsbran­che und so weiter selbständig tätig.

Jetzt ist es so, dass wir in Anbetracht der Entwicklung am Arbeitsmarkt zu Recht sa­gen – das ist auch nicht gerade lustig, das ist auch nicht „so etwas“ –, es schaut ja so aus, dass wir uns eigentlich im Gegensatz zu den anderen EU-Ländern befinden. Immerhin 16 der 25 EU-Länder haben eine sinkende Arbeitslosenentwicklung, 16 von 25; bei uns ist sie gestiegen! (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Schnider.) Da sagt man natürlich, dass das Arbeitsmarktservice bei allen Weiterbildungsmaßnahmen einen gewissen Qualitätsstandard sichern muss. (Bundesrat Dr. Schnider: Warum in der Pädagogik?) Das halte ich auch für gut so, denn denjenigen, die dort etwas konsu­mieren, soll geholfen werden. Es geht um diese Sicherung des Qualitätsstandards im Arbeitsmarktbereich bei den Ausbildungsmaßnahmen, bei den Schulungen, die ja reichlich angeboten und auch in Anspruch genommen werden. Ich glaube, dass das wichtig ist; es gilt auch der Grundsatz des lebenslangen Lernens. Sie sehen, was hier geboten wird, sei es vom BFI, im Volkshochschulbereich, vom WIFI und so weiter. Dieser Qualitätsstandard kann nur erfüllt werden, wenn jene Akademiker, die dort leh­rend tätig sind, eben ein gewisses Mindestmaß an Zusatzqualifikationen in der Päda­gogik und in der Didaktik nachweisen können. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundes­rates Dr. Schnider.)

Wenn einfach das Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien vorgelesen wird – das kann sich jeder in jeder Buchhandlung anschauen –, wenn damit so gewachelt wird, wie es Herr Dr. Schnider getan hat, und gesagt wird: na ja, es gibt ja so viele Vorlesun­gen in Didaktik und Pädagogik, dann möchte ich schon daran erinnern, dass meines Wissens nicht alle Studierenden in Wien studieren und dass man zum Beispiel in Linz nur den wirtschaftspädagogischen Bereich zur Verfügung hat, der eine eher beschei­dene Ausstattung hat. Ich habe mich noch nicht darüber informiert, wie es in der katho­lischen Privatuniversität in Linz ausschaut (Bundesrat Dr. Schnider: Wird auch ange­boten, dort!), vielleicht – das wüssten Sie besser – gibt es dort Möglichkeiten. Aber das ist eher eine sehr kleine Universität, und wenn ich von 8 000 gesprochen habe, um die es hier geht, dann wissen wir ungefähr, in welche Richtung es geht.

Daher glaube ich, es ist im Angesicht der Entwicklung dieser Arbeitslosenzahlen not­wendig – und ich weiß, dass das nur ein ganz kleiner Mosaikstein sein kann –, dass wir diese Zusatzqualitäten einfordern. Ich ersuche Sie daher, diesem Antrag beizutreten und die Polemik bei einem so ernsten Thema hintanzuhalten. – Ich danke für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

10.10



Bundesrat
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Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Bieringer. Ich erteile es ihm.

 


10.10.25

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schimböck, ich finde es unfair, hier herzugehen und zu sagen, die Frau Minister hat anscheinend etwas anderes zu tun, wenn hier ein bildungspolitisches Problem besprochen wird. Es war vereinbart, dass die Frau Bundesminister nicht anwesend ist, weil es bisher in diesem Hohen Hause nicht üblich war, dass während der Debatte eines Selbständigen Antrages ein Regie­rungsmitglied anwesend sein soll. Das war bisher nicht so, und das ist auch jetzt so!

Ich finde es beschämend, wenn hier mit Polemik vorgegangen wird und wider besseres Wissen so gesprochen wird. Ich würde Sie eindringlich bitten, die Regeln und Nuancen des Hauses auch dann einzuhalten, wenn es Ihnen nicht passt! (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

10.11


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Konrad. Ich erteile es ihr. (Bundesrat Schennach: Das wurde schon geändert!) – Ich habe das leider noch so hier.

Gut, dann erteile ich Herrn Bundesrat Schennach das Wort. – Bitte.

 


10.11.45

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Danke, Kollege Ager, für diesen Auftrittsapplaus, das ist immer extrem motivierend.

Wir werden diesen Entschließungsantrag von Kollegen Schimböck unterstützen. Wir werden für diesen Antrag stimmen, müssen aber Kollegen Schimböck in diesem Zu­sammenhang doch an etwas erinnern.

Er hat in seiner Rede gemeint, überall dort, wo die SPÖ regiert, sieht man, wie Bil­dungspolitik gemacht wird. In diesem Zusammenhang, lieber Kollege Schimböck – und du bist ja auch aus Oberösterreich –, muss ich dich doch daran erinnern, dass es auf die Regierung von ÖVP und Grünen zurückzuführen ist, dass Oberösterreich das ein­zige Bundesland ohne Studiengebühren bei den Fachhochschulen ist. Es ist sicherlich für ganz Österreich ein Fortschritt, dass es ein Bundesland gibt, in dem es keine Stu­diengebühren bei Fachhochschulen gibt – im Sinne des freien Zuganges und auch des Angebotes zum lebenslangen Qualifikationserwerb!

Was den vorliegenden Entschließungsantrag betrifft: Kollege Schnider, wir haben schon im Ausschuss lange darüber gesprochen, dass die Beschäftigung mit Fragen von Didaktik und Pädagogik in vielen Bereichen notwendig ist, und zwar in der Vermitt­lung dessen, wofür man sich qualifiziert hat. Wir haben im Ausschuss – diese Diskus­sion ist jetzt wieder akut geworden – über das Arzt-Patienten-Gespräch oder Ärztin-Patienten-Gespräch gesprochen, darüber, dass es hier notwendig ist, endlich auch die Didaktik und die Vermittlung hereinzunehmen.

Was sich in den Gerichtssälen abspielt, ist fast ein Null-Gespräch zwischen den Ange­klagten und den Richtern, zum Beispiel im Jugendgerichtsbereich. Die jugendlichen Angeklagten verstehen null von dem, worum es eigentlich geht; es ist fast so, als ob der Richter in Suaheli und der Jugendliche in Deutsch spricht und hier eine Fremd­sprache auf eine gelernte Sprache trifft. All das haben wir in vielen Bereichen, und in diesen Bereichen wird es notwendig sein, solche Zusatzangebote zu machen.

Speziell, was den Antrag betrifft: Natürlich haben diese Institutionen so genannte Trai­ner- und Lehrenden-Zertifikate eingeführt, weil sie selbst sehen, dass sie das benöti-


Bundesrat
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gen. Aber diese hauseigenen Trainer-Zertifikate von WIFI und BFI sind pädagogisch-didaktisch in meinen Augen eine Art Schnellführerschein, um eine Einbahn oder eine kleine Landstraße zu befahren, nicht jedoch den Highway von Informations- und Wis­sensvermittlung.

Deshalb ist das ein Impuls an die zuständige Ministerin, in der Diskussion mit den Hochschulen und Universitäten genau dies ins Auge zu fassen und auch zu „promo­ten“, denn manchmal müssen auch die Universitäten und Hochschulen über den Be­darf aufgeklärt werden. In diesem Sinne sehen wir diesen Entschließungsantrag als einen solchen Impuls und werden ihn daher unterstützen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.15


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. Ich erteile Herrn Bundesrat Dr. Schnider zum zweiten Mal das Wort. – Bitte.

 


10.15.39

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Ich muss nur auf das reagieren, was Kollege Schennach hier wirklich ganz richtig und differenziert gesagt hat.

Es geht mir um Folgendes: Wenn wir zum Beispiel immer nachdrücklich sagen, dass wir jetzt Pädagogische Hochschulen oder Hochschulen für pädagogische Berufe entwi­ckeln – wobei mir das zweite Wort viel besser gefallen hat, weil es eigentlich das erste Wort war –, dann wäre genau dort die Kompetenz dafür vorhanden, dass man, wenn es in Wirtschaft oder Medizin so ist, in Kooperation etwas anbietet, aber nicht an einer fachorientierten Fakultät, die für eine bestimmte Orientierung zuständig ist, überall additiv etwas dazugibt.

Das heißt, ich kann dem, was du (in Richtung des Bundesrates Schennach) gesagt hast, viel abgewinnen und stehe zu 100 Prozent dahinter. Aber es stört mich dabei, dass genau die Kooperation und Vernetzung, die ja eine Universität zu leben hat – jetzt auch mit den anderen, mit Fachhochschulen, mit Pädagogischen Hochschulen –, prak­tisch konterkariert wird. Das ist ein Stück weit mein Problem damit. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

10.16


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. Ich erteile Herrn Bundesrat Klug das Wort. – Bitte.

 


10.16.47

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist an sich nicht meine Heimatdisziplin, aber da das Bundesland Steiermark von Kollegem Schimböck erwähnt wurde, darf ich kurz auf etwas aufmerksam machen, und zwar in Verbindung mit dem Redebeitrag des Kolle­gen Schennach.

Eine in den vergangenen Jahren doch etwas verfehlte Landes-Bildungspolitik (ironi­sche Heiterkeit bei Bundesräten der ÖVP) wird jetzt mit frischem Wind sozialdemokra­tischer Handschrift (Beifall bei der SPÖ) sozial gerecht im Bereich der Fachhochschu­len korrigiert. Das Bundesland Steiermark bemüht sich, dem Bundesland Oberöster­reich mit großen Schritten zu folgen und ab Herbst mit der Abschaffung der Studienge­bühren im Fachhochschulbereich einen weiteren Schritt zu einer sozial gerechteren Bildungspolitik auf Landesebene zu setzen. – Das sei kurz erwähnt, nur weil das Bun­desland Steiermark schon erwähnt worden ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wie ich schon gesagt habe, ist es an sich nicht meine Heimatdisziplin, aber es ist das Bundes­land Steiermark erwähnt worden.


Bundesrat
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Da dies zum zweiten Mal als Zwischenruf gekommen ist: Kollege Kühnel, eines freut mich ganz besonders. Die Arbeitsrechts-Thematik ist mittlerweile schon drei Sitzungen her, aber wenn der Eindruck derart tief sitzt (Bundesrat Dr. Kühnel: Die Länge war es! Die Länge!), dass sich ausschließlich die SPÖ-Fraktion im Bundesrat für das verbes­serte Arbeitsrecht und für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land besonders engagiert hat, dann freut mich das ganz besonders. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Wolfinger.)

10.18


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem gegenständlichen Ent­schließungsantrag 149/A(E)-BR/2006 der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Schaffung eines ausreichenden Lehrveranstaltungsange­botes in den Bereichen Pädagogik und Didaktik für die Studenten der Sozial- und Wirt­schaftswissenschaftlichen Fakultäten für eine Zusatzqualifikation als Erwachsenenbild­ner ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.

Der gegenständliche Entschließungsantrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kol­leginnen und Kollegen ist somit angenommen. (E 204-BR/06.)

*****

Auch wenn es noch nicht 10.40 Uhr ist, werden wir trotzdem nicht in den nächsten Ta­gesordnungspunkt eingehen, sondern die Sitzung bereits jetzt unterbrechen, um die im historischen Sitzungssaal stattfindende Trauerkundgebung für den verstorbenen ehe­maligen Präsidenten des Nationalrates, Herrn Mag. Leopold Gratz, zu besuchen. Ich bitte Sie, sich zeitgerecht in den Sitzungssaal zu begeben und Ihre Plätze einzuneh­men, damit die Veranstaltung pünktlich um 11 Uhr stattfinden kann. – Danke schön.

Ich unterbreche hiermit die Sitzung bis 13 Uhr.

*****

10.20.04(Die Sitzung wird um 10.20 Uhr unterbrochen und um 13.01 Uhr wieder aufgenom­men.)

*****

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich nehme jetzt – um 13.01 Uhr – die unterbrochene Sitzung und die Verhandlungen zur Tagesordnung wieder auf.

13.01.573. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (1229 d.B. und 1340 d.B. sowie 7483/BR d.B.)


Bundesrat
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4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz geändert wird (1341 d.B. sowie 7477/BR d.B. und 7484/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu den Punkten 3 und 4, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu beiden Punkten ist Frau Bundesrätin Fröhlich. Ich bitte sie um die Berichte.

 


13.02.21

Berichterstatterin Christine Fröhlich: Bericht des Ausschusses für innere Ange­legenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2006 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zweitens: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Melde­gesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2006 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


13.04.00

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei dieser Reparatur des Meldegesetzes und bei der Änderung des Passgesetzes geht es eigentlich mehr oder weniger um das Gleiche, nämlich um die Erfassung von zusätzlichen Daten.

Beim Meldegesetz soll nun zusätzlich der Familienstand abgefragt werden. Meiner Meinung nach müsste ja schon der Punkt „religiöses Bekenntnis“ vom Meldezettel ver­schwinden. Wozu man jetzt auch noch den Familienstand abfragt, ist mir absolut rät­selhaft. Ich denke nämlich, diese Daten werden nie berichtigt werden, und Daten, die nicht berichtigt werden, kann man in Wirklichkeit auch nicht verwenden. Es ist für mich einfach eine überflüssige Erfassung von Daten, mit denen man dann nichts anfangen kann.

Zur Änderung des Passgesetzes: Da geht es um etwas Neues, nämlich um die Spei­cherung eines Bildes des Passinhabers als primäres biometrisches Merkmal.

Laut Ausschussbericht ist das Ziel der Gesetzesnovelle die Anpassung der österreichi­schen Rechtslage an die neuen europarechtlichen und internationalen Erfordernisse, insbesondere zur Sicherung einer effizienten Terrorbekämpfung und zur Unterstützung im Kampf gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, wobei der Fäl­schungssicherheit von Reisepässen wesentliche Bedeutung zukommt.


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Wenn man jetzt über die Fälschungssicherheit von Reisepässen spricht, dann bin ich der Meinung, dass unsere Reisepässe bis jetzt auch schon fälschungssicher waren – beweise mir wer das Gegenteil –, und ich bezweifle sehr stark, dass auf Grund dieses Bildes die Pässe jetzt fälschungssicherer sind.

Ganz sicher wird durch diese Änderung aber Folgendes passieren: Wir werden bei Ausstellung eines Reisepasses in Zukunft nicht mehr eine Viertelstunde auf der BH sit­zen, sondern es wird wahrscheinlich fünf oder mehr Tage dauern, bis wir zu einem Pass kommen.

Einen positiven Punkt habe ich bei dieser Gesetzesänderung natürlich auch gefunden, nämlich dass die Gebühren für die BürgerInnen nicht erhöht werden. (Bundesrat Gru­ber: Wer suchet, der findet!) Es werden aber sicherlich Mehrkosten entstehen. Da möchte ich schon auch auf die Stellungnahme des Gemeindebundes verweisen, der sich dann fragt: Wo fallen diese Mehrkosten an? Wer wird diese Mehrkosten tragen?

Es ist ja auch so, dass Gemeinden zum Teil auch die Aufgaben der Pass ausstellen­den Behörde übernehmen und da auch die berechtigte Angst besteht, dass bei den Gemeinden zusätzliche Kosten entstehen könnten, die nicht abgegolten werden.

Ein weiterer positiver Punkt – ich habe lang gesucht, aber immerhin etwas gefunden – ist, dass es künftig auch Kinderpässe geben wird – Kinderpässe gibt es jetzt schon, aber sie sind relativ teuer, weil sie eben nicht so lange gültig sind – und dafür eine ge­ringere Gebühr anfallen wird.

Es gibt aber auch ein paar Punkte, die meiner Meinung nach sehr zu kritisieren sind. Ich verweise nur auf die Stellungnahme des Datenschutzrates. Der Datenschutzrat gibt Folgendes zu bedenken:

„Als Konsequenz der neuen Technik (Chip), die nur in Verbindung mit einem Pass­lesegerät verwendet werden kann, sind begleitende Änderungen im Grenzkontrollge­setz (...) erforderlich. Diese Regelungen müssen sicherstellen, dass es nur an der Grenze zur maschinellen Auslesung von Pässen kommt, die Transparenz des Kontroll­vorgangs für den Betroffenen gewährleistet ist und keine Datenspeicherungen zulässig sind, die eine Erstellung von Bewegungsprofilen der Staatsbürger zulassen.“

Diese Kritik oder diese Vorschläge des Datenschutzrates sind offenbar unbeachtet ge­blieben, obwohl er einiges zu bedenken gegeben hat. Jedenfalls liegt momentan keine Änderung des Grenzkontrollgesetzes vor. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) – Zu beachten, ja, unter diesen Voraussetzungen! Er hat unter der Voraussetzung zuge­stimmt, dass das beachtet wird, was allerdings nicht der Fall war.

Weiters gibt der Datenschutzrat Folgendes zu bedenken: „Eine Regelung der Speiche­rung von Fingerabdrücken im Reisepass ist aufgrund der genannten gemeinschafts­rechtlichen Vorgaben in den nächsten Jahren“ – voraussichtlich 2008 – „zu erwarten. In diesem Zusammenhang wird u.a. dafür Sorge zu tragen sein, dass es zu keiner zentralen Speicherung der Fingerabdrücke außerhalb des Chips kommt und dass ein Zugriff darauf (anders als beim Lichtbild) nur als ultima ratio in Betracht kommt.“

Ich sehe bis jetzt keine Beachtung dieser Vorschläge.

Ein weiterer Punkt, der laut Datenschutzrat zu beachten ist, ist Folgender: „Es ist si­cherzustellen, dass die gespeicherten biometrischen Daten nur für hoheitliche Zwecke verwendet werden und auch ein zukünftiger Datenabgleich ausgeschlossen ist.“

Auch dieser Punkt ist nicht wirklich berücksichtigt worden. Und gerade die Begründung des Gesetzes, dass dieses Gesetz jetzt dringend notwendig ist wegen des internatio­nalen Terrors und Sonstigem, lässt mich, ehrlich gesagt, nicht darauf schließen, dass es künftig nur für hoheitliche Zwecke verwendet werden soll.


Bundesrat
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In der ergänzenden Stellungnahme des Datenschutzrates steht dann auch noch – und das ist für mich besonders wichtig –: Das von BMI und Staatsdruckerei vorgestellte Si­cherheitskonzept wird für tauglich erachtet. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass dieses Sicherheitskonzept durch das BMI laufend zu überprüfen ist.

Auch dazu finde ich keinen Hinweis im Gesetz, und ich denke, es ist ganz besonders wichtig, dass ich laufend meine Standards anpasse, gerade was die Datensicherheit betrifft. Es muss letztendlich schon immer wieder abgewogen werden: Wo liegt mein Ziel? Was möchte ich? Wie viel Sicherheit möchte ich? Wie viel Sicherheitsbedürfnis haben die Menschen? Und wo kommt es dann zur Beschneidung der persönlichen Freiheit? – Diese Abwägung von Zielen ist für mich Datenschutz, diese findet aber meiner Meinung nach nicht wirklich statt.

Derzeit ist es so, dass der technische Fortschritt in allen möglichen Bereichen immer wieder berücksichtigt wird, Gesetze immer wieder angepasst werden, sei es das Pass­gesetz, das Meldegesetz, Asylgesetz, Sicherheitspolizeigesetz. Es gibt immer wieder neue Punkte, wo man sagt, das sind Kleinigkeiten, darüber kann man reden. Aber ins­gesamt geht es immer wieder in Richtung mehr Überwachung, mehr Daten, die ge­sammelt werden. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Auf der anderen Seite ist es beim Datenschutzgesetz aber so, dass dieser technische Fortschritt eben nicht laufend berücksichtigt wird. Genau das fehlt uns. Deshalb wer­den wir diesem Gesetz nicht zustimmen und auch dem Meldegesetz nicht. (Beifall bei den Grünen.)

13.11


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Ebner.

 


13.11.07

Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Meine Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Da ich als Bürgermeisterin über die Anliegen unserer Bürgerinnen und Bürger doch sehr gut Bescheid weiß, muss ich sagen, es sind bei jeder Änderung eines Gesetzes, in diesem Falle des Melde-, Gebühren- und Passgesetzes, eine gewisse Unsicherheit und ein In­formationsmangel in der Bevölkerung vorhanden, und es bedarf Aufklärungsarbeit an der Basis. Es sind jedoch jede Vereinfachung und Verbesserung grundsätzlich zu be­grüßen.

Bei der Novellierung des Passgesetzes handelt es sich um die Umsetzung einer EU-Verordnung. Diese wurde schon im Jahr 2004 beschlossen, und wir müssen dem Ver­trag nun auch nachkommen.

Was ist aber neu? – Die Daten werden in Zukunft auf Chipkartenformat gespeichert, und das Passbild muss digitalisiert eingetragen werden. Ein Foto mit Seitenansicht der Person ist in Zukunft nicht mehr erlaubt.

Vielleicht darf ich noch einmal kurz die Daten, die im Pass gespeichert werden, an­führen. Es sind dies der Name des Passinhabers, das Geschlecht, der akademische Grad, das Geburtsdatum, der Geburtsort, die Staatsbürgerschaft, das Foto, die Größe, falls vorhanden besondere Kennzeichen sowie die Unterschrift des Dokumentinha­bers – sicherlich alles Daten, die bereits im alten Pass abgespeichert waren. Die Daten sind jedoch in Zukunft doppelt lesbar. Das bedeutet, dass der Pass sicherer ist und Verfälschungen erschwert werden. Es kann gegen die organisierte internationale Krimi­nalität besser vorgegangen werden.

Diese Hochsicherheitspässe können in Zukunft nur noch von der Österreichischen Staatsdruckerei produziert werden.


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Weiters scheint mir auch wichtig zu sein, dass die neuen Pässe nicht gegen den Da­tenschutz verstoßen und es vom Datenschutzrat keinen Einwand mehr gibt.

Meine Damen und Herren! Von Bedeutung ist sicherlich auch, dass vorerst die Kosten für die neuen Pässe mit 69 € gleich bleiben werden. Weiters behalten die alten Pässe bis zum Ablaufdatum ihre Gültigkeit.

Als Letztes sei erwähnt, dass, sollte man auf die Ausstellung eines Passes vergessen haben, Notpässe für Erwachsene und auch für Kinder ausgestellt werden können. Die Antragstellung bei den Gemeindeämtern, eine Erleichterung für die Bürgerinnen und Bürger, da sie sich den Weg zur nächsten Bezirkshauptmannschaft oder Sicherheits­polizeidirektion ersparen, bleibt ebenfalls aufrecht.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Man darf mit Recht behaupten, es ist dies ein Gesetz, das bürgerfreundlicher geworden ist.

Zum Meldegesetz sei gesagt, dass sich außer einer Änderung am Meldezettel keine Veränderung ergibt. Der Meldezettel wird um die Angabe des Familienstandes erwei­tert.

Wir stimmen daher diesen Gesetzesvorlagen zu. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)

13.14


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mayer. Ich erteile ihm das Wort.

 


13.14.58

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der vorliegenden Passgesetznovelle erfolgt die rechtzei­tige Umsetzung einer Vorgabe der EU. Das ist, wie ich meine, auch ein entscheidender Punkt, Frau Kollegin Kerschbaum! Es geht um verstärkte Sicherheitsmerkmale zur Er­höhung der Fälschungssicherheit, wie Sie selbst schon festgestellt haben. Diese Ver­ordnung über Normen für Sicherheitsmerkmale, biometrische Daten und einheitliche Sicherheitsstandards für Pässe und Reisedokumente stammt bereits aus Dezem­ber 2004. Und es ist höchste Zeit, diese EU-Richtlinie umzusetzen, bevor wir unter Umständen gemahnt werden.

Und wie Sie festgestellt haben, liebe Kollegin Kerschbaum, leisten wir damit einen Bei­trag zur Terrorbekämpfung und zur Unterstützung des Kampfes gegen grenzüber­schreitende Kriminalität. Ich werde Ihnen das noch deutlich erklären.

Wie Sie weiters festgestellt haben, ist der österreichische Pass fälschungssicher, der neue ist ebenfalls fälschungssicher. Aber er ist wesentlich sicherer, weil ein wesent­liches Merkmal dazukommt. Es ist nicht so, wie Sie es gesagt haben, das ist falsch, sondern da müsste ich Ihnen sagen, das, was Sie gesagt haben, ist eher falsch.

Es geht also um dieses biometrische Merkmal, das Passbild im Reisepass, welches ihn fälschungssicher macht, das Passfoto, logischerweise als Foto für sich selbst, dann mit einem Laser eingebrannt, und zusätzlich wird das Foto auch noch digital erkenn­bar, wenn man es gegen das Licht hält. Sie werden es dann vielleicht selber einmal ausprobieren können, dann werden Sie vielleicht der ganzen Geschichte etwas mehr Glauben schenken.

Die Daten, die auf dem Chip gespeichert sind, sind ebenfalls bekannt. Kollegin Ebner hat das erklärt. Es gibt also keine zusätzlichen gefährlichen Datenspeicherungen, wie Sie das hier erklärt haben. Aber es ist einfach doppelt lesbar und deshalb ein zusätz­liches Argument für Fälschungssicherheit.


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Die EU würde gerne sogar noch einen Schritt weiter gehen. Mir persönlich wäre es auch recht, wenn man dazu übergegangen wäre, ein zweites biometrisches Merkmal, nämlich den Fingerabdruck, in den Reisepass aufzunehmen. Das steht uns dann auch noch bevor. Und wenn Sie einmal in die USA einreisen – vielleicht haben Sie die Mög­lichkeit –, dann werden Sie, ohne dass Sie Ihre Fingerabdrücke abgeben, keine Mög­lichkeit haben, in dieses Land einzureisen.

Dies steht aber heute nicht zur Debatte, auch nicht der Aufbau einer europaweiten oder darüber hinaus reichenden Datenbank mit biometrischen Daten, so wie Sie das hier in den Raum gestellt haben, weil es dafür keine gesetzlichen Regelungen gibt. Die gesetzliche Regelung, über die wir heute zu befinden haben, gibt diese Möglichkeit schon gar nicht her, wie uns die Experten im Innenausschuss versichert haben. Da können Sie Ihren Kollegen Schennach gerne fragen, weil wir darüber diskutiert haben. Dieses Gesetz gibt diese Möglichkeit einfach nicht her.

Auch die Argumentation im Hinblick auf Datenschutz ist nicht nachvollziehbar, weil das Innenministerium mit dem Datenschutzrat eine einvernehmliche Lösung gefunden hat, der somit keine Einwendungen gegen diese Novelle erhoben hat.

Ein wichtiger Punkt ist auch, dass die Produktion dieser Reisepässe von der Staatsdru­ckerei vorgenommen wird und die Vorgabe besteht, nach fünf Tagen in den Besitz eines derartigen Reisepasses zu kommen. Darüber hinaus hat auch Kollegin Ebner er­klärt, dass es Expresspässe und Notpässe gibt, wo man einfach sagt, in Notsituationen wird noch rascher reagiert werden.

Die wesentliche Änderung, was die Reisepässe für Kinder anbelangt – das haben Sie übrigens positiv erwähnt, gratuliere, Sie finden doch auch noch etwas Positives an die­sem Gesetz –, ist, dass man jetzt auch für Kinder unter zwölf Jahren – früher war das erst ab zwölf Jahren möglich – ein eigenes Reisedokument bekommen kann. Das er­höht auch wesentlich die Sicherheit für unsere Kinder.

Das neue Passgesetz – und das ist ein ganz wesentlicher Punkt, den ich hier betonen möchte – ist ein weiterer Baustein, um Österreich moderner und sicherer zu machen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.19


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile ihm das Wort.

 


13.19.25

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren des Bun­desrates! EU-Vorschriften zufolge muss es auf dem Reisepass eine zusätzliche Spei­chermöglichkeit für besondere Sicherheitsmerkmale geben.

Der Antrag auf Ausstellung von Reisepässen soll wie bisher bei den Bezirkshaupt­mannschaften und bei den Gemeindeämtern erfolgen. Notpässe werden sofort ausge­stellt. Die Gültigkeit beträgt nach wie vor sechs Monate. Die nachträgliche Eintragung von Kindern bleibt weiterhin möglich, so wie es mein Vorredner gesagt hat.

Warum ist eine gesetzliche Änderung notwendig? – Derzeit können Pässe von krimi­nellen Experten leicht nachgemacht werden, die neuen Pässe sind relativ fälschungs­sicher. Es geht um Anpassungen für einen einheitlichen Reisepass Europas. Neue Pässe sollen den Menschenhandel und die Schlepperei verhindern helfen. Für die Zu­kunft ist es notwendig, eine internationale Norm für biometrische Merkmale und Fin­gerabdrücke zu erstellen. Dies soll die Zielsetzung sein und ist auch für die nächsten Jahren vorgesehen.


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Zur Vorbeugung des Missbrauchs von Behörden und diplomatischen Vertretungen ist es notwendig, dass diese von den zuständigen Ministerien besser überwacht werden.

Der Reisepass ist für jede Person ein besonderes Dokument, daher haben die Daten und die Datensicherheit auch eine besondere Bedeutung. Ich werde dem Gesetz die Zustimmung geben.

Zu Punkt 4, Änderung des Meldegesetzes: Die Änderung des Meldegesetzes ist ein sehr lang gehegter Wunsch der Gemeindevertreter, vor allem der Bürgermeister. Der Gemeindebund, der Österreichische Städtebund haben diese Forderung schon lange gestellt. Daher ist es sehr erfreulich, Frau Bundesministerin, dass diese Novellierung durchgezogen wurde.

Im Jahre 1991 wurde die letzte Novellierung des Meldegesetzes vorgenommen. Da eine Wohnsitzänderung immer häufiger vorgenommen wird und vor allem die Beweg­lichkeit der Bürger in Richtung Ballungsräume immer mehr zunimmt, ist es notwendig, dass die bisherigen Meldezettel nur mit einer Rubrik erweitert werden, nämlich mit der­jenigen bezüglich des Familienstandes. Gerade dem Familienstand wird von allen poli­tischen Verantwortlichen immer mehr Bedeutung in einer Gemeinde zugemessen. Daher ist die Erhebung des Familienstandes auf dem neuen Meldezettel sehr zu be­grüßen. Mit diesem Zusatz im Melderegister kann eine Gemeinde besser auf die Be­dürfnisse der Gemeindebürger eingehen und so auch verantwortliche Maßnahmen ein­leiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)

13.23


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 


13.23.05

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute über das Pass­gesetz und das Meldegesetz. Beim Meldegesetz wurde seitens Frau Kollegin Kersch­baumer (Bundesrat Gruber: Kerschbaum!) beanstandet, dass nun der Familienstand erhoben wird. Bitte, ich meine, wenn das für die Grünen ein Problem ist – offensichtlich ändert sich bei Ihnen der Familienstand so oft, dass man das nicht mehr erfassen kann, weil es so schnell geht. (He-Rufe und weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bun­desrat Reisenberger: Stillos!)

Das Zweite ist also das Passgesetz. Nun, Frau Kollegin Kerschbaumer (Bundesrat Gruber: Kerschbaum!), ich kann mich erinnern, dass der Bundesrat einmal die Gele­genheit hatte, das Bundeskriminalamt zu besuchen. Hätte zum Beispiel jemand von Ihrer Partei auch daran beziehungsweise auch am Besuch des Bundesamtes für Ver­fassungsschutz und Terrorismusbekämpfung teilgenommen, dann hätten Sie erkennen können, dass der jetzige Pass nicht absolut fälschungssicher ist, wie Sie das behaup­ten. Da hätten Sie gesehen, mit welcher Akribie Pässe gefälscht werden.

Außerdem darf ich an eine Veranstaltung erinnern, zu der seitens der Frau Bundesmi­nisterin, des Vorsitzenden des Innenausschusses des Nationalrates und auch von mir eingeladen wurde, wo auf sachlicher Ebene einerseits dargestellt wurde, dass der Pass nicht fälschungssicher ist, andererseits aber auch, welche neuen Möglichkeiten mit dem neuen Pass gegeben sind, um den Fälscherwerkstätten zumindest für eine gewisse Zeit das Handwerk zu legen.

Zur Stellungnahme des Datenschutzrates: Der Datenschutzrat muss natürlich im Inter­esse dieser Einrichtung eine derartige Stellungnahme abgeben. Die Frau Bundesminis­terin für Inneres hat allerdings die Aufgabe, eine Interessenabwägung zu treffen, die natürlich auch in Richtung des Schutzes der österreichischen und der europäischen


Bundesrat
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Bevölkerung gehen muss. Daraus folgend hat man diese Änderung des Passgesetzes beschlossen.

Es ist schon so, dass es in der heutigen Zeit bedauerlicherweise Kriminelle und Terro­risten gibt, die sehr oft mit gefälschten Ausweisen, Dokumenten, Pässen und so weiter, unterwegs sind.

Weiters gibt es bedauerlicherweise auch Staaten, die zwar theoretisch ein Territorium haben, die theoretisch Staatsgewalt ausüben und die auch ein Staatsvolk haben, aber nicht in der Lage sind, als Staaten zu fungieren. Man spricht heute – auf Englisch, wie so oft – von „failed states“, manche gebrauchen dafür sogar noch einen anderen Aus­druck, den ich heute aber nicht erwähnen möchte. Damit sind Staaten gemeint, in denen es zwar eine Regierung, etwa in der Hauptstadt, gibt, die aber nicht in der Lage ist, das gesamte Territorium entsprechend zu überwachen.

Ein derartiger Staat war Afghanistan, wo jetzt versucht wird, die Staatsgewalt auf wei­tere Gebiete auszudehnen. Ein erfreuliches Beispiel in der Welt, wo früher auch sehr vieles geschehen ist, ist Indonesien, wo jetzt auf Grund des neuen Präsidenten und des Abkommens betreffend Aceh das Territorium entsprechend ausgedehnt werden kann. Wenn ich aber zum Beispiel an den Tschad, an Sudan oder an die Côte d’Ivoire in Afrika erinnere, dann muss ich sagen: Das sind Gebiete, wo es nur sehr sporadi­schen Einsatz der Staatsgewalt, aber sehr viel Kriminalität und sehr viele Fälscher gibt.

In diesem Sinne ist es daher unbedingt notwendig, dass der so genannten kriminellen Intelligenz immer wieder Schranken gesetzt werden. Daher sind Gesetze immer wieder anzupassen, Frau Kollegin Kerschbaum. Wenn ich Ihrem Standpunkt zustimmte, dass wir die Gesetze so, wie sie sind, belassen sollten (Bundesrätin Kerschbaum: Ich sage, das Datenschutzgesetz auch anpassen!), dann würde ich zustimmen, dass wir Krimi­nellen und Terroristen Tür und Tor öffnen, weil es diesen dann ganz besonders leicht gemacht werden würde.

Eines kann ich Ihnen heute schon versichern: Wir werden diese Gesetze wahrschein­lich in zwei, drei Jahren abermals ändern müssen, weil der Gesetzgeber immer nur reagieren kann. Agieren tun leider die Kriminellen und die Terroristen. In dem Sinne unterstützt meine Fraktion selbstverständlich die beiden Gesetzentwürfe. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl und Mitterer.)

13.28


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Rei­senberger. Ich erteile ihm das Wort.

 


13.28.29

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich nur ganz kurz ein paar Worte anfü­gen! Ich denke, wir sollten uns bei einer so wichtigen Sache wie der Sicherheit unseres Landes nicht von – ich sage einmal – ein paar schönen Formulierungen treiben lassen. Ich denke, es ist in diesem Haus schon gar nicht üblich und wert, dass man ganze Gruppen mit – na ja, ich sage einmal – sehr weit hergeholten Überlegungen diskrimi­niert, nämlich indem man sagt: Die Grünen sind diejenigen, die dauernd Partner wech­seln, und deswegen sind sie dagegen. Kollege Kühnel, es passt zu Ihnen, aber es ist wirklich unterstes Niveau. Anders kann ich es nicht bezeichnen: unterstes Niveau! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wenn wir von fälschungssicher sprechen – die Frau Ministerin wird mir da, so denke ich, Recht geben –, muss uns auch klar sein, dass es überall in der Welt und bei jedem Produkt, das versucht wird fälschungssicher zu machen, das Problem gibt, dass es am


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nächsten Tag schon wieder sein kann, dass es nicht mehr hundertprozentig fäl­schungssicher ist.

Daher können und müssen wir – und ich unterstelle der Frau Ministerin auch, dass sie das versucht hat – genau das Gegenteil von dem machen, was Sie, Herr Kollege Kühnel, gesagt haben: Wir müssen versuchen zu agieren, vorauszudenken. Das kann nicht immer funktionieren, es wird auch andere geben, die uns diesbezüglich vielleicht voraus sind. Sich aber nur aufs Reagieren zu verlassen wäre zu wenig! Und das ist auch der Grund, Frau Ministerin, warum wir – wie Sie ja wissen – diesem Antrag zu­stimmen werden. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.30


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


13.30.16

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich danke Herrn Kollegem Reisenberger. Ich habe nach den Wortmeldun­gen doch noch einige Punkte hinzuzufügen.

Erstens: Bezüglich der Rede des Herrn Kollegen Mayer ist mir aufgefallen, dass es offensichtlich doch so ist, dass der Empfänger den Inhalt der Nachricht bestimmt. Ich habe ganz sicher nicht gesagt, dass wir einen neuen Reisepass wegen des interna­tionalen Terrorismus benötigen. Da muss sich Kollege Mayer irgendwie verhört haben. Meiner Meinung nach ist es so, dass dieser Fälschungssicherheitszuwachs, sofern es ihn überhaupt gibt, ganz sicher nichts mit dem internationalen Terrorismus zu tun ha­ben kann, denn im Gesetzentwurf steht: Es ist sicherzustellen, dass die gespeicherten biometrischen Daten nur für hoheitliche Zwecke verwendet werden.

Wenn eine Videoaufnahme von einem internationalen Terroristen gemacht wurde, dann darf man nicht vergleichen, ob dieser irgendwo nach Österreich eingereist ist. Das darf man derzeit laut Gesetz gar nicht.

Der zweite Punkt: Wer weiß, wann diese europaweite Datenbank, die es noch nicht gibt, kommt? Ich würde nicht ausschließen, dass man irgendwann einmal auf die Idee kommt, diese Daten zu verwenden, wenn man sie schon alle gespeichert hat! (Bundes­rat Mayer: Aber dann brauchen sie eine Gesetzesänderung!) – Das wird ein eigenes Gesetz brauchen.

Die Sache, die ich angesprochen habe und die Sie irgendwie falsch verstanden haben, ist nicht, dass ich sage, ich lehne jegliche Änderung ab. Ich sage, wenn ich diesen Bereich – also die Fälschungssicherheit oder die Terrorismusbekämpfung oder welche Begründung man auch immer nimmt – als Grund angebe, um den neuesten Stand der Technik einzusetzen, dann möchte ich diesen neuesten Stand der Technik auch im Datenschutzgesetz verankert haben. Darum geht es mir. (Bundesrat Mayer: Die Terro­risten ..., wenn dieses biometrische Merkmal drin ist! Genau das geht dann nicht!)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist die Frau Kol­legin Kerschbaum!

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (fortsetzend): Weiters: Es gibt diese Express­pässe, das stimmt, aber diese sind auch wieder extra zu bezahlen. Bis jetzt war es ein­fach: Man ist auf die Bezirkshauptmannschaft gegangen und innerhalb einer Viertel­stunde – zumindest war es bei uns so – erhielt man seinen Reisepass. Das wird künftig nicht mehr so sein. Insofern ist es für die KonsumentInnen nicht so einfach und nicht so gemütlich.


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Herr Kollege Kampl hat ausgeführt, dass der Familienstand für die Gemeinde so wich­tig wäre. Das kann ich nicht verstehen. (Bundesrat Ing. Kampl: Sie sind auch kein Bür­germeister!) Wenn ich heirate, werde ich ganz sicher nicht daran denken, dass ich ins Meldeamt gehe und meinen Familienstand ändern lasse. Und wenn ich mich scheiden lasse, werde ich die Daten bezüglich meines Familienstandes auch nicht ändern lassen. Wer soll daran denken? – Das macht doch kein Mensch! Es hat bis jetzt auch keiner seine Daten bezüglich des religiösen Bekenntnisses ändern lassen! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Ing. Kampl. – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzei­chen.) Die Änderungen der Daten werden nicht erfasst werden. Das wird keiner berich­tigen, es wird keiner auf die Gemeinde gehen und das berichtigen lassen. Daher wird man dann falsche Daten lagern. Und was macht man mit falschen Daten? – Ich denke, die Erfassung des religiösen Bekenntnisses und des Familienstandes ist unsinnig. (Beifall bei den Grünen.)

13.33


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Konrad. Ich er­teile ihr das Wort. (Zwischenrufe der Bundesrätin Zwazl. – Vizepräsident Weiss gibt das Glockenzeichen.) – Ich bitte, keine Zwischendebatten zu führen!

 


13.33.42

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Herr Präsident! Ich kann es bei einem Satz belassen. Herr Dr. Kühnel, Ihre Äußerung über den Ihrer Meinung nach wohl unmorali­schen Lebenswandel der Grünen als Gesamtorganisation finde ich verzichtenswert – und ich erwarte mir, dass Sie in diesem Rahmen vielleicht ein bisschen einen anderen Umgangston pflegen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

13.34


Vizepräsident Jürgen Weiss: Gibt es hiezu noch weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Danke, nein.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss vom 1. März 2006 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Passgesetz 1992 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Meldegesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist ebenfalls die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

13.35.055. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend einen Vertrag zwi­schen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die polizei­liche Zusammenarbeit und die zweite Ergänzung des Europäischen Übereinkom­mens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (1272 d.B. und 1339 d.B. sowie 7485/BR d.B.)


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6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend einen Vertrag zwi­schen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über den Grenz­übertritt auf touristischen Wegen und über den Grenzübertritt in besonderen Fällen (1194 d.B. und 1338 d.B. sowie 7486/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zu den Punkten 5 und 6 der Tagesord­nung, über welche die Debatte wieder unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu beiden Punkten ist Frau Bundesrätin Fröhlich.

 


13.35.41

Berichterstatterin Christine Fröhlich: Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 be­treffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Re­publik über die polizeiliche Zusammenarbeit und die zweite Ergänzung des Europäi­schen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates vom 14. März 2006 in Verhandlung genommen.

Weiters erstatte ich den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über den Grenzübertritt auf tou­ristischen Wegen und über den Grenzübertritt in besonderen Fällen.

Der Bericht liegt Ihnen ebenso in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und zweitens dem vorliegen­den Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 2. Satz B-VG die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Ich darf zum ersten Bericht noch nachtragen, dass auch in diesem Fall der Ausschuss beschlossen hatte, den Antrag zu stellen, kei­nen Einspruch zu erheben und dem Beschluss gemäß Artikel 50 Abs. 1 2. Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die getrennt erfolgt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit und die zweite Ergän­zung des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 2. Satz B-VG.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.


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Ich lasse nun über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ebenfalls um ein Handzeichen. – Das ist Stim­meneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über den Grenzübertritt auf touristischen Wegen und über den Grenzübertritt in besonderen Fällen.

Auch dieser Beschluss regelt Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder und bedarf daher der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 2. Satz B-VG.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die diesem Antrag zustimmen, um ein Hand­zeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Ich lasse weiters über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss die verfas­sungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte um ein Handzeichen, wer diesem Antrag zustimmt. – Das ist ebenfalls die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

13.39.307. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert wer­den und das Zivildienstgesetz-Übergangsrecht 2006 erlassen wird (1343 d.B. so­wie 7478/BR d.B. und 7487/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Mayer.

 


13.40.00

Berichterstatter Edgar Mayer: Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich bringe Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden und das Zivildienstgesetz-Übergangs­recht 2006 erlassen wird

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor; ich komme deshalb gleich zum Antrag.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke. – Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Wiesenegg. Ich erteile ihm das Wort.

 


13.40.54

Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Jeder kennt meine sehr positive Haltung zum österreichischen Bundesheer. Allen, die dort Dienst tun und ihre Pflicht erfüllen, zolle ich meinen aufrich­tigen Respekt. Gleichzeitig, geschätzte Damen und Herren, gibt mir dieser heutige Ta­gesordnungspunkt auch die Gelegenheit, allen Zivildienern in ihrer Gesamtheit für ihre Arbeit und für ihre Leistungen zu danken. Als Vertreter einer nicht kleinen Trägerorga-


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nisation sehe ich tagtäglich diese Leistungen und kann deren hohen Stellenwert beur­teilen. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Baier.) Die Seniorenzentren, Herr Kollege, darauf komme ich noch zurück, und Sie werden heute besonders bedacht von mir. (Iro­nische Heiterkeit bei der ÖVP.) Es wäre vielleicht doch sinnvoll, wenn Sie mir jetzt ein wenig zuhören würden, Herr Kollege Mayer! (Bundesrat Mayer: Das war der Kollege Baier, ich bin der Mayer!) Der Kollege Baier!

Ich denke, dass die Einrichtung des Zivildienstes von großer Bedeutung ist und die Menschen, die diesen leisten, ihren Dienst mit sehr viel Leben erfüllen. Umso wichtiger ist es, dass wir doch die gerechten finanziellen Voraussetzungen für den Zivildienst schaffen beziehungsweise geschaffen haben. Traurig dabei – ob Sie das gerne hören wollen oder nicht, geschätzte Damen und Herren – ist, dass im gegenständlichen Fall der Verfassungsgerichtshof durch die SPÖ bemüht werden musste und dass ein zu­sätzlicher Entschließungsantrag notwendig war, um 40 000 bis 50 000 Zivildienern zu ihrem Recht zu verhelfen.

Ebenfalls traurig ist, dass auch eine Einigung zwischen der Regierung und den Träger­organisationen, so wie mir das vorliegt, bis zum 17. Februar 2006 ausgeblieben ist. Die Aussagen, geschätzte Damen und Herren, Herr Mag. Baier, in der letzten Bundesrats­sitzung von Frau Ministerin Prokop und auch einigen ÖVP-Kollegen, dass es zu einer einheitlichen, zu einer Konsenslösung zwischen den Trägerorganisationen gekommen ist, waren also falsch.

Daher habe ich auch Ihre Argumentation, sehr geehrter Herr Mag. Baier, einziger ÖVP-Kollege in dieser Causa, nie richtig verstanden; auch weil Ihnen, wie Sie noch genau wissen, die wesentlichen Fakten, nämlich der Finanzierung, in dieser Diskussion ja ohnehin gefehlt haben. Ich denke, dass Sie sie heute haben, und umso mehr wurde meine Vorstellung von der Liebe zwischen Mensch und Tier, geschätzter Herr Magis­ter – Sie erinnern sich an meine Darstellung mit meinem Hund und seinem wedelnden Schwanz –, heute klare Wahrheit. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Heute, geschätzte Damen und Herren, besonders hier von dieser Seite (in Richtung ÖVP), haben wir klare Verhältnisse. In der Kategorie I, Herr Mag. Baier, erfolgte eine Erhöhung von Seiten des Bundes von 500 € auf 580 € für die Trägerorganisationen, somit konnte das Essensgeld um 4,20 € auf 13,20 € ergänzt werden. Trotzdem, das kann ich für die Trägerorganisationen und die öffentliche Hand festhalten – und das ist das Entscheidende für mich –, wird von Seiten der Gemeinden in diesem Zusammen­hang selbstverständlich eine Mehrleistung eingefordert. Das gilt für all jene Träger, die Heime und Seniorenheime zu betreuen haben und wo zusätzlich Zivildiener Dienst tun. Auch bei den Rettungsorganisationen und Blaulichtorganisationen spielt das mit der Kopfquote für jene, die sich in den Kommunen besonders auskennen, eine große Rolle.

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass diese Pflicht der Bund zu übernehmen gehabt hätte, trotzdem bin ich froh, dass es heute eine einheitliche Gesamtlösung gibt, zu der wir – und darauf bin ich stolz – doch auch beigetragen haben.

Um eines, Frau Minister Prokop, würde ich Sie bitten: Auf jeden Fall jene, die jetzt die „Begünstigten“ sind, also die Zivildiener, über den jetzigen Rechtsstand zu informieren, damit diese Kollegen auch zu ihrem Recht kommen.

In diesem Sinne nochmals herzlichen Dank für diese Einigung! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.45


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Baier das Wort. – Bitte.

 



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13.45.52

Bundesrat Mag. Bernhard Baier (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Heute können wir Regelungen beschließen, die wesentlich dazu beitragen, dass es zu Verbesserungen für Zivildiener und auch für die Trägerein­richtungen im Zivildienstbereich kommt. Das freut mich ganz besonders. Nach den Verbesserungen, die bereits im Vorfeld beschlossen wurden – ich spreche jetzt von der Verkürzung der Zivildienstzeit von zwölf auf neun Monate und auch von der Erhöhung der monatlichen Grundentschädigung für Zivildiener von 185 € auf zirka 256 € pro Mo­nat, also von der Erhöhung um zirka 70 € –, kommt es mit dieser heute zu beschlie­ßenden Änderung beim Verpflegungsentgelt zu einem wirklich ausgesprochen guten Ergebnis für junge Menschen in unserem Lande.

Als Vertreter solcher jungen Menschen sehe ich mich. Kollegem Wiesenegg blieb bis heute verborgen, was ich das letzte Mal angesprochen habe, nämlich dass er sich hauptsächlich als Vertreter der Trägerorganisationen sieht – ich bemängle das nicht, das ist seine Rolle in dieser Causa –, ich aber sehe mich als Vertreter derer, die vom Zivildienst unmittelbar betroffen sind, also der jungen Menschen. Das ist der Unter­schied, Herr Kollege Wiesenegg, aber das ist Ihnen bis heute verborgen geblieben! Das macht aber nichts, ich kann es Ihnen gerne noch einmal erklären. (Bundesrat Wie­senegg: Haben Sie den Entschließungsantrag vergessen?)

Auch Ihr Vergleich, Herr Kollege Wiesenegg, mit Ihrem vierbeinigen Freund stört mich nicht; das ist Ihre Sichtweise. Nicht alles, was hinkt, ist sozusagen auch schon ein Ver­gleich. Aber Sie haben offensichtlich einen besonders intelligenten Hund. (Bundesrat Gruber: Der hinkt aber nicht!) Das ist ja möglich. „Wie der Herr, so’s Gscher!“, heißt es manchmal (Bundesrat Stadler: Ja, das hast du richtig gesagt!); in diesem Fall hoffe ich, dass es umgekehrt ist. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Zur Sache, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wie schon erwähnt, haben wir heute den letzten Punkt, den Schlussstrich unter eine lange Diskussion zu ziehen. Ich danke Frau Bundesministerin Prokop dafür, dass sie für die drei sehr wesentlichen Punkte, nämlich für die Verkürzung des Zivildienstes, für die Erhöhung der monatlichen Grundentschä­digung und für die Lösung der Frage des Verpflegungsentgeltes, ein so gutes Paket schnüren konnte, dem man ruhigen Gewissens zustimmen kann. Ich freue mich – das sage ich anerkennend –, dass die SPÖ von ihrer Position in der letzten Sitzung, von dem Antrag, den sie noch eingebracht hat, abgegangen ist und jetzt doch auch dieser Lösung zustimmen wird. – Ich glaube, dass Sie einen richtigen Schritt getan haben, indem Sie Ihre Meinung ein wenig geändert haben und auf diese gute Lösung zuge­gangen sind!

Ich kann es mir aber nicht verkneifen und es Ihnen auch nicht ersparen, auf besagte Klage ein wenig einzugehen; Sie sagen, die SPÖ hätte diese Klage beim Verfassungs­gerichtshof angestrebt. (Bundesrat Gruber: So ist es!) Ja, wunderbar. Ich schildere Ihnen ja nur meinen Eindruck, den ich habe. (Bundesrat Stadler: Dem ist nichts hinzu­zufügen!)

Sie kennen den Sachverhalt: Zwei Studierende der Johannes Kepler Universität ha­ben, von der Österreichischen Hochschülerschaft unterstützt, geklagt, weil das Verpfle­gungsentgelt, das in dieser Trägerorganisation ausbezahlt worden ist, zu wenig und nicht angemessen sei. – Jetzt sagen Sie, das war die SPÖ. Okay, gut, ich weiß es nicht, ich kann nicht erheben, ob die beiden Studierenden SPÖ-Mitglieder sind. Wie auch immer! Interessant ist nur, dass die SPÖ sich offensichtlich selbst geklagt hat.

Warum sage ich das? – Weil Sie hier ein wenig den Eindruck zu erwecken versuchen, als ob Sie schon immer gewusst hätten, dass – und so weiter. Jetzt habe ich recher­chiert bei der „Volkshilfe“. Sie kennen die „Volkshilfe“. Die „Volkshilfe“ ist neben ande-


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ren eine wichtige Sozialeinrichtung in Österreich. Sie steht der SPÖ nahe, würde ich einmal sagen. (Bundesrat Wiesenegg: Also das ist so nicht ...!) Nicht? Kann man das nicht so sagen? Also Herr Nationalrat Gaßner aus Oberösterreich beispielsweise – wo sind die oberösterreichischen Kollegen? (Bundesrat Stadler: Sollen wir aufstehen?) –, wir kennen ihn alle, den Herrn Bürgermeister von Schwertberg, ist im Präsidium, eben­so auch andere. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Stadler.) Der ARBÖ wäre auch ein Thema, auf das wir jetzt eingehen könnten. (Bundesrat Gruber: Den „Kon­sum“ hast du vergessen!) Aber gut.

Die „Volkshilfe“ ist einmal nicht insolvenzgefährdet, sondern die „Volkshilfe“ hat ... (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Warten Sie! Sie werden es noch erwarten, ich komme schon auf den Punkt!

Die „Volkshilfe“ hat 6,54 € Verpflegungsentgelt bezahlt. Haben Sie das gewusst? Hof­fentlich haben Sie das gewusst, denn wenn die SPÖ wegen des zu geringen Verpfle­gungsentgeltes Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof geführt hat, dann hat sie sich sozusagen gleich selbst geklagt. (Bundesrat Wiesenegg: Wieso?) Wäre es nicht besser gewesen, wenn die „Volkshilfe“ gleich ein höheres Verpflegungsentgelt gezahlt hätte? (Bundesrat Reisenberger: Und alle anderen zahlen die 6 € weiter!) Dann hätten Sie sich auch nicht selbst klagen müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich will damit nur eines verdeutlichen. (Rufe bei der SPÖ: Das hinkt jetzt aber!) – Was an diesem Vergleich schlecht sein soll, das müssen Sie mir erst erklären. Sie sind auf­gefordert, das zu tun! Ich habe Ihnen nur gesagt, dass Sie sich selbst geklagt haben. Es tut mir Leid, das ist eine schmerzliche Erfahrung. Sie haben sozusagen die Klage gegen sich gewonnen und können jetzt ruhigen Gewissens auf 10,20 € – das habe ich auch recherchiert – erhöhen. Das heißt, die „Volkshilfe“ erhöht jetzt auf 10,20 €; eben­so das Rote Kreuz.

Was ich damit sagen will, ist, wie wir das schon so oft erlebt haben: Die SPÖ sagt an einem Tag das, am anderen Tag das. Zick – zack, zick – zack, einmal so, einmal so! Sie haben keine Linie, Ihre Linie ist mehr ein Slalomkurs! (Bundesrat Kraml: Das hat Ihnen Klubobmann Molterer gesagt, dass Sie das sagen sollen!) Dennoch freue ich mich heute außerordentlich, dass Sie Ihre Meinung seit der letzten Sitzung geändert haben. Wir haben sehr intensiv und kontroversiell diskutiert. Dass es Ihnen nun auch gelungen ist, diese gute Lösung im Interesse der Zivildiener zu erkennen, dafür bedan­ke ich mich, denn damit können wir wirklich einen Schlussstrich unter eine ausgespro­chen gute Reform ziehen, und Sie müssen sich auch nicht mehr selbst klagen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

13.54


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 


13.54.07

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es war jetzt fast schon erhei­ternd, dabei zuzuhören, wie sich SPÖ und ÖVP hier gegenseitig zu beweisen versucht haben, dass eigentlich jeweils die andere Partei schuld ist. – Ich würde sagen, diesen zweifelhaften Ruhm können Sie sich teilen, meine Damen und Herren, denn in der Vergangenheit haben sowohl SPÖ als auch ÖVP immer wieder Beschlüsse gefasst, die bei weitem nicht die jetzt zur Beschlussfassung vorliegenden 13,60 € an Verpfle­gungsentgelt als Grundlage hatten, sondern ganz andere Summen. (Beifall der Bun­desrätin Dr. Lichtenecker.)


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Ich finde es ja sehr schön, dass sich jetzt alle darüber freuen, dass wir heute 13,60 € an Verpflegungsentgelt beschließen, aber in der Vergangenheit haben Sie, und zwar beide Parteien, SPÖ und ÖVP, immer anderes beschlossen, waren offenbar der Mei­nung, dass anderes auch ausreicht.

Es gibt zahlreiche Sprichwörter, die mir in diesem Zusammenhang einfallen würden, so zum Beispiel „Vorfreude ist die schönste Freude“. Sie, Herr Kollege Baier, müssen die­se Vorfreude in den letzten sechs Jahren bis ins Unendliche genossen haben. (Bun­desrat Mag. Baier: Da war ich noch nicht da!) Sechs Jahre lang hat es gedauert, bis jetzt endlich der Beschluss über 13,60 € hier gefasst werden kann, sechs Jahre, in de­nen junge Menschen darum kämpfen mussten, dass sie das Geld, das ihnen zusteht – von dem auch der Verfassungsgerichtshof sagt, dass es ihnen zusteht –, endlich aus­bezahlt bekommen! Sechs Jahre – das ist, finde ich, relativ dramatisch.

Österreich ist einer der reichsten Staaten der Welt, doch lange Zeit war es offensicht­lich grundlegende Meinung, dass 5 oder 6 € pro Tag durchaus reichen, um sich zu er­nähren. Ich habe beim letzten Mal zu diesem Thema gesagt, es sage einem der Haus­verstand, dass das nicht reicht, habe mich aber auf Grund der Ergebnisse meiner Re­cherche zu diesem Thema eines Besseren belehren lassen müssen. Auch wenn einem der Hausverstand etwas sagt, heißt das nicht, dass es nicht doch wissenschaftliche Studien gibt, die das Gegenteil belegen.

Ich weiß nicht, ob Sie den Grazer Universitätsprofessor Dr. Werner Pfannhauser ken­nen; er ist Professor für Lebensmittelchemie. Die Zivildienst-Agentur hat im Mai 2004 ein Gutachten bei Professor Pfannhauser in Auftrag gegeben, in dem er berechnen sollte, ob es vom ernährungsphysiologischen Standpunkt aus möglich wäre, mit 5 oder 6 €, die damals an Verpflegungsentgelt bezahlt wurden, auch tatsächlich nicht zu ver­hungern.

Professor Pfannhauser hat gemeinsam mit einer Ernährungswissenschafterin und einer Diätassistentin ein 90-seitiges Gutachten verfasst, das tatsächlich zu dem Schluss gekommen ist, dass, wenn man sehr viel Zeit investiert, um Preise zu verglei­chen, und in Supermärkten immer das Billigste kauft, immer die Großpackung kauft und jedes Angebot ausnützt, das irgendwie geht, es tatsächlich möglich ist, sich bei ge­ringer körperlicher Belastung um 4,88 € zu ernähren, bei schwerer körperlicher Arbeit um 6,06 €. Er setzt allerdings auch hinzu, dass man immer das preisgünstigste Ange­bot finden muss, dass bei der Zubereitung der Lebensmittel auch kein „Verlust“ auftre­ten darf, also gewisse küchentechnische Fertigkeiten wirklich Voraussetzung sind, um mit so wenig Geld auszukommen, dass der Zeitaufwand natürlich beträchtlich ist, dass entsprechende Vorratshaltung und so weiter berücksichtigt werden muss.

Das heißt, man hätte auch in der Vergangenheit den Weg wählen können – sage ich jetzt leicht ironisch, damit mich niemand falsch versteht –, den Zivildienern einen Er­nährungswissenschafter zur Seite zu stellen, der mit ihnen Einkaufen geht und ihnen erklärt, dass sie durchaus mit 4 bis 6 € auskommen. Das wäre aber eventuell teurer gekommen, als dem durchaus berechtigten Anspruch auf 13,60 € zu entsprechen. Das ist ein Betrag, der sich aus dem Heeresgebührengesetz ableitet, also eine Gleichbe­handlung darstellt – um das einmal klarzustellen!

Anstatt aber wahrscheinlich gutes Geld in durchaus interessante Studien zu investie­ren – da sind auch Menüpläne dabei; vielleicht wollen Sie sich das Gutachten ja durch­lesen, es ist eine sehr interessante Lektüre –, wäre es meiner Meinung nach sinnvoller gewesen, die Vorfreude auf diese jetzt vorliegende gute Regelung nicht sechs Jahre lang auszukosten, sondern sich schon ein bisschen früher überreden zu lassen, den Beschluss über diese 13,60 € Verpflegungsentgelt – die die Grünen schon lange gefor-


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dert haben und auch der Verfassungsgerichtshof als Grundlage festgesetzt hat – zu fassen.

Es ist mir nicht nachvollziehbar, warum es sechs Jahre lang dauert, etwas einzusehen, das einem der Hausverstand sagt, und warum es sechs Jahre lang dauert, etwas zu beschließen, worüber sich dann ohnehin alle freuen. Ich glaube, Sie hätten sich durch­aus auch zu einem früheren Zeitpunkt über diesen Beschluss freuen können. Es hätten sich vielleicht auch ehemalige Zivildiener gefreut, wenn der Beschluss früher gefasst worden wäre. Dazusagen muss man auch – das möchte ich jetzt ganz besonders her­vorheben –, dass auch die Hartnäckigkeit der betroffenen Personen sicherlich ein Grund dafür war, dass es jetzt zu dieser Regelung kommt. Wenn nicht so viele ehema­lige Zivildiener per Behördenweg darauf gepocht hätten, dass sie eben den Betrag ausbezahlt bekommen, der ihnen zusteht, dann wäre in dieser Frage wahrscheinlich weniger weitergegangen.

Positiv herausheben möchte ich, dass es eine sechsmonatige Frist betreffend An­sprüche aus der Vergangenheit gibt. Ehemalige Zivildiener werden daher mit relativer Sicherheit sagen können, wie lange es denn dauert, bis eine Entscheidung darüber vorliegt, wie viel Geld sie zurückbezahlt bekommen. Das ist wichtig – vor allem nach der langen Zeit, die schon verstrichen ist.

Nicht einverstanden sind wir damit, dass auf dem Verordnungsweg Abschläge bis zu 35 Prozent möglich sind. Ich werde mir anschauen, wie oft tatsächlich 13,60 € zur Aus­zahlung kommen oder als Richtwert genommen werden. Ich gehe davon aus, dass die Abschläge doch in sehr vielen Fällen Anwendung finden werden. Abgesehen davon können wir dieser Regelung – zum ersten Mal bei diesem Thema – zustimmen, weil die 13,60 € nach sehr langem Kampf auch der Betroffenen nun endlich als Grundlage anerkannt werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.00


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Ebner. Ich er­teile ihr das Wort.

 


14.00.18

Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kollegin Konrad und Herr Kollege Baier, die SPÖ fährt sicherlich keinen Zickzackkurs, sondern einen sachbezogenen, zielorientierten Kurs! Sollten sich die Grundlagen positiv verändern, so sind wir gerne bereit, diese auch mitzutragen.

Bei diesem heutigen Beschluss geht es darum, den Zivildienern die ihnen bis jetzt vor­enthaltenen Gelder, und zwar im Durchschnitt 2 000 €, zuzuerkennen, und ich danke Ihnen, Frau Ministerin, dass Sie bereit sind, Erkenntnisse des Verfassungsgerichts­hofes zu akzeptieren und den Zivildienern jenes Geld zuzuweisen, das diesen zusteht. Davon sind zirka 40 000 bis 50 000 Menschen betroffen.

Faktum ist, dass die SPÖ jahrelang um diese gerechte Problemlösung gekämpft hat, eine, die unter Minister Strasser viele Jahre verwehrt wurde.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15. November 2004 festge­stellt, dass das Verpflegungsgeld für Zivildiener von derzeit 6 € pro Tag als zu gering bemessen ist, und er führt weiters aus, dass man sich an den vergleichbaren Regelun­gen für den Wehrdienst zu orientieren hat – und nicht an den Regelungen für die Ver­sorgung der Asylwerber, wie sie vom ÖVP-Innenministerium vorgeschlagen wurden. Der Verfassungsgerichtshof stellt auch klar, dass den Zivildienern pro Tag 13,60 € zu­stehen.

Die Rückforderungen der Zivildiener aus den Jahren 2001 bis 2005 betragen 100 Mil­lionen €; diese Gelder wurden den betroffenen Personen vorenthalten. (Zwischenruf


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des Bundesrates Mag. Baier.) Ich denke, es gibt mehrere Organisationen, auch das „Hilfswerk“. – Es wird jedoch, wie aus den Zivildiener-Organisationen verlautet, relativ schwierig sein, dieses Geld aufzubringen.

Die Zivildiener sollen nicht als billige Arbeitskräfte eingestuft werden, sondern verdie­nen unsere höchste Wertschätzung: sei es im Rettungswesen, in der Katastrophen­hilfe, in der Alten- und Krankenpflege, im Sozial- und Behindertenbereich sowie in an­deren wichtigen Lebensbereichen. Die Zivildiener sind eine tragende Säule in unserem Sozialstaat und übernehmen einen wichtigen Teil unseres Gemeinwesens. Dafür ge­bührt ihnen ein Dankeschön.

Auch wir stimmen diesem Gesetzesbeschluss des Nationalrates zu. (Beifall bei der SPÖ.)

14.02


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Prokop das Wort. – Bitte.

 


14.03.03

Bundesministerin für Inneres Liese Prokop: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf einige hier vorgebrach­ten Punkte ganz kurz eingehen, weil sie aus einer etwas einseitigen oder aus einer besonderen Sicht die Situation darstellen.

Zum einen kann man feststellen, dass die Zivildiener ein ganz wichtiger Faktor bei der Tätigkeit im sozialen Bereich sind. Wir hatten im Vorjahr den höchsten Stand bezie­hungsweise einen Rekord an Zuweisungen; auch das muss gesagt werden. Bevor das neue Gesetz kam, waren es zirka 6 000; jetzt sind es über 10 000. Die Nachfrage ist viel größer, als Zivildiener zur Verfügung stehen.

Mit der Verkürzung des Zivildienstes wird es zu einem echten Engpass im Bereich der Zivildiener bei der Trägerschaft kommen; auch das muss gesagt werden. Das können wir aber nicht ändern, denn da geht es um die Menschen, die zur Verfügung stehen.

Zum anderen ist zu sagen, dass es auf Grund der Verbesserungen nun möglich ist, dass die Zivildiener dort Dienst tun, wo sie es wollen, und die Träger sich die Zivildie­ner, mit denen sie arbeiten wollen, aussuchen können. – Das ist ein riesiger Fortschritt gegenüber der früheren Situation!

Ein weiterer großer Fortschritt ist, dass neue Träger eingebunden worden sind. Früher war es sehr, sehr schwer, Zivildiener überhaupt zugewiesen zu bekommen, und früher waren viele ausgeschlossen.

Ich glaube, dass die drei Kategorien eine vernünftige Lösung gewesen sind und auch heute noch sind, nämlich: die Blaulicht-Organisationen, die Sozial-Organisationen und Bereiche der öffentlichen Hand. – Das ist das eine.

Das Zweite ist, dass die Regelung der angemessenen Verpflegung im Gesetz steht. Es wurde ja ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes schon gesprochen, wobei das Wort „angemessen“ in Ordnung war, und die Träger hätten die Angemessenheit auf Grund der Verträge, auf Grund der Zuweisung erfüllen müssen. Das war der Punkt! (Bundesrat Wiesenegg: Haben wir getan!)

Die zweite Klage lief gegen einen Träger, eine Klage, die von einer Person eingebracht wurde und in welcher der Betrag mit der Begründung, die Verpflegung sei nicht ange­messen, eingeklagt wurde – und darauf basiert jetzt dieses Urteil. Um das klarzustel­len: Es ist weder gesagt worden, das sei falsch, noch, jenes sei falsch.

Auch das Urteil ist genau zu lesen, denn darin sind die 13,60 € nicht als der Betrag ge­nannt, sondern als ein Richtwert, weil immer der Bezug zum Bundesheer hergestellt


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wird. Es stehen auch die 11,25 € von früher drinnen; auch das könnte ein Richtwert sein.

Wir haben nunmehr in der Verordnung versucht, das in der Form zu definieren, dass es eben die 13,50 € unter schwersten Bedingungen gibt, die ja ganz, ganz selten beim Bundesheer zum Tragen kommen – fast nur bei Auslandseinsätzen –, und daher ist dieser Betrag ein Richtwert, von dem Abschläge gewährt werden können. – Diese Ver­ordnung liegt jetzt vor, sie ist von vielen Seiten geprüft und auch mit den Trägern abge­sprochen worden.

Es ist mir nicht klar, was ich am 17. Feber in einem Ausschuss falsch gesagt haben soll, denn da war ich in keinem Ausschuss! Ich habe am 22. Feber bezüglich dieser Einigung gesagt, wann sie geschlossen wurde und was sie beinhaltet. Die Verhandlun­gen mit den Trägern sind bis dahin gelaufen. – Diese Punkte wollte ich einmal klarge­stellt wissen.

Das Wort „angemessen“ ist jener Punkt, der jetzt in einer Verordnung geregelt ist. Man muss aufpassen, dass man nun keinen fixen Betrag nennt, wie es manche Trägerorga­nisationen machen, denn dann werden auch wieder Unterschiede auftauchen. Auch das haben wir mit den Trägern besprochen: Es ist zu bewerten und festzustellen, wel­cher Bereich gegeben ist.

Die Klagen waren nicht gegen den Bund gerichtet, sondern gegen die Träger, die die Zivildiener eingestellt haben. Wir prüfen diese Verfahren jetzt so schnell wie möglich. Wir brauchen von den Trägern die nötigen Informationen, denn es ist sehr unterschied­lich, wie die Zivildiener versorgt wurden, welcher Betrag an sie ausbezahlt wurde, was sie bekommen haben. Daher muss das in jedem Einzelfall im Detail geprüft werden. Wir werden so schnell wie möglich die Beträge zur Auszahlung bringen.

Eine Information ist von unserer Seite nicht möglich: Die Träger müssen diese Informa­tion geben, denn sie sind jene, die sagen können, wer und was es ist.

Darüber hinaus glaube ich, dass man nicht grundsätzlich sagen kann, es geht nur um den Betrag und um jenen Betrag. Es gab Anbotseinholungen für eine Vollverpflegung, die ja an und für sich als Grundbasis in dieser Verordnung festgehalten ist. Es sind Vollverpflegungen mit drei Mahlzeiten pro Tag um 6 bis 7 € angeboten worden, und zwar mit direkter Zustellung und allem Notwendigen. Also man kann sagen: Damit ist es möglich, zu verpflegen, und das ist auch nachweisbar. Aber es wird sicherlich lau­fend anzupassen sein.

Ich glaube, dass wir mit dieser Regelung den Zivildienern Sicherheit geben, ebenso den Trägern.

Dieses Gesetz enthält nun zum Ersten den Grundsatz der Angemessenheit. Es sieht zum Zweiten auch vor, dass den Trägern eine höhere Unterstützung gewährt wird, um den Organisationsaufwand bei der Zuteilung beziehungsweise bei der Versorgung mit Essen bewerkstelligen zu können. Zum Dritten enthält dieses Gesetz auch eine Lö­sung für die Regelung, die in der Vergangenheit Gültigkeit hatte und die eigentlich – das möchte ich noch einmal betonen – von den Trägern zu erfüllen gewesen wäre. Ich bin sehr froh darüber, dass wir bezüglich all dieser Punkte eine Einigung mit den Trä­gern erzielen konnten. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Ing. Kampl und Mit­terer.)

14.08


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer tatsächlichen Berichtigung erteile ich Herrn Bundesrat Wiesenegg für die Dauer von längstens 5 Minuten das Wort. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

 



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14.09.05

Bundesrat Helmut Wiesenegg (SPÖ, Tirol): Nein, es geht nicht darum, sondern es geht um eine tatsächliche Berichtigung, Herr Kollege.

Es geht darum, Frau Ministerin, dass es Trägerorganisationen gibt – und dazu zähle ich mich –, die schon bis jetzt höhere Verpflegungsgelder ausbezahlt haben. – Erstes Faktum.

Es war also keine Trägerorganisation unsererseits, die da geklagt hat.

Zweites Faktum, sehr geehrte Frau Ministerin – da haben Sie mir nicht genau zuge­hört –: Erst mit 17. Feber 2006 war eine endgültige Regelung auf dem Tisch – und nicht zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Bundesratssitzung stattgefunden hat. (Zwischen­bemerkung von Bundesministerin Prokop.)

14.09


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der An­trag ist somit angenommen.

14.10.128. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren (Arzneiwareneinfuhr­gesetz 2002) und das Apothekengesetz geändert werden (751/A und 1293 d.B. sowie 7479/BR d.B. und 7489/BR d.B.)

9. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (1268 d.B. und 1294 d.B. so­wie 7490/BR d.B.)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert wird (778/A und 1296 d.B. sowie 7491/BR d.B.)

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz,
mit dem das Zahnärztegesetz geändert wird (780/A und 1297 d.B. sowie 7492/BR d.B.)

 



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Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen nun zu den Punkten 8 bis 11 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu all diesen Punkten ist Herr Bundesrat Einwallner. Ich bitte ihn um die Berichterstattung.

 


14.10.52

Berichterstatter Thomas Einwallner: Herr Präsident! Frau Minister! Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ein­fuhr von Arzneiwaren (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002) und das Apothekengesetz ge­ändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher erübrigt sich dessen Verlesung.

Ich komme sogleich zur Verlesung des Ausschussantrages:

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2006 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta).

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Es erübrigt sich daher dessen Verlesung.

Ich komme sogleich zur Verlesung des Ausschussantrages:

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalra­tes keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizini­scher Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert wird.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Es erübrigt sich daher dessen Verlesung.

Ein Beschluss über den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist infolge Stimmengleichheit nicht zustande gekommen.

Weiters bringe ich den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahnärzte­gesetz geändert wird.

Dieser Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor. Es erübrigt sich daher dessen Verlesung.

Ich komme sogleich zur Verlesung des Ausschussantrages:

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalra­tes keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


14.13.01

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wir werden in einem Punkt unsere Zustim-


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mung nicht geben können, und zwar betrifft dieser das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz. Bei diesem Punkt geht es um die Fortschreibung eines Zustandes, der ein ganzes Gewerbe vor riesige Probleme stellt.

Wir haben in Österreich über 3 500 gewerbliche Masseure, die zum Teil sogar Mitar­beiter beschäftigen, und dabei ist besonders interessant, Frau Bundesminister, dass in diesem Gewerbe auch 190 Lehrlinge ausgebildet werden. Das ist also ein ganzer Wirt­schaftszweig, und dieser steht auch in einem gewissen Zusammenhang mit der sehr erfreulichen touristischen Entwicklung in unserem Bundesland. Der Kollege Ager wird das bestätigen: Die Wellness-Welle boomt!

Die Ausbildung zu diesem Beruf entspricht allein in der Lehre 3 000 Unterrichtseinhei­ten. Dazu kommt in der Regel noch eine Befähigungsprüfung, und die meisten dieser Gewerbeinhaber verfügen auch noch über eigene Zusatzausbildungen im anatomi­schen Bereich, aber auch in anderen Spezialbereichen.

Es entstand seinerzeit mit der Schaffung des so genannten Heilmasseurs-neu ein eigenes Berufsbild, denn der Heilmasseur-alt – und das ist jetzt das ganz Besondere –hatte lediglich eine Ausbildung im Ausmaß von 200 Unterrichtseinheiten. Er konnte mit 200 Unterrichtseinheiten nach Einweisung beziehungsweise Zuweisung durch einen Arzt durchaus tätig werden.

Jetzt schaut es so aus: Jene gewerblichen Masseure, die noch nicht sechs Jahre tätig sind – das sehen die so genannten Übergangsregelungen vor, und um diese geht es hier heute –, bräuchten jetzt allen Ernstes trotz einer Lehrausbildung im Ausmaß von 3 000 Unterrichtseinheiten und trotz der entsprechenden Praxis und trotz einer Befähi­gungsprüfung eine Aufschulung im Ausmaß von 1 650 Stunden. (Bundesrätin Zwazl: 874, Herr Kollege, wenn ...!)

Da müssen Sie sich genau informieren, Frau Präsidentin! Wenn er weniger als sechs Jahre tätig ist, dann gilt das nicht. Diese Reglung gilt dann, wenn er schon länger als sechs Jahre tätig ist.

Ich wünsche jedem Gewerbetreibenden viel Glück, wenn er in seinem Ein-Frau- oder Ein-Mann-Betrieb kurzfristig 850 Stunden sozusagen aufbringen muss. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Sie haben Recht: Das gilt, wenn er schon länger als sechs Jahre tätig ist!

Bisher war es so, dass in diesem Gewerbe ein Kunde mit einer gesundheitlichen Be­einträchtigung – die haben wir wahrscheinlich fast alle; Frau Bundesministerin, Sie ha­ben uns ja gesagt, dass Sie, was vorbildhaft ist, jeden Tag die Treppe in Ihrem Ministe­rium zu Fuß hinaufgehen, dabei aber leider niemanden treffen, dass aber feststeht, dass das Gesundheitsbewusstsein steigt – den Masseur besucht hat, um seinen Ge­sundheitszustand zu verbessern, und ich glaube, diese Aufgabe konnten diese Mas­seure durchaus erfüllen.

Jetzt schaut es aber so aus, dass diese Masseure nur mehr in bestimmten Bereichen tätig werden können, also ein sehr eingeschränktes Betätigungsfeld haben. Deshalb wende ich mich jetzt wirklich an alle Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft hier herinnen, insbesondere an jene, die der Österreichischen Volkspartei angehören: Wir stellen ja hier einen ganzen Lehrberuf in Frage, denn die Crux, Frau Präsidentin, ist ja die, dass der Heilmasseur keine Lehrlinge mehr ausbilden kann! Das ist ja das Dilem­ma, das durch dieses Gesetz entsteht. Dadurch stirbt sozusagen ein ganzer Wirt­schaftszweig aus. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)

Das ist wirklich ein Unglück, denn der Lehrling wird noch keine Aufschulung gemacht haben, und der Heilmasseur ist ja nicht berechtigt, Lehrlinge auszubilden.


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Die Situation ist jetzt folgendermaßen: Der gewerbliche Masseur darf nicht als Heil­masseur arbeiten, und der Heilmasseur, der vielleicht angestellt ist, darf keine Gesun­den behandeln, denn er darf nur auf Zuweisung eines Arztes arbeiten.

Ich fordere daher jene hier herinnen, die da sagen, es solle sich jeder privat um seine Gesundheit kümmern, dazu auf, einmal darüber nachzudenken, dass das dann offen­sichtlich nach dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes gar nicht mehr möglich sein wird.

Daher darf ich Sie bitten, dass wir uns darauf einigen, dass es bei diesem Gesetz hei­ßen soll: Zurück an den Start!

Ich fordere Sie auf: Machen wir in diesem Bereich etwas Ordentliches! Schaffen wir ein Berufsbild eines gewerblichen Masseurs mit der Berechtigung, Heilmassagen durchzu­führen! Und erkennen wir vor allem jene Vorschulungen, die bereits absolviert wurden, an, und auch alle Zusatzausbildungen, damit dieser Masseur tätig werden kann und so weiterhin seine Existenz sichern kann – und damit wir die Existenzen dieser 3 500 Be­triebe in Österreich mit zurzeit 190 Lehrlingen sichern können!

Ich kann Ihnen sagen: In diesen Betrieben besteht auch weiterhin die Bereitschaft, Lehrlinge auszubilden. Das ist nämlich ein sehr interessantes Berufsbild.

Die Sozialdemokraten haben daher einen Entschließungsantrag zu diesem Tagesord­nungspunkt vorbereitet, den ich Ihnen kurz zur Kenntnis bringen darf.

Entschließungsantrag

der Bundesräte Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Rechtsbedingungen für Gewerbliche Masseure und Heilmasseure

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage betreffend Novellie­rung des Medizinischen Masseur- und Heilmasseurgesetzes mit der Zielsetzung, ein einheitliches Berufsbild eines Gewerblichen Masseurs mit der Berechtigung, Heilmas­sagen durchzuführen, auszuarbeiten und dem Nationalrat vorzulegen. Dabei ist die volle Anerkennung des Lehrabschlusses des Gewerblichen Masseurs für die Aus­übung der Heilmasseurtätigkeit sicherzustellen.

Weiters sollen die Zusatzkenntnisse im Bereich der Pathologie sowie für das Handling der Dokumentation bei der Behandlung des Patienten durch den Heilmasseur praxis­orientiert durch den Nachweis einer Aufschulung zu belegen sein. Bereits absolvierte Ausbildungsgänge, die diese Bereiche abdecken, sind anzuerkennen. Schließlich ist anzustreben, dass das neu zu schaffende Berufsbild des Gewerblichen Masseurs mit der Berechtigung, Heilmassagen durchzuführen, einem Lehrberuf entspricht.

*****

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Sie, sich diesem Entschließungsantrag an­zuschließen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

14.19


Vizepräsident Jürgen Weiss: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ausrei­chend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mayer. Ich erteile ihm das Wort.

 


14.20.01

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mich jetzt nicht mit dem Medizinischen


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Masseur- und Heilmasseurgesetz auseinander setzen und auch diesen Entschlie­ßungsantrag nicht kommentieren – das wird von unserer Fraktion dann der Kollege Perhab übernehmen –, sondern ich beschäftige mich mit der Weiterentwicklung unse­res hervorragenden Gesundheitssystems – das übrigens eines der besten der Welt ist, was man hier wirklich hervorstreichen und betonen kann – und möchte mich mit der Thematik der Änderung des Apothekergesetzes auseinander setzen. Diese Gesetzes­änderung ist ja durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes notwendig gewor­den, nämlich die Neuordnung der Abgrenzung der Hausapotheke und der öffentlichen Apotheke.

So wie bei allen Themen im Gesundheitsbereich steht für uns der Mensch, der Patient im Mittelpunkt und damit auch die optimale Versorgung der Patientinnen und Patienten sowohl mit ärztlichen Leistungen als auch mit Medikamenten in den kleinen Landge­meinden. Daher schaffen wir zur Sicherung der Gesundheitsversorgung der Bevölke­rung im ländlichen Raum die notwendige Verbindung zwischen der ärztlichen Versor­gung und der Arzneimittelversorgung.

Die vorliegende gesetzliche Regelung entspricht also dem Erkenntnis des Verfas­sungsgerichtshofes vom 14. Oktober 2005, wonach die Erwerbsfreiheit für Apotheken zu sichern ist. Diverse Übergangsfristen stellen sicher, dass Ärzte und Apotheken Pla­nungssicherheit beziehungsweise eine berechenbare Investitionsabsicherung haben.

Konkrete Vorgangsweise bei den so genannten Ein-Arzt-Gemeinden: In Gemeinden, in denen nur ein Arzt für Allgemeinmedizin mit Kassenvertrag seinen ständigen Berufssitz hat, wird die Regelversorgung mit Arzneimitteln durch die Hausapotheke geleistet. In diesen Fällen geht die ärztliche Versorgung Hand in Hand mit der gesicherten Abgabe von Arzneimitteln. Die so genannte Vier-Kilometer-Zone rund um eine Apotheke reicht nicht in diese Gemeinde hinein; das bedeutet, dass die Hausapotheke in jedem Fall bestehen bleibt. Die Bewilligung für eine neue ärztliche Hausapotheke wird erteilt, wenn es sich um einen Allgemeinmediziner mit Kassenvertrag handelt und sich in der Gemeinde keine öffentliche Apotheke befindet oder diese mehr als sechs Kilometer entfernt ist.

Die Regelung für die Zwei-Arzt-Gemeinden: In Gemeinden mit zwei Kassenvertrags­ärzten für Allgemeinmedizin wird eine Konzession für Apotheken möglich. Eine bereits bestehende Hausapotheke bleibt bis zum 65. Lebensjahr der Ärztin oder des Arztes, längstens aber zehn Jahre ab Konzessionserteilung bestehen. Die erwähnte Vier-Kilo­meter-Sperrzone rund um eine Apotheke reicht im Gegensatz zu einer Ein-Arzt-Ge­meinde in diese Gemeinde hinein.

Neue Hausapotheken in solchen Zwei-Arzt-Gemeinden haben bei Konzessionsertei­lung einer Apotheke einen Bestandsschutz von drei Jahren analog dem geltenden Recht. In einer solchen Gemeinde gilt rund um eine Apotheke die Vier-Kilometer-Sperr­zone für Hausapotheken innerhalb des Gemeindegebietes.

Wechselt der Kassenvertragsarzt seinen Berufssitz in eine andere Gemeinde, dann erlischt die Hausapothekenkonzession beziehungsweise muss neu angesucht werden. Die Frist für die tatsächliche Eröffnung einer Apotheke nach Konzessionserteilung wird von drei auf fünf Jahre verlängert, damit sich die Berechenbarkeit für die tatsächliche Eröffnung einer Apotheke in Zwei-Arzt-Gemeinden erhöht.

In Drei-Arzt-Gemeinden müssen Hausapotheken bei Eröffnung einer Apotheke nach drei Jahren schließen.

Die neuen Regelungen treten mit Kundmachung in Kraft, für laufende Konzessionen gilt aber der 31. Oktober 2006 als Rechtsgrundlage.


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Ich darf in weiterer Folge noch zur Novelle des Arzneiwareneinfuhrgesetzes einige An­merkungen machen, weil es eine logische Konsequenz zur Novelle des Blutsiche­rungsgesetzes darstellt. Damit wird die freiwillige, gänzlich unbezahlte Blutspende auch auf die Einfuhr von Blutprodukten ausgeweitet. Mit dieser Gesetzesvorlage set­zen wir auch einen einstimmigen Beschluss der Landeshauptleutekonferenz vom 25. Mai 2005 um, der für uns als Länderkammer, in der wir ja ausschließlich Länderin­teressen vertreten, glaubt man, von besonderer Bedeutung ist oder von besonderer Bedeutung sein sollte. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Seit wann ist das so?) Seit wann das so ist? Eben seit jetzt. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Wir heben damit auch eine unterschiedliche Handhabung für in Österreich gewonnene Blutprodukte auf und erreichen so eine Verbesserung der Wettbewerbschancen. Die hoch entwickelten Sicherheits- und Qualitätskriterien bleiben selbstverständlich erhal­ten. Mit dieser Novelle stärken wir auch das hervorragend funktionierende Blutspende­wesen in Österreich und ermöglichen den Erhalt dieses Systems im vollen Umfang. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.25


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Dr. Lichten­ecker. Ich erteile ihr das Wort.

 


14.25.02

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Seitens der grünen Fraktion gibt es die Zustimmung zu Punkt 9, zum Thema der Pati­entencharta, auch die Zustimmung zum Zahnärztegesetz, ebenfalls die Zustimmung zur Änderung des Medizinischen Masseur- und Heilmasseurgesetzes, wobei ich hier jedoch anfügen muss, dass wir Bedenken, die heute schon ausgeführt wurden, eben­falls teilen. Aber da es sich bei dieser Gesetzesvorlage darum handelt, die Übergangs­frist zu verlängern, um die Aufschulung vom gewerblichen Masseur zum Heilmasseur zu ermöglichen, werden wir dem zustimmen.

Nichtsdestotrotz gilt es, die Einwände, die bereits ausgeführt wurden, zu bekräftigen, und das haben wir in Form eines Entschließungsantrages auch schon gemacht. Wir werden daher keinen Antrag extra hier im Bundesrat einbringen, weil wir bereits einen im Nationalrat eingebracht haben –, dass die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen aufgefordert wird, bis zum 31. März dieses Jahres dem Nationalrat eine No­velle des MMHmG vorzulegen, in welcher die Benachteiligung der gewerblichen Mas­seurInnen sowie die Diversifizierung der genannten Berufsbilder zugunsten eines ein­heitlichen Berufsbildes auf höherem Niveau aufgehoben wird. Darüber hinaus sollen die Kompetenzen für Ausbildung, Qualitätssicherung und Kontrolle aller Gesundheits­berufe in einem Ministerium zusammengeführt werden.

Ich denke, der vorliegende Entschließungsantrag umfasst die Punkte, die uns zentral und wichtig sind, und wir sind in froher Erwartung, dass es hier tatsächlich noch Ver­besserungen geben wird, die so dringlich auch von den entsprechenden Standesver­tretern und -vertreterinnen gewünscht werden.

Wie gesagt, diese drei Punkte finden unsere Zustimmung.

Was nicht unsere Zustimmung findet, ist der TOP 8, ein Gesetz, mit dem das Gesetz zur Einfuhr von Arzneiwaren und das Apothekengesetz geändert werden, wobei hier anzuführen ist, dass der Gesetzesvorlage in der Endform keinerlei Ausschussberatun­gen vorgegangen sind, was ein zentraler Kritikpunkt von uns ist. Wir betonen immer wieder, dass dies einem demokratiepolitischen Prozess tatsächlich nicht zuträglich ist und daher künftig auch unterlassen werden soll.


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Zum Kollegen Edgar Mayer. Ich finde das immer sehr spannend: Wann immer die ÖVP ihre Klientel bedient – Ärztinnen, Ärzte, Apotheker und sonst etwas –, dann wird das Thema Wettbewerb irgendwo ins Eck gestellt. Was spricht denn dagegen, tatsächlich den Bereich der öffentlichen Apotheken zu forcieren? Es immer so darzustellen, dass Österreich ein Land ist, in dem es nur kleine Dörfer mit vielleicht irgendwo einmal einem Hausarzt gibt, der eine Hausapotheke führt, das ist einfach nicht wahr. Das stimmt so nicht, und das muss man einfach auch betonen.

Liveerfahrung aus Oberösterreich: Es geht um einen kleinen, feinen Kurort. Da gibt es sage und schreibe zwei Hausärzte, beide mit Hausapotheke. Eine ausgezeichnete, kompetente Apothekerin will eine Apotheke aufmachen. Das ist nicht möglich, weil sich die massiv wehren. Da ist keine Rede davon, dass dieser Ort mitten in der Region liegt und keine Zugänge hat. Das stimmt so nicht. Das Angebot hätten wir, und es wäre vor­teilhaft.

Ich sage, das wäre im Sinne der Patientinnen und Patienten, dass wir das tatsächlich forcieren und vorantreiben. Frau Ministerin, wir würden es sehr begrüßen, wenn in dieser Causa tatsächlich einmal Fortschritte erreicht werden, dass es möglich ist, mehr öffentliche Apotheken zu führen. Das Prinzip der Hausärzte mit den Hausapotheken sollte wirklich nur dann zutreffen, wenn die Versorgung qualitativ nicht gewährleistet wäre. Wenn wir uns das in Österreich anschauen, dann ist das über weite Strecken so nicht der Fall, und es wäre möglich, öffentliche Apotheken zu führen.

In diesem Sinne wäre es an der Zeit, das zu überdenken und auch den Wettbewerb, den wir begrüßen, solange er dem Prinzip der Kostenwahrheit entspricht, tatsächlich einzuführen. Kollege Mayer, wenn du Wettbewerbsschranken fallen lassen willst in die­sem Bereich, bist du gut beraten, dir das tatsächlich auch genau zu überlegen. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Mayer: Der Mensch im Mittelpunkt und Wettbewerb! Das Gesetz bietet alle Möglichkeiten!)

14.30

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile ihm das Wort.

 


14.30.25

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Bundes­rates! Ich möchte meine Überlegungen bezüglich Apothekengesetz, Punkt 8, und be­züglich Patientenrechte, Punkt 9, ein bisschen erläutern.

Zum Apothekengesetz: Es gibt zwei Arten von Apotheken in Österreich. Das sind a) die öffentlichen Apotheken in den Zentralräumen, b) die Hausapotheken von Ärzten in den kleinen Landgemeinden.

Österreich hat derzeit 1 822 öffentliche Apotheken und 2 358 Gemeinden. Daraus er­sieht man, welche Problematik sich da im ländlichen Bereich und in kleinen Gemein­den bezüglich Apotheken, wo die Voraussetzung mit 5 000 Einwohnern besteht, ergibt.

Die Niederlassung von praktischen Ärzten in kleinen ländlichen Gemeinden, wie sie in den Tälerstrukturen vorhanden sind, ist neben der Zuerkennung ihrer Praxis auch da­von abhängig, die Hausapotheke zu erhalten. Meine Gemeinde, Frau Bundesminister, hat nur deshalb einen Arzt bekommen, weil er auch die Hausapotheke zugeteilt be­kommen hat. Wir haben uns sehr, sehr anstrengen müssen von Seiten der Gemeinde. Wir haben viele Verhandlungen mit der Ärztekammer beziehungsweise mit der Apothe­kenkammer geführt, damit unser Arzt, weil er nur sechs Kilometer von der nächsten Stelle, wo es eine Hausapotheke gibt, von Straßburg in Kärnten, entfernt ist, die Haus­apotheke erhalten hat.


Bundesrat
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Die Unterstützung dafür wird in der jeweiligen Gemeinde mit großem Nachdruck geleis­tet, um die ärztliche Versorgung für die Gemeindebürger zu sichern. Es ist die Aufgabe der Gemeindevertretung, die Bürger in allen Bereichen zu vertreten, vor allem auch im Bereich der Gesundheit. Es gibt ja sehr viele ältere Menschen, die das Bedürfnis ha­ben, dass man für sie eintritt.

Die Argumentation der Apotheken, die ärztlichen Hausapotheken seien nur die zweit­beste Lösung, Frau Bundesminister, kann man von Seiten der Apotheken verstehen, aber wir als Vertreter der ländlichen Strukturen haben da eine etwas andere Meinung. (Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Lichtenecker.) Auch nicht von der Bevölkerung, die auf Medikamente zu jeder Tages- und Nachtzeit angewiesen ist. Man muss halt einmal dort leben, wo die nächste Apotheke 40 Kilometer weg ist und der Hausarzt ... (Bun­desrätin Dr. Lichtenecker: Das gibt es doch nirgendwo!) Bitte, ich zeige Ihnen das im Gurktal. Dort sind drei Gemeinden weit von der Apotheke weg, und die letzten Bauern­höfe oben sind 40 Kilometer entfernt. Der Arzt fährt aber bei jedem Wetter hinauf, aber die alten Leute kommen nicht mehr bei jedem Wetter vom Berg herunter. Da ist die Inf­rastruktur nämlich nicht mehr vorhanden.

Durch die ausgedehnte ländliche Struktur wohnen viele Menschen bis zu 40 Kilometer von der nächsten Apotheke entfernt. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker schüttelt den Kopf.) Frau Kollegin, ich lade Sie gerne ein. Ich habe Sie schon eingeladen, den Dom zu besuchen, da schauen wir uns auch die ländliche Struktur an. (Bundesrätin Dr. Lichtenecker: Den Dom schaue ich mir gerne an!) Sie werden sehen, welche Sor­gen auch kleine Gemeinden haben, um zu überleben. In Österreich gibt es nur 200 Ge­meinden, die wirkliche Zentren sind, die anderen Gemeinden, 2 200, haben ländliche Strukturen und haben diese Sorgen, und da ist die Sorge bezüglich der Ärzte und Apo­theken sehr groß.

Durch die stark ausgedehnte ländliche Struktur wohnen viele Menschen bis zu 40 Kilo­meter von den Apotheken entfernt, zum Beispiel im Bezirk St. Veit. Es gibt wohl Apo­theken in St. Veit, in der Stadt Treibach, in der Stadt Friesach und in der Stadt Straß­burg, aber die übrigen 16 Gemeinden, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit insgesamt 60 000 Einwohnern liegen sehr weit vom Zentrum entfernt.

Wie funktioniert das in der Praxis? – Ich hoffe, dass die Überlegung des Verfassungs­gerichtshofes, wonach mit 31. Oktober 2006 die Aufhebung des Gebietsschutzes für Apotheken gefordert wird, zum Teil berechtigt ist. Der Verfassungsgerichtshof hat da­mit die Zielsetzung bekundet, dass auch in Gemeinden mit weniger als 5 000 Einwoh­nern die Versorgung mit Heilmitteln gesichert sein soll. In ländlichen Gebieten ist das derzeit nachweislich nur mit Ärzten möglich.

Argumente für die Aufrechterhaltung der ärztlichen Apotheken sind:

Die Schließung der Hausapotheken geht zu Lasten der Landbewohner.

Kranke und ältere Menschen müssten zusätzliche Wege auf sich nehmen, was in den ländlichen Bereichen, wo der Nahverkehr zum Teil überhaupt nicht mehr vorhanden ist, sehr schwierig ist.

Die Qualität der Versorgung der ländlichen Gebiete mit Medikamenten ist sehr gut, weil eben die Ärzte mit den Hausapotheken zu den Bürgern kommen. Diese Ärzte unterzie­hen sich einer großartigen Mühewaltung, indem sie bei jeder Witterung und zu jeder Jahreszeit bereit sind, zu den Patienten zu kommen, und sie sagen sich: Wenn ich die Hausapotheke nicht mehr habe, dann bin ich lieber ein Arzt irgendwo in einem Kran­kenhaus, dann bin ich lieber ein Facharzt im Zentrum und nicht mehr draußen, wo ich Tag und Nacht für die Menschen da bin und jeder in der Gemeinde seinen Arzt errei­chen kann.


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Diese Überlegung ist, glaube ich, für uns im ländlichen Bereich richtig. Frau Bundesmi­nister, wir sollten dem Gesetz die Zustimmung geben, aber diese Überlegungen müs­sen in Zukunft mehr Berücksichtigung finden.

Zu Punkt 9: Sicherstellung der Patientenrechte. Es gibt ein Bundespatientengesetz und ein Landespatientengesetz. Bei dieser Gesetzesvorlage sind die Bundesländer mehrheitlich dagegen.

Der schriftliche Einwurf des Bundeslandes Kärnten, Frau Bundesminister, war anders gemeint. Bei dem Einwurf des Bundeslandes Kärnten waren Patientenfachleute dabei. Im Jahr 2005 waren für 1 200 Personen in Kärnten Patientenverfügungen notwendig.

Folgende Anliegen hatte der Patientenanwalt zu vertreten: Information und Beratung von Patienten und Angehörigen; Entgegennahme von Beschwerden mit vielerlei Ursa­chen; Hilfe bei Behandlungsschäden; Vermittlung in Konflikten mit Ärzten; Beratung zum Patiententestament.

Es würden dem Bundesland Kärnten wesentliche Mehrkosten entstehen. 70 000 € pro Jahr sind durch das neue Gesetz zu erwarten. Warum genügt nicht eine ärztliche Beur­teilung? Und die nächste Frage: Warum wird – und muss, weil gesetzlich vorgesehen – auch ein Notar zur Beurteilung – mit hohen Kosten – beigezogen, um die Urteilsfähig­keit des Patienten festzustellen?

In nächster Zeit – das weiß man ja schon – ist ein neues Sachwaltergesetz zu erwar­ten, Frau Bundesminister, in dem die Änderung bestehenden Rechts vorgesehen ist, und es kommt auch die Vorsorgevollmacht. Es wäre eine Gesamtbeurteilung von den österreichischen Patientenanwälten von großem Vorteil.

Ich glaube auch, Frau Bundesminister, dass der derzeitige Obmann der Bundessach­walterschaft – das ist Herr Dr. Pachinger aus Niederösterreich – nicht ganz der Mei­nung der Gesetzesvorlage ist.

Wir sollten dem die Zustimmung geben, aber, sehr geehrte Frau Bundesminister, hier sollten wir der Zukunft mehr ins Auge blicken und auch den Bedenken Rechnung tra­gen. – Danke. (Beifall der Bundesräte ohne Fraktionszugehörigkeit sowie bei Bundes­räten der ÖVP.)

14.39


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


14.39.02

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich darf gleich anschließen. Herr Bundesrat Kampl, ich glaube, es muss eine kleine Verwechslung vorliegen: Wir beschließen heute hier die Patientencharta, nicht das Patientenverfügungsgesetz. (Bundesrat Ing. Kampl: Ja, das ist mir klar!) Das war, glaube ich, jetzt ein kleiner Irrtum.

Ich möchte aber trotzdem etwas dazu sagen, denn wir haben uns bei der Diskussion für das Patientenverfügungsgesetz sehr, sehr viel Zeit genommen, wir sind damit auch noch gar nicht im Ausschuss, es wird ja erst am 22. April im Nationalratsausschuss dis­kutiert. Wir haben sehr lange hin und her überlegt, wie wir einen maximalen Schutz des Patienten bei einer maximalen Selbstbestimmung des Patienten sicherstellen können.

Wenn wir das Patientenverfügungsgesetz behandeln, werde ich darauf sicherlich ein­gehen. Es kommt aber wahrscheinlich erst im Juni in den Bundesrat. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Kampl.) – Richtig! Sie sind Ihrer Zeit voraus, Herr Bundesrat! (Bun­desrat Gruber: Das ist in dem Zusammenhang aber gefährlich!) Es geht vor allem dar­um, dass das mit dem Notar natürlich auch eine Schutzfunktion gegen Missbrauch hat,


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damit nicht die Erben schon am Bettrand sitzen und den Patienten zwingen, eine Pati­entenverfügung zu unterschreiben, damit das – unter Anführungszeichen – „Erbe nicht verpflegt wird“. (Bundesrat Ing. Kampl: Kosten!) – Das diskutieren wir dann. Ich werde dann darauf zurückkommen, wenn wir das Gesetz hier im Bundesrat haben.

Ich bin aber bei Ihnen – jetzt bleibe ich gleich bei Ihren Ausführungen, Herr Bundes­rat –: Die Patientencharta, die Wien jetzt beschlossen hat, ist die vorletzte, die be­schlossen wird; sie ist ein Artikel-15a-Vertrag. Salzburg hat in der Zwischenzeit auch schon ratifiziert, und damit können wir die Patientencharta dann, wenn alle neun Bun­desländer dabei sind, in Kraft setzen. Es ist deswegen wichtig, das zu betonen, weil wir in dem langen Zeitraum, den es gebraucht hat, bis alle Bundesländer beigetreten sind, schon ein gutes Stück weiter sind in den Patientenrechten. Wir können also bereits jetzt, wo das in Kraft tritt, schon den nächsten Schritt setzen und die Patientencharta verbessern. Es gibt Verbesserungsnotwendigkeiten, und diese werden wir natürlich auch wahrnehmen.

Bezüglich des Hausarztes bin ich ganz bei Ihnen, Herr Bundesrat Kampl, und ich möchte auch zu Ihren Ausführungen, Frau Bundesrätin Lichtenecker, Stellung nehmen. Sie haben von den „Interessen ihrer Klientel“ – auf uns bezogen – gesprochen. Dazu möchte ich sagen, dass beide unsere Klientel sind, es sind die Ärzte unsere Klientel und die Apotheker, wenn Sie so wollen. In diesem Fall spielte es aber Ärzte gegen Apotheker, und ich kann Ihnen versichern – ich war nicht bei allen Verhandlungsrun­den dabei, aber bei einigen –: Simmering gegen Kapfenberg ist nichts dagegen! Ich und mein Stellvertreter, mein Kabinettchef, der diese Verhandlungen primär geführt hat, haben in diesen Runden immer vor allem die Interessen der Patientinnen und Pati­enten, der Bürgerinnen und Bürger im Auge behalten. Und da geht es darum, dass eine bestmögliche Versorgung gewährleistet ist.

Da bin ich bei Herrn Bundesrat Kampl: Es wird in keiner Ein-Arzt-Gemeinde – die müsste schon sehr groß sein, dann würden aber wahrscheinlich zwei oder drei Ärzte dort sein – eine Apotheke eröffnet werden. Die Apotheker wissen ganz genau, dass sie eine gewisse Summe brauchen, um wirtschaftlich überleben zu können. Umgekehrt, und damit bin ich auch bei Herrn Bundesrat Kampl: Die alten Menschen auf dem Land haben kein Auto, sie können nicht 4, 6, 8 oder gar 40 Kilometer in die Apotheke fahren.

Der Arzt/die Ärztin kommt natürlich ins Haus und nimmt die Medikamente mit. Unser allererstes Anliegen war also: Die Bürgerinnen und Bürger müssen in ganz Österreich, und zwar nicht nur im städtischen Raum, sondern vor allem in den entlegenen Gebie­ten, einen raschen Zugang zu notwendigen Medikamenten haben. Daher ganz wichtig: die Erhaltung der Hausapotheken. Hätten wir jetzt auf dieses Verfassungsgerichtshofs­erkenntnis nicht reagiert – das wäre das gewesen, was sich die Apotheker gewünscht haben –, dann wäre die Hausapotheke tot gewesen. Wir sind schon für den freien Markt, aber wenn wir hier nicht reagiert hätten, wäre alles offen gewesen und das wäre über kurz oder lang auch ein Risiko für die Hausapotheke gewesen.

Zu Herrn Bundesrat Kampl: Auch Hausärzte auf dem Land müssen überleben, und viele von ihnen haben nicht ein solch großes Einzugsgebiet, daher auch nicht ein der­art enormes Einkommen. Für die ist die Hausapotheke natürlich ein notwendiges Zu­satzeinkommen.

Man muss schon auch bedenken: Es gibt sicherlich Ärzte, die sehr, sehr gut verdienen, aber es gibt auch Ärzte, die weniger gut verdienen, und die haben sechs Jahre Studi­enzeit und noch einmal vier bis sechs Jahre Ausbildungszeit zu absolvieren. Das sollte sich doch auch in einem entsprechenden Einkommen niederschlagen, das im Übrigen durchaus mit dem Risiko des Unternehmers, der der Arzt oder die Ärztin ja ist – er ist ein Ein-Mann-Unternehmen –, verbunden bleibt.


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Die kleine und feine Gemeinde in Oberösterreich mit zwei Hausapotheken führenden Ärzten, die Sie angesprochen haben, wird es in spätestens zehn Jahren nicht mehr ge­ben, denn – das haben wir so vorgesehen, das ist auch in diesem Gesetz enthalten – wir haben lediglich die Ein-Arzt-Gemeinde festgeschrieben, die sozusagen das Recht auf eine Hausapotheke hat.

Bei den Zwei-Arzt-Gemeinden wird die öffentliche Apotheke zugelassen, so sich nicht in der Nachbarortschaft bereits eine befindet, denn da sind die Apotheker wieder sehr heikel – einerseits wollen sie die Liberalisierung, aber den Gebietsschutz wollen sie schon auch innerhalb ihrer eigenen Gruppe, also da geht es nicht nur Simmering gegen Kapfenberg, sondern auch Simmering gegen Simmering, zwischen jenen, die schon eine Apotheke haben, und jenen, die gerne eine haben möchten.

Mit der Pensionierung, aber spätestens in zehn Jahren läuft das aus. Natürlich haben wir um die zehn Jahre gerungen, denn die Apotheker wollten das sofort haben. Jetzt gibt es aber bei jedem Hausarzt eine gewisse Übergangsphase, denn der hat ja schließlich auch Investitionen getätigt und auch gewisse Einkommenserwartungen, aus denen heraus er das gemacht hat.

Wir hoffen natürlich sehr, dass diese Übergangslösung, die ein Kompromiss war, auch vor dem Verfassungsgerichtshof hält. Wir haben uns hier wirklich stunden-, tage-, nächtelang mit beiden Gruppen hingesetzt, um zu diesem Kompromiss zu kommen, dem nicht alle Apotheker zugestimmt haben, aber größere Gruppen von Apothekern. Wir haben uns hier also sehr bemüht, zu einer Lösung zu kommen. Es ist uns meiner Meinung nach gelungen, einen guten Mittelweg zu finden zwischen dem Schutz der Patienten, der Versorgung der Patienten und dem Interessenausgleich zwischen den Hausapotheken führenden Ärzten und den öffentlichen Apotheken. Ich bin überzeugt davon, in spätestens zehn Jahren, vielleicht sogar früher – ich weiß nicht, wie alt die Ärzte in dieser kleinen, feinen Gemeinde sind –, wird die öffentliche Apotheke ansu­chen und auch eine Zuweisung bekommen können.

Noch ein Letztes, was die Heilmasseure anlangt: Herr Bundesrat Schimböck, der von Ihnen eingebrachte Antrag konterkariert eigentlich das, was wir wollten, beziehungs­weise tut genau das, was dieses Gesetz gerade getan hat. Um das zu verdeutlichen, muss ich ein bisschen in die Vergangenheit ausholen. Das Heilmasseur-Gesetz wurde zwar in meiner Amtszeit beschlossen, aber da war ich noch Ministerin ohne Porte­feuille. Es war auch eine unendliche Geschichte, und zwar auch zwischen Simmering und Simmering, würde ich sagen, denn da sind sich die Masseure innerhalb der Kam­mer nicht einig.

Herr Bundesminister Haupt, mein Amtsvorgänger, hat lange verhandelt und wollte das unbedingt noch in seiner Amtszeit beschlossen haben. Das Gesetz ist also in den zweieinhalb Monaten zwischen meiner Angelobung als Ministerin ohne Portefeuille und meiner neuerlichen Angelobung als Ministerin für Gesundheit und Frauen beschlossen worden. Es hat sich von Anfang an gezeigt, dass hier Interessenkonflikte innerhalb der Berufsgruppe bestehen. Das Ziel des Gesetzes ist es jedoch, sozusagen zu einem gemeinsamen Berufsbild zu kommen und die Durchlässigkeit zwischen den Sparten des gewerblichen und des Heilmasseurs zu verbessern.

Hinzufügen muss man, dass der gewerbliche Masseur nie Kranke massieren durfte und es auch jetzt noch nicht darf. Es ist meiner Meinung nach ganz wichtig, das festzu­halten. Daher würde ich jedem neu auszubildenden Masseur raten, dass er seine Aus­bildung sowohl im einen als auch im anderen Berufsfeld macht, was ja mit diesem Gesetz kein Problem mehr ist. Allerdings wird es dann auch wichtig sein, die Zeit der Übergangslösung dafür zu nutzen. Die Verlängerung der Übergangslösung dient ja da­zu, dass die Durchlässigkeit erhöht wird, dass wir jenen, die bislang ausschließlich ge-


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werbliche Masseure waren, auch Heilmasseur-Tätigkeiten ermöglichen und umgekehrt auch für den Heilmasseur die gewerbliche Tätigkeit.

Ich denke, dass das im Sinne der Qualitätssicherung ganz, ganz wichtig ist. Ich denke auch, dass wir die Evaluierung des Gesetzes abwarten sollten. Es gibt auch innerhalb der Kammer immer wieder Bemühungen, zu einem Vergleich zu kommen. Ich weiß, dass sich die Kammer sehr intensiv damit beschäftigt und immer wieder versucht, die verschiedensten Gruppen der Masseure auf einen Nenner zu bringen.

Es geht darum – man kann das ja ruhig aussprechen –, dass diese Kurse nicht billig sind, dass einige wenige an der Abhaltung der Kurse verdienen, was andere in der Kammer verständlicherweise ärgert, weil sie sagen: Können würde ich es ohnehin, aber zahlen muss ich trotzdem. Das ist jetzt verkürzt ausgedrückt, aber charakterisie­ren wir das Problem einmal so.

Ich bin bereit, unter Wahrung der Qualitätssicherung – ich habe ja die Interessen der Patientinnen und Patienten zu vertreten – die bestmögliche Ausbildung sicherzustellen, sonst aber gerne auch auf die Wünsche der Gruppen einzugehen, wenn diese Bedin­gung erfüllt ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und der Bundesräte Ing. Kampl und Mit­terer.)

14.50


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer tatsächlichen Berichtigung erteile ich Herrn Bundesrat Schimböck das Wort.

 


14.50.39

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesministerin, ich glaube, auch wir gehen mit Ihnen – so steht es ja auch in diesem Entschließungsantrag – d’accord, dass wir da etwas Posi­tives erreichen wollen. Ich muss nur eines berichtigen: Es war nicht so, dass die ge­werblichen Masseure keine Menschen mit Krankheitsbildern massiert haben, sondern es gab bis 1996 sogar eine Direktverrechnung von gewerblichen Masseuren mit Kran­kenkassen und Sozialversicherungsträgern.

Bis in letzter Zeit wurde noch mit den so genannten Krankenfürsorgen, ein schwierig zu verstehender Terminus – das sind Krankenkassen wie die Magistratskrankenfürsorge, die Lehrerkrankenfürsorge und dergleichen mehr –, abgerechnet – das ist ja zum Teil auch Ihr Ressort.

Zum Dritten gab es ja immer die indirekte Abrechnung, das heißt, bei manchen Kran­kenfürsorgen war es dem Patienten auf Grund des Leistungskataloges möglich, die Leistungen ihrer gewerblichen Masseure, die sie wegen irgendwelcher Erkrankungen beansprucht haben, dort zur Abrechnung vorzulegen. Es gab also durchaus auch bis­her gewerbliche Masseure, die bei Erkrankungen Massagen durchgeführt haben. Das wollte ich nur berichtigt wissen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

14.52


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Kaltenbacher. – Bitte.

 


14.52.15

Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zwei Punkte: Der Inhalt des Arzneiwa­reneinfuhrgesetzes wurde schon erwähnt. Wir werden hier unsere Zustimmung dazu erteilen, auch zur Abänderung des Apothekengesetzes.


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Ergänzend zu dem, was bereits gesagt wurde: Seit Ende der neunziger Jahre hebt der Verfassungsgerichtshof in regelmäßigen Abständen die vorgenommenen Novellen, die ein friedliches Nebeneinander von Hausapotheken und Apotheken regeln sollten, auf – dies insbesondere mit den Argumenten des durch die besondere Bedarfsprüfung ent­stehenden Einkommensschutzes, der unter dem Titel Existenzgefährdung geprüft wird, des Vorrangs der Apotheken vor den Hausapotheken – zwischen Klammern: Er­satzfunktion – und des Eingriffs in das Grundrecht der Erwerbsfähigkeit. Die letzte Auf­hebung – das wurde auch bereits mehrmals erwähnt – datiert von Oktober 2005.

Nun liegt ein Abänderungsantrag vor, der den bisherigen ordnungspolitischen Rahmen neu regelt. Das heißt – das wurde bereits mehrmals erwähnt –, dass in Gemeinden mit nur einem Kassenarzt die Hausapotheke Vorrang vor einer öffentlichen Apotheke hat. Auch das wurde mehrmals erwähnt. Gerade in den ländlichen Regionen – auch ich stamme aus einer solchen – ist ein Arzt mit einer Hausapotheke immens wichtig. Damit wird vom bisher rein bevölkerungsbezogenen Gebietsschutz für ärztliche Hausapothe­ken im Zusammenhang mit der Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke abgegan­gen. Damit ist aus unserer Sicht die Versorgung der Bevölkerung mit Heilmitteln im ländlichen Raum weiterhin sichergestellt.

Die Übergangsfristen – das wurde von der Frau Bundesminister bereits erwähnt – sind der wirklich strittige Punkt. Da fühlen sich Betroffene nicht korrekt behandelt, emp­finden das als Diskriminierung und wollen wiederum zum VfGH gehen. Wir werden sehen, was dabei herauskommt.

Im Mittelpunkt unserer Überlegungen für die Zustimmung steht die Versorgung der Be­völkerung mit Medikamenten. Die unterschiedlichen geographischen Voraussetzungen zwischen den städtischen Ballungszentren und dem ländlichen Raum bedürfen daher eines Mixes von ärztlichen Hausapotheken und Apotheken. Mit dem Abänderungsan­trag wird versucht, unseren Grundgedanken innerhalb der verfassungsmäßigen Rah­menbedingungen zu entsprechen. Für uns ergibt sich nach eingehender Abwägung der Vor- und Nachteile, dass wir dem Abänderungsantrag zum Apothekengesetz unsere Zustimmung geben werden. (Beifall bei der SPÖ.)

14.55


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Perhab. Ich erteile ihm das Wort.

 


14.55.43

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Kollege Schimböck, ich darf auf Ihren Entschließungsantrag eingehen und Ihnen mitteilen, dass unsere Fraktion diesem Entschließungsantrag nicht zustimmen wird, und zwar aus folgender ... (Rufe bei der SPÖ: Na geh! Na so was! Aber geh!) – Lassen Sie mich das vielleicht ein bisschen begründen; die Hauptargumente hat die Frau Bun­desminister schon gebracht.

Das grundsätzliche Anliegen des Bundesgesetzes ist es, die Durchlässigkeit zwischen den Berufen gewerblicher Masseur und Heilmasseur in Zukunft zu fixieren und zu er­möglichen. Wir wissen um die spezifischen Probleme, möchte ich sagen; auch die Frau Bundesminister hat angesprochen, dass bei uns in der Wirtschaftskammer die Berufs­gruppen untereinander noch nicht jenen Kompromiss gefunden haben, der vielleicht in ein paar Jahren möglich sein wird, wenn Dinge wie Kursorganisation, Stundenzahl und so weiter ausverhandelt sind. Der Gesetzesbeschluss ist daher zum jetzigen Zeitpunkt die optimale Lösung, um diese Durchlässigkeit zu garantieren und die Behandlung des kranken Menschen auch durch den gewerblichen Masseur zu ermöglichen und umge­kehrt dem Heilmasseur auch gewerbliche Tätigkeit. Dieses Gesetz ist ein erster Schritt dorthin.


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Ich darf daher folgenden Antrag einbringen:

Antrag

gemäß § 43 GO-BR

der Bundesräte Perhab, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Na­tionalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizini-
scher Masseur- und Heilmasseurgesetz geändert wird (778/A und 1296 d.B. sowie 7491/BR d.B.), keinen Einspruch zu erheben.

*****

Der Antrag ist ausreichend unterstützt. (Bundesrat Boden: Das hat der Präsident fest­zustellen!) – Herr Präsident, ich darf ihn Ihnen überreichen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.57


Vizepräsident Jürgen Weiss: Der von den Bundesräten Franz Perhab, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalra­tes keinen Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht mit in Verhand­lung.

Wortmeldungen dazu liegen nicht mehr vor. Wünscht noch jemand das Wort? – Frau Präsidentin Zwazl. – Bitte.

 


14.58.11

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Kollegen! Ich muss mich jetzt rühren, weil ich immer gehört habe, die Masseure seien nicht in der Lage, zu einer Einigung zu kommen. In der Bundesinnung haben sie die Einigung geschafft. Und es ist auch der Vertreter des SWV, Herr Kommerzialrat Müller, dabei. Ich würde Sie, Herr Kollege, bitten, dass Sie einmal mit Herrn Müller reden und ihn fragen, welche Sicht der Dinge er hat.

Ich möchte nur dazusagen – damit das ein bisschen auseinander gehalten wird –: Wenn man nicht mit dieser Thematik befasst ist, rutscht da einiges durcheinander. Es geht hier nicht um die Ausbildung der Lehrlinge – das ist etwas, wo wir wirklich dahin­ter stehen –, sondern ich glaube ganz einfach, um in der Wirtschaft bestehen zu kön­nen, muss man nach immer höherer Qualifikation in der Ausbildung streben.

Und bitte vergessen wir nicht: Es besteht schon ein Unterschied zwischen einem gewerblichen Masseur und einem Heilmasseur. Es gibt natürlich gewerbliche Mas­seure, die sehr wohl auch Fähigkeiten wie ein Heilmasseur haben, aber ich glaube, das kann man nicht verallgemeinern. Es ist so, dass ein gewerblicher Masseur nur unter Aufsicht eines Arztes kranke Menschen massieren kann. Und ich finde es ganz wichtig und richtig, dass diese Aufschulung gemacht wird. Es gibt einen Stichtag, das ist der 31. Dezember 2003. Gewerbliche Masseure mit diesem Stichtag brauchen nur 400 Stunden zur Aufschulung, während die anderen 874 Stunden zur Aufschulung brauchen.

Das ist wirklich ein solch schwieriges Thema, eine solch heikle Materie, dass ich wirk­lich bitte, dass man das letzte Wort gemeinsam mit der Frau Minister unseren Mas­seuren überlässt.


Bundesrat
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Die Masseure haben sich jetzt auf Bundesebene dazu durchgerungen. Es gibt ja Über­gangsfristen, und wir hoffen, dass es bis dahin ein einheitliches Gesetz gibt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

15.00


Vizepräsident Jürgen Weiss: Gibt es hiezu noch weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht, danke.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneiwareneinfuhrge­setz 2002 und das Apothekengesetz geändert werden.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend eine Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patienten­charta).

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmas­seurgesetz geändert wird.

Es liegt hiezu ein Antrag der Bundesräte Perhab, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, gegen den Beschluss keinen Einspruch zu er­heben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Hiezu liegt ein Antrag der Bundesräte Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend Verbesserung der Rechtsbedingungen für gewerbliche Masseure und Heilmasseure vor.

Ich lasse nun über diesen Entschließungsantrag abstimmen und bitte jene Bundesrä­tinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. (E 205-BR/06.)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der An­trag ist angenommen.

15.02.3712. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und das Inverkehrbringen von Ta-


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bakerzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und den Nichtrau­cherschutz (Tabakgesetz), das Tabakmonopolgesetz und das Tabaksteuergesetz geändert werden (777/A und 1295 d.B. sowie 7480/BR d.B. und 7493/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Einwallner. Ich bitte ihn um den Bericht.

 


15.02.53

Berichterstatter Thomas Einwallner: Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Her­stellen und das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen sowie die Werbung für Ta­bakerzeugnisse und den Nichtraucherschutz (Tabakgesetz), das Tabakmonopolgesetz und das Tabaksteuergesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2006 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Mag. Erlitz. Ich erteile ihm das Wort.

 


15.03.40

Bundesrat Mag. Wolfgang Erlitz (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Das ist ein Thema, das mich immer schon sehr bewegt und interessiert hat, schon als Gesundheitslandes­rat in der Steiermark und jetzt als Präsident des Landesschulrates. Mir geht es jetzt nicht so sehr um den technischen Defekt oder den möglichen technischen Defekt, der mit dem Gesetz verknüpft ist, nämlich dass die EU-Konformität womöglich gar nicht gegeben ist – das heißt, dass es hier möglicherweise Unvereinbarkeiten mit dem EU-Recht bei der Festsetzung von Mindestpreisen gibt –, sondern mir geht es hier um das essentielle gesundheitspolitische Motiv, das damit eigentlich nur schwach, aber doch verfolgt wird, nämlich um eine Anti-Tabak-Strategie.

Diese Anti-Tabak-Strategie ist nach meinem Geschmack hier schon sehr schwach aus­gefallen. Hier hätte ich mir schon einen mutigeren Schritt erwartet. Ich könnte einem mutigen Schritt, auch wenn er nicht EU-konform ist, durchaus einen gewissen Charme abgewinnen, aber dieser Schritt, dieser gesundheitspolitische Schritt, der hiermit ver­knüpft ist, ist weder mutig noch effizient und möglicherweise auch mit einer EU-Klage verbunden. Der Gipfel dieser verfehlten Strategie ist, dass den Mehrertrag beim Ziga­rettenverkauf die Zigarettenhersteller abschöpfen und nicht der Staat in Form von er­höhten Tabaksteuern, die dann wieder in eine entsprechende effiziente Gesundheits­förderung fließen könnten.

Wir wissen, dass wir in Österreich einiges tun müssen in Sachen Bekämpfung der Ursachen sehr vieler chronischer Krankheiten, Frau Ministerin. Die gesundheitlichen Auswirkungen des Nikotinkonsums sind geradezu verheerend, wenn man weiß, dass insgesamt mehr Menschen an den Folgeerkrankungen des Rauchens als an allen anderen Krankheiten sterben, inklusive Unfälle, Drogenkonsum und Selbstmorde. Die Lebenserwartung eines Rauchers wird drastisch verkürzt, im Schnitt um zwölf Jahre. Rund 2,3 Millionen Österreicher rauchen: 1,3 Millionen Männer, 1 Million Frauen – bei den Frauen Tendenz steigend. Alle zehn Sekunden stirbt weltweit ein Mensch an sei­nem jahrelangen Tabakkonsum. In Österreich werden jährlich 14 000 Tote als Folge des Tabakkonsums gezählt. Und diese traurige Entwicklung wird sich auch in den


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nächsten Jahren, weil es eben keine effiziente Anti-Tabak-Strategie gibt, weiter fortset­zen.

Es ist ja bekannt, dass sich vor allem Lungenerkrankungen erst nach einer jahrelangen Verzögerung manifestieren. 85 Prozent aller Lungenkarzinome gehen auf das Rau­chen zurück, 30 Prozent der Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 30 Prozent aller Karzinome, jeder dritte Krebsfall könnte verhindert werden, wenn man das Rauchen vermeidet.

Angesichts dieser dramatischen Zahlen, die hier vorliegen – die kommen ja nicht von irgendwo her, das sind ja wissenschaftlich fundierte Zahlen –, ist es umso unverständli­cher, dass man hier nicht zu griffigen, effizienten, schlüssigen und zielorientierten Maß­nahmen greift, letztlich auch zum Schutz von Schülerinnen und Schülern, von Jugend­lichen, die da hinten sitzen. Wenn man weiß, dass heute 22 Prozent der 13-Jährigen, jeder fünfte 13-Jährige, mehr als fünf Zigaretten täglich rauchen und der Anteil unter den 15-Jährigen bereits 44 Prozent beträgt, dann verstehe ich es umso weniger, dass man in Österreich eigentlich immer nur halbherzig und augenzwinkernd Maßnahmen dagegen ergreift.

Ich stimme überein mit dem Kollegen Mayer, der gesagt hat, Österreich hat ein sehr gutes Gesundheitssystem; da stimmen wir völlig überein. Wir haben ein hervorragen­des System im Bereich ... (Beifall bei Bundesräten der ÖVP.) – Ja, es sind auch viele sozialdemokratische Gesundheitspolitiker am Werk. Nicht nur die Frau Ministerin macht gute Arbeit, auch in den Ländern wird gute Arbeit gemacht.

Wir haben ein hervorragendes Gesundheitssystem, eine hervorragende Reparaturme­dizin, überhaupt keine Frage, toll arbeitende Spitäler; da spielen wir in der Champions League mit. Aber bei der Bekämpfung der Ursachen vieler chronischer Krankheiten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Magen-Darm-Erkrankungen, Leberzirrhosen, Selbstmor­de und so weiter, bei der Ursachenbekämpfung liegt Österreich international gesehen nicht sehr gut. Das heißt, wir stecken zu wenig Geld in die Gesundheitsförderung oder in die -prävention, wenn Sie so wollen. Da liegen wir nicht gut; das kann man nach­lesen.

Bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen zum Beispiel – sie bilden noch immer die häu­figste Todesursache in Österreich – liegt Österreich international gesehen an vorletz­ter Stelle, vor Irland, wo es noch mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen und daraus resul­tierende Tote gibt. Irland wird aber sehr bald diese letzte Stelle, die „rote Laterne“, an Österreich abgeben, denn Irland verfolgt bereits eine sehr effiziente Anti-Raucher-Stra­tegie, indem es zum Beispiel ein Rauchverbot in den Pubs eingeführt hat. Irland hat etwas getan – wir nicht! Das heißt, wir werden bald Letzter sein, wenn wir so weitertun.

Wir diskutieren immer noch darüber, ob man in Schulhöfen das Rauchen erlauben soll, darüber reden wir immer noch – von Pubs reden wir gar nicht. Es wird gesagt, im Schulgebäude selbst darf man nicht rauchen, aber im Hof könnte man es eventuell doch erlauben. Immer so augenzwinkernd wird hier versucht, Maßnahmen zu ergrei­fen.

Es muss unser gemeinsames Ziel sein, durch geeignete Maßnahmen, eben durch Ursachenbekämpfung, die Zahl der Neuerkrankungen und Todesfälle im Bereich so genannter Volkserkrankungen deutlich zu senken, und – das darf ich auch noch dazu sagen – die Präsidentschaft wäre ein sehr guter Anlass dafür gewesen. Irland hat seine EU-Präsidentschaft im Jahr 2004 zum Anlass genommen, entsprechende Maß­nahmen zu ergreifen. Der irische Gesundheitsminister Michael Martin hat gesagt, diese EU-Präsidentschaft ist ein idealer Zeitpunkt, die entsprechende Anti-Tabak-Strategie in Irland umzusetzen, um die Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den nächsten zehn Jahren um 50 Prozent einzudämmen, und es wurde das bereits erwähnte Rauchverbot erlas­sen.


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Die EU-Präsidentschaft wäre auch für Österreich ein guter Anlass gewesen, Frau Minister, ein deutliches Signal im Bereich der Gesundheitsförderung zu setzen, jeden­falls ein deutlicheres Signal, als mit diesen Gesetzen gesetzt wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.10


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Mayer. Ich erteile ihm das Wort.

 


15.10.50

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich freue mich natürlich und muss das noch einmal unterstreichen, wenn Kollege Erlitz unser wunderbares Gesundheitssystem lobt, wenn er sagt, Österreich liegt da im Spit­zenfeld. Da muss ich anfügen: Unsere Bundesministerin hat hervorragende Arbeit ge­leistet. Frau Bundesministerin, Gratulation! Das noch zu sagen hat Kollege Erlitz ver­gessen.

Wenn man über die dramatischen Appelle und über die Gesundheitsproblematik, die der Kollege hier angesprochen hat, nochmals nachdenkt, dann kann ich das in aller Form nur unterstützen. – Kollege Erlitz! Sie haben das wirklich auf die Reihe gebracht, hervorragend!

Da Sie schon so gegen das Rauchen auftreten, könnten Sie vielleicht auch eine Initia­tive starten – dafür wären Sie ja prädestiniert –, dass man draußen vor dem Saal die­sen Raucherraum schließt. Aber ich glaube, da gibt es noch einige Probleme in Ihrer eigenen Fraktion, die Sie noch abklären müssten, lieber Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir aber konsequent an unserem Programm für den Schutz von Nichtraucherin­nen und Nichtrauchern weiterarbeiten wollen, wo wir ja auf einem sehr guten Weg sind – diese Maßnahmen haben wir auch mit Ihrer Zustimmung beschlossen, liebe Kol­leginnen und Kollegen –, dann ist es auch absolut notwendig und richtig, für unsere Ju­gend entsprechende Maßnahmen zu treffen, und der Mindestpreis, Herr Kollege Erlitz, dient insbesondere dazu, die Jugendlichen vom Zigarettenkonsum abzuhalten. Ob das Ganze EU-konform ist oder nicht, das wird sich klären. Auf jeden Fall ist es ein Schritt in die richtige Richtung.

Dass dies eine zielführende Maßnahme ist, ist übrigens nicht von unserer Gesund­heitsministerin oder von der ÖVP erfunden worden, sondern wird belegt durch eine klar dezidierte Feststellung der WHO, genauer gesagt der WHO Framework Convention on Tobacco Control, die preisbezogene Maßnahmen als wichtiges und wirksames Mittel zur Verminderung von Tabakkonsum in verschiedenen Bevölkerungsgruppen, insbe­sondere bei jungen Menschen, als zielführend bezeichnet.

Wenn Sie der WHO nicht glauben, dann darf ich Ihnen noch von der Anti-Tabak-Stra­tegie der WHO-Europa berichten, die angibt, dass die internationalen Fakten darauf hindeuten, dass der Preis und die Anhebung der Tabaksteuern zu den wirksamsten Elementen einer umfassenden Anti-Tabak-Politik zählen.

Es ist eine essentielle gesundheitspolitische Strategie, so wie Sie erwähnt haben, wenn wir diese Raucherprävention in diesem Umfang, wie wir sie begonnen haben, konsequent weiter betreiben. Wir dürfen also davon ausgehen, dass hohe Tabakpreise den Tabakkonsum senken. Besonders Jugendliche greifen dann weniger zur Zigarette, wenn der Preis hoch ist. – Da darf ich Sie fragen: Liegt Ihnen die Gesundheit der Ju­gendlichen am Herzen? Ja? – Dann stimmen Sie dem Gesetzesantrag zu! Es gibt da­zu keine Alternative.


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Diese Maßnahme ist außerdem erforderlich, um den Versuch der Tabakkonzerne zu unterbinden – und wir sind auf dem besten Wege dazu –, einen Preiskampf auf dem Rücken der Jugendlichen zu beginnen. Man braucht kein Prophet zu sein: Wenn der Preis für eine Schachtel Zigaretten bei 2 € oder darunter liegt, haben wir noch mehr Jugendliche, die auf diese Lockangebote, auf diese Dumpingpreise reagieren und zu rauchen beginnen.

So müssen uns auch einige Zahlen zu denken geben, die zeigen, wie stark unsere Ju­gend bereits mit dem Rauchen beschäftigt ist, im wahrsten Sinn des Wortes. Ich zitiere aus einer Studie: In der Gruppe der 15-Jährigen rauchen 37 Prozent der Mädchen – Rauchen ist in fortschreitendem Maße ein Problem geworden, das insbesondere auch Mädchen betrifft –, und 26 Prozent der Burschen rauchen mindestens einmal in der Woche. Jeder Dritte über 15 Jahre ist bereits eine Raucherin oder ein Raucher. Und wie wir alle wissen, werden auch die Kinder, also die unter 14-Jährigen, immer mehr zu Rauchern. Angesichts dieser Zahlen kann nur jede erdenkliche Maßnahme zielführend sein.

Es ist – und das muss ich jetzt in dieser Form sagen – eine Binsenweisheit, wenn man sagt, das Ganze geht nur über die Steuererhöhung. Lieber Kollege Erlitz, wenn man einen höheren Mindestpreis hat, der höher als ein Dumpingpreis ist, dann gehen damit selbstverständlich auch die Steuern in die Höhe. Das ist, glaube ich, eine logische Sache! (Bundesrat Mag. Erlitz: Ein mutiger Schritt, habe ich gesagt!) Ja, ein mutiger Schritt ist eben auch dieser Mindestpreis! Und wenn wir einen Mindestpreis haben, der höher als der Dumpingpreis ist, dann haben wir auch mehr Steuereinnahmen. Das ist nur logisch!

Zusätzlich wird mit diesem Antrag geregelt, dass Preisabschläge, Rabatte, die natürlich zu einer Marktverschärfung beigetragen hätten, auch von dritter Seite nicht gewährt werden können. Damit schützen wir auch den kleinen Trafikanten und ermöglichen ihm, im Wettbewerb zu bestehen.

Abschließend möchte ich noch anmerken, es gibt diesen Weg, ohne reflexartig gleich die Steuern zu erhöhen, lieber Kollege, eben die Regelung über den Mindestpreis.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie nochmals auffordern: Stimmen Sie die­sem Antrag zu, denn der Jugendschutz sollte uns doch näher sein als die Parteipoli­tik! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszuge­hörigkeit.)

15.16


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Einwallner. Ich erteile ihm das Wort.

 


15.16.23

Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir zu Beginn wichtig, fest­zuhalten – gerade jetzt auf Kollegen Mayer noch einmal zurückkommend –, dass wir natürlich Maßnahmen unterstützen, die die Menschen vor Tabakkonsum schützen. Das steht außer Streit. Es ist uns auch besonders wichtig, gerade die jungen Men­schen vor Tabakkonsum zu schützen und präventive Maßnahmen speziell für Jugend­liche zu setzen.

Ich freue mich schon auf unsere gemeinsame Initiative, Edgar Mayer. Wir schaffen es im Land nicht, dass wir rauchfreie Schulhöfe haben. In Vorarlberg hat es jetzt eine Dis­kussion über die Rauchfreiheit in Schulhöfen gegeben. Ich bin dafür, dass in Schulhö­fen keine Zigaretten mehr geraucht werden dürfen. Also ich freue mich darauf, dass wir


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dieses Thema gleich, wenn wir wieder in Vorarlberg sind, anpacken können und uns gemeinsam fraktionsübergreifend für rauchfreie Schulhöfe einsetzen werden.

Der Mindestpreis ist eine Möglichkeit – wir sind nur mit der Art und Weise, wie dieser Mindestpreis zustande kommt, nicht einverstanden, meine Damen und Herren. Wir sind der Meinung, dass dieser Mindestpreis über die Tabaksteuer erzielt werden soll und dass diese Mehreinnahmen an Steuern dann direkt in präventive Maßnahmen flie­ßen sollen. Aber heute soll beschlossen werden, dass durch diesen Mindestpreis die Tabakkonzerne wesentlich profitieren werden. Das sind jene, die von dieser Regelung profitieren werden. Leider wird sich auch bei den kleinen Trafikanten nichts ändern, da wird die Situation gleich bleiben, weil diese Regelung dazu führt, dass es zu Gewinn­zuwächsen bei Tabakkonzernen kommen wird.

Es hätte nämlich auch eine andere Möglichkeit gegeben, und zwar folgende: die Min­destspanne der Trafikanten anzuheben und so einen Mindestpreis zu erzielen. Diese Regelung wäre für uns vertretbar gewesen und hätte auch den kleinen Trafikanten unterstützt und Einnahmenrückgänge ausgeglichen.

Neben dem Mindestpreis für Zigaretten braucht es aber meiner Meinung nach noch weitere Schritte, und ich denke, dass da wirklich – und Kollege Erlitz hat es schon an­gesprochen – viele europäische Länder schon einen Schritt weiter sind als wir. Ge­nannt wird immer Irland, genannt wird immer Italien, wo es vor allem den Bereich der rauchfreien Gastronomie gibt. Ich möchte auch ein Nachbarland von uns nennen, nämlich die Schweiz, wo es jetzt eine Abstimmung im Tessin darüber gegeben hat, ob es eine rauchfreie Gastronomie geben soll oder nicht. Meine Damen und Herren! Die Stimmbürger im Tessin haben sich zu 79 Prozent – man beachte: zu 79 Prozent! – dafür entschlossen, dass im Bereich der Gastronomie nicht mehr geraucht werden soll.

Ich kann diesem Vorgehen sehr viel abgewinnen, weil wir durch viele Untersuchungen auch wissen, dass Passivrauchen zu sehr vielen Erkrankungen und auch zu Todesfäl­len führt. In der Schweiz schätzt man, dass es ungefähr 1 000 Todesfälle nur durch Passivrauchen gibt. Für mich wäre interessant, Frau Minister: Gibt es vergleichbare Zahlen auch in Österreich? Für mich wäre interessant, Frau Minister: Wie ist Ihre Posi­tion dazu? Wie sehen Ihre Ziele auf diesem Gebiet aus? – Ich persönlich würde es sehr begrüßen, wenn wir uns auch einen Schritt in die Richtung entwickeln könnten, dass wir zu einer rauchfreien Gastronomie in Österreich kommen. (Ruf bei der ÖVP: Haben wir schon!)

Das Problem ist, es gibt rauchfreie Zonen, lieber Kollege, aber jede internationale Un­tersuchung zeigt auf, dass nur strikte Verbote wirklich gute und sinnvolle Maßnahmen sind. In Italien läuft diese rauchfreie Gastronomie jetzt ein Jahr lang, und man schätzt, dass es jetzt in Italien um 500 000 Raucher weniger gibt. Das sind also Maßnahmen, die greifen und die wirken! Wenn ich da die Zahlen des Kollegen Erlitz höre, dann ist ganz klar, dass wir hier ansetzen müssen und hier etwas tun müssen und nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag warten dürfen.

Ich bin daher gespannt auf Ihre Antwort, Frau Minister, wie Ihre Position dazu tatsäch­lich ist. Ich hoffe, dass wir in diesem Punkt nicht weit auseinander liegen, sondern dass Sie da auch in diese Richtung gehen.

Einen Punkt hat Kollege Erlitz angesprochen – er wurde leider im Ausschuss auch nicht ausführlich beantwortet –, nämlich die EU-Konformität dieses Gesetzes. Vielleicht können Sie mir auch dazu kurz sagen, wie Sie das Ganze einschätzen. Das wäre sehr interessant.

Zusammenfassend möchte ich noch einmal festhalten: Wir Sozialdemokraten sind für sinnvolle präventive Maßnahmen vor den Auswirkungen des Tabakkonsums. Wir sind


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auch für eine Mindestpreisregelung, aber auf einem anderen Weg, nämlich über die Tabaksteuer. Das wäre aus unserer Sicht die klügere Maßnahme, es wäre auch volks­wirtschaftlich klüger. Wir sind für eine Regelung, die den Trafikanten etwas mehr Span­ne gegeben hätte. Man hätte sie dann zum Beispiel auch mit verpflichten können, aktiv Aufklärungsarbeit zu betreiben; das hätte man mit dem Anheben der Mindestspanne mit einfordern können. Das wären Lösungsmöglichkeiten gewesen.

Grundsätzlich bin ich der Überzeugung, dass wir effektive, gute Maßnahmen gegen das Rauchen dringend brauchen. Ich bin auch sofort Partner, wenn es um das rauch­freie Vorzimmer geht. Auch hiefür wird es wahrscheinlich fraktionsübergreifend Unter­stützung geben. Da kommen wir zusammen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.22


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Nichtraucherin erteile ich Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker das Wort. (Heiterkeit.)

 


15.22.58

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich glaube, dass dies ein Punkt ist, bei dem all jene, die es ernst meinen, oder ein Teil davon, sicher nicht hier im Raum sein müssen, wenn abgestimmt wird – nach dem, was ich rundherum so höre.

Was diese Vorlage betrifft, so glauben wir, dass diese Mindestpreisregelung sehr wohl dem Jugendschutz dienlich ist, dass sie dazu geeignet ist, Jugendliche davor zu schüt­zen, das erste Mal zu Zigaretten zu greifen oder regelmäßig zum Zigarettenkonsum zu neigen.

Der andere Punkt ist, dass Mindestpreise mit ziemlicher Sicherheit nicht Erwachsene, die über ein bestimmtes Budget verfügen, vom Zigarettenkonsum abhalten. Dafür ist das Konsumverhalten zu nahe am Suchtverhalten. Und es ist völlig klar, dass Leute natürlich dazu neigen, mehr dafür zu zahlen, wenn sie etwas wirklich gerne möchten.

Also noch einmal: Definitiv ermöglicht es dieses Gesetz, beziehungsweise es dient da­zu, Jugendliche zu schützen – und das muss im Vordergrund stehen, wenn wir von Vorsorge und von Gesundheitsvorsorge reden. Wobei mir bei allen dreien meiner Vor­redner eines aufgefallen ist – und das ist spannend –: dass immer vom Schutz der Menschen vor Rauch und allem, was dazu gehört, gesprochen wird und immer das Rauchen das große Thema ist und als Todesursache hervorgehoben wird. Ich habe hingegen von keinem der drei Vorredner gehört, dass er das Thema Sucht und Alkohol erwähnt hätte (demonstrativer Beifall bei Bundesräten der ÖVP) – ein Thema, das ich für mindestens ebenso heikel halte, insbesondere im Bereich der Jugendlichen! Frau Ministerin, ich würde mir ein derart engagiertes Vorgehen auch im Bereich all dieser Alkopops wünschen, die tatsächlich eine Verführung darstellen, die heikel ist – und meiner Meinung nach heikler ist als irgendetwas anderes, das im Moment in dieser Form vorhanden ist.

Wenn davon die Rede ist, Präsidentschaften zu nützen, so gibt es eine Menge, was in diesem halben Jahr noch alles geschehen könnte und sollte und was wir der Frau Ministerin auf den Weg mitgeben können. Wenn jetzt Kollege Erlitz das Beispiel Irland als Vorbild genommen hätte und das, was dort geschehen ist, nämlich die Einführung der rauchfreien Pubs, oder wenn vom Kollegen Einwallner Italien genannt wurde, wo man überhaupt eine rauchfreie Gastronomie eingeführt hat, dann, denke ich mir, ist es an der Zeit, auch hier einmal zu sagen: Alles mit Maß und Ziel!, und einmal genau zu schauen: Worauf kommt es an, und was wollen auch die Menschen in diesem Land? – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

15.25



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Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl.

 


15.25.57

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! In Österreich entstehen jährlich etwa 2 Milliarden € an Folgekosten durch das Rauchen. Das Rau­chen trägt zwar sicherlich auch zum Steueraufkommen bei, aber die Gesundheit sollte uns doch allen vorgehen. Zu den Problemen, die durch das Rauchen entstehen, zäh­len zusätzliche und frühzeitige Arbeitsunfähigkeit und vor allem auch vorzeitige Pensio­nen.

20 Prozent der Burschen und 25 Prozent der Mädchen im Alter von 15 Jahren rau­chen. Sinnvoll wäre es – und das sollte auch das Ziel sein –, bundeseinheitlich in allen Schulen ein Rauchverbot einzuführen. Sollte durch das neue Tabakgesetz eine Redu­zierung des Rauchens möglich sein, dann wäre das neue Gesetz letztendlich für uns alle von besonderer Bedeutung.

Es ist bekannt – und wir haben es ja bisher feststellen können –, dass die Anhebung der Tabakpreise zwar auf die Zigarettenpreise drückt, aber keine Verminderung des Zi­garettenaufkommens bewirkt. Das Ziel des neuen Tabakgesetzes sollte sein, einen Mindestpreis für Zigaretten für Jugendliche zu ermöglichen.

Ich war gestern in einer Trafik in meiner Heimatgemeinde und habe mit der Trafikantin einmal über ihren Vorrat, über ihren Vertrieb gesprochen. 115 verschiedene Sorten gibt es in den Trafiken – wobei es in den städtischen Bereichen sogar noch mehr gibt. Die Preise liegen im Bereich von 3,70 € bis 2,80 € pro Schachtel zu 20 Stück. Gesetzliche Hinweise, dass das Rauchen schädlich ist – auf allen Schachteln sind ja, für alle Rau­cher sichtbar, starke Aufdrucke wie zum Beispiel: „Rauchen verursacht tödlichen Lun­genkrebs“, „Rauchen kann tödlich sein“ oder „Rauchen kann Ihre Gesundheit gefähr­den“ angebracht –, bewirken keinen Zigarettenverzicht. Es war bei der Einführung die­ser zwingenden Aufschrift ein kleiner Einbruch beim Zigarettenkonsum zu verzeichnen, aber das hat sich alles wieder zur Gänze ausgeglichen.

Viele Krankheiten haben als Ursache das Rauchen: Herzkrankheiten, Erkrankungen von Lunge beziehungsweise Atmungsorganen – ja selbst Kinderlosigkeit kann laut Ärz­ten im Rauchen seine Ursache haben. Vielleicht, Frau Minister, sollte für alle Schulen an einem Tag im Jahr ein Krankenhausbesuch verpflichtend eingeführt werden.

Wir kennen nämlich diese Problematik: Wenn wir einen Kollegen oder jemanden von der Gemeinde in einer solchen Station besuchen, dann kommen wir nach Hause und sind alle sehr berührt, wenn er erzählt hat, dass er 40 oder 60 Zigaretten pro Tag ge­raucht hat, und nun diesem Elend seiner letzten Monate entgegengeht. Ich glaube daher, wir sollten alle auch den jungen Menschen einmal ganz eindringlich vor Augen führen und ihnen einmal zeigen, welche Folgen das Rauchen hat. Wir sehen ja auch sonst verschiedene verpflichtende Aufgaben für Schüler vor und treffen verschiedene Verfügungen, und vielleicht sollte man auch über diesen Vorschlag einmal nachden­ken. Ich glaube, solch ein Krankenhausbesuch würde viele Jugendliche überhaupt und sofort vom Rauchen abhalten.

Man sollte auch versuchen, davon zu überzeugen, dass die als negativ zu wertenden Raucherzentren zu Nichtraucherzentren gemacht werden sollten.

Notwendig ist für Zigaretten die gesetzliche Festsetzung eines Mindestpreises, das ist sicher richtig – und das ist etwas, was aus der Sicht von uns Landwirten eigentlich auch für alle Grundnahrungsmittel, Frau Ministerin, höchst notwendig wäre. Vor allem bei der Milch könnte ich mir das sehr gut vorstellen! Wenn man das bei den Zigaretten


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macht, dann sollten wir uns aber wirklich nicht scheuen, endlich auch bei der Milch einen festgesetzten Mindestpreis zu erreichen.

Vergleicht man die Zigarettenpreise in Europa, dann stellt man fest, dass sie zum Beispiel in Tschechien um 60 bis 70 Prozent billiger sind als in Österreich – in England hingegen um 60 bis 70 Prozent teurer als in Österreich, wobei es noch die Auflage eines Rauchverbotes im Auto gibt.

Mit diesem Gesetz sollten wieder Verbesserungen für unsere Jugend erzielt werden. Ich werde dem Gesetz gerne die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall des Bundes­rates Mitterer sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

15.31


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Zwazl. Ich er­teile ihr das Wort.

 


15.31.35

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe KollegInnen, vorab einmal eine tatsächliche Berichtigung, meine eigene Person betreffend:

Ich stamme aus Klosterneuburg. Ich habe nicht gewusst, dass man hier der Meinung ist, ich komme „aus der Pampa“. – Für die, die nicht wissen, wo die Pampa ist, möchte ich es nur einmal sagen: Die Pampa ist eine Grassteppe, wie wir alle wissen, im süd­östlichen Südamerika, an der Mündung des Rio de la Plata in Argentinien.

Alle, die meine schöne Heimat Klosterneuburg mit einer Grassteppe verwechseln, tun mir Leid! Und ich sage Ihnen jetzt hier offen und ehrlich: Ich habe es satt, dass meine Stadt verunglimpft wird, dass es bösartige Artikel in der Zeitung gibt, dass man sagt, nach Klosterneuburg kommt man nur zum Schlafen und zum Sterben, dass man hier Klosterneuburg mit der „Pampas“ vergleicht – obwohl es ja keine Mehrzahl gibt, son­dern nur die eine.

Ich möchte in Ihre Richtung sagen: Wir haben in Maria Gugging bislang immer einen sozialistischen Ortsvorsteher gehabt. Bei der letzten Wahl, ich habe mir das herausge­sucht, hat es so ausgeschaut: 155 ÖVP, 303 SPÖ, 21 FPÖ und 40 Grüne. – Ich weiß nicht, wie die Gemeinderatswahlen ausschauen werden und welchen Ortsvorsteher wir haben werden, wenn die Verunglimpfung unserer schönen Heimatstadt weiterhin so vor sich geht. (Bundesrat Kraml: Wer hat das gesagt?) Ich lade Sie sehr gerne ein, sich Klosterneuburg einmal anzuschauen: In Klosterneuburg haben wir die zweithöchs­ten Grundstückspreise in Österreich! (Weitere Rufe bei der SPÖ: Wer hat das ge­sagt?) – Ich muss mir das die ganze Zeit sagen lassen, und Sie hören mir jetzt zu! – So.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt zum eigentlichen Thema meines Rede­beitrages, zur vorliegenden Gesetzesnovelle, die von Seiten der Wirtschaft zu befür­worten ist und natürlich auch von unseren Trafikanten mitgetragen wird.

Warum sind wir für diese Mindestpreis-Regelung? Was ist nun der eigentliche Hinter­grund für diese Mindestpreis-Regelung für Zigaretten? – Wie wir wissen, waren wir alle in den letzten Monaten verstärkt mit der Werbung für Billig-Zigaretten konfrontiert, und durch diese Billig-Zigaretten ist ein enormer Preiskampf eingetreten, und ein Verdrän­gungswettbewerb hat bereits begonnen.

Es sind seit Beginn dieses Jahres die Preise für 44 Zigarettensorten unter 3 € pro Pa­ckung gesenkt worden. Mir sind die Ablehnung dieser Mindestpreis-Regelung seitens der SPÖ im Zuge der Abstimmung im Nationalrat und auch die Aussagen von Ihnen, Herr Einwallner, völlig unverständlich. Der Vorschlag von Ihnen war, dass der Mindest-


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preis im Wege der Tabaksteuer erzielt werden soll, und gleichzeitig hätte man damit die Mindestspanne für die Trafikanten erhöhen können.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eine weitere Erhöhung der Tabaksteuer erhöht zwar die Mindestpreise, bewirkt aber natürlich auch eine generelle Erhöhung der Ta­bakpreise – und wir wissen ja bereits, dass die bisherigen schrittweisen Steuererhö­hungen nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland, Italien und in den ande­ren Ländern zu einer schrittweisen Erhöhung des Zigarettenschmuggels geführt haben. Die meistverkaufte Preisklasse ist im Vorjahr bei 3,40 € gelegen – wenn diese weiter erhöht wird, dann verstärken wir damit, bitte, nur das Schmuggelproblem.

Der Zigarettenschmuggel wird uns ohnehin weiterhin noch genug beschäftigen, denn die Anzahl der geschmuggelten Zigaretten ist von 2,5 Milliarden Stück im Jahr 2004 auf 3,6 Milliarden Stück im letzten Jahr angestiegen. Man muss sich das überlegen: 20 Prozent der in Österreich gerauchten Zigaretten sind bereits Schmuggelware!

Was die Handelsspanne unserer Trafikanten betrifft, so rufe ich nur in Erinnerung und weise hin auf die von uns im Vorjahr beschlossene Tabakmonopolgesetz-Novelle, die wir einstimmig beschlossen haben. Darin haben wir eine Mindest-Handelsspanne für unsere Trafikanten festgelegt: Der Trafikant erhält damit jedenfalls die Spanne, die ihm beim Preis von 3,30 € pro Packung zusteht. Das bedeutet, dass auch beim Verkauf von Billig-Zigaretten der Trafikant diese Spanne hat.

Das Risiko des derzeitigen Preiskampfes ist einfach, dass über kurz oder lang die Ba­sis von 3,30 € nach unten reduziert werden müsste und damit natürlich auch für unsere Trafikanten die Handelsspanne sinkt – und das können wir ganz einfach mit dieser Mindestpreis-Regelung verhindern.

Ich möchte Ihnen nur ein Argument und eine Frage einer Trafikantin an mich weiterge­ben, die gesagt hat: Sagen Sie, was nützt mir eine höhere Handelsspanne, wenn durch die höhere Tabaksteuer nur der Schmuggel zunimmt und ich damit noch weniger ver­kaufen kann? – Ich darf das sagen, ich bin Nichtraucherin. Aber es wird eben immer Leute geben, die rauchen. Ich schließe mich natürlich gerne an, wenn es darum geht, dass im Vorzimmer nicht mehr geraucht werden soll. – Aber ich glaube ganz einfach, es wird nicht weniger geraucht, sondern es wird nur weniger in Österreich eingekauft, und damit wird der Schmuggel ansteigen.

Noch etwas: Ich habe heute schon ein paar Mal Zahlen gehört, wie viele Arbeitsplätze hier auf dem Spiel stehen, daher möchte ich euch diese auch noch sagen: In Nieder­österreich sind es 2 976 Arbeitsplätze, und in ganz Österreich sind es 12 172. – Darum ist es, glaube ich, für uns ganz wichtig, dass wir darauf achten, dass unsere Trafikan­ten von ihrem Geschäft auch leben können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesräte Mitterer und Ing. Kampl.)

15.37


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach (den Vorsitz übernehmend): Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


15.37.54

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Frau Vorsit­zende! Hohes Haus! Ich freue mich sehr, dass diese Diskussion hier so engagiert ge­führt wurde, weil dieses Thema auch mir ein ganz, ganz wichtiges Anliegen ist, und ich möchte daher auch dazu Stellung nehmen.

Herr Bundesrat Erlitz, ich gebe Ihnen hundertprozentig Recht, was die Schäden betrifft, die Rauch, Tabakrauch anrichtet, und zwar sowohl bei Aktivrauchern als auch bei Pas­sivrauchern, und wie hoch nicht nur die Kosten im Gesundheitssystem sind, sondern letztendlich der Preis ist, den die Betroffenen selbst zahlen: Verlust an Lebensjahren,


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Verlust an Lebensqualität, Schädigungen, Lungenkrebs, Brustkrebs – wir wissen, dass alle Krebsarten auch durch Rauchen verstärkt werden – und vieles andere mehr. Und ich sage Ihnen, ich weiß, wovon ich rede: Mein Vater, selbst ein schwerer Raucher, doppelt belastet, weil Gastwirt, ist mit 58 an Lungenkrebs gestorben. Ich war damals 17. Ich weiß also, wovon ich rede.

Ich bin als Kind im Rauch aufgewachsen, im Gasthaus und natürlich auch in der eige­nen Wohnung. Beide Brüder, die um zehn und elf Jahre älter waren, waren schwere Raucher. Also ich habe als Kind viel mitbekommen.

Ich habe dann bis zu meinem 35. Lebensjahr keine Zigarette angerührt – ich war mit einem militanten Nichtraucher verheiratet. Ein Teil meiner Emanzipationsbewegung war dann, dass ich begonnen habe zu rauchen – allerdings maximal ein Päckchen pro Monat, und das auch nicht inhaliert. (Heiterkeit und Zwischenruf der Bundesrätin Kerschbaum.) – Da kann ich daher nicht mitreden.

Am Tag meiner Angelobung war mir allerdings klar, dass es keine Zigarette mehr in meinem Leben geben wird – vor allem seit ich jetzt auch so deutlich sehe, welche Schäden dabei angerichtet werden. Das überzeugt letztendlich.

Herr Kollege Einwallner hat mich gefragt, was mein Ziel ist, und das möchte ich Ihnen gerne sagen: Mein Ziel ist der größtmögliche Schutz aller Nichtraucherinnen und Nicht­raucher und vor allem der Kinder. In diesem Zusammenhang ist natürlich auch der Schutz der Ungeborenen und somit der schwangeren Frauen von großer Bedeutung. Ferner ist auch der größtmögliche Gesundheitsschutz der Raucherinnen und Raucher wichtig, indem wir ihnen Hilfen und Unterstützung beim Ausstieg aus der Sucht anbie­ten.

Frau Kollegin Lichtenecker hat es bereits vollkommen richtig gesagt: Nikotin bedingt Suchtverhalten, und zwar in noch stärkerem Maß als Alkohol. Ich will jetzt den Alkohol nicht verharmlosen – Gott bewahre! –, und ich bin bei Ihnen, dass wir auch diesbezüg­lich ganz starke Maßnahmen setzen müssen, vor allem bei den harten Getränken. Aber wir wissen, dass die Sucht bei Nikotin weitaus früher einsetzt als bei Alkohol, dass Alkohol nicht süchtig macht, wenn er in kleinen Dosen regelmäßig getrunken wird. Alkohol muss in sehr hohen Dosen getrunken werden, bei Zigaretten hingegen tritt das Suchtverhalten – je nach Konstitution, das ist auch unterschiedlich –nach sehr wenigen Zigaretten ein. Wir wissen von Raucherinnen und Rauchern, die jahrelang nicht geraucht haben, dass viele nach der ersten Zigarette, die sie wieder rauchen, wiederum voll in der Sucht drinnen sind und mit derselben Menge fortsetzen, bei der sie Jahre davor aufgehört haben. – Wie gesagt: Das Suchtpotential ist bei Nikotin weit­aus höher.

Was will ich? – Das zu betonen, ist mir ganz wichtig: Ich will niemanden, der erwach­sen ist, bevormunden. Das sei auch den Trafikanten gesagt, die eine Zeit lang behaup­tet haben, dass ich Menschen entmündigen will. Nichts liegt mir ferner! Jeder kann sich entscheiden. Nikotin ist ein legales Suchtgift, das soll man ruhig sagen. Es gibt auch illegale Suchtgifte, aber Nikotin ist ein legales Suchtmittel in Österreich, und ich habe nicht vor, irgendjemanden zu bevormunden.

Ich habe jedoch vor, die Kinder nach Möglichkeit am Einstieg zu hindern. Das muss uns ein Anliegen sein! (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der Freiheitlichen und der SPÖ.) Wir wissen, dass in diesem Alter die Suchtgefährdung im Hinblick auf das ganze Leben besonders groß ist und in diesem Alter natürlich auch die Gesundheitsschäden von im Aufbau begriffenen Körpern ganz enorm sind.


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Was ich nicht will – und das sage ich Ihnen auch ganz offen – ist ein Kampf der Nicht­raucherinnen und Nichtraucher gegen die Raucherinnen und Raucher oder umgekehrt. (Demonstrativer Beifall der Bundesrätin Dr. Lichtenecker.)

Ich wünsche mir, dass es in Österreich eine friedliche Koexistenz von beidem gibt, allerdings bei größtmöglichem Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher, der Kinder und jener Raucher, die es sich abgewöhnen wollen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der Freiheitlichen und der Grünen.)

Was haben wir dafür getan? – Wir haben einiges getan, und Sie haben es dankens­werterweise zum Teil mit beschlossen, sodass es auch Einstimmigkeit gab. Wir sind nicht den radikalen irischen oder italienischen Weg gegangen. Dazu muss ich sagen: Es gibt enorme Einbußen im Tourismus in Italien. Über die Auswirkungen auf Gastro­nomie und Fremdenverkehr sollten wir auch reden. Ich werde darauf noch zurückkom­men.

Ich werde Ihnen meine Ziele ganz genau schildern: Wir haben versucht, einen österrei­chischen Weg zu gehen, aber nicht augenzwinkernd. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Erlitz.) – Auf das „Augenzwinkern“ komme ich noch zurück, Herr Bundesrat Erlitz!

Erinnern Sie sich ehrlicherweise an die Gesundheitsreform 2004, beschlossen im De­zember 2004 auch vom Bundesrat hier in diesem Raum: Damals haben wir ein umfas­sendes Nichtraucherschutzpaket beschlossen. Wir haben zunächst eine Erhöhung der Tabaksteuer um 18 Cent beschlossen. Wir hätten da gerne noch mehr gemacht, auch Herr Landeshauptmann Pühringer für die Bundesländer, weil das Geld ja für die Ge­sundheitsförderung, die Sie zu Recht angesprochen haben, vorgesehen war. Der Fi­nanzminister hat jedoch gewarnt, indem er sagte: Je höher wir das machen, desto mehr wird geschmuggelt und desto weniger wird hereinkommen.

Im Zusammenhang mit der Erhöhung um 18 Cent wurden Einnahmen von 90 Millio­nen € prognostiziert. Davon sind wir ausgegangen. Leider waren es im Endeffekt nicht einmal 30 Millionen €, sondern wir halten jetzt bei 15 Millionen €. Die Gründe dafür kann man untersuchen: Entweder haben sich so viele Leute das Rauchen abge­wöhnt – das wäre gut! – oder es wird um so viel mehr geschmuggelt: Das wäre nicht gut, weil geschmuggelte Zigaretten – wie wir auch wissen – noch viel gesundheits­schädlicher sind. Nicht dass die anderen Zigaretten gesund wären, aber die ge­schmuggelten sind wegen Verunreinigungen und, und, und noch viel gesundheits­schädlicher, und natürlich schädigt es auch die Trafikanten, wenn die Zigaretten nicht in Österreich gekauft werden.

Das heißt: Wir haben die Tabaksteuer schon erhöht, und nun wird gezögert, sie weiter zu erhöhen. Außerdem haben wir – bleiben wir beim Preis, Frau Bundesrätin Zwazl hat es ja schon gesagt – vorigen September die Mindestspanne für die Trafikanten ange­hoben. Sie haben es dankenswerterweise mit beschlossen.

Betreffend Mindestpreisregelung habe ich auch überlegt und habe mich mit Finanzex­perten beraten, ob es andere Möglichkeiten gibt, weil Sie immer sagen, dass die Kon­zerne davon profitieren: Eine Variante wäre eine generelle Anhebung der Tabaksteuer. Das hätte aber wiederum zur Folge, dass noch mehr geschmuggelt wird. Und ob eine gesplittete Tabaksteuer, sozusagen eine hohe Tabaksteuer für billige Zigaretten und eine niedrige für teurere Zigaretten, überhaupt verfassungskonform wäre, weiß ich nicht, sie würde aber natürlich nicht dazu führen, dass die Konzerne deswegen verbilli­gen, sondern dann würden sie es sich genau ausrechnen. Selbst wenn wir den Höchst­satz der in der EU zulässigen Tabaksteuer nehmen, kämen wir bei den Preisen, die jetzt im Preiskampf der Konzerne in Diskussion sind, nicht auf diesen Mindestpreis. Das heißt: Wir müssten einen Kombinationspreis machen. Letztendlich hat auch der


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Finanzminister gesagt, dass bei der Mindestpreisregelung am meisten herein kommt, weil natürlich bei einem höheren Preis auch die Steuer höher wird. – Auch das haben die Kollegen schon gesagt.

Hinzu kommt, dass die Konzerne den Preis dann dort anheben werden, wo sie müs­sen, und natürlich bleibt ihnen dann etwas mehr Geld, aber es gibt keine legale Form, anders zu diesem Geld zu kommen. Sie fragen, ob diese Regelung vom EuGH aufge­hoben werden wird. – Das in diesem Zusammenhang von Ihnen so gepriesene Italien hat diese Regelung, und sie ist bis jetzt nicht angefochten beziehungsweise aufgeho­ben worden. Wir tun also nichts Neues. Es gibt auch noch ein zweites Land, das eine solche Regelung hat, aber es fällt mir jetzt nicht ein. Sie haben jedenfalls Italien genannt, und diese Regelung gilt in Italien, ist dort akzeptiert und wurde, wie gesagt, in der EU bislang nicht angefochten oder aufgehoben.

Welche Maßnahmen haben wir in diesem Nichtraucherschutzpaket noch getroffen?  Herr Bundesrat, wir haben zusätzlich zu den schon bestehenden Rauchverboten – und da haben die Schulen und natürlich alle Arbeitsräume schon dazugehört – das Rau­chen im gesamten öffentlichen Raum generell verboten, wobei aber die Möglichkeit be­steht, dass der Betriebsinhaber oder der Veranstalter Räume bezeichnen kann, in wel­chen geraucht werden darf, wenn dabei kein einziger Nichtraucher zu Schaden kommt.

Ich komme zur Gastronomie dann noch extra. Ich darf Ihnen aber jetzt schon sagen, dass „öffentlicher Raum“ jeder überdachte Raum ist, zum Beispiel auch das Parlament. Und apropos „augenzwinkernd“: Ich bin sehr froh, dass in den Couloirs des Nationalra­tes, in denen es oft unerträglich war, durch die Glasfenster jetzt sehr gute Luft für alle ermöglicht wird. Diejenigen, die in den abgetrennten Raum gehen, müssen zum Teil eh keine Zigarette mehr anzünden, sondern sie müssen ohnedies nur inhalieren, weil es dahinter so sehr raucht; auf diese Weise spart man auch Geld! Diese Lösung ist aber noch nicht im ganzen Haus umgesetzt, und ich bin dauernd im Clinch mit der Parla­mentsdirektion. Unlängst hatte ich vor einem Ausschuss einen Auftritt mit einem Parla­mentsbeamten. Am Gang vor den Ausschusslokalen wird nämlich geraucht, und zwar genau dort, wo die Schulklassen durchgehen! Das ist dem Gesetz nach verboten. Das gilt auch in diesem Raum vor dem Bundesratssitzungssaal. Ich muss diesen als Nicht­raucherin durchqueren. Warum muss ich da mitrauchen?

Ich ersuche daher hier ausdrücklich alle im Hohen Haus – und zwar nicht augenzwin­kernd –, die eigenen Gesetze ernst zu nehmen! Es müssen Räume benannt werden, in denen geraucht werden darf und wo keine Nichtraucher, seien es Besucher, Abgeord­nete oder andere hier in diesem Haus, von Tabakrauch belästigt werden! (Allgemeiner Beifall.)

Ich weiß schon, dass sich jetzt manche Raucher nicht locker fühlen! (Bundesrat Rei­senberger: Das wird dann auch für den Opernball und Staatsbesuche gelten!) Selbst­verständlich! Ich komme gleich darauf zurück!

Ich meine, dass die Abgeordneten gerade für Schülerinnen und Schüler, die hier in die­ses Haus kommen, auch Vorbild sein sollten. Wenn sie in einem Raum rauchen, wo sie von den Schülern nicht gesehen werden, dann ist das ihre persönliche Freiheit und sie irritieren niemanden.

Ich gebe Ihnen vollkommen Recht: Das gilt für den Opernball genauso! Ich habe mich schon im vergangenen Jahr unbeliebt gemacht dabei, als Holender diese meine ge­setzliche Anordnung, die ja mit 1. Jänner 2006 in Kraft getreten ist, aufgegriffen hat. Und das gilt natürlich auch für alle öffentlichen Veranstaltungsräume. Wir werden uns auch überlegen müssen, etwa bei Zeltfesten einen Rauchbereich und einen Nicht­rauchbereich einzusetzen. Es wird uns nichts übrig bleiben! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und bei der SPÖ. – Beifall des Bundesrates Ing. Kampl.)


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Allerdings ist es bei Zeltfesten ja am einfachsten, denn da kann man vor das Zelt gehen. (Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der SPÖ.) Ich freue mich, dass das eine solche Erregung bringt! Bei den Zeltfesten ist es, wie gesagt, am leichtesten, denn da kann man vors Zelt gehen.

Jetzt komme ich aber zur Gastronomie. Ich habe, bevor ich dieses Paket geschnürt und wir es hier gesetzlich beschlossen haben, mit der österreichischen Gastronomie eine Selbstverpflichtung bis Ende 2006 vereinbart. Das Rauchverbot gilt jetzt schon für den öffentlichen Raum, bis Ende 2006 muss es überall ausgeschildert sein. Bis Ende 2006 muss aber auch in allen Speiselokalen ab einer gewissen Größe ein Nicht­raucherbereich vorhanden sein. In eine Bar oder ein Pub muss man mit einem Kind oder als Schwangere nicht gehen. Aber in jedem Speiselokal hat das zu gelten. Das weiß die Gastronomie, und sie gibt jetzt sehr stark Gas. Ich merke das bei all jenen Be­trieben, die es noch nicht gemacht haben. In der Gastronomie weiß man ganz genau, dass gesetzliche Regelungen kommen, wenn sie es bis Ende 2006 nicht schaffen, die Nichtraucher- und Raucherbereiche so zu trennen, dass die Nichtraucher wirklich nicht durch den Rauch gestört werden. Da wird man nicht umhin können.

Ich erlebe das immer wieder: Vorgestern habe ich mich im Haus der Industrie unbeliebt gemacht. Dort prangt ein großes Rauchverbot-Schild. Teilnehmer an der dortigen Ver­anstaltung, die eine eingemietete war, haben jedoch erklärt, dass der Caterer keine Aschenbecher aufgestellt hat und sie Aschenbecher brauchen. Ich habe dann ein paar Leute angeredet. Ich sage jetzt nicht, wen, aber es waren Prominente vom ORF dabei. Ich habe einem Herrn gesagt, dass ich mich durch den Rauch belästigt fühle und ich ihn bitte, draußen zu rauchen, denn das könne er. Daraufhin hat er seine Zigarette ab­gedämpft, kaum habe ich ihm aber den Rücken zugedreht, hat er sich die nächste an­gezündet. Dankenswerterweise hat mich dann der Präsident, Veit Sorger, unterstützt und gesagt, dass das so nicht geht.

Ich sage Ihnen: Diesbezüglich tue ich nichts augenzwinkernd. Ich trage hier – das ist eine sehr gute Idee, und wir werden diese Kampagne auch verfolgen – einen Button: “No smoking“. Jeder Nichtraucher kann sich deklarieren und signalisieren, dass er von einem Raucher nicht belästigt werden will. Er braucht dann nicht zu sagen: Hören Sie auf zu rauchen!, sondern er braucht nur auf den Anstecker zu zeigen. Das ist auch ein Schutz, und außerdem ist er natürlich im Recht, denn vom Gesetz her ist es verboten.

Meine Damen und Herren! Ich werde diesbezüglich nicht augenzwinkernd und auch nicht halbherzig vorgehen. Ich versuche allerdings, einen gütlichen Weg zu gehen. Wenn dies nicht möglich ist, dann werden wir zum Schutz der Nichtraucher in diesem Land in der nächsten Legislaturperiode jedoch zu weiteren gesetzlichen Maßnahmen greifen müssen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

Ich will das jetzt nicht länger ausführen. Sie wissen, Herr Kollege Erlitz, wie viel Ge­sundheitsförderung wir betreiben!

Jetzt habe ich noch eine allerletzte Bitte. Die Schulen wurden in diesem Zusammen­hang von allen Rednern angesprochen. Ich bin hundertprozentig der Meinung, dass Schulen rauchfrei zu sein haben. Vom Gesetz her sind sie es sowieso. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Ich darf Sie wirklich um Unterstützung bitten, vor allem jetzt auch die Kollegen von der SPÖ-Fraktion: Die Ihnen nahe stehende AKS, die Aktion Kritischer Schüler, ist die Gruppierung, die uns am meisten dafür angreift, dass wir rauchfreie Schulen wollen. Daher bitte ich Sie, wirklich auch bei den eigenen Schülern dafür zu werben, dass in den Schulen das Rauchverbot auch tatsächlich eingehalten wird! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

15.55



Bundesrat
Stenographisches Protokoll
732. Sitzung / Seite 78

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist das nicht der Fall.

Daher ist die Debatte geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Mehrheit. Es war nicht gleich sichtbar, aber es ist die Mehr­heit.

Der Antrag, den die Berichterstattung gestellt hat, ist somit angenommen.

15.56.3913. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 1. März 2006 betreffend ein Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und Rumänien über soziale Sicherheit (1273 d.B. und 1313 d.B. sowie 7488/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Hladny. Ich bitte um den Bericht.

 


15.56.54

Berichterstatterin Waltraut Hladny: Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Der Ausschuss für soziale Si­cherheit, Generationen und Konsumentenschutz hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates am 14. März 2006 in Verhandlung genommen.

Die Unterlagen liegen Ihnen schriftlich vor, sodass ich mich auf den Antrag zurückzie­hen kann.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Es liegen mir keine Wortmeldungen vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Daher gelangen wir zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag ist somit – ich wiederhole es – mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

15.58.2614. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 2. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Bankwesengesetz, das In­vestmentfondsgesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Sparkassen-


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gesetz, das Bausparkassengesetz, das Hypothekenbankgesetz, das Pfandbrief­gesetz, das E-Geldgesetz, das Börsegesetz, das Kapitalmarktgesetz, das Wert­papieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Betriebliche Mitarbei­tervorsorgegesetz, das Pensionskassengesetz und das Versicherungsaufsichts­gesetz geändert werden (Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz 2005 – FMA-ÄG 2005) (1279 d.B. und 1321 d.B. sowie 7494/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Mag. Klug übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


15.58.43

Berichterstatter Mag. Gerald Klug: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Der vorliegende Gesetzesbeschluss zum Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz 2005 liegt allen Kolle­ginnen und Kollegen in schriftlicher Form vor. Ich darf mich daher auf die Antragstel­lung beschränken.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2006 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Gumplmaier. – Bitte.

 


16.00.00

Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Das zur Debatte stehende Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetz bringt für die zuständigen Behörden eine Erweiterung ihres Instrumentariums. Die Erweiterung der Befugnisse der Finanzmarktaufsicht ist, ohne diese Befugnisse im Detail aufzuzäh­len, notwendig und gerechtfertigt. Darüber besteht Konsens. Wir werden deshalb dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen.

Die Finanzmarktaufsicht soll in ihren Bemühungen, den Missbrauch der Finanzmärkte zu bekämpfen, zu Recht gestärkt werden. Es ist unbestritten, dass eine Volkswirtschaft funktionierende Kapitalmärkte braucht, Kapitalmärkte, auf denen nicht Wildwest- bezie­hungsweise Nicht-Regeln gelten oder Wildwestmanieren dominieren, sondern Ord­nungsprinzipien eines Rechtsstaates, die auch eingehalten werden und deren Einhal­tung von einer eigenen Behörde überwacht wird.

Wir sollten aber dieses Gesetz nicht beschließen, ohne uns der Grenzen bewusst zu sein, die einer solchen Aufsichtsbehörde gesetzt sind, der Grenzen einer nationalen Behörde eines kleinen Landes angesichts ungeheurer Summen, die auf den Finanz­märkten transferiert werden. Angesichts dieser ungeheuren Dynamik nimmt sich auch die Erhöhung des Strafrahmens auf 50 000 € beziehungsweise 30 000 € bescheiden aus. Es ist eher leichtgläubig oder sogar naiv, wenn es im Vorblatt der Gesetzesinitia­tive heißt, man erhoffe sich von dieser Initiative generalpräventive Wirkung. Das ist nicht anzunehmen, denn die abschreckende Wirkung wird zwar bei den Kleinen im tolerablen Bereich liegen, aber die große Gefahr kommt ja von der den Finanzmärkten innewohnenden Anarchie. Man spricht nicht umsonst vom Casino-Kapitalismus. Von dort kommt die eigentliche Aushöhlung von geordneten Kapitalmärkten und unserer Volkswirtschaften.

Das „schnelle Geld“ verführt und beflügelt die Phantasie, die Vernunft wird ausgeschal­tet, Strafandrohungen werden unwirksam, noch dazu vor einem gesellschaftlichen


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Hintergrund – und dort sehe ich auch eine unserer wesentlichen Aufgaben, auch eine Aufgabe während der EU-Präsidentschaft –, in dem der große Abkassierer immer der eigentlich wirtschaftlich Erfolgreiche ist. Der kluge Taktierer ist es, der gesellschaftliche Wertschätzung erfährt. Er ist in der Rangskala der Erfolgreichen immer ganz oben, auch wenn dieses Abkassieren, dieses Taktieren immer auf Kosten von anderen geht.

Öffentlich bejubelt werden diejenigen, die groß abkassieren und auf den Finanzmärk­ten spekulative kurzfristige Erfolge erzielen. Das private Abkassieren wird bejubelt, ist ein Synonym für erfolgreich. (Bundesrat Mitterer: BAWAG! War sehr „erfolgreich“!) – BAWAG: Es werden eher die Opfer von Spekulation öffentlich beschuldigt.

Welche Dämme hier brechen – und ich scheue mich nicht, das anzusprechen –, wel­che Dämme hier brechen, wenn das große Geld lockt, erleben wir gerade bei der Mit­arbeiterbeteiligung der AMAG. Und solange man sich nicht scheut, politisches Klein­geld daraus zu lukrieren, bleibt die Anarchie an den Finanzmärkten erhalten.

Das sollten wir bedenken, wohl wissend, dass die Grenzen dieser Gesetzesänderung sehr, sehr eng sind. Wenn wir eine geordnete Volkswirtschaft haben wollen, in der es sich wieder lohnt, in Arbeit zu investieren, in Produktion zu investieren, und nicht zu spekulieren, in der nicht die Börsen die Tempel der Moderne sind, die Heiligen Grals der modernen, globalisierten Wirtschaft, müssen wir mit der Aufklärung beginnen und uns ein Wirtschaftssystem zum Ziel setzen, in dem diese Anarchie untergraben wird.

Zusammenfassend: Angesichts der Dynamik der Finanzmärkte und der unkontrollier­baren Spekulation weltweit nimmt sich das zu beschließende Gesetz noch bescheiden aus. Wir werden trotzdem zustimmen, weil es ein Schritt in die richtige Richtung ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.06


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Bundesrat Perhab. – Bitte.

 


16.06.00

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke meinem Vorredner für die Ehrlich­keit und dafür, dass er hier Themen wie die BAWAG und die AMAG angesprochen hat, und ich hoffe auch, dass er auf seine Fraktion einwirkt, dass die AMAG-Mitarbeiter freien Willens entscheiden können, dass sie ihre Anteile an der AMAG zu einem sehr guten Preis verkaufen können und in Zukunft einen verdienten Erlös aus ihrer Beteili­gung an der AMAG erzielen können.

Ich glaube, ein Beispiel dafür, dass die Finanzmarktaufsicht in Österreich funktioniert, ist das Beispiel der Bank Burgenland, wo jetzt der Verkauf an die Grazer Wechsel­seitige und nicht an eine Ukrainische Bank erfolgt. Erstens hätten wir vielleicht nach einem Jahr im europäischen Kontext hier eine Schwierigkeit gehabt, und zweitens wä­ren wir vielleicht draufgekommen, dass hier doch nicht nur legale Gelder zur Verfügung stehen. Daher: Gratulation an die Finanzmarktaufsicht, die sicherlich an dieser Lösung mitgewirkt hat. (Bundesrat Preiner: Aber auch eine weise Entscheidung der Burgen­ländischen Landesregierung!) Dazu muss man sicherlich auch der Burgenländischen Landesregierung gratulieren. Ich glaube, dass man hier auf sachlicher Ebene nach einer etwas schwierigen Entwicklung doch zu einem guten Ende und Ergebnis gekom­men ist; das steht hier, glaube ich, auch nicht zur Debatte.

Das Finanzmarktaufsichtsgesetz sieht drei wesentliche Maßnahmen vor. Ich möchte nur eine hervorheben – die anderen beiden wurden schon erwähnt –, und das ist die Möglichkeit, künftig Unternehmen im Bankgeschäft, im Versicherungsgeschäft und im gesamten Pensionskassengeschäft, das immer umfangreicher wird, also Betrieben, die


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keine Konzession haben, rechtzeitig vor Ausübung ihrer Tätigkeit die Berechtigung zu entziehen beziehungsweise die Unternehmenstätigkeit zu verbieten.

Ich glaube, das ist in Zukunft wirklich ganz wichtig, denn wir wissen, dass der Kapital­markt nur dann funktioniert, wenn Wettbewerbs- und Gleichheitsgrundsätze gelten und alles in legaler Weise geschieht.

Daher stimmen wir mit großer Begeisterung diesem Gesetz zu. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei den Bundesräten Mitterer
und Ing.
 Kampl.)

16.09


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Bundesrat Dr. Gumplmaier hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Ich bitte, die 5 Minuten Redezeit, die in der Geschäftsordnung vorgesehen sind, einzuhalten.

 


16.09.21

Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Lieber Kollege, Sie haben genau das gemacht, was ich in meinen Ausführungen vorhin als Riesenfehler bezeich­net habe, weil man so genau die falsche Entwicklung unterstützt: Sie schlagen nämlich politisches Kleingeld aus einer Situation, die Sie offensichtlich nicht genau kennen.

Wenn Sie dafür appellieren, dass die AMAG-Mitarbeiter ihre Anteile verkaufen können sollen (Ruf bei der ÖVP: Dürfen!), dann sind Sie nicht informiert. Wenn Sie das unter­stützen würden, würde dort in der Region das Chaos ausbrechen. (Ruf bei der ÖVP: Ihr freut euch darüber, oder?) Die Mitarbeiterbeteiligung ist nicht Eigentum des einzel­nen Arbeitnehmers, sondern der jeweiligen Belegschaft. Was heißt das? Was ist der Unterschied?

Wenn es anders geregelt wäre, könnte jeder Mitarbeiter, der die Firma verlässt, verlan­gen, dass ihm jetzt sein Anteil ausbezahlt wird. Das würde jede Mitarbeiterbeteiligung vernichten und eigentlich unsinnig machen. Aus diesem Grund haben seinerzeit, vor acht Jahren, die Betriebsräte – und das sind dieselben Personen, die jetzt das Gegen­teil verlangen; daher habe ich auch davon gesprochen, welche Dämme brechen, wenn das schnelle Geld lockt, und man sollte nicht politisches Kleingeld daraus schlagen – eine Lösung gefunden. Sie sind zur Gewerkschaft gegangen und haben gesagt: Macht bitte ihr die Stiftung, denn wir sind erpressbar, wir wollen verhindern, dass Mitarbeiter zu uns kommen und sagen: Lösen wir meinen Anteil an der Stiftung auf!

Es ist ein Unterschied, ob die jeweilige Belegschaft den Anteil von 20 Prozent hält oder ob Privateigentum besteht. Das ist ein Riesenunterschied. Und wenn Sie hier appellie­ren, die Gewerkschaft soll nachgeben und die Stiftungsurkunde ändern, dann appellie­ren Sie eigentlich in Richtung Vernichtung der Mitarbeiterbeteiligung und aller Möglich­keiten, die Eigentümerschaft in österreichischer Hand zu behalten.

Bitte seien Sie sich dessen bewusst, auch wenn es leicht möglich wäre, jetzt daraus politisch zu reüssieren. Sie sollten trotzdem auch bedenken, dass 91 Prozent in der Bevölkerung gegen einen Verkauf der Anteile der AMAG sind, weil sie sehr wohl wis­sen, was es heißen würde, wenn man das plötzlich verkaufen würde. Aber das ist der Unterschied zwischen kurzfristigen Spekulationsgewinnen und einem kollektiven Eigentum. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.12


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 



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16.12.55

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Staatssekretär! Hohes Haus! Die Finanzmarktaufsichtsbehörde mit ihren Kompetenzen ist für uns Grüne ein sehr wichtiger Bereich, insbesondere auch die Aufsicht in den Bereichen Pensionskassen und MitarbeiterInnen-Vorsorgekassen.

Das vorliegende Gesetz ist ein richtiger und wichtiger Schritt, um die Kompetenzen zu erweitern und die Position der Finanzmarktaufsicht zu stärken. In diesem Sinne können wir, obwohl es natürlich auch Stellungnahmen gibt, wo einzelne Details kritisiert wer­den, das Gesamtwerk positiv werten. Wir begrüßen es in dieser Form und werden demnach auch zustimmen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.13


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


16.14.00

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss natürlich als Oberösterreicher, obwohl ich das nicht vorgehabt habe, auch noch ein paar Sätze zur Entwicklung im Innviertel sagen.

Das ist eigentlich ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig das Regelwerk, das uns heute hier vom Herrn Staatssekretär beziehungsweise vom Nationalrat vorgelegt wurde, ist, wie wichtig es ist, dass in diesem Bereich klare Regeln herrschen, und vor allen Din­gen, dass diese Regeln auch durchsetzbar sind.

Man muss sich vorstellen, dass – soweit ich weiß, vor etwa 15 Jahren – dieses Un­ternehmen von drei Gruppen, wenn man so will, Constantia, Hammerer und eben die­ser Mitarbeiterbeteiligung, gekauft worden. Es waren drei Beteiligungen – damals wur­de noch in Schilling gerechnet –, zu 40 Groschen, nochmals zu 40 Groschen und zu 20 Groschen. – Herr Staatssekretär, Sie werden sich wahrscheinlich auch noch daran erinnern können, wie das gelaufen ist.

Aus dem Ganzen ist jetzt ein sehr lukratives Unternehmen geworden, das laut Kapital­markt einen Wert von etwa 700 Millionen € repräsentiert. Diese 700 Millionen € – das ist eigentlich der Betrieb mit dem ganzen Know-how und so weiter.

Wie sagt man im Börsenjargon, Herr Staatssekretär? – Die Phantasie, sagt man, die das Wertpapier, die Aktie hat, und so weiter. Es gibt da eine Aussage des früheren Präsidenten der Industriellenvereinigung, der gemeint hat, hinter jedem Industriear­beitsplatz gehen hinten noch zwei bis drei Handels- oder Gewerbearbeitsplätze nach. Also wenn da oben von zurzeit 1 500, 1 600 Arbeitsplätzen die Rede ist, heißt das, dass noch dreimal so viel hinten dranhängen, und dazu das ganze Umfeld mit den Fa­milien.

Ich glaube, dass es eine sehr verantwortungsvolle Haltung jener Persönlichkeiten war, die in dieser Stiftung an der Spitze stehen, wenn man da eine sehr klare Entscheidung für den Standort und für die Wirtschaft getroffen hat. Ich würde jetzt nicht nur sagen, in Oberösterreich und im Innviertel, denn wer sich das da oben anschaut, weiß – und das könnten die Kollegen aus dem Innviertel, glaube ich, viel besser erläutern –, dass dort wirklich eine sehr schwierige wirtschaftliche Situation besteht.

Weil heute Beispiele gebracht wurden, wie VA Tech und so weiter, wo das so funk­tioniert hat, darf ich Ihnen sagen: Das kostet gerade durch Zusammenlegung von VA Tech und EBG in Linz 60 Arbeitsplätze, einige hundert im Zweigwerk in der Bun­desrepublik Deutschland, was den Anlagenbau der EBG angeht.


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Das ist eine ganz schwierige Geschichte, und ich glaube, es muss die Wirtschaft, es müssen vor allen Dingen auch die vielen kleinen Betriebe im Innviertel alle sehr, sehr froh sein, dass es da so eine klare Entscheidung gegeben hat. Es ist dies eben eine Entscheidung gewesen für den Standort und nicht dafür, dass derjenige, der vielleicht gerade seinen 65. Geburtstag gefeiert hat, so auf die Schnelle 200 Millionen € lukriert. Das ist leider so.

Ich glaube, hier sollten wir als Patrioten ein großes Maß an Solidarität zeigen für jene, die dort – ich weiß schon, da oder dort passt das jemandem nicht – eine Entscheidung für dieses Standort getroffen haben.

Ich glaube, insgesamt, Herr Staatssekretär, ist es sehr wichtig, dass die Finanzmarkt­aufsicht verstärkt agieren kann. Es helfen die schönsten Regeln nichts, wenn sie nicht durchsetzbar sind, aber das ist mit diesem Gesetzeswerk, glaube ich, viel, viel besser geworden.

Es wäre vielleicht das eine oder andere noch verbesserungswürdig. Und wir sehen, wenn wir über den großen Teich schauen, dass es dort oft ganz rigoroses Einschreiten auf dem Finanzmarkt gibt. Man wundert sich oft, mit welcher Radikalität man da vor­geht, überhaupt im angelsächsischen Raum, aber dort hat natürlich die Aktie eine ganz andere Geschichte als bei uns. Dort war sie schon immer ein Finanzierungsinstrument, bei uns hat sich eben die Börse noch nicht in diesem Ausmaß durchgesetzt.

Ich komme jetzt in diesem Zusammenhang zur Präambel, die diesem Gesetz beigelegt wird, und da heißt es, Herr Staatssekretär, es gehe darum, schlussendlich positive Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort Österreich und hiermit auch für das Beschäftigungsklima zu schaffen. Und da komme ich jetzt zu einem Punkt, der uns in der Wirtschaft, nicht nur in Oberösterreich, schon sehr, sehr lange aufstößt. Da geht es auch darum, beste Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort, nämlich auch für den lokalen Wirtschaftsstandort zu schaffen. Und für den lokalen Wirtschaftsstandort, sprich: für die Marktgemeinden, Orte, Regionen, Viertel, Bezirke, fühlen wir uns hier, glaube ich, als Bundesrätinnen und Bundesräte sehr wohl zuständig. Das sind nämlich die Menschen, die kleinen Handelsbetriebe, die Gewerbebetriebe, die zu uns kommen und sagen: Da passt das eine oder andere nicht!, so wie es Ihnen im Großen geht, bei der Finanzmarktaufsicht.

Ich muss sagen, wir haben es hier vielfach mit dem Problem Bundesbeschaffungswe­sen zu tun. Das ist eine ganz wichtige Geschichte, wenn es, wie hier bei diesem Fi­nanzmarktaufsichtsgesetz, um den Wirtschaftsstandort regional, vor Ort geht.

Ich muss in diesem Zusammenhang unserer niederösterreichischen Wirtschaftskam­merpräsidentin wirklich gratulieren, denn Kollegin Zwazl hat am 26. Februar 2006 in der TV-Sendung „Niederösterreich heute“ sehr energisch zu diesem Thema Stellung genommen. Ich habe mir dann sogar das Band angesehen, weil mir das einer erzählt hat, der an der niederösterreichischen Grenze wohnt und dort euer Landesstudio im ORF empfangen kann.

Frau Präsidentin, Sie haben es dort aufgezeigt; ich glaube, es war das Beispiel eines Bundes-Oberstufenrealgymnasiums, dieses kauft dort verschiedenste Dinge, Gerät­schaften und so weiter, ein. Das ist natürlich auch ein Wirtschaftsimpuls, wie alle öf­fentlichen Einkäufe; öffentliche Investitionen, öffentliche Einkäufe sind ein lokaler Wirt­schaftsimpuls. Da hat Frau Präsidentin Zwazl aufgezeigt, dass es ganz einfach das Problem ist, dass jetzt durch dieses Bundesbeschaffungswesen Aufträge von so einer Größenordnung hinausgehen: Da werden irgendwelche Produkte gleich für sechs, sieben, acht Bundesländer ausgeschrieben, sodass ein lokaler Betrieb – wie es sie bei Ihnen in Niederösterreich, Frau Zwazl, beim Kollegen in Tirol oder bei uns in Oberös-


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terreich vor Ort gibt – diese Mengen, die im Bundesbeschaffungswesen geordert wer­den, gar nicht liefern kann.

Jetzt ist es aber, was für den lokalen Bürgermeister wichtig ist, so, dass das vor Ort jene Betriebe sind, die dort die Kommunalsteuer zahlen, die Wirtschaft aufrechterhal­ten, die Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Daher ergibt sich da meiner Ansicht nach ein riesiges Problem. Wie gesagt, ich ziehe da meinen Hut vor Frau Zwazl, die das wirklich sehr vehement in dieser Fernsehsendung vorgebracht hat! Ich glaube, man hat dort auch noch Unternehmerinnen und Unternehmer vor Ort ge­zeigt, die gesagt haben: Es ist einfach eine Situation, die man nicht mehr hinnehmen kann, dass durch dieses zentrale Vergabewesen der lokalen Wirtschaft die Existenz­grundlage entzogen wird!

Ich bin im Laufe der Sitzung von Frau Kollegin Zwazl darauf aufmerksam gemacht wor­den, dass es im Bundesrat schon einmal einen Vier-Parteien-Antrag und so weiter ge­geben hat. Ich nehme auch, glaube ich, nichts vorweg, Frau Präsidentin, wenn ich sage, dass man sich in der Wirtschaftskammer, in den Länderkammern und in der WKÖ, vehement dafür eingesetzt hat, dass da etwas passiert.

Herr Staatssekretär, was Ihr Ressort hier einerseits einspart – indem man meint, man bekommt vielleicht irgendwelche Landkarten oder die Lebensmittel für die Bundesheer­küchen billiger, wenn man diese irgendwo zentral einkauft, und der lokale Großhändler, den es in der Bezirkshauptstadt gibt, ist eben ein bisschen teurer –, dessen gehen Sie wieder verlustig und das lukrieren Sie dann nicht mehr, wenn dieser Betrieb aufgeben muss, wenn die Arbeitsplätze vor Ort verloren gehen und wenn die Ausbildungsplätze weg sind.

Daher glaube ich, dass man so eine Sache wirklich makroökonomisch angehen muss. Unsere Fraktion hat sich daher heute erlaubt, weil es so gut zu diesem Thema passt, zur Sicherung der lokalen Wirtschaft und zugunsten der dortigen Wirtschaftsbedingun­gen einen Entschließungsantrag vorzulegen.

Ich darf diesen zur Verlesung bringen und ihn dann dem Präsidium übergeben.

Entschließungsantrag

der Bundesräte Schimböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wirtschaftsstandort Österreich, Stärkung der Klein- und Mittelbetriebe (KMU) in den Regionen

Der Bundesrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, zur Sicherung der Existenz von Klein- und Mittelunternehmen einen entsprechenden Gesetzesvorschlag auszuarbei­ten, der bei der Beschaffung für Bundesdienststellen eine klare Priorität für die Ver­gabe der Aufträge an regionale KMU setzt.

*****

Ich bitte Sie, diesem Antrag beizutreten. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.23


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär, Sie sind als Nächs­ter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



Bundesrat
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732. Sitzung / Seite 85

16.23.19

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Ich bleibe zunächst einmal bei der Finanzmarktauf­sicht.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Staatssekretär! Eine Sekunde noch. – Der soeben eingebrachte Antrag ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz (fortsetzend): Zur Finanzmarktaufsicht und zur Höhe der Strafen: Wir haben eine Kritik zur Höhe der Strafen von zwei Seiten. Die einen sagen: Sie sind zu hoch, sie sind zu stark ausge­weitet worden! Die anderen sagen: Sie sind zu niedrig! – Ich glaube, sie sind gerade dann richtig in der Mitte, wenn sie von beiden Seiten kritisiert werden.

Folgendes möchte ich auch noch zu bedenken geben: Hier wird von Strafen durch Be­hörden gesprochen, und da wird es von der Verfassung her langsam bedenklich. Wenn die Strafen zu hoch werden, dann sollten Gerichte darüber urteilen, und dann wird die ganze Konstruktion schwieriger. Aber wir werden einmal sehen, ob wir mit dem Instru­mentarium zurechtkommen. International sind wir mit der Höhe der Strafen eher noch im unteren Bereich, aber ich glaube, dies ist jetzt einmal eine deutliche Ausweitung des bestehenden Instrumentariums.

Zum Entschließungsantrag betreffend die Bundesbeschaffung GmbH: Gerade die Wirt­schaft hält uns immer wieder vor, dass wir beim Bund zu wenig sparen, um steuerliche Entlastungen durchführen zu können. Eine der vielen Maßnahmen ist die, dass wir das Beschaffungswesen auf neue Grundlagen gestellt haben; wir haben dadurch ein Ein­sparungsvolumen von jährlich 60 bis 70 Millionen € erzielt. Bei den Verwaltungsreform­gesprächen mit den Ländern und Kommunen wurden gerade von dort her Wünsche geäußert, sich ebenfalls dieser Einrichtung bedienen zu können, weil es zum Beispiel im kommunalen Bereich noch immer vorkommt, dass für Altenheime ein und derselbe Bettentyp nicht vom örtlichen Verkäufer eingekauft wird, da bei ein und demselben Bet­tentyp in Österreich Preisunterschiede in der Größenordnung von bis zu hundert Pro­zent bestehen.

Wir wollen nicht die Klein- und Mittelunternehmungen vernichten, wir brauchen sie für unsere Wirtschaft. Wir haben daher auch einen klaren Auftrag – und werden diesen noch verstärken – der Geschäftsführung der Bundesbeschaffung GmbH erteilt, speziell zu schauen, wie sich kleine und mittlere Unternehmungen an Ausschreibungen beteili­gen können.

Wir sind daran interessiert – und wollen eine diesbezügliche Plattform mit der Wirt­schaftskammer aufbauen –, dass Ausschreibungen bekannt gegeben werden. Wir wol­len auch untersuchen, wie Ausschreibungen in regionale Kleinlose aufgeteilt werden können, damit sich auch Klein- und Mittelunternehmungen beteiligen können. Wir ha­ben diesbezüglich auch schon Erfolge vorzuweisen: Ungefähr 60 Prozent der Aufträge gehen heute bereits an Klein- und Mittelunternehmungen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.26


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Zwazl. – Bitte.

 


16.26.26

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsident! Herr Staatssek­retär! Ich möchte mich zuerst recht herzlich für das Lob bedanken. Es ist ganz gefähr­lich, wenn ich von Herrn Schimböck ein Lob bekomme, da muss ich immer aufpassen.


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Es ist übrigens das erste Mal, und das macht mich ein bisschen vorsichtig. (Bundesrat Konecny: Kommt auch nicht so schnell wieder vor!) Es tut mir furchtbar Leid, dass ich einige Antworten geben muss, die nicht zu dem großen Lob passen. (Bundesrat Ko­necny: Undankbar auch noch!)

Daher fange ich mit einer leichten Kritik am Herrn Staatssekretär an: Du weißt, dass ich mit dem Ausmaß dessen, wie weit wir in der Zusammenarbeit mit der Bundesbe­schaffungsagentur sind, noch nicht ganz zufrieden bin. Aber ich muss sagen: Wir sind auf einem guten Weg! Es stimmt, wir stehen seit zwei Jahren in einem sehr engen und harten, aber herzlichen Dialog mit der Geschäftsführung der Bundesbeschaffungs­agentur.

Wir haben im Vorjahr über die KMU Forschung Austria gemeinsam mit der Bundesbe­schaffungsagentur eine Studie in Auftrag gegeben, um zu schauen, welche Auswirkun­gen die Vergabe über die Bundesagentur auf unsere Klein- und Mittelbetriebe hat. Die Bundesbeschaffungsagentur hat derzeit 27 Warengruppen, nach denen sie einkauft. Bei dieser Studie ist herausgekommen, dass acht Gruppen für die Klein- und Mittelbe­triebe sozusagen schwerwiegend sind und dass man dort schauen muss, dass die Klein- und Mittelbetriebe zum Zug kommen.

Wir haben es geschafft, dass jetzt einmal vier Warengruppen herausgenommen wur­den, und zwar die Spezial-Software, die Lebensmittel, die Bekleidung und die Reini­gung. Hier wird auf NUTS-III-Ebene ausgeschrieben, das heißt, es wird die Ebene her­untergebrochen, und es ist jetzt so, dass wir in Niederösterreich sieben Regionen haben, damit es möglich ist, dass Klein- und Mittelbetriebe mitmachen können. Es geht dabei ganz einfach um die Eignungskriterien, die die Betriebe nicht erfüllen können, wenn so großflächig ausgeschrieben wird.

Herr Kollege Schimböck und ich haben im Vorfeld über den Entschließungsantrag ge­sprochen, da er mich gefragt hat, ob ich da nicht mitgehen könnte, weil er mich ja lobend erwähnt hat. Dazu muss ich sagen: Ich freue mich, dass wir jetzt Ihre Unterstüt­zung auch in der Vollversammlung bekommen. Ich bedauere es – und das habe ich Ihnen auch gesagt –, dass wir diesen Antrag nicht unterstützen können, weil er ganz einfach viel zu unbestimmt und zu wenig konkret formuliert ist und weil er auch ein paar Fehler enthält.

Ich habe Sie auch darauf hingewiesen, dass wir einen Vier-Parteien-Entschließungsan­trag im Jänner vorigen Jahres eingebracht haben, der all diese hier vorgebrachten Punkte ganz klar und konkret auflistet und den wir sozusagen korrekt abzuarbeiten be­reit sind. Ich habe ihn mir heute ausdrucken lassen, weil ich nicht mehr ganz genau ge­wusst habe, was alles drinsteht.

Ich kann nur um Verständnis dafür bitten, dass wir den vorliegenden Entschließungs­antrag nicht unterstützen können. Ich habe Sie auch gebeten, ebendiesen Entschlie­ßungsantrag zurückzuziehen und uns vielleicht die Chance zu geben, einen gemeinsa­men Entschließungsantrag zu formulieren. Ich muss Ihnen offen und ehrlich sagen: Ich bedauere es, dass das nicht möglich ist und wir hier nicht wirklich in der Sache vorge­hen können. Ich bin eine Kämpferin für die Klein- und Mittelbetriebe. Ich bin, sozusa­gen als kleiner Zwerg, als Erste aufgestanden und habe mich mit der Bundesbeschaf­fungsagentur angelegt, weil mir die Klein- und Mittelbetriebe ein Anliegen sind.

Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn man hier in der Sache gemeinsam vorginge und jetzt nicht sagte: Ich habe den Entschließungsantrag gemacht, und ich bringe ihn auch ganz einfach ein! Das ist für mich – verzeihen Sie vielmals! – zu sehr parteipoli­tisch gedacht und nicht in der Sache begründet. Ich bedauere das. Mir wäre es lieber, wir könnten – vielleicht das nächste Mal – einen gemeinsamen Entschließungsantrag


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einbringen. Es ist ja auch so, dass man mit so einem Antrag überfahren wird. Man muss doch die Gelegenheit haben, diesen Antrag mit den Kollegen zu besprechen.

Jetzt komme ich zu dem Punkt, dass ich sage: Das stimmt ganz einfach nicht, was hier drinsteht! Da steht nämlich:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, zur Sicherung der Existenz von Klein- und Mittelunternehmen einen entsprechenden Gesetzesvorschlag auszuarbei­ten, der bei der Beschaffung für Bundesdienststellen eine klare Priorität für die Ver­gabe der Aufträge an regionale KMU setzt.“

Das heißt ganz einfach, hier eine Bevorzugung vorzunehmen. Eine Bevorzugung so zu definieren, ist nicht möglich, weil dies der gültigen Vergabeordnung widerspricht. Die einzige Möglichkeit ist die, auf die Ebenen herunterzubrechen. Was wesentlich wäre, sind die Eignungskriterien, denn es nützt gar nichts, wenn ich sage: Ich gehe auf die Klein- und Mittelbetriebe ein, aber ich habe nicht die Eignungskriterien, die es unseren Betrieben überhaupt erlauben, da mitzumachen!

Ich bitte daher, zumal ich da ein anderes Verständnis habe, diesen Antrag doch zu­rückzuziehen. Wir sollten gemeinsam einen Antrag machen, in dem wir uns alle fin­den, denn ich glaube, dass es da wirklich um die Klein- und Mittelbetriebe geht.

Mir wäre es zum Beispiel auch ein Anliegen, den Ausdruck „Klein- und Mittelbetrie­be/KMU mit 250 Mitarbeitern“ ein bisschen anders zu definieren. Du tust dir da sehr leicht, Herr Staatssekretär, weil sehr viele Betriebe unter diesen Begriff „Klein- und Mittelbetriebe“ fallen. Darunter sind auch solche, die für mich kein Kleinbetrieb sind. Du weißt, 86 Prozent unserer Betriebe haben nur bis zu zehn Mitarbeiter, und bei denen muss man ganz einfach schauen, dass sie andere Eignungskriterien haben.

Wir werden hier den konsequenten Weg, den wir mit unserem gemeinsamen Entschlie­ßungsantrag begonnen haben, weitergehen. Ich bitte dafür um Unterstützung, und ich bitte darum, den hier vorliegenden Entschließungsantrag – obwohl mein Herz dafür brennt (Bundesrat Boden: Stimmen Sie zu!) – ganz einfach zurückzuziehen, weil diese klare Priorität für KMUs nicht gesetzeskonform ist. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.32


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Herr Bundesrat Tiefnig, bitte.

 


16.32.59

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Weil das Thema AMAG angesprochen worden ist: Ich glaube, bei diesem Thema ist es nur mehr mit sensiblem Umgang möglich, den Schaden in Grenzen zu halten. Es sind bei der AMAG Meldungen draußen, die die Mitarbeiter nicht verstehen. Aber man muss in dieser Hinsicht auch sagen, dass die AMAG, seit sich die Politik nicht mehr eingemischt hat, positive Zahlen geschrieben hat, und jetzt versucht die Politik wieder, auf dem Rücken der Arbeitnehmer daraus Profit zu schlagen. Dagegen verwahre ich mich für meine Bürger im Bezirk Braunau! (Bundesrat Stadler: Was? Was?)

Es ist von Wichtigkeit, dass man hier Informationspolitik betreibt, um nicht wieder Ängste bei den Arbeitnehmern zu schüren. Den Unternehmensmitarbeitern zu erklä­ren, ob jetzt die Anteile ausbezahlt werden oder nicht, das ist Aufgabe der Gewerk­schaft, aber nicht, Ängste zu schüren und zu behaupten, dass das Geld den Charakter verdirbt. Ich glaube, jeder wird, wenn er die Möglichkeit hat, Geld zu verdienen, dies


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auch tun. Die Arbeitnehmer bei der AMAG haben Lohnkürzungen hinnehmen müssen, und sie haben entsprechende Einschränkungen erlebt.

Ich würde wirklich bitten, im Sinne der Menschen in der AMAG, im Sinne der Mitar­beiter der AMAG, hier mit Vernunft und Sorgfalt vorzugehen, statt daraus politisches Kleingeld zu schlagen. (Bundesrat Konecny: Das machen doch Sie! – Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) In diesem Sinne bitte ich Sie wirklich darum, dieses Thema vorsichtig und mit Gefühl zu behandeln. (Bundesrat Konecny: Brandstiftung und sa­gen: Legt’s!) – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.34


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


16.34.46

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, das ist genau der Punkt, um den es hier geht: Wir brauchen eine klare Priorität, dass wir uns dazu bekennen, dass es kleine Betriebe gibt und dass wir bei ihnen etwas kau­fen.

Mir hat kürzlich in einer großen Versammlung der Wirtschaftskammer jemand Folgen­des gesagt – erlaubt mir jetzt bitte dieses wörtliche Zitat –: Wenn er „Geiz ist geil“ hört, dann geht ihm schon die Hutschnur hoch, weil er dann weiß, dass er mit seinem Betrieb irgendwann zusammenpacken kann. – Herr Staatssekretär, diese Devise, die werbebotschaftlich irgendwoher aus dem Diskontbereich kommt, hat man da einfach übernommen!

Ich bringe jetzt ein Beispiel, um das klarzustellen; ich wurde soeben auch von anderen Kollegen darauf angesprochen. Worum geht es da? – Ein Beispiel: In einer Bezirks­hauptstadt in Oberösterreich braucht ein Sozialverein einen PKW, um Heimdienste durchzuführen. Dieser PKW wird zum Teil aus Bundesmitteln angeschafft, sie brau­chen dort aber auch noch Geld vom Bürgermeister und gehen zu ihm hin.

Der Bürgermeister sagt: Ja, ich gebe euch 30 Prozent, erwarte mir aber schon eines; dort drüben ist ein VW-Händler, den es bei uns schon 20 Jahre gibt und dem es ohne­hin nicht so gut geht, weil es heute einen riesigen Verdrängungswettbewerb gibt; und wenn ihr ohnehin einen VW kauft, kauft ihn dort drüben! – Nach drei Tagen waren die vom Sozialverein wieder da und haben gesagt: Das geht leider nicht, weil uns die Bun­desagentur gesagt hat, sie kauft – ich weiß nicht genau, wie viele – hundert Autos, und diese sind beim Generalimporteur zu ordern!, und der VW-Händler dort drüben hat ge­sagt: Leider, in diesem Spiel kann ich nicht mitspielen!

Warum also, Kollegin Zwazl, können wir uns nicht darauf einigen, dass wir sagen: Da muss es eine Priorität geben! Ich glaube, wir müssen, wenn wir hier über die Wirtschaft nachdenken, die Dinge wirklich auch volkswirtschaftlich sehen. Das wird dort fehlen, und der Betrieb wird sich irgendwann verabschieden, weil er dann offensichtlich keine Priorität in unserem Denken hat! Das ist eben das Wichtige.

Da geht es auch nicht um irgendeine Gleichheit. Die Gleichheit besteht nämlich nicht, weil man einen Mengenrabatt, einen Flottenvertrag und so weiter nur dann bekommt, wenn man in dreistelligen oder vierstelligen Dimensionen auf dem europäischen Auto­markt ordert. Der Kleine da draußen, für den wir eigentlich da sein sollten – denn wir sind hier, glaube ich, die Vertreter der Orte, der Gemeinden und der Städte –, geht dann leer aus, und er wird irgendwann zusperren, keine Lehrlinge ausbilden und so weiter.


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Deshalb bitte ich, wenn in unserem Entschließungsantrag steht: „eine klare Priorität“ für die Vergabe der Aufträge an kleine Unternehmen, dann möchte ich das auch so verstanden wissen. Ich ersuche Sie nochmals in aller Sachlichkeit, Ihre Position zu überdenken und sich diesem Entschließungsantrag der Sozialdemokraten anzuschlie­ßen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.37


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Präsidentin Zwazl hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.37.37

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsident! Herr Staatssekre­tär! Herr Kollege Schimböck, ist es nicht möglich, dass einmal wirklich – verzeihen Sie, ich weiß nicht, wie ich es sonst sagen soll – die Vernunft regiert? Ich stehe hier ... (Bundesrat Konecny: Ja, stimmen Sie zu, dann regiert sie!) – Moment, Herr Professor, lassen Sie mich doch ausreden. Können Sie nicht einmal über Ihren politischen Teller­rand schauen? (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Entschuldigen Sie, bei Ihnen ist es der Tellerrand einer Mokkatasse!)

Nein! Was soll ich jetzt sagen? – Jetzt muss ich als Wirtschaftsbündlerin, als eine von der ÖVP sagen: Wo wart ihr denn? Habt ihr zwei Jahre in der Pendeluhr geschlafen? – Seit zwei Jahren kämpfe ich allein an vorderster Front gegen die Bundesbeschaffungs­agentur. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Aber geh, bitte schön!) So ist es, doch! (Bundesrat Konecny: Mit wem kämpfen Sie? Mit uns, nur nicht mit dem Staats­sekretär und seiner Agentur!)

Schauen Sie, ich habe etwas erreicht. Ich habe für meine Klein- und Mittelbetriebe sehr viel erreicht. Denn: Wir haben die Studie mit der KMU Austria gemacht. Wir haben schon die vier Warengruppen herausgebracht. (Bundesrat Konecny: Und davon leben Sie, von der Studie?) Bei uns ist es jetzt ganz einfach so, dass verschiedene Produkte aus den Warengruppen, die ich Ihnen aufgezählt habe, in den Regionen deshalb ein­gekauft werden. Wir werden auch schauen, dass das weiterhin gemacht wird. Aber wenn hier im Text etwas steht, was einfach nicht richtig ist, dann kann man das auch nicht machen. Warum weigern Sie sich ... (Bundesrätin Kerschbaum: Was ist das, was nicht stimmt?)

Wir haben eine Vergabeordnung, an die sich jeder halten muss, ob das jetzt ein Bau­meister, ein Tischler oder was auch immer ist. (Bundesrat Konecny: Das steht aber alles nicht drin!) Der hat sich daran zu halten, und bei den Ausschreibungen muss man es so machen. In Ihrem Entschließungsantrag steht aber „eine klare Priorität“, das heißt: eine klare Bevorzugung. (Bundesrat Konecny: Ja!) Du kannst aber nur die Eig­nungskriterien verändern. (Bundesrat Konecny: Ja!) Dann muss das auch technisch richtig drinstehen, darum geht es! (Bundesrat Konecny: Das ist eine Priorität!)

Wenn Sie uns die Chance geben und den Entschließungsantrag vorher hergeben, kön­nen wir ihn gemeinsam machen. Wir können auf den zurückgreifen, den wir gemein­sam beschlossen haben und der sehr konkret ist. Dieser ist ja sehr nett, da steht – hoppla, jetzt habe ich die Vorderseite nicht mit. Es nützt doch nichts, wenn ich drinnen lobend erwähnt werde und in der Sache wenig drinsteht.

Ich bitte Sie jetzt wirklich! (Bundesrat Konecny: Also Sie haben ihn nicht einmal mit?) – Doch! Erstens einmal kann ich ihn gar nicht mithaben, denn wir haben ihn ja erst heute bekommen. (Bundesrat Konecny: Ich weiß!) Der Kollege hat ihn ja. Ich rede aber von Ihrem, vom SPÖ-Antrag. Da habe ich mir nur das mitgenommen, worum es geht, nämlich um einen Beschluss, der so nicht stimmt, weil das der Vergabeordnung widerspricht.


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Warum ist es nicht möglich, dass man wirklich Nägel mit Köpfen macht? – Sie sehen doch, dass mir diese Bundesbeschaffung und die Vergabeordnung ein Anliegen sind und dass ich da schon sehr viel getan habe! Es ist selbstverständlich, dass ich da weitermache. Was spricht denn dagegen, dass man einen Entschließungsantrag wirklich so formuliert, dass er hält und gut ist? Wenn sich das jemand anschaut,
dann sagt er: Bitte schön, Kinder, ihr habt euch nicht überlegt, was ihr da schreibt! – Ist das nicht möglich, meine Damen und Herren? (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundes­rates Ing. Kampl.)

16.40


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Es ist jetzt noch eine Wortmeldung da­zugekommen, und zwar die vom Herrn Bundesrat Dr. Gumplmaier.

In der Zwischenzeit – während die Wortmeldung eingelangt ist – ist aber von Seiten der ÖVP-Fraktion gesagt worden, dass man diesen Entschließungsantrag eigentlich in keinem Zusammenhang mit dem jetzigen Tagesordnungspunkt sieht, und es erfolgte ein Ersuchen um das Abhalten einer Präsidiale.

Ich würde also bitten, vor der Unterbrechung für die Präsidiale noch diesen einen Red­ner anzuhören und erst dann in die Präsidiale zu gehen. (Bundesrat Weiss: Wenn er zur Tagesordnung spricht!)

 


16.40.51

Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Kollege Tiefnig, du hast den Appell an dich selber gerichtet, nämlich dich herauszuhalten und die Betroffenen vor Ort das Problem lösen zu lassen. (Bundesrat Mag. Himmer: Die Betroffenen ha­ben ... geäußert, was sie wollen!)

Das Problem liegt darin, dass der Generaldirektor, der das Werk seinerzeit mit einem Management Buy-Out um 40 Groschen erworben und von der Republik noch 1 Mil­liarde an Entschuldung mitbekommen hat, auch derjenige war – das sage ich im vollen Bewusstsein! –, der das Werk damals als Generaldirektor geführt hat.

Das heißt, er hat es von Direktor Ehrlich übernommen, der von der SPAR-Gruppe ge­kommen ist und der die AMAG seinerzeit, wenn Sie sich erinnern, in die weltweite Verschuldung geführt hat, weil er überall Werke aufgekauft hat. Direktor Hammerer hat es dann übernommen und hat selber eine Mitarbeiterbeteiligung befürwortet, die dazu dienen sollte, dass er von dem zweiten Eigentümer nicht überstimmt wird.

Innerhalb weniger Jahre ist der Wert des Unternehmens sehr stark gestiegen. Mit 65 Jahren ist Herr Hammerer jetzt offensichtlich so weit, dass er sich verabschieden will.

Offensichtlich ist – was in der Öffentlichkeit nicht abgehandelt wird –, dass man einen 40-Prozent-Anteil nicht verkaufen kann. Das heißt, er braucht die 20 Prozent der Mitar­beiter. Noch dazu – und da gibt es sehr viele Details, die eigentlich den wahren Verant­wortlichen sichtbar und dingfest machen – hat er gleichzeitig eine Klage gegen die Constantia laufen, die im Wiener Gericht abgehandelt wird, dass das Werk zu hoch be­wertet wird.

Gleichzeitig spannt er die Mitarbeiter ein, schickt sie vor und macht ihnen den Mund für eine Lösung wässrig, die seinerzeit von ihm selbst auch rechtlich unterminiert worden ist: Er hat immer gefürchtet, dass die Mitarbeiter ihre Anteile verkaufen und dann die Constantia – der zweite Eigentümer – die Mehrheit erhält.

Er hat in eigentlich verbotenen Syndikatsverträgen das Stimmrecht der Constantia, der Mitarbeiter an sich gebunden und hat Verträge mit Betriebsräten gemacht, die proble­matisch sind. Den Mitarbeitern wird etwas vorgegaukelt, das nicht real beziehungswei-


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se nicht zu realisieren ist. (Bundesrat Mag. Himmer: 93 Prozent der Mitarbeiter sehen es anders! Und mit der Finanzmarktaufsicht hat das überhaupt nichts zu tun! Bun­desrat Konecny: Er hat es nicht aufgebracht! Bundesrat Gruber: Wer hat denn mit dem Thema angefangen? Er gibt nur die Antwort darauf!)

Der Zusammenhang ist folgender: Man kann aus dieser Situation politisches Kleingeld schlagen, sich die Hände reiben und sagen, Gewerkschaft, jetzt sind die Betriebsräte gegen euch. Oder man kann wirklich versuchen, sachlich zu betrachten, was da pas­siert ist und was passieren würde. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Man soll sich sehr wohl hineinmischen, wenn einer den Kropf nicht voll kriegen kann!

Es wird nie abgehandelt, wer wirklich dahinter steht und welche Dämme brechen kön­nen, wenn man den Menschen schnell heißes Geld verspricht. (Ruf bei der ÖVP: Das haben wir schon einmal gehört!)

Ich würde aber den „Bürgerkrieg“ in dieser Region befürchten. – Das sage ich ganz offen. Wer hätte denn beim Verkauf ein Recht auf Anteile? Nur die, die jetzt beschäftigt sind? Was ist mit dem, der vor drei Wochen aufgehört hat, aus der Firma ausgeschie­den ist? Was ist mit dem, der heute anfängt? Bekommt er zwei Wochen später den vollen Anteil? – Das ist alles nicht geregelt – zu Recht nicht geregelt! –, weil es da kein individuelles Eigentum gibt, sondern ein kollektives, das die Mitwirkung sichern soll und nicht dem Einzelnen gehört.

Diesen Unterschied sollten Sie sich vergegenwärtigen – und nicht versuchen, aus der Situation politisches Kleingeld zu schlagen, wo Betriebsräte offensichtlich von einem Generaldirektor in die Zwickmühle getrieben wurden, der nicht genug bekommen kann und dem es nicht reicht, für einen Firmenanteil 240 Millionen € zu bekommen, der 500 Millionen € will, die er nur erzielen kann, wenn 60 Prozent verkauft werden. (Bun­desrat Mag. Himmer: Verstecken Sie sich nicht hinter ...!)

Überlegen Sie sich diesen Zusammenhang, handeln Sie entsprechend verantwor­tungsvoll – und gaukeln Sie den Mitarbeitern nicht etwas vor, das ihnen nicht gehört! (Beifall bei der SPÖ.)

16.47


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir unterbrechen jetzt kurz die Sit­zung, um in der Präsidiale zu beraten, wie wir mit diesem Antrag verfahren werden. Ich darf Sie bitten, dann auf das Klingelzeichen zu hören, mit dem die Sitzung wieder ein­berufen wird.

*****

16.48.15(Die Sitzung wird um 16.48 Uhr unterbrochen und um 16.52 Uhr wieder aufgenom­men.)

*****

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir haben, wie Sie gesehen haben, unsere Präsidiale gleich hier im Stehen abgehalten und sind zu folgender Auffassung gekommen:

Der Entschließungsantrag wird von den Bundesräten Schimböck, Kolleginnen und Kol­legen zurückgezogen. Er steht daher nicht mehr in Verhandlung und wird auch nicht abgestimmt.


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Die weitere Vorgangsweise – ob Kollege Schimböck einen Selbständigen Antrag ein­bringen wird – ist ihm überlassen, aber wir haben uns darauf geeinigt, dass der Konnex zum Tagesordnungspunkt wirklich schwer auszumachen ist. – Daher ist die Zurückzie­hung erfolgt, und es erübrigt sich eine weitere Debatte und vor allen Dingen auch die Abstimmung darüber.

Es liegen zu diesem Tagesordnungspunkt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich frage aber: Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat. (Bundesrat Gruber: Das gibt ein klubinternes Disziplinarverfahren!)

 


16.53.46

Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Ich ver­spreche hoch und heilig, es dauert nur eine Sekunde. Ich wollte nur auf dieses typische Thema AMAG eingehen. Es ist ein oberösterreichisches Thema, was, glaube ich, den Kollegen hier nicht ganz bewusst ist. Ich wollte nur sagen: Ich glaube, man sollte mit dem Thema Mitarbeiterbeteiligung und mit dem Thema Hineinregieren in Firmen sehr vorsichtig umgehen.

Es hat auch eine Urabstimmung unter der Belegschaft der AMAG gegeben, und der Text dieser Urabstimmung wurde mit der Gewerkschaft abgestimmt. (Bundesrat Stad­ler: Da ist es nicht um den Verkauf gegangen!) Bei dieser Urabstimmung hat es eine über 93-prozentige Mehrheit gegeben, den Betriebsrat zu ermächtigen, auch über den Verkauf dieser Beteiligung zu verhandeln. (Bundesrat Stadler: Zu verhandeln! Aber nicht zum Verkauf! Das ist ein großer Unterschied!) – Über den Verkauf zu verhandeln.

Ich glaube, wir sollten aus all den Lehren, die wir gerade in Oberösterreich in den letz­ten Jahren ziehen konnten, mitnehmen, dass von außen nicht in Betriebe hineinregiert werden soll. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

16.55


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Daher ist die Debatte geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

16.56.1715. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 2. März 2006 betreffend das Protokoll zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen zur Abänderung des am 28. November 1995 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Zusatzprotokoll (1211 d.B. und 1322 d.B. sowie 7495/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen zum 15. Punkt der Tages­ordnung.

 


Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Mag. Klug übernommen. Bitte.

16.56.18


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Berichterstatter Mag. Gerald Klug: Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Der Bericht liegt dem Hohen Haus, liegt den Kolleginnen und Kollegen in schriftlicher Form vor. Daher darf ich zusammenfassen:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2006 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

erstens gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu er­heben und

zweitens dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zwei­ter Satz Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 



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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Da der vorliegende Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu er­heben, ist somit angenommen.

Nun stimmen wir über den Antrag ab, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu er­teilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies wieder Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nommen.

16.58.0616. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 2. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird (1269 d.B. und 1323 d.B. sowie 7496/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun gelangen wir zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Todt übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


16.58.28

Berichterstatter Reinhard Todt: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 2. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz geändert wird.

Der Text liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

 


Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 14. März 2006 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Klug. – Bitte.

 


16.59.08

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Staatssek­retär! Die Novellierung des Bundeshaushaltsrechts steht derzeit im Blickwinkel vieler finanzpolitischer Gespräche. Einen Teil davon, die so genannte Verlängerung der Fle­xibilisierungsklausel – beziehungsweise konkreter die Aufhebung der Befristung –, ha­ben wir heute unter diesem Tagesordnungspunkt zu behandeln.

Die Einführung dieser Flexibilisierungsklausel – ich möchte das in diesem Zusammen­hang doch erwähnen – ist unter maßgeblicher Gestaltung eines sozialdemokratischen Finanzministers zustande gekommen, und sie war zweifelsohne keine Selbstverständ­lichkeit. Es war das ein unbekanntes Wesen, es gab viele Diskussionen und viele Unsi­cherheiten, und daher wurde sie letztlich auch nur befristet und freiwillig eingeführt.

Inzwischen hat sich die Flexibilisierungsklausel – das möchte ich vorsichtig bewertend feststellen – zu einer kleinen Erfolgsgeschichte herauskristallisiert. Mit der Aufhebung der gesetzlichen Befristung wollen wir einem modernen Staat den Weg zu einem fle­xiblen Haushaltsrecht ebnen – letztlich auch deshalb, um rasch auf negative Entwick­lungen reagieren zu können, ohne stark an das komplizierte Procedere des Haushalts­rechts gebunden zu sein.

Die Aufhebung dieser Befristung wird nach unserer Einschätzung letztlich für be­stimmte Einrichtungen im Bundesdienst zu mehr Flexibilität, gepaart mit Eigenverant­wortung, zu mehr Wirtschaftlichkeit und Kostenbewusstsein führen.

Die SPÖ hat dieses Instrument einer flexiblen Haushaltsführung immer unterstützt – al­lerdings füge ich an dieser Stelle bewusst hinzu: wenn es richtig und wirtschaftspoli­tisch vernünftig eingesetzt wird. (Präsidentin Roth-Halvax übernimmt wieder den Vor­sitz.)

All jene Kolleginnen und Kollegen, die in die Beratungen zur Novellierung des Haus­haltsrechts eingebunden waren beziehungsweise sind, wissen, dass das ein vorsichti­ger Blick in die Zukunft ist. Vieles wird derzeit diskutiert, ist in Bewegung, aber ob es zu einer großen Reform des Bundeshaushaltsrechtes kommen wird, kann man jetzt wahr­scheinlich noch nicht ganz abschätzen; es gibt jedenfalls durchaus gute Einzelgesprä­che darüber.

Zurückkommend zu dieser Aufhebung der Befristung der Flexibilisierungsklausel: Da­mit wurden einige Projekte in den vergangenen Jahren durchaus positiv umgesetzt, so­dass aus unserer Sicht eine Fortführung dieser Projekte sinnvoll erscheint. Wir werden daher dieser Vorlage unsere Zustimmung erteilen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.02


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsi­dent Weiss. Ich erteile es ihm.

 


17.02.42

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Da sich Einvernehmen über die Nichtbe­einspruchung dieses Gesetzesbeschlusses abzeichnet, ist in dieser Debatte keine große Überzeugungsarbeit notwendig. Der Erfolg der vom früheren Finanzminister


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Edlinger initiierten Flexibilisierung spricht zudem für sich selbst; Herr Kollege Klug hat ja bereits darauf hingewiesen.

Flexibilisierung ist übrigens auch eine interessante Alternative zu Ausgliederungen, die im Hinblick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis – ungeachtet vieler sinnvoller Projekte – alles andere als ein Patentrezept für alles und jedes sind. Da bin ich ganz der Meinung des Herrn Rechnungshofpräsidenten.

Bei dieser grundsätzlich positiven Bilanz darf aber nicht übersehen werden, dass noch viel zu tun ist: Die Unterschiede zwischen den Bundesministerien bei der Handhabung der Flexibilisierung sind – ohne sachliche Begründung – schon als beachtlich zu be­zeichnen. Für das Finanzministerium wäre es jedenfalls eine lohnende Aufgabe, das einmal zu vergleichen.

Die neuen Möglichkeiten der Haushaltsführung erwecken hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter manchmal auch den Eindruck einer Gratwande­rung zwischen Motivierung und Disziplinierung sowie zwischen notwendiger Führungs­information und teurem Zahlenfriedhof. Das gesunde Mittelmaß ist beileibe noch nicht überall gefunden.

Die Methode, die Rechtsgrundlage für ein derartiges neues Instrument zu befristen und vor Ablauf dieser Frist eine Evaluierung vorzunehmen, hat sich ganz offenkundig be­währt, und es wäre wünschenswert, wenn sie stärker Anwendung fände.

Dieser Gesetzesbeschluss ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass auf Bundesebene eine tiefgreifende Reform der haushaltsrechtlichen Artikel des Bundes-Verfassungs­gesetzes in Vorbereitung ist; es gibt dazu ja auch schon eine Regierungsvorlage. Da­mit soll unter anderem erfolgreiches Gedankengut von New Public Management – in Österreich: wirkungsorientierte Verwaltungsführung; abgekürzt wiV genannt – in die Haushaltsführung eingebaut werden. Das wird zur gegebenen Zeit noch grundsätzlich zustimmend zu würdigen sein.

Eine kritische Würdigung einzelner Punkte ist aber bereits heute geboten: Die Ände­rung des Bundes-Verfassungsgesetzes enthält nach dem Vorschlag der Regierungs­vorlage in zwei Punkten Bestimmungen, die nach unserem eigenen Verständnis des Zustimmungsrechtes in Zuständigkeiten der Länder eingreifen: konkret in die Haus­haltshoheit der Landtage. Dieser Gesichtspunkt wird in der Regierungsvorlage über­gangen, und daher ist es angebracht, rechtzeitig daran zu erinnern. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Dr. Lichtenecker.)

Regierungsvorlagen enthalten im Allgemeinen die Rubrik „Besonderheiten des Norm­erzeugungsverfahrens“, und da wird dann darauf hingewiesen: Bundesrat hat Zustim­mungsrecht oder hat kein Mitwirkungsrecht. In der konkreten Regierungsvorlage fehlt dieser Punkt allerdings überhaupt.

Dass neben dem Bund auch die Länder und Gemeinden bei der Haushaltsführung die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern anzustreben haben, wird als in­zwischen weitgehend anerkannter Grundsatz keine Probleme bereiten. Gleiches kann man jedoch nicht von der in Artikel 13 Abs. 2 vorgesehenen Verpflichtung der Länder und Gemeinden sagen, ihre Haushaltsführung im Hinblick auf an sich unstrittige anzu­strebende Ziele – gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht und geordnete Haushalte – zu koordinieren.

Sozusagen im Kleide des als Erlaubnis für die Länder und Gemeinden formulierten Artikels 51e – ich zitiere: „Länder und Gemeinden können bei ihrer Haushaltsführung die in Artikel 51 Abs. 8 genannten Grundsätze anwenden.“ – kehrt diese Bestimmung dann an anderer Stelle nochmals wieder.


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Im Begutachtungsverfahren wurden diese beiden Vorhaben von mehreren Ländern nachdrücklich abgelehnt, besonders ausführlich von Niederösterreich, Wien, dem Bur­genland und Vorarlberg. Bereits in ihrer Tagung vom 3. Mai 2005 hatte die Landesfi­nanzreferentenkonferenz dazu unter anderem Folgendes festgestellt – ich zitiere –:

„Dies würde u. a. einen gravierenden Eingriff in die Kompetenzen der Länder bedeu­ten. Daher spricht sich die Landesfinanzreferentenkonferenz – wie schon die Länder­vertreter im Rahmen des Österreich-Konvents – gegen diese geplante Reform aus.“ – Zitatende.

Im Begutachtungsverfahren hat dann das Land Niederösterreich diese Ablehnung wie folgt bekräftigt – ich zitiere –:

„Die inhaltliche Ausgestaltung der Vorgaben und dabei insbesondere die beabsichtigte Regelungsdichte geben allerdings Anlass zur Frage, warum diese Regelungen in die­ser Form im Bundes-Verfassungsgesetz selbst erfolgen sollen, wo sie in ihrer Detail­liertheit fehl am Platz sind.

Weiters greifen die beabsichtigten Änderungen ... massiv in die Budgethoheit der Län­der bzw. in deren Autonomie ein und werden daher aus diesem Grund abgelehnt. Für eine einseitige Vorgabe des Bundes, welche Ziele die Länder bei ihrer Haushaltsfüh­rung zu verfolgen haben, ist kein Grund ersichtlich.“ – Zitatende. So weit beispielhaft für andere das Land Niederösterreich.

Die Bundesregierung scheint all das nicht sehr beeindruckt zu haben, jedenfalls unter­scheidet sich die Regierungsvorlage in diesen Punkten nicht vom Begutachtungsent­wurf des Finanzministers. – In einer Länderkammer kann man das nicht für gut halten.

Wir haben zwar noch kein formelles Stellungnahmerecht zu Regierungsvorlagen – von der allenfalls möglichen Notlösung einer so genannten schlichten Entschließung einmal abgesehen –, jedoch: Die vorliegende Verfassungsnovelle wäre ein geradezu exemp­larischer Anwendungsfall für eine solche Stellungnahme; diese kann aber trotzdem heute faktisch vorweggenommen werden, denn wenn ein Gesetzesbeschluss der Zu­stimmung einer Mehrheit von zwei Dritteln – das sind 42 Bundesräte – bedarf, so heißt das im Umkehrschluss, dass 21 Bundesräten die Sperrminorität zukommt.

Die nachdrücklich ablehnenden Bundesländer Niederösterreich und Wien zählen zu­sammen bereits 23 Bundesräte und können somit also ganz allein einen Eingriff in die Gesetzgebungshoheit ihrer Landtage verhindern. Vorarlberg und dem Burgenland bei­spielsweise wäre das allein nicht möglich.

Wenn also die klaren Stellungnahmen der Länder, allen voran Niederösterreichs und Wiens, im Bundesrat Widerhall finden und es wahr ist, dass der föderalistische Dorn­röschenschlaf durch die neuen Mehrheitsverhältnisse ein Ende habe, so kann das doch nur folgende Stellungnahme bedeuten:

Angesichts der Möglichkeit eines absoluten Vetos des Bundesrates bei einer solchen Verfassungsänderung und der somit fehlenden Möglichkeit eines Beharrungsbeschlus­ses wird dem Nationalrat nahe gelegt, auf die von den Ländern abgelehnten Teile der vom Finanzminister betriebenen Verfassungsänderung zu verzichten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.10


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Bundesrat Schennach zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


17.10.13

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich ersuche – auch wenn nur


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noch zwei Redner auf der Rednerliste stehen – um eine Sitzungsunterbrechung und um die Einberufung der Präsidiale.

In unserer Abwesenheit, also während wir bei der Trauerfeierlichkeit für Altpräsidenten Mag. Gratz waren, sind in diesem Raum von Herrn Bundesrat Dr. Franz Eduard Küh­nel Begriffe gefallen, die meine Fraktion in einer Weise beleidigen, dass wir noch eine Klarstellung durch die Präsidentin in dieser Sitzung herbeiführen wollen. Deshalb er­suche ich um eine Sitzungsunterbrechung und um die Einberufung der Präsidiale.

17.10


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Ich darf die Herren Fraktionsobleute zu mir bitten und unterbreche kurz die Sitzung.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

17.11.10(Die Sitzung wird um 17.11 Uhr unterbrochen und um 17.16 Uhr wieder aufgenom­men.)

*****

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Ich bitte, die Plätze einzunehmen und nehme die Sitzung wieder auf.

Ich erteile Herrn Bundesrat Kühnel das Wort. – Bitte.

 


17.16.18

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssek­retär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu meiner Rede bezüglich Passgesetz, Meldegesetz möchte ich jetzt hier ergänzend sagen: Sollte sich die grüne Fraktion durch meine Bemerkung bezüglich Familienstand irgendwie gekränkt oder beleidigt gefühlt haben, ziehe ich das selbstverständlich mit Bedauern zurück. Es war nicht meine Absicht, der grünen Fraktion in irgendeiner Richtung näherzutreten. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)

17.16


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker. Ich erteile es ihr.

 


17.17.04

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Für uns Grüne ist es selbstverständlich, der vorliegenden Gesetzesvorlage zur Änderung des Bundeshaushaltsgesetzes und der damit in Verbindung gebrachten so genannten Flexiklausel zuzustimmen, da wir es für klug halten, diese Regelung zu verlängern, weil dies tatsächlich die Effizienz erhö­hen und die Flexibilität von Dienststellen forcieren wird. Wichtig für eine Zielerreichung in der Verwaltung ist es auch, dass man flexible Instrumente zur Verfügung hat.

Herr Staatssekretär, ich nehme an, Sie stimmen der Aussage zu, dass ein moderner Staat, wie wir ihn hoffentlich zügig vorantreiben, auch eine flexible Haushaltsführung braucht. Beamte und Beamtinnen sollen rasch reagieren können. Und genau das ist dadurch möglich.

Herr Vizepräsident Weiss hat heute schon die Instrumente des New Public Manage­ments erwähnt als Teil dessen, das auch forciert werden kann, wo auch die Länder zunehmend bemüht sind, das zu implementieren – genau das kann man mit dem auch


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erreichen, und das sollten wir auch vorantreiben, egal, welche Ebene das betrifft. Inso­fern ist das ein richtiger Schritt in Richtung Effizienz von Dienst- und Verwaltungsstel­len. Jetzt haben wir in 8 Ministerien 15 Dienststellen, wo diese Flexibilisierung erfolg­reich angewandt wird. Die bisherigen Ergebnisse sind sehr gut, insofern kann man das nur begrüßen und genau diesen Bereich weiter vorantreiben und weiter fortführen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)

17.19


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mitterer. Ich erteile es ihm.

 


17.19.13

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es hat heute hier im Bundesrat ein Wechselbad gegeben: Nach einem Beginn, bei dem wir durch Trauer geeint waren, gab es zwischendurch Diskussionen, Beschimpfungen und Ähnliches, und jetzt kommt es wieder zu einem versöhnlichen Ausklang – erstens dadurch, dass ein Antrag zu­rückgezogen wurde, der nicht zum in Verhandlung stehenden Tagesordnungspunkt ge­passt hat und auch nicht gesetzlich fundiert eingebracht wurde, denn man hätte gleich­zeitig mit diesem Antrag den Antrag einbringen müssen, dass Österreich aus der Euro­päischen Union austritt, damit dieser Antrag mit dieser Formulierung dann hier auch hätte beschlossen werden können, was das Antasten der Vergaberichtlinien anlangt. Und zweitens rundet die jetzige Entschuldigung des Herrn Bundesrates Kneifel (Rufe: Der ist zu Hause! Der ist krank!) – Kühnel, Entschuldigung –, die Entschuldigung des Herrn Bundesrates Kühnel ebenfalls das Bild ab.

Ich glaube, dass jetzt bei den letzten Tagesordnungspunkten auch zutage kommt, dass der Bundesrat dann, wenn es darum geht, für das Land positive Dinge zu beschließen, an einem Strang zieht und großes Verantwortungsbewusstsein an den Tag legt, näm­lich dann, wenn es darum geht, die so genannte Flexibilisierungsklausel mit der Befris­tung aufzulösen. Das ist sicherlich auch darin begründet, dass die große Fraktion hier im Hause letztlich anno dazumal mit dazu beigetragen hat oder federführend war, dass es überhaupt zu dieser Klausel gekommen ist, aber wahrscheinlich auch darin, dass in diesen sechs Jahren beobachtet werden konnte, dass das insgesamt von Erfolg be­schieden war. Mehr Flexibilität, mehr Effizienz bei der Durchführung von Projekten, mehr Motivation bei den einzelnen Organisationsteilen und sparsamer Umgang mit Steuermitteln haben letztlich dazu geführt, dass heute die Erkenntnis da ist, wir sollten das so beibehalten.

Ich möchte aber abschließend auch noch einen Appell an Sie alle richten, dass wir mit der gleichen Einhelligkeit, mit der wir heute die Aufhebung dieser Klausel beschließen, auch die Diskussion über den Weg zum neuen Bundeshaushaltsgesetz fortführen soll­ten. Mit der mit dem typischen Kärntner Dialektwort umschriebenen Klausel New Public Management sollte hier gearbeitet werden, mit all den Dingen, die auch Herr Präsident Jürgen Weiss angeführt hat, dass nämlich Länder- und Gemeindeinteressen hier zu berücksichtigen sind.

Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind auf einem guten Weg. Es gibt schon ein Jahr lang Verhandlungen über dieses neue Finanzgesetz, über das neue Bundeshaushaltsgesetz, und es gibt durchwegs Einigkeit quer über die Partei­grenzen hinweg.

Springen Sie auch hier als Opposition über Ihren Schatten und stimmen Sie sobald
als möglich einer Reform des Bundeshaushaltsgesetzes zu: zum Wohle des Bundes,


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aber auch der Länder und Gemeinden! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundes­rates Mag. Klug.)

17.22


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist somit geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Nein, das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen somit zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenom­men.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

17.23.03Abstimmung über Fristsetzungsanträge

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Wir kommen nun zur Abstimmung über die einge­brachten Fristsetzungsanträge.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Professor Alb­recht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, gemäß § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates dem Ausschuss für soziale Sicherheit, Generatio­nen und Konsumentenschutz zur Berichterstattung über den Beschluss des National­rates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wird, eine Frist bis 20. April 2006 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Fristsetzungsantrag zu­stimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, gemäß § 45 Abs. 3 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding AG und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) geändert wird, eine Frist bis 20. April 2006 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Fristsetzungsantrag zu­stimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist so­mit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen, gemäß § 45 Abs. 3 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates dem Ausschuss für Bildung und Wissenschaft zur Berichterstattung über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird, eine Frist bis 20. April 2006 zu setzen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Fristsetzungsantrag zu­stimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist so­mit angenommen.


Bundesrat
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732. Sitzung / Seite 100

17.25.37Einlauf

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten bezie­hungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt elf Anfragen eingebracht wurden; eben­so der Selbständige Entschließungsantrag 152/A(E)-BR/06.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Freitag, der 21. April 2006, 9 Uhr in Aussicht genom­men.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht bezie­hungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Mittwoch, 19. April 2006, 12 Uhr vorgesehen.

Abschließend darf ich noch darauf hinweisen, dass die Enquete „EU-Dienstleistungs­richtlinie und deren Konsequenzen für Österreich“ am Donnerstag, den 20. April 2006, von 9 Uhr bis 13 Uhr im Sitzungssaal des Bundesrates stattfinden wird.

Diese Sitzung ist somit geschlossen.

17.26.54Schluss der Sitzung: 17.27 Uhr

 

 

 

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