Bundesrat Stenographisches Protokoll 734. Sitzung / Seite 44

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Bulgarien und Rumänien, beide Länder sind bereit für den Beitritt; in wenigen Monaten wird es einen Bericht der Kommission geben. Und ich sage Ihnen hier offen und ehr­lich: Ich wünsche mir einen Beitritt mit 1. Jänner 2007 und nicht mit 1. Jänner 2008, denn es sind bestimmte Signale an Bevölkerungen gerichtet worden, auch gegenüber Bulgarien und Rumänien. Das ist ja nicht so einfach, das alles zu implementieren, die­se Einschnitte vorzunehmen, auch in der bisherigen Praxis eines Landes, im Bereich der Ökonomie, im Bereich der sozialen Sicherheit und so weiter! Und den Beitritt dann noch einmal hinauszuschieben, kann ja nur dazu führen, dass eine Bevölkerung in eine negative, in eine ablehnende, in eine eher zurückhaltende Position kippt – und das wol­len wir nicht. Dieser Elan, der heute in Bulgarien und Rumänien vorhanden ist, muss genützt werden!

Bulgarien wie auch Rumänien stellen uns vor eine ganz spannende Frage, konfrontie­ren uns mit einem Thema, mit dem sich die Europäische Union so oder so, ob sie will oder nicht will, auseinander setzen muss, und das wird natürlich jetzt intensiver: Mit dem Beitritt dieser beiden Länder wird die größte Minderheit, die größte Volksgruppe innerhalb der EU – jetzt spreche ich von den Roma und Sinti – noch größer. Wir brau­chen für diese große Volksgruppe – egal, ob sie in der Slowakei, ob sie in Österreich, wo immer ist, oder auch in jenem Bereich Südosteuropas, der noch nicht Teil der EU ist – ein Programm, um auch da eine Perspektive zu finden. Es reicht nicht, zu sagen, wir müssen zum Beispiel die Bettler aus Graz vertreiben, sondern wir müssen für diese große Volksgruppe eine Perspektive finden.

Das Interessante in Bezug auf Bulgarien wird auch sein: Bulgarien hat eine sehr große türkische Minderheit. Die Europäische Union hat mittlerweile schon mehr türkischstäm­mige EU-Bürger, als Österreich Einwohner hat. Die „Türkei“ innerhalb der Europäi­schen Union ist jetzt schon viel größer als Österreich, viel größer als Finnland und so weiter. Und jetzt kommt ein Land wie Bulgarien dazu, das in dieser Hinsicht eine Erfah­rung hat, eine in der Geschichte zwar nicht immer friedliche Erfahrung oder, wenn man Griechenland hernimmt, keine harmonische Erfahrung – wir haben auch keine harmo­nische Erfahrung –, aber das wird eine sehr spannende Auseinandersetzung, eine der Schlüssel-Auseinandersetzungen, der wir uns zu stellen haben.

Was ich enorm spannend finde – und Stabilität, Sicherheit in Europa sind ein ganz we­sentlicher Punkt –: dass beide Länder, sowohl Rumänien als auch Bulgarien, von An­fang an mit einem gemeinsamen Programm mit der Europäischen Union, das mehr­fach überprüft wurde, das große Problem der Unsicherheit bezüglich der moldawischen Grenze angegangen sind. Ich glaube, dass da enorme Fortschritte erzielt worden sind und dass sowohl die Europäische Union ihre Verantwortung in dieser Frage erkannt hat als auch die beiden Länder ihre eigene Verantwortung zu tragen bereit sind.

Worüber ich mich bei der deutschnationalen Anfangsrede gewundert habe: Wenn man schon aus einem politischen Spektrum kommt, das gegen diesen Beitritt ist, so wun­dere ich mich doch, dass man sich nicht wenigstens aus deutschnationaler Sicht zu sehen bemüht, dass mit dem Beitritt Rumäniens auch Siebenbürgen, eine deutsch­sprachige Minderheit, den Weg zurück in die Europäische Union findet. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) Aber eine Sorge, Kollege Kühnel, müssen Sie nicht ha­ben: Graf Dracula ist wirklich nur eine Mär, wird nicht kommen.

Ich bin froh, dass wir heute mit einer überwiegenden und großen Mehrheit diesem Bei­tritt zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)

11.47


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. Ich erteile ihm das Wort.

 


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