Bundesrat Stenographisches Protokoll 737. Sitzung / Seite 44

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heraus. Der Genehmigungsbeschluss im Nationalrat wurde gegen die Stimmen der SPÖ gefasst. In der Sitzung des Finanzausschusses des Bundesrates vom 4. Juli wurde dessen Behandlung über Antrag der SPÖ vertagt, und in der vorgestern abgehaltenen Ausschusssitzung fand ein von ÖVP und Grünen unterstützter Nicht-Beeinspruchungs- beziehungsweise Zustimmungsantrag wegen Stimmengleichheit keine Mehrheit.

Ich bringe daher neuerlich den Antrag ein, gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend eine Änderung des Abkommens zwischen Österreich und der Schwei­zerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern von Einkommen und vom Vermögen, keinen Einspruch zu erheben,

sowie weiters, diesem Beschluss gemäß Artikel 50 Abs. 1 B-VG die Zustimmung zu erteilen.

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Einem Nicht-Beeinspruchungsantrag nicht zuzustimmen beziehungsweise Einspruch zu erheben, ist eine für Oppositionsparteien verständliche Demonstration politischer Ablehnung, die umso leichter von der Hand geht, als sie in der Regel durch Behar­rungsbeschluss des Nationalrates oder Fristablauf, also stillschweigende Zustimmung, für einen Einspruch rechtlich folgenlos bleibt.

Bei einem nach Artikel 50 Abs. 1 B-VG zu behandelnden Staatsvertrag ist das jedoch anders: Da Doppelbesteuerungsabkommen notwendigerweise auch, wenngleich nur ganz marginal, Angelegenheiten der Länder regeln, bedürfen sie der Zustimmung des Bundesrates. Diese kann – anders als bei Nicht-Beeinspruchung durch Fristablauf – nicht ersetzt werden. Der Bundesrat hat da die Möglichkeit eines absoluten Vetos, was – da das jetzt in den Medien irgendwie als besondere Rarität dargestellt wird – weder erstmalig noch selten ist: Wir hatten in dieser Gesetzgebungsperiode über 100 solcher Anwendungsfälle eines potentiellen absoluten Vetos.

Da aber die Nationalratsminderheit – jedenfalls fraktionell gesehen – die Bundes­ratsmehrheit bildet und es sich bei diesem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz tatsächlich erstmals um einen mehrheitsrelevant strittigen Beschluss nach Artikel 50 Abs. 1 B-VG handelt, gibt es da eine Art herostratischer Versuchung, mit der Nutzung einer solchen bisher einzigartigen Konstellation sozusagen in die Ge­schichte des Bundesrates eingehen zu können.

Gleichzeitig ist das aber auch ein Fall, in dem neben die Gesinnungsethik, die mit politischen Ablehnungsgesten der üblichen Art durchaus vereinbar sein kann, die Verantwortungsethik tritt: Wäre es im Lichte einer Güterabwägung tatsächlich verantwortbar, die Konsequenz eines Scheiterns der Änderung des Doppel­besteue­rungsabkommens mit der Schweiz für längere Zeit in Kauf nehmen zu wollen?

Wie bereits im Nationalrat beschränkt sich die Ablehnung im Wesentlichen auf das Argument, dass das bestehende Abkommen zum einseitigen finanziellen Nachteil Österreichs geändert werde. Da fällt zunächst einmal die für den Bundesrat nicht unwichtige Tatsache auf, dass die von solchen angeblichen finanziellen Nachteilen dieser Art als Finanzausgleichspartner mitbetroffenen Länder und Gemeinden keiner­lei Einwand gegen dieses Doppelbesteuerungsabkommen hatten; Sie brauchen sich ja nur die Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren anzusehen.

 


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