Bundesrat Stenographisches Protokoll 738. Sitzung / Seite 21

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Ich habe nicht die Absicht, Herr Kollege Kühnel, auf Ihre Rede substantiell einzugehen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Das können Sie auch gar nicht! – Heiterkeit bei der ÖVP.) – Herr Kollege, nicht einmal diese Bemerkung veranlasst mich, mein Redekonzept zu ändern. Ich wollte Ihnen – ganz im Gegenteil – verständnisvoll einen Satz, auf den wir uns vielleicht einigen können, anbieten: Wir älteren Herren, die wir eine Menge erlebt haben, sind manchmal in unseren Erinnerungen ein bisschen unpräzise. Ich möchte nicht mit Ihnen über die siebziger Jahre und nicht über die achtziger Jahre streiten. Ich werde auch eine kleine Chronologie vortragen, aber die beginnt in diesem Jahrhundert, und daran kann ich mich noch ganz gut erinnern.

Nur, Herr Kollege, eine Bemerkung war so unfassbar, dass ich mir eine kleine Replik nicht ersparen kann.

Wir sind Mitglied der EU. Wir sind Mitglied des größten und erfolgreichsten Friedens­projektes, das es in Europa jemals gegeben hat. Unsere Nachbarstaaten sind Mitglieder der EU, und wir leben mit ihnen in gutem und friedlichem Einvernehmen. Ihr geschmackloser Vergleich mit dem Nahen Osten, der die Tausenden Menschen, die dort zu Tode gekommen sind, die gigantischen Zerstörungen ignoriert, macht eine wirkliche Katastrophe zum politischen Kleingeld der Innenpolitik. Und das ekelt mich an, Herr Kollege! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Bundesrat Mag. Himmer: Eine solche niveaulose Bemerkung wird noch mit Applaus bedacht!) – Herr Kollege, niveaulos war allenfalls Kollege Kühnel, und das machen Sie mit ihm in der Fraktion aus. Aber ich habe nichts dagegen, wenn Sie sich auch hier davon distanzieren. (Neuerlicher Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich einige Sätze zur Arbeit unseres Ausschusses sagen, nicht, weil ich über das hinaus, was der Berichterstatter mit Recht in seiner ganzen Ausführlichkeit dargestellt hat, noch etwas beitragen will, sondern weil mich der Minderheitsbericht der ÖVP einigermaßen verblüfft hat.

Wir alle – aber gilt das nur an hohen Fest- und Feiertagen? – betonen seit Jahren, dass diese Kammer des Parlaments – ich hasse das Wort „Aufwertung“, aber soll sein – Aufwertung braucht. Und dann gibt es einen Ausschuss, der sich nicht damit zufrieden gibt, mit einer Mehrheit, die auch dort besteht, einen Entschließungsantrag durchzuwinken – dazu hätten wir zehn Minuten gebraucht –, sondern sich wirklich mit der Materie auseinander setzt und – natürlich auf freiwilliger Basis – mit Auskunfts­personen spricht, sich damit beschäftigt, sich dafür acht Sitzungen Zeit nimmt – das ist eine praktische Aufwertung des Bundesrates –, und dann fällt der ÖVP in ihrem Minderheitsbericht nichts anderes dazu ein als festzustellen, dass wir unsere Kom­petenzen überschritten haben, dass das so in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen ist.

Diejenigen, die den Minderheitsbericht unterschrieben haben, haben für eine längere Zeit, bis zu einem Gesinnungswandel, das Recht verwirkt, hier wieder einmal über mehr Rechte und eine Aufwertung des Bundesrates zu reden. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber zum Thema. Wir haben in diesem Ausschuss in immerhin acht Sitzungen, immerhin auch unter engagierter Mitarbeit von Kolleginnen und Kollegen – bei der ÖVP waren es, so glaube ich, nur Kollegen, aber das ist bedeutungslos – diese Fragen diskutiert. Ich bedauere, dass wir keine restlose Klarheit schaffen konnten. Oder um es anders auszudrücken: Wir haben keine rauchende Pistole gefunden, aber eine Menge von Händen mit Schmauchspuren.

Ich glaube, dieser Beschaffungsvorgang, von seiner Begründung bis zur Nichtlieferung zum Termin, ist eine Abfolge von Merkwürdigkeiten, die auch in Zukunft eine intensive Auseinandersetzung erfordern, weil jede Menge von Überlegungen, warum das so gelaufen ist, in höchstem Maße berechtigt ist.

 


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