BundesratStenographisches Protokoll751. Sitzung / Seite 43

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Die Richter werden, soweit sie von der Bundesregierung übernommen werden – ist ja auch ein interessanter Nebenpunkt –, auch dieselben bleiben. Die Entscheidungskom­petenz bleibt gleich, und die Entscheidungsfindung kann sogar potentiell länger dau­ern. Bisher war es üblich, dass einzelne Entscheidungen von einzelnen Richtern gefällt wurden. In Zukunft wird eine Entscheidung von zwei Richtern getroffen.

Wenn man sich näher anschaut, wie das Procedere in Zukunft geplant ist, schaut das jedenfalls für mich und auch für Experten, wie zum Beispiel Amnesty International oder SOS Mitmensch, keinesfalls nach einer Verfahrensbeschleunigung aus.

Herr Perhab hat vorher gesagt, die Ziele seien klar definiert, es gehe um Verfahrens­beschleunigung. Schon, aber ein Ziel muss bitte erst einmal erreicht werden. Nur weil ich ein Ziel in ein Papier schreibe, ist es noch nicht geschehen. Das ist ja kein „Sesam, öffne dich!“.

Interessant finde ich auch, dass das Bundesministerium für Inneres zukünftig vom Asylgerichtshof eine Grundsatzentscheidung verlangen kann, die dann für alle weiteren Verfahren bindende Wirkung hat, und diese Grundsatzentscheidung ist dem Verwal­tungsgerichtshof vorzulegen. Über diesen Weg hat also das Innenministerium sehr wohl einen Weg zum Verwaltungsgerichtshof, während die Asylwerber, die ja betroffen sind, wirklich als Statisten daneben stehen und zusehen müssen.

Wenn dann der Verwaltungsgerichtshof binnen sechs Monaten keinen Einspruch ge­gen diese Grundsatzentscheidung erhebt, dann ist das gültig. Das finde ich auch inter­essant. Da kann es dann durchaus einmal passieren, dass der Verwaltungsgerichtshof sehr viel zu tun hat und dass es binnen sechs Monaten nicht möglich ist, diese Ent­scheidung eben zu beeinspruchen, und dann ist sie halt einfach gültig. Das ist auch eine Methode zur Verfahrensbeschleunigung, aber ob das gerecht ist, daran habe ich große Zweifel.

Durch dieses Vorgehen wird einerseits die Unabhängigkeit von Richterinnen und Rich­tern beschnitten, denn sie müssen eine Grundsatzentscheidung treffen. Das ist bisher so nicht üblich gewesen, und das beschneidet jedenfalls die Unabhängigkeit von die­sen Richtern.

Auch die Gewaltenteilung wird durch dieses Vorgehen, finde ich, beeinträchtigt, denn es handelt sich im Prinzip um eine Weisung der Verwaltung an die Justiz, diese Ent­scheidung zu treffen. So haben wir das bisher nicht gekannt. Es handelt sich hier um Neuerungen im österreichischen Rechtssystem.

Wie gesagt, der zentrale Punkt für mich ist: Eine Beschleunigung wird es dadurch, dass ich jetzt etwas umbenenne und „Asylgerichtshof“ nenne, nicht automatisch geben. Eine Beschleunigung wäre wichtig, aber für eine Beschleunigung braucht es etwas anderes.

Hier möchte ich einen unverdächtigen Kronzeugen ins Treffen führen, nämlich Herrn Adamovich, der sagt: Die Umwandlung des Unabhängigen Bundesasylsenats in das Asylgericht hat grundsätzlich nichts mit Verfahrensbeschleunigung zu tun. – Das ist also nicht meine Erfindung, das sagen auch viele andere Menschen, die sich durchaus gut auskennen und deren Kompetenz, glaube ich, absolut anzuerkennen ist.

Fazit: Durch diesen Asylgerichtshof schneiden Sie – ich spreche jetzt vor allem die SPÖ an, ich glaube, in der ÖVP ist es vielen schlichtweg egal – den Asylwerberinnen und Asylwerbern den Zugang zum Verwaltungsgerichtshof ab, zu einer Rechtsinstanz. Das ist ein Recht, das jeder Falschparker, das jeder Häuselbauer in Österreich hat. Wenn man den Eindruck hat, man wird von der Verwaltung nicht richtig behandelt, dann kann man zum Verwaltungsgerichtshof gehen. Asylwerber, für die es wirklich um


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