BundesratStenographisches Protokoll755. Sitzung / Seite 60

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Seit 50 Jahren, seit Gründung der Europäischen Union geht es kontinuierlich aufwärts mit Europa, können wir auf einen erfolgreichen Weg zurückblicken. Die Europäische Union – das ist historisch einmalig – hat positive und nachhaltige Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger. Wer die Geschichte Europas halbwegs im Geschichtsunter­richt verfolgt und mitbekommen hat, muss zweifellos sagen: Das ist ein Wunder, was hier geschehen ist. Das ist ein Wunder, wie sich dieses Europa entwickelt hat, dieser Kontinent, der mit professioneller Konsequenz Kriege nicht nur produziert, sondern „ex­portiert“ hat – darum heißen sie ja Weltkriege; in die ganze Welt wurden Kriege „ex­portiert“. Seit wir uns besonnen, seit wir aus der Geschichte gelernt haben – man sagt immer, wir lernen nichts aus der Geschichte; die Europäische Union ist aber ein Be­weis dafür, dass wir sehr wohl aus der Geschichte gelernt haben –, seitdem leben wir in einer Periode kontinuierlichen Friedens, der Sicherheit, der Stabilität und des perma­nent steigenden Wohlstandes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe schon auf die Geschichte, auf die Familiengeschichten hingewiesen, und ich habe es immer wieder bedauert und keines­wegs als spannend empfunden, wenn ältere Männer bei einem Stammtisch beisam­men gesessen sind und nach vielleicht zwei, drei Achteln Wein über die „großen“, „spannenden“ Ereignisse in Stalingrad oder an der Front irgendwo im Zweiten Welt­krieg berichtet haben. – Es gibt spannendere Dinge im Leben als solche Berichte. – Das, meine ich, wird es in Zukunft in der Europäischen Union nicht mehr so bald geben, und das soll sich auch nicht wiederholen.

Ich muss Ihnen auch noch eines sagen, eine ganz persönliche Bemerkung, warum ich mit Begeisterung und mit Leidenschaft ein Europäer bin und an diese friedenserhalten­de Kraft der Europäischen Union glaube. Bei mir war es genauso wie in vielen anderen Familien. Mein Vater war acht Jahre lang als Truppenarzt eingerückt, drei Jahre russi­sche Kriegsgefangenschaft; mein Großvater Arzt in einem Lazarett im Ersten Welt­krieg, wo die Verwundeten von der Isonzo-Front heraufgebracht wurden; dessen Vater, Isidor Kneifel, zu jung, der ist bald gestorben, aber dessen Vater wieder war in der Schlacht bei Königgrätz und ist schwer verwundet worden. Jede österreichische, jede europäische Familie hat eine Leidensgeschichte zu berichten. Und ich bin als Gottfried Kneifel der Erste in der langen Generation der Kneifels, der die Gnade und das Glück hat, in Freiheit, Frieden und in Sicherheit leben zu können. Das ist doch geradezu eine Sensation, weil es noch nie in Europa eine so lange friedliche Geschichte gegeben hat.

Wissen Sie, meine Damen und Herren, warum ich so leidenschaftlich für diesen Ver­trag eintrete? Weil ich haben möchte, dass nicht nur ich und meine Generation in den Genuss dieser friedlichen, demokratischen und sicheren Entwicklung in Europa kom­men, sondern weil ich haben möchte, dass das auch meine Kinder genießen können, meine vier Kinder und mein Enkelkind, das vor rund vier Wochen zur Welt gekommen ist. (Beifall bei der ÖVP.) Das soll stellvertretend gelten für eine ganze Generation; ich habe das jetzt nur an diesem Beispiel aufgezeigt.

Ich wünsche mir, dass wir dieses Europa in Frieden, Freiheit, in Demokratie und in Sta­bilität weiterentwickeln. Wir sollten diesen Vertrag nicht mystifizieren, das steht gar nicht dafür, er ist nur Teil einer ständigen Weiterentwicklung und Anpassung, wie ich erwähnt habe. Dass das unseren Nachfolgerinnen und Nachfolgern der kommenden Generation, den Kindern und Kindeskindern auch gewährt sein möge, das wünsche ich mir von ganzem Herzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.59


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, unterbreche ich die Sitzung für 3 Minuten. Die Technik muss umbauen: das Mikrophon, die Tonanlage funktionieren nicht mehr so, wie sie funktionieren sollten.

Die Sitzung ist unterbrochen.

 


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