BundesratStenographisches Protokoll766. Sitzung / Seite 38

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Was ändert sich mit unserem neuen Beschäftigungsgesetz? – Die Arbeitszeitregelung schafft mehr Spielraum. Bisher war die Regel so, dass von einem Unternehmen in jedem Vier-Wochen-Zeitraum, für den die Beihilfe genehmigt wurde, die Arbeitszeit auf maximal 80 Prozent der wöchentlichen Normalarbeitszeit reduziert werden konnte. Es war notwendig, fast Einzelgespräche mit Einzelfirmen zu führen und ganz komplizierte Vereinbarungen zu schließen, die jetzt doch pragmatischer geworden sind.

Der wichtige Punkt der Behaltezeit nach der Kurzarbeit, der in der Sozialpartnerschaft heftig diskutiert worden ist, ist meiner Meinung nach mit einem Kompromiss gelöst worden, der tragbar ist, denn letzten Endes wäre ja jede verschärfte Form der Behaltezeit kontraproduktiv gewesen. Versetzen Sie sich in die Situation eines Arbeitgebers. Er würde sagen, wenn ich zu viele zusätzliche Auflagen bekomme, dann kündige ich den Mitarbeiter sofort. Das wollen wir alle nicht. In diesem Sinn ist es, wie ich meine, gelungen, doch einen tragfähigen Kompromiss auszuhandeln.

Kollegin Mühlwerth, weil Sie die Lehrlingsfrage wieder angesprochen haben: Ich glaube, man muss schon dazusagen, dass es in Österreich eine exzellente Lehrlings­ausbildung gibt, aber die Jugendlichen müssen die notwendige Grundlage für das Handwerk von der Pflichtschule mitbekommen. Da drehen wir uns wieder im Kreis. Wir kommen wieder zum Thema Bildung, Ausbildung, Qualifikation. Wenn wir heute einen 14-jährigen Jugendlichen in einem technischen Beruf ausbilden wollen, dieser aber die Grundrechnungsarten und die Kulturtechnik nach neun Pflichtschuljahren nicht beherrscht, dann muss man sich fragen, was wir in unserem System falsch machen. Das ist auch der Hauptgrund, warum viele Jugendliche letzten Endes scheitern. Es geht nicht darum, dass zu wenig Lehrausbildungsplätze vorhanden sind. Das mag in der einen oder anderen Branche der Fall sein. Es gibt auch Branchen, wo es zu viele gibt. Im Tourismus können wir noch immer nicht all unsere Ausbildungsplätze füllen. Das ist vielleicht nicht attraktiv, das mag schon sein, aus der Sicht eines Jugendlichen. Trotzdem muss man das feststellen.

Ich habe jetzt auch wieder zwei Lehrlinge, leider keine Österreicher, sondern welche aus Ostdeutschland, aber die Grundrechnungsarten und Kopfrechnen beherrschen sie noch. Das hat mich selbst gewundert. Ich will da keine allgemeine Bildungsdebatte bei der Behandlung der Frage der Kurzarbeit führen, möchte aber betonen, Lehrplätze, Lehrausbildungsplätze sind vorhanden, aber es bedarf schon auch zweier Voraus­setzungen.

Wenn sich jemand um die Verbesserung der Lehrlingssituation und um Karriere mit Lehre in Österreich auf sachlicher und fachlicher Ebene wirklich intensivst bemüht, viel Geld dafür ausgibt und viele Mittel einsetzt, dann, muss ich sagen, sind das schon die Wirtschaftskammern mit ihren Regionalstellen in Zusammenarbeit auch mit dem örtlichen AMS und so weiter. Wir versuchen bereits vor Schulabschluss jeden Lehrling in der Region mit Schnuppertagen, mit Schnupperlehren mit seinem künftigen Ausbil­dungsbetrieb in Kontakt zu bringen. Das ist, wie ich meine, das beste Instrument, um Jugendarbeitslosigkeit auch in Zukunft hintanzuhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir auch noch, einen Konnex zwischen Wirtschaftskrise und Europa herzustellen. Wir werden im Juni Europawahlen bestreiten müssen, und ich ersuche wirklich alle Fraktionen, doch zu bedenken, dass es bei dieser Wahl auch darum geht, konstruktive Kräfte nach Brüssel zu entsenden und nicht in einen Protektionismus zurückzufallen, der 27 Nationalstaaten auf diesem Kontinent entzweit.

Das wäre auch für die Wirtschaft kontraproduktiv, würde jeder Nationalstaat nur sein Süppchen kochen und sein Konjunkturprogramm umsetzen. Ein schlechtes Beispiel derzeit vielleicht: Frankreich, Sarkozy: Förderung der Automobilindustrie mit der Bedin-


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