BundesratStenographisches Protokoll783. Sitzung / Seite 20

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die auch bemüht sind, aus ihrem Leben etwas zu machen, als Erstes eine Prüfung hin­knallen. Andreas Schnider, das ist ja pädagogisch gesehen ein Irrsinn! Ich bin bei dir, wenn du sagst, wir brauchen Eingangs- und Orientierungsphasen. Das ist aber ein ganz anderes pädagogisches System als ein Selektionssystem ganz am Anfang.

Wenn wir zum Beispiel die Medizin hernehmen: Es sind nicht wenige Primarärzte, die derzeit sagen, dass wir mit diesem System nicht die besten Ärzte bekommen. Wir be­kommen die, die den Test schaffen, aber das ist noch längst keine Garantie, dass das die besten Ärzte sind. Manchmal gibt es Ärzte, die später eine ganz andere soziale und fachliche Kompetenz entwickeln und nicht unbedingt am Anfang in einem Test brillie­ren. (Bundesrätin Mühlwerth: Das heißt nicht, dass das die besten Ärzte sind!) Genau das ist der springende Punkt. (Bundesrat Dr. Schnider: Das kann bei den Lehrern auch so sein!) – Das kann bei Lehrern auch so sein, darüber haben wir ja schon gespro­chen. Da bin ich ja ganz bei dir, dass wir eine Gesellschaft sind, in der immer nur die Schwächen gesucht werden, statt dass die Stärken erkannt werden. Dazu müssen wir aber Geld in die Hand nehmen. Wir müssen den Menschen die Chance geben, sich zu orientieren. Wir müssen ihnen Eingangsphasen einräumen.

Das heißt, Bildung allgemein und Hochschulausbildung im Speziellen kann nicht Teil eines Konsolidierungspaktes sein, sondern sollte eigentlich auf der anderen Seite ein Teil des Konjunkturpaketes sein. Wir müssen jetzt in die Bildung investieren.

Ein weiterer Punkt: Es gab vor ein paar Tagen eine ganz interessante Diskussion im ORF über Migrationszugänge. Wenn ich mir heute das CDU-Modell in Nordrhein-West­falen anschaue, dann würde ich sagen, die ÖVP bekäme den größten Schreck, wenn sie das sähe. Es wird dort genau dieser Punkt angegangen: Bildung, Bildung, Bildung, und es wird gebeten: Bitte, liebe Migranten, verlasst unser Land nicht, denn ohne euch würde es nicht mehr funktionieren! (Zwischenruf des Bundesrates Keuschnigg.) Das ist in etwa die Haltung der CDU, die ja einen eigenen Migrationsminister hat. Das ist wirklich interessant. Lieber Andreas Schnider, das solltest du dir von der Bildungssei­te her anschauen. Das ist meiner Meinung nach derzeit wohl das Revolutionärste, was es in Europa gibt.

Mir ist wichtig anzumerken, Frau Bundesministerin, dass es natürlich zum Beispiel in der Musik und in der Kunst unterschiedliche Eignungen gibt. Sie haben gesagt, bei den Fachhochschulen regt sich niemand auf. – Ja, weil Sie die Fachhochschulplätze nicht mehr bezahlen! Die Fachhochschulen würden gerne das Doppelte an Studierenden aufnehmen. Derzeit gibt es bis zu drei- und viermal mehr Anfragen in diesem Bereich. Auch bei den Fachhochschulen, im tertiären Bereich liegen wir bei 40 Prozent, wäh­rend es im OECD-Schnitt 55 Prozent sind.

Deshalb mein Appell: Bitte das Pferd bei der Sanierung der Hochschulen und der Uni­versitäten nicht von der falschen Seite, nicht von der Studierendenseite, sondern von der Angebotsseite, von der Ausbildungsseite, von der pädagogischen Seite anzupa­cken und nicht einzuschränken, zu verengen und kleiner zu machen! (Beifall bei Grü­nen und SPÖ.)

9.54


Präsident Peter Mitterer: Ich darf darauf aufmerksam machen, dass bei einer 5-minü­tigen Redezeit das Lämpchen nur eine Minute lang blinkt. Lassen Sie sich deshalb nicht irritieren. Bei Beginn des Blinkens ist nur noch eine Minute Redezeit übrig.

Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Mag. Hammer zu Wort. – Bitte.

 


9.54.53

Bundesrat Mag. Michael Hammer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja


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