BundesratStenographisches Protokoll784. Sitzung / Seite 55

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Die Wirtschaftskammer Tirol steht dem Gesetz sehr positiv gegenüber, hat aber Beden­ken gegenüber § 25a, denn in diesem ist Folgendes festgeschrieben: Nach dieser Be­stimmung sollen Verträge durch Vertragspartner des Schuldners bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur aus wichtigem Grund auf­gelöst werden dürfen. Ausdrücklich wird vorgesehen, dass eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Schuldners und ein Verzug des Schuldners mit der Erfül­lung von vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Forderungen nicht als wichtige Gründe anzusehen sind.

In Abs. 2 wird sodann festgehalten, dass eine Vertragsauflösung innerhalb des vorge­nannten Zeitraumes nur dann möglich sein soll, wenn schwere persönliche oder wirt­schaftliche Nachteile des Gläubigers unmittelbar drohen. Demgegenüber dürfen Ansprü­che auf Auszahlung von Krediten jedoch jederzeit zurückgehalten werden, wie auch Ar­beitsverträge jederzeit aufgelöst werden dürfen.

Mit dieser Bestimmung ist eine krasse Benachteiligung all jener Gläubiger verbunden, die entweder nicht Arbeitnehmer oder nicht Bankgläubiger des Schuldners sind.

Mir ist schon klar, dass man das mit zusätzlichen Verträgen abwenden kann, aber wenn jemand in Insolvenzgefahr gerät, wer denkt dann schon daran, dass man sich noch zu­sätzlich absichern könnte.

Das Gesetz ist toll, es ist zu begrüßen und sicher für Unternehmer und für Gläubiger sehr, sehr positiv. Es gibt auf beiden Seiten Sicherheit, aber ein bisschen verbessern hätte man es noch können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.31


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Beer. – Bit­te, Herr Kollege.

 


11.31.33

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Konkursordnung wird nicht nur in eine Insolvenzordnung um­benannt, sondern hat wesentlich mehr Punkte zum Inhalt, die eine Verbesserung für die Unternehmen und auch für die Beschäftigten bringen. Sie dient eigentlich der Sanie­rung und nicht der Auflösung von Unternehmen.

Ein Konkursverfahren hat oft die unangenehme Nebenerscheinung, dass Firmen von Gläubigern auch in ein Konkursverfahren schlittern und es mit dem Konkursverfahren der einen Firma zu einer lawinenartigen Erweiterung – weiteren Konkursverfahren – kommt.

Was geschieht in der Praxis bei einem Konkursverfahren? – Die Anträge werden ganz einfach zu spät gestellt, Fälligkeiten werden nicht mehr bezahlt und Firmenverträge auf­gelöst. Dies hat eben die erwähnte Kettenreaktion zur Folge, die viele andere Firmen in Schwierigkeiten bringt.

Diese Insolvenzordnung hat auch den Vorteil, dass dieses Gesetz innerhalb der ersten sechs Monate ab Anmelden der Insolvenz den Gläubigerschutz in den Hintergrund drängt. Diese Maßnahme gibt dem insolventen Unternehmen die Möglichkeit, sich neu zu organisieren und Schulden zu bezahlen. Bis dato ist es so, dass diese Unterneh­men de facto von den Gläubigern aufgelöst werden können. Mit dieser neuen Insol­venzordnung ist das nicht mehr möglich.

Wir hatten in der Vergangenheit das Ausgleichsverfahren – de facto haben wir es noch –, es wurde aber in den letzten Jahren nur sehr spärlich angewendet. Wie uns die Statistik zeigt, ist das Ausgleichsverfahren jedoch zu 70 Prozent erfolgreich bei der Ret­tung von Firmen.

 


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