BundesratStenographisches Protokoll802. Sitzung / Seite 58

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Österreich muss die Ziele der EU-Richtlinie bis 2020 erreichen. Das heißt, wir müssen den Ausstoß an Klimagasen um 20 Prozent senken. Die Energieeffizienz müssen wir um 20 Prozent steigern, und den Anteil an erneuerbarer Energie müssen wir auch auf 20 Prozent bringen. Bei letzterem Ziel ist Österreich offensichtlich EU-Meister – mit jetzt schon mehr als 30 Prozent. (Zwischenruf der Bundesrätin Kerschbaum.) Ein effi­zienterer Energieeinsatz soll mit den Vorgaben eines eigenen Gesetzes erreicht wer­den.

Der härteste Brocken – so will mir scheinen – wird aber der Klimaschutz sein. Zuletzt wurde Österreich ja vorgeworfen, seine im Kyoto-Protokoll eingegangenen Verpflich­tungen zu verfehlen – das heißt, minus 13 Prozent im Zeitraum von 2008 bis 2012; tat­sächlich plus 2,4 Prozent. Die Kyoto-Bedingungen werden durch Investitionen im Aus­land und durch Zukauf von Verschmutzungszertifikaten im Wert von ungefähr 530 Mil­lionen € – wenn es wahr ist – erfüllt.

Woher die Beiträge zum Klimaschutz kommen müssen, zeigt die Statistik der Verur­sacher. Jene der Wirtschaft beziehungsweise der Energieerzeuger werden durch das Emissionshandelssystem der EU erfasst – die Erzeuger von Stahl, Zement, Ziegel, Pa­pier und Strom müssen diese Verschmutzungszertifikate erwerben –, als großer Bro­cken bleiben aber der Verkehr und die Raumwärme.

Hohes Haus! Der weltweite CO2-Ausstoß hat 2010 nach kurzer Erholung im Krisen­jahr 2009 ein Allzeithoch erreicht. Der Weltklimarat der Vereinten Nationen hat einen neuen Statusbericht vorgelegt: Überschwemmungen, Dürren und ansteigende Meeres­spiegel werden das Leben hunderttausender, ja von Millionen Menschen noch unsi­cherer machen. Die Europäer – das haben wir auch schon besprochen – erwarten ei­nen Temperaturanstieg von zwei bis fünf Grad, doch das lässt uns – angesichts des bestehenden Problemgemenges – offensichtlich kalt.

Auch wenn Experten streiten, ob und in welchem Ausmaß der Klimawandel menschen­gemacht ist, sind Gegenmaßnahmen doch ein Gebot der Stunde. Wir vergeuden zu viele Ressourcen und auch viel zu viel Geld, das wir offensichtlich leider am falschen Platz ausgeben. Wir sollten es sinnvoller einsetzen, nämlich für neue kohlenstoffarme, lebensfreundliche Technologien und damit für neue Arbeitsplätze – und da gebe ich den Grünen recht. In sie zu investieren kann der Wirtschaft über die drohende Kon­junkturdelle hinweghelfen.

Aber wo investieren wir? – Die Industriestaaten haben im Jahr 2010 laut OECD Erdöl, Erdgas und Kohle um 409 Millionen US-Dollar gefördert. Ebenso wenig halte ich von der Strategie, Lebensmittel zu verspriten und sie damit zum Tanken heranzuziehen. Das ist für mich umweltpolitischer Unsinn und verteuert unsere Lebensmittel noch mehr. Neben den Spekulanten sind es die Biokraftstoffe, die die Lebensmittel so ver­teuern.

Geschätzte Zuhörer! Mit 25 Kilo Getreide kann man 30 Kilo Brot backen. Damit kommt eine vierköpfige Familie 10 Wochen aus. Man kann aber mit der gleichen Menge nur 10 Liter Biosprit produzieren, das sogenannte Ethanol. Mit einem sparsamen Mit­telklassewagen legt man damit gerade einmal 114 Kilometer zurück – und dennoch werden weltweit angesichts steigender Rohölpreise immer mehr Getreideäcker für den Anbau von Biospritpflanzen genutzt. Damit fehlen riesige Anbauflächen für Nahrungs­mittel. Die Folgen spüren die Konsumenten jetzt schon: Die Preise für Grundnahrungs­mittel wie Mehl steigen an, und in den ärmeren Ländern wird gehungert.

In Österreich werden derzeit jedem Liter Benzin 5 Prozent Biosprit beigemischt. Ich glaube, bis 2012 sollen es 10 Prozent werden, um unsere EU-Klimaziele zu erreichen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Geschätzter Herr Minister! Ich vertrete die Meinung: Le­bensmittel gehören auf den Teller, sie gehören nicht in den Tank. Das ist ein Irrweg.


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