BundesratStenographisches Protokoll804. Sitzung / Seite 107

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Präsident Gregor Hammerl: Ich darf nun Herrn Bundesrat Schreuder das Wort erteilen. – Bitte. (Bundesrat Schreuder begibt sich zum Rednerpult und stellt dort ein rundes, rot eingerahmtes Schild mit der Aufschrift: „ACTA“ auf, wobei das Wort wie auf einem Verbotsschild durchgestrichen ist.)

 


14.39.28

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wie unsere Gesellschaft tickt, das ist ja immer ganz gut nachvollziehbar, also was sozusagen die größten Stellenwerte in einer Gesellschaft hat. Mir hat einmal ein Architekturhistoriker gesagt, man kann das immer an Gebäuden verfolgen: Was sind die größten Gebäude, die in einer Zeit errichtet werden?

Wir leben in der Zeit der großen Bankgebäude – Sie (zu Bundesministerin Dr. Schmied) kommen ja auch aus einer Bank, aber das ist jetzt nicht Thema.

„Geratet“ werden Länder ja mittlerweile nach ihrer Kreditwürdigkeit. Ich wage zu behaupten, würde es eine Rating-Agentur für Kultur und Kunst geben, für die ich jetzt einfach einmal plädiere – ich glaube, da sind wir uns einig in diesem Haus –, hätten wir das Triple A wohl noch, wenn es um die Kulturleistung geht.

Nichtsdestotrotz, man sollte sich nicht ausruhen, sondern immer auch kritisieren, immer überprüfen, immer schauen: Wo kann man einsparen? Wie schaut es mit der Verteilungsgerechtigkeit unter den Kulturinstitutionen aus? Was wird besonders geför­dert, was wird zu wenig gefördert?

Ich gebe Ihnen schon recht, Volkskultur ist total wichtig, aber wenn ich zum Beispiel nach Schweden schaue, wie dort auch junge Bands, Popmusiker, Rockmusiker, DJs in kleinsten regionalen Gebieten gefördert werden, dann sehe ich diesbezüglich in Österreich noch großen Nachholbedarf. À la longue, wenn man bedenkt, dass Schweden einer der größten Pop-Exporteure Europas ist, ist das nämlich auch etwas, das wirtschaftlich nützt. Da gibt es sicher noch viel zu tun in diesem Land, und da können wir uns nicht zufrieden ausruhen und sagen, wir sind eh so super – so super wir auch sind.

Wir alle wissen, ein Großteil der Touristen und Touristinnen kommt aus zwei Gründen nach Österreich: entweder wegen der Berge und des Schifahrens oder weil Kultur und Kunst so interessant und spannend sind. Und recht haben sie, das ist ja keine Frage: schönes Land, schöne Kultur, schöne Berge. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Ich bin ja nun kein Hansi-Hinterseer-Hörer, gebe ich zu, ich glaube auch nicht, dass er öffentliche Förderungen notwendig hat, aber wir wollen über die Institutionen und die Kunst und Kultur reden, die öffentlich gefördert werden sollen. Damit komme ich noch einmal zurück zum Thema Verteilungsgerechtigkeit, und ich kann nicht anders: Ich muss über die Bundestheater sprechen. Diese sind natürlich für einen ehemaligen Max-Reinhardt-Seminaristen wie mich ein besonderes Anliegen.

Es gibt eine Studie – der Herr Kollege Jenewein von der FPÖ hat es erwähnt –, die den Steuerzahler 550 000 € gekostet hat. Diese Studie ist nicht öffentlich. Jetzt sickert zwar durch, dass es ein Einsparungspotenzial bei den Bundestheatern von 14 Millionen € gäbe, aber wie und was, das erfahren wir nicht. Ich halte das nicht für demokratisch, ich wiederhole mich. Diese Studie wäre auch ein Fall für WikiLeaks, wobei ich hoffe, dass sie dort einmal auftaucht. Es ist nicht einzusehen, warum die Öffentlichkeit eine Studie um 550 000 € zahlen soll, aber die Ergebnisse nicht wissen und nicht überprüfen darf: Investieren wir, die Steuerzahler, eigentlich richtig oder auch nicht? Diese 14 Millionen € würden wohl sehr viele Menschen interessieren.

 


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